Ich hoffe sehr, dass der Antrag der schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten noch eine Wende bringt. Bei aller Aufregung um die hoffentlich korrigierbare Entscheidung der Berliner Fachleute wird allerdings vergessen, dass auch der beschleunigte Ausbau die Probleme erst in einigen Jahren beheben wird. Was bis dahin bleibt: dreckige Wagen, Züge ohne Barrierefreiheit, kaputte Toiletten und so weiter. Diese Missstände hätte die Deutsche Bahn schon lange beheben können. Tut sie aber nicht. Auch der Einsatz von mehr Lokomotivführern und mehr Werkstattpersonal ist kaum spürbar. Es kommt weiterhin immer wieder zu Verspätungen und verpassten Anschlusszügen.
Damit sind wir dann wieder beim Bullshit-Bingo, also dabei, dass wir immer wieder Appelle an die Deutsche Bahn richten. Dort stellt man die Ohren auf Durchzug, wenn wir hier in Kiel etwas von ihnen wollen oder berechtigte Forderungen stellen. Sogar Strafzahlungen bringen nur kleine Erfolge.
Schon vor zwei Jahren hatte nach dem Ausfall von 90 alten Wagen Minister Buchholz gezetert, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
„Wir sind eine Industrienation, die technisch so weit vorne sein sollte, dass ein schienengebundener Personennahverkehr zwischen Westerland und Niebüll stabil laufen kann. Alles andere kann nicht sein, das darf nicht sein, das muss sich ändern.“
Tut es aber nicht. Die Pendlerinnen und Pendler, die viele Stunden vor und nach der Arbeit in verspäteten Zügen verbringen, haben keine Geduld mehr. Sie glauben langsam nicht mehr an eine Verbesserung. Warum man überhaupt als Urlauber auf Sylt mit einer Ausdehnung von etwas mehr als 30 km ein Auto benötigt und damit einen Autozug, ist vielen schon ein Rätsel. Einige Betroffene haben in einem millionenfach geklickten Video ein Katapult ins Spiel gebracht. Das war natürlich nur ein Spaß. Wir sollten aber tatsächlich mal in andere Richtungen denken.
Das betrifft zum Beispiel die Fähre zwischen List und Rømø. Diese Verbindung entlastet die Schienenverbindung durchaus - so gut, dass inzwischen sogar zwei Fähren eingesetzt werden sollen. Die Reederei scheint also gut daran zu verdienen. Allerdings ist die Kapazität der Fähren begrenzt und der Umweg nicht unerheblich. Außerdem sind Umbuchungen und Stornierungen nicht so einfach wie bei der Deutschen Bahn. Eine App existiert beispielsweise noch nicht. Hier wäre es wünschenswert, wenn der Verkehrsminister über die Grenze hinweg denken würde und die Fähren in ein Gesamtkonzept einbeziehen würde. Warum gibt es keine Schnellbusanbindung an die Fähren oder reduzierte Fährtickets für Pendler? Ich denke, es wäre schon lohnend, darüber nachzudenken.
Eine andere Strategie wäre die bessere Nutzung der Autozüge. Diese fahren manchmal nur halbleer hin und her.
Warum gibt es keine Konzepte, diese Kapazitäten für die Pendler zu nutzen? Warum gibt es keine Busse auf dem Autozug, mit denen jeweils über 50 Menschen hin und her kommen könnten? Wollen wir wirklich messbare Erfolge erzielen, müssen wir aus dieser Dauerschleife der Bitten und Appelle herauskommen, und das möglichst schnell. - Jo tak.
Wir kommen zu den Dreiminutenbeiträgen. Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kay Richert.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Marschbahn ist ein sehr prominentes Beispiel dafür, was passiert, wenn man eine Trasse - einen Gleiskörper - jahrzehntelang vernachlässigt. Herr Kollege Vogel, jetzt stellen Sie sich hierhin und sagen: Buchholz hätte das in den zweieinhalb Jahren ruhig mal regeln können. Der könnte ja mal endlich Durchsetzungsvermögen zeigen. Da frage ich mich: Wer hat denn in den letzten 30 Jahren hier regiert? Hatten wir in den letzten 30 Jahren nicht die Möglichkeit, Durchsetzungsvermögen zu zeigen? - Dann sagen Sie noch: Seit Antritt dieser Landesregierung habe sich das verschlechtert. In dieser Aussage ist wirklich gewaltige Chuzpe. Ich sage Ihnen: Dieser Minister da hat viele Dinge gemacht, vor denen die anderen Minister, die seine Vorgänger waren, einfach Angst hatten.
Er hat den Druck erhöht, sodass 160 Millionen € für ein Sofortprogramm gekommen sind. Er hat Maluszahlungen verhängt, an die Sie noch nicht einmal zu denken gewagt haben.
Ich denke, dieses Spiel „Wir haben, und ihr habt nicht“ ermüdet auch außerhalb der politischen Blase, in der Sie sich anscheinend ausschließlich aufhalten. Den Spieß umzudrehen und zu sagen: Bitte, bitte, regelt das doch in zweieinhalb Jahren, was wir in 30 Jahren nicht hingekriegt haben, das ist schon ganz schön gewagt.
Festzuhalten bleibt: Nach dem Regierungsantritt dieser neuen Landesregierung bewegt sich tatsächlich etwas. Das ist spürbar, und das merken auch alle außer Ihnen, und es ist auch gut so, dass das so bleibt. - Vielen Dank.
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat sich der Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion, Christopher Vogt, gemeldet.
Liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Planungsrecht in Deutschland ist wirklich eine Katastrophe.
Wir erleben immer wieder, dass gesagt wird: Dieses Verhinderungsrecht kommt aus der EU, die Wasserrahmenrichtlinie und so weiter, all das kommt aus Brüssel. Wir leben neben Dänemark. Ich bin ein Freund des SSW. Ich finde es manchmal etwas too much, wenn die sagen: Wir machen alles am besten einfach so wie in Dänemark.
An einer Stelle ist man in Dänemark aber wirklich gut, nämlich beim Bau von Infrastrukturprojekten. Warum? Weil man es dort auf die legislative Ebene gezogen hat. Genau das Gleiche ist sozusagen die Legalplanung, nämlich zu sagen, man zieht das zum Gesetzgeber zurück.
Insofern muss man ganz ehrlich sagen: Das Verhinderungsrecht, das wir in Deutschland haben, nämlich die Rechtsprechung und die Gesetzgebung an dieser Stelle soll eigentlich dem Umweltschutz dienen. Bei der Marschbahn sehen wir besonders, dass dies mittlerweile kontraproduktiv ist, weil man eben nicht nur Autobahnen verhindert, die aus meiner Sicht auch ökologisch sinnvoll sein können, weil man Staus verhindert, sondern auch Bahnprojekte weden dadurch verzögert und behindert.
Wir sehen das bei der Marschbahn. - Frau Kollegin, immerhin gibt es eine positive Nachricht, dass in dem Kabinettsbeschluss der Nord-Ostsee-Kanal enthalten ist. Das sollten wir an dieser Stelle einmal betonen. Das ist die einzig gute Nachricht. Aber
dass die Marschbahn nicht drin ist, ist wirklich ein Desaster und eine Katastrophe. Herr Dr. Stegner, Sie schaffen es als SPD sogar, und ich finde, das zeigt das ganze Elend Ihrer Partei derzeit, die Grünen gegen sich aufzubringen, die sagen, hier muss die Planung beschleunigt werden. Es macht wenig Sinn, diese langen Planungsprozesse zu machen, weil dies dem Umweltschutz nicht dient, sondern an der Stelle dem Umweltschutz schadet.
Wir müssen an dieser Stelle wirklich einmal ein Signal - und deswegen auch heute dieser Antrag an die Pendlerinnen und Pendler senden, die besonders auf diese Zweigleisigkeit zwischen Klanxbüll und Niebüll angewiesen sind. Wir müssen das Signal senden: Wir wollen das beschleunigen, das muss schneller gehen, wir wollen das. Das kann nicht noch zehn Jahre länger dauern, weil wir völlig beknackte Planungsverfahren haben.
Herr Vogel, jetzt habe ich Ihre Rede und das, was Sie uns eigentlich sagen wollen, nicht wirklich verstanden. Sie haben gesagt, Sie stimmen unserem Antrag heute zu. Das Spannende ist: Als wir damals die Legalplanung gefordert haben, hat die SPD sich enthalten.
Heute stimmen Sie zu, obwohl Sie sich gleichzeitig ein bisschen gerechtfertigt haben, indem Sie gesagt haben: „Na ja, vielleicht ist es ja richtig, dass das Umweltministerium darauf gedrängt hat, das herauszunehmen, weil es das fachlich gar nicht durchsteht.“ Das fand ich spannend.
Meine Damen und Herren, die Bundesumweltministerin irrlichtert natürlich an dieser Stelle, und Kritik an Herrn Buchholz ist wirklich fehl am Platze; denn es war die Bundesumweltministerin von der SPD, die den Referentenentwurf entsprechend hat abändern lassen.
Jetzt wird es spannend. Das Ziel unseres Antrags ist es, auf den Deutschen Bundestag einzuwirken, damit das entsprechend wieder geändert wird. Deswegen wollten wir das unbedingt noch in dieser Tagung machen.
Herr Dr. Stegner, mich würde interessieren: Was haben Sie eigentlich in der letzten Woche für Gespräche geführt, damit sich die SPD entsprechend korrigiert?
Die FDP-Bundestagsfraktion hat angekündigt, dass sie die Aufnahme der Marschbahn in dieses Gesetz beantragen wird. Ich bin gespannt, wie sich SPDund auch CDU-Abgeordnete verhalten werden. Sie haben die Chance. Führen Sie Gespräche, und berichten Sie uns vielleicht noch in einem Dreiminu
tenbeitrag, welche Gespräche Sie geführt haben und ob diese Gespräche bereits gefruchtet haben, Herr Dr. Stegner. Wir brauchen das Signal für die Marschbahn und für die Pendlerinnen und die Pendler. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte anfangs mit einem - ich will mal sagen - Märchen aufräumen, weil der Kollege Tietze vorhin angesprochen hat, dass es mit den Grünen nicht machbar sei, eine neue Art des Planungsrechts zu schaffen.
Wenn man das dänische System übernimmt - und das ist es ja im Grundsatz -, dann schiebt man die Grundsatzentscheidung auf die Legislative, auf die Politik, und will, dass das Parlament entscheidet, ob eine Infrastruktur wichtig oder nicht wichtig ist und ob man sie ändern will. Danach, wenn denn demokratisch entschieden ist, ob man ein Projekt haben will, fängt es in Dänemark an. Dann guckt man, wie man dieses Objekt so ökologisch und so nachhaltig wie möglich umsetzen kann. Dann laufen alle Beteiligungsverfahren an, auch mit sämtlichen Verbänden, die sich daran beteiligen und mit guten Anregungen kommen können. Der Kern der ganzen Sache ist nur, dass man dann schneller fertig ist.
Ich sehe dieses, was wir jetzt machen, eigentlich eher als einen Probeballon an, dass wir irgendwann vielleicht einmal ein richtig ordentliches Planungsrecht kriegen, das vor allem auch demokratisch verankert ist, bei dem tatsächlich einmal Mehrheitsentscheidungen getroffen werden können, damit man weiß, woran man ist, meine Damen und Herren.
Aber das ist nicht der einzige Punkt, um den es mir geht. Es geht ja auch darum - sage ich einmal -, dass eine vogelwilde und ahnungslose Bundesumweltministerin auf Bundesebene