Protocol of the Session on November 15, 2019

Ja, gern.

Frau Kollegin, ich finde Ihre Ausführungen klasse. Sie entsprechen übrigens dem, was Kollege Meyer am Anfang gesagt hat, dass wir nämlich, was das Arbeitszeitgesetz angeht, eigentlich viel mehr Dinge regeln müssten. Ergibt es vor diesem Hintergrund nicht Sinn, beide Anträge in den Ausschuss zu überweisen und gemeinsam Forderungen zu erarbeiten, die das Land Schleswig-Holstein dann im Bundesratsverfahren einbringen könnte? Damit wäre die Gefahr gebannt, dass jeder etwas in den bayerischen Vorschlag hineininterpretiert,

(Jan Marcus Rossa)

dass aber niemand konkret sagen kann, was er wirklich für uns bedeutet.

- Ich finde, das ist ein interessanter Vorschlag. Wir haben uns in der Koalition auf ein Verfahren zum Abstimmungsverhalten geeinigt. Davon werde ich an dieser Stelle nicht abweichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Gibt es die Möglichkeit, dass die Abgeordnete Midyatli eine Zwischenbemerkung macht, Frau Abgeordnete?

Ja, gern.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen. - Der Grund, dass wir, die SPD-Fraktion, diesen Antrag gestellt haben, ist - darauf bin ich schon in meiner Rede eingegangen -, dass die Landesregierung mitnichten verschiedene Modelle, etwa der Arbeitszeitverkürzung, diskutiert, sondern dem Antrag aus Bayern bereits in zwei Ausschüssen zugestimmt hat. Es ist also nicht so, dass über eine große Weiterentwicklung nachgedacht wird. Wir können gern zusammenkommen und überlegen, was auch in SchleswigHolstein funktionieren könnte. Aber das, was im Moment im Bundesrat gemacht wird, entspricht nicht den Ausführungen, die Sie hier getätigt haben. Ich nehme sehr wohlwollend zur Kenntnis, dass Sie zu mehr bereit sind; das geht aus dem, was momentan im Bundesrat diskutiert wird, nicht hervor.

- Frau Midyatli, dann ist das doch trotz aller Aufregung, die wir hier hatten, ein guter Anlass, dieses Thema noch einmal aufzugreifen. Wir werden darüber nachdenken, in welcher Form das sinnvoll geschehen kann. Wir wollen vor dem Hintergrund der besonderen Situation von Schleswig-Holstein - unser Land ist ein wichtiger Tourismusstandort - noch einmal genau darüber nachdenken, wie wir mit dieser Bundesratsinitiative umgehen. Dann hatte es ja einen guten Sinn, diese Debatte zu führen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der eine Kollege der FDP-Fraktion hat vorhin etwas dazwischengerufen - man müsse sozusagen die Gesetze der Realität anpassen -, und zwar bezogen auf den Hinweis des Kollegen Baasch, dass es Rechtsverstöße gibt. Das ist, finde ich, ein bemerkenswerter Hinweis. Ich wollte mich dazu in der Sache, bezogen auf den Kollegen Baasch, äußern.

Ich kann nur sagen: Ich finde, das ist eine sehr ungewöhnliche Auslegung des § 53 Satz 1 der Geschäftsordnung. Ich erwarte übrigens, wenn Sie schon einen solchen Antrag hier ablehnen - es ist ja ungewöhnlich, dass es die Mehrheit tut -, dass dann im Anschluss eine Sitzung des Ältestenrates stattfindet; denn ich lasse es mir nicht gefallen, dass hier dem Oppositionsführer das Wort nicht erteilt wird in einem Zusammenhang, wo man reagiert -

Herr Abgeordneter, wenn Sie zur Sache sprechen möchten, gern.

Zur Sache rede ich auch.

Sonst hätten Sie sich zur Geschäftsordnung melden können; das wäre auch möglich gewesen. Jetzt sprechen Sie bitte zur Sache.

Das hat mit der Sache ja eine Menge zu tun, Herr Präsident, weil nämlich -

Ich habe das so nicht empfunden und bitte Sie, zur Sache zu sprechen.

(Thomas Hölck [SPD]: Unglaublich!)

Unabhängig davon haben wir ja Erfahrungen mit dieser Koalition: Immer dann, wenn die von „Flexibilisierung“ und „Mittelstandsfreundlichkeit“ re

(Eka von Kalben)

den, ist damit in aller Regel die Einschränkung von Arbeitnehmerrechten verbunden.

(Zuruf FDP: Nein!)

Darauf haben wir hingewiesen. Das ist auch Gegenstand dieser bayerischen Initiative. Das kann man schon den Zwecken entnehmen, die dazu formuliert worden sind.

Die Landesregierung hat mitnichten den Dialog darüber gesucht; denn der Antrag, über den hier beraten wird, kommt von der SPD. Die Landesregierung hat der Initiative in den Gremien des Bundesrats schlichtweg zugestimmt. Das ist Fakt. Sie brauchen nicht darum herumzureden. Auch die Grünen übrigens nicht: Sie mögen zum Abstimmungsverhalten der Koalition verabreden, was Sie wollen; in der Sache brauchen Sie das nicht schönzureden. Hier wird einer bayerischen Initiative zugestimmt, die Arbeitnehmerrechte einschränken soll - Punkt. Darüber reden wir.

Ich nehme als Teil meiner inhaltlichen Darlegungen hinzu, dass ich Ihnen sage: Ich erwarte, dass im Anschluss an die Sitzung des Landtags eine Sitzung des Ältestenrats stattfindet.

(Beifall SPD)

Das Wort für die Landesregierung hat Herr Minister Dr. Heiner Garg -

(Dennys Bornhöft [FDP] begibt sich zum Rednerpult)

- Noch ein Dreiminutenbeitrag?

(Dennys Bornhöft [FDP]: Ja!)

- Entschuldigung! Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da mein Zwischenruf anscheinend dazu geführt hat, dass bei Herrn Stegner das SPDBingo angeschlagen hat, möchte ich den Zwischenruf noch einmal in den Kontext stellen. Es ging um Gesetzgebung und Realität. Wir waren bei dem Beispiel Gastronomie, konkret bei den Landgasthöfen beziehungsweise deren Sterben.

Nicht nur in der politischen, sondern auch in der medialen Debatte ist das Problem bekannt: Einige Arbeitszeitregelungen, insbesondere solche für Minijobs, die häufig auch von Studierenden ausgeübt werden, führen teilweise dazu, dass Betriebe nicht mehr in der Lage sind, ihren Geschäftsbetrieb auf

rechtzuerhalten. Mitarbeiter können nicht so arbeiten, wie sie es gern wollen. Das ist eine Seite der Medaille.

(Dr. Ralf Stegner [SPD] telefoniert)

- Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Aufmerksamkeit zeigen würden, weil Sie mich direkt angesprochen haben.

Das ist ein Aspekt der Realität. Vorhin ging es um die Gastronomie, speziell um das Gasthofsterben. Der Gesetzgeber muss sich fragen lassen, ob er in diesen Fällen Arbeitsschutz betreibt oder ob er Menschen eher davor schützt, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Ich denke, Letzteres sollte nicht das Ziel sein. Dieser Punkt gehört in die Debatte hinein. Sie dagegen haben gerade versucht, uns etwas zu unterstellen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Ich schaue noch einmal in das Rund, ob ich eine Kurzmeldung übersehen habe. - Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Dann hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Oppositionsführer, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Man kann trefflich darüber streiten, wie man die Initiative des Freistaates Bayern interpretieren soll. Ich interpretiere sie anders als Sie. Aber es ist Ihr gutes Recht, das anders zu sehen und als Oppositionsführer anders darzustellen.

Sie wissen jedoch auch - jedenfalls Sie, Herr Dr. Stegner, weil Sie schon Regierungsverantwortung hatten und das Bundesratsprocedere sehr genau kennen -, dass in den Ausschüssen des Bundesrates das Ressortprinzip gilt. Danach wird selbstverständlich in der Landesregierung mit allen drei Koalitionspartnern darüber beraten, wie man sich zu einzelnen Initiativen im Bundesrat verhält. Genau das wird der Zeitpunkt sein, zu dem wir im Zweifel mit Änderungsanträgen oder einer eigenen Initiative zu diesem Thema vorstellig werden.

Es handelt sich mitnichten schon deshalb um eine beschlossene Initiative, weil sie in Fachausschüssen

(Dr. Ralf Stegner)

des Bundesrats im Zweifel von Ressorts einzeln votiert wurde. Dieses Ressortprinzip würden auch Sie für sich immer in Anspruch nehmen, wenn Sie Regierungsverantwortung trügen.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, zur Sache: Es ist doch völlig unbestritten - so habe ich es jedenfalls trotz der sehr kontroversen Diskussion wahrgenommen -, dass sich die Arbeitswelt in einem rasanten Wandel befindet. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Digitalisierung. Es ist mir relativ egal, wer sich hier auf welche Jahreszahl beruft. Wir haben in den 90er-Jahren nicht geahnt ich jedenfalls nicht -, wo wir im Jahr 2019 bei den Möglichkeiten der Digitalisierung stehen würden. Sie macht heutzutage in vielen Bereichen ein örtlich und zeitlich flexibleres Arbeiten selbstverständlich möglich.

Auch in Schleswig-Holstein nutzen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeiten und die damit verbundenen Vorteile mobilen Arbeitens. Den Wunsch vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach einer stärkeren Individualisierung und selbstbestimmten Arbeitszeitgestaltung können und wollen wir nicht ignorieren. Insbesondere in jüngeren Familien besteht bei Eltern ein starkes Bedürfnis nach Flexibilisierung der Arbeitszeit.

Ich sage Ihnen schon jetzt an dieser Stelle: Wenn ich von Flexibilisierung der Arbeitszeiten spreche, spreche ich nicht von Entgrenzung. Das ist ein Unterschied. Ich lege Wert darauf, dass zur Kenntnis genommen wird, dass diese Jamaika-Koalition es genauso sieht: Wir reden über Flexibilisierung, nicht über Entgrenzung von Arbeitszeit.