Protocol of the Session on November 14, 2019

Die Geschichte endet auch nicht mit der Schoah. In den letzten Jahren hat sich in Deutschland zum Glück wieder eine aktive jüdische Gemeinde entwickelt. Hieran wollen wir anknüpfen. Das jüdische Leben und die jüdische Religion sind positive Aspekte unserer gemeinsamen Geschichte. Das muss auch an unseren Schulen eine größere Rolle spielen. Wir müssen im Unterricht über antisemitische und antiisraelische Mythen und Ressentiments sprechen und diese entlarven. Den Schulen kommt da eine zentrale Rolle zu. Deswegen ist es richtig, unsere Fachanforderungen - übrigens in vielen Fächern - daraufhin zu überprüfen, ob wir da in ausreichender Weise unterwegs sind. Das tun wir gerade und werden hierzu bis zum Jahresende zu einem Ergebnis kommen.

Dazu gehört auch, den Jugendaustausch mit Israel zu intensivieren. Wir brauchen eine Brücke zwischen den jungen Generationen. Ich wünsche mir, dass alle Parteien, die in Berlin Verantwortung tragen, das voranbringen: Das deutsch-israelische Jugendwerk muss endlich auf den Weg gebracht werden.

Unwissenheit führt oft zu Vorurteilen. Von dort ist der Weg zu Intoleranz und Hass und leider auch zu Gewalt nicht mehr weit. Wer in dieser Geschichte Biedermann und wer Brandstifter ist, mag jeder für sich bewerten. Schulische wie außerschulische Bildung sind sicherlich die beste Präventionsmaßnahme gegen Antisemitismus und jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Man kann nicht gegen Antisemitismus sein und an anderer Stellen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit vertreten.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW, Dr. Frank Brodehl [AfD] und Volker Schnurrbusch [AfD])

Natürlich ist Bildung nicht der einzige Weg und kann nicht der einzige Teil der Strategie sein. Es geht um konsequente Strafverfolgung und auch um die Verschärfung des Strafrechts, auch im Internet.

(Beifall SSW)

Es geht - das ist auch gesagt worden - um ausreichende Sicherheitsvorkehrungen. Es ist eigentlich eine Tragödie, dass wir uns darüber Gedanken machen müssen. Darüber sind wir uns alle im Klaren, aber wir müssen es trotzdem tun. Ich danke dem ganzen Kabinett und insbesondere Innenminister Grote. Wir werden die notwendigen Maßnahmen in den nächsten Tagen auf den Weg bringen. Das ist richtig so. Wir wollen, dass sie sich in diesem Land,

in Schleswig-Holstein, sicher fühlen, und werden den notwendigen Beitrag dazu leisten.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Claus Schaffer [AfD])

Der Anschlag von Halle war eine Zäsur für Deutschland. Das ist bereits gesagt worden. Wir trauern um zwei willkürlich ausgewählte, unschuldige Menschen. Wir sind entsetzt über den Anschlag auf eine Synagoge, in der die Juden ihren höchsten Feiertag begingen. Wir sind aber auch empört über den Angriff auf unsere offene und freie Gesellschaft. Der Anschlag war auch ein Angriff auf die Religionsfreiheit und die Menschenwürde. Wenn wir uns fragen: „Was hilft?“, muss die ganz eindeutige Ansage sein: Jüdisches Leben gehört zu uns in Schleswig-Holstein. Wenn jüdische Schülerinnen und Schüler, deutsche Schülerinnen und Schüler und zugewanderte Schülerinnen und Schüler an das Judentum denken, sollen sie in Zukunft wieder an unsere großartige, wunderschön sanierte Synagoge in Lübeck denken.

Sie sollen an die neue Synagoge in Kiel denken, sie sollen an unser Jüdisches Museum in Rendsburg und vieles mehr denken, das unsere Kultur in Schleswig-Holstein bereichert.

Meine Damen und Herren, was aber auch hilft, ist die unmissverständliche Botschaft: Wer Synagogen angreift, greift uns alle an und wird unsere erbitterte Gegenwehr spüren. Das ist das Signal, das heute von diesem Landtag ausgeht.

(Anhaltender Beifall im ganzen Haus)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/1820, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die drei anwesenden Abgeordneten der AfD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP und CDU. Wer enthält sich? - Das ist die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse dann über den Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/1798 (neu), abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die

(Ministerin Karin Prien)

Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP und CDU sowie die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Wer ist dagegen? - Das sind die drei anwesenden Abgeordneten der Fraktion der AfD. Damit ist der Antrag Drucksache 19/1798 (neu) angenommen. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 40 A auf:

Keine Zeit beim zweigleisigen Ausbau der Marschbahn verlieren - Erreichbarkeit der Insel für die Pendlerinnen und Pendler langfristig sichern

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1815

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

(Das Licht im Plenarsaal geht aus)

- Ich hoffe, dass das Licht bald wieder angeht. - Ich eröffne die Aussprache. Wenn es hier richtig mitgeteilt ist, hat jetzt für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Kay Richert das Wort.

(Hauke Göttsch [CDU]: Jetzt geht das Licht auch wieder an! - Unruhe)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber für mich ist es immer ein bisschen komisch, wenn wir nach so einer emotionalen und grundsätzlichen Debatte wieder zu den eher profan anmutenden Regelungen des Alltäglichen zurückkehren. Nichtsdestotrotz müssen wir uns natürlich mit dem befassen, was die Zukunft der Infrastruktur unseres Landes anbelangt, und da sind wir jetzt wieder angekommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Wege und Schienen sind ein technisches Thema, das ist eher etwas für den Kopf als für das Herz. Da geht es um Zahlen und Maße, um juristische Spitzfindigkeiten und technische Details. Dabei ist Mobilität eigentlich ein emotionales Thema, denn Wege und Schienen verbinden uns. Auf Wegen und Schienen kommen wir zur Arbeit, damit erwirtschaften wir unseren Wohlstand. Auf Wegen und Schienen kommen wir zu unserer Familie, zu unseren Liebsten. Wege und Schienen geben uns die Freiheit, über den Tellerrand zu schauen, uns zu entwickeln, Neues kennenzulernen und dabei unseren Horizont zu erweitern.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP] und Lukas Kilian [CDU])

Wir wollen mobil sein, denn Mobilität verbindet die Gesellschaft.

Unsere Aufgabe, die Aufgabe von Politik und Verwaltung ist es, die Mobilität so sicher und komfortabel wie möglich zu gestalten, für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die uns dafür gewählt haben. Das Planungsrecht in Deutschland wird dieser Aufgabe nur sehr eingeschränkt gerecht. Anstatt für schnelle Lösungen ist das deutsche Planungsrecht für ewig lange Verfahren berühmt, an die sich ewig lange Gerichtsverfahren anschließen. Das Planungsrecht muss unbedingt verbessert werden.

(Beifall FDP und CDU)

Vor etwas über einem Jahr, am 6. September 2018, haben wir deshalb genau an dieser Stelle darüber diskutiert, dass wir für den zweigleisigen Ausbau der Marschbahn zwischen Klanxbüll und Niebüll die Legalplanung haben wollen. Wir wollen Gas geben, wir wollen Taten sehen; nur durch schöne Worte allein geht es nämlich nicht voran.

Ich habe mich sehr über den Referentenentwurf gefreut, den wir daraufhin aus dem Bundesverkehrsministerium bekommen haben, in dem der zweigleisige Ausbau zwischen Niebüll und Klanxbüll enthalten war.

Bei der Befassung im Wirtschaftsausschuss am 12. September 2019 haben die Abgeordneten der SPD als Einzige nicht für die beschleunigte Planung per Maßnahmengesetz gestimmt. Da hatte ich schon so eine Ahnung, dass das Instrument Legalplanung oder Maßnahmengesetz nicht richtig verstanden worden sind. Jetzt lese ich Statements von SPD-Bundespolitikern wie: „An der Struktur und Schnelligkeit des Planungsverfahrens selbst ändert sich wenig“, oder eine Planung per Gesetz bringe keine Beschleunigung. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll; das ist schlicht falsch.

Wer die Wirksamkeit von Legalplanungen besichtigen will, muss einmal nach Dänemark gucken.

(Lars Harms [SSW]: So ist es! Das ist immer gut!)

Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten den Abgeordneten Flemming Meyer: Da muss man nach Dänemark gucken.

Beispiel Öresundbrücke: Beschluss 1991, Baubeginn 1995, Fertigstellung 1999, sechs Monate früher als geplant und im Budget - und das bei einem gigantischen Ingenieursbauwerk inklusive Landan

(Präsident Klaus Schlie)

bindung, Eisenbahntrasse, zusätzlichem Tunnel und künstlicher Insel.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Dänen lügen nicht!)

Es geht natürlich auch kleiner, Beispiel Autobahn Klipleff - Sonderburg: 26 km Länge, Baubeginn 2010, Fertigstellung 2011, sieben Monate früher als geplant und ebenfalls im Budget. Übrigens beides unter maßgeblicher Beteiligung deutscher Unternehmen; daran kann es also nicht gelegen haben.

Stellen Sie sich einmal vor, wie schnell wir die 14 km zwischen Niebüll und Klanxbüll fertig kriegen würden!

(Lars Harms [SSW]: Oder die A 20! - Hans- Jörn Arp [CDU]: Gott sei Dank hat das ein- mal ein anderer gesagt! - Heiterkeit und Bei- fall)

Sie sehen, die Planung per Planungsgesetz ändert sehr wohl etwas an der Schnelligkeit. Wir sind es den Bahnreisenden, den Pendlerinnen und Pendlern schuldig, hier nicht lockerzulassen. Ich hoffe und bitte darum, dass wir hier und heute ein einstimmiges Signal senden, dass wir weiter die Legalplanung wollen.

(Beifall FDP, CDU und Volker Schnurrbusch [AfD])

Interessant ist auch die Aussage, die Marschbahn sei aus ökologischen und verkehrlichen Gründen nicht wichtig genug. Da bleibt mir die Spucke weg.

(Zurufe)

Liebe Bundesumweltministerin, die Marschbahn ist deutschlandweit bekannt, und zwar nicht für ihre Pünktlichkeit und gute Qualität. Wenn Sie schon den Umweltnutzen des Bahnverkehrs nicht sehen wollen, den verkehrlichen Nutzen wenigstens können Sie aus dem Bundesverkehrswegeplan ablesen, da steht es drin.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe mich einmal umgesehen, allen Fraktionen im SchleswigHolsteinischen Landtag sind doch der Ausbau des nachhaltigen und umweltfreundlichen Verkehrs, die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs im Land und Fortschritte bei wichtigen Verkehrsprojekten wichtig. Es ist unser aller Ziel, die Mobilität schnellstmöglich so sicher und komfortabel wie möglich zu machen. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes schuldig, die uns dafür gewählt haben, dass wir das voranbringen. Dieses Ziel ist leider in Gefahr.

Die Ministerin, die ihr Veto eingelegt hat, hat gesagt, das Planungsgesetz für unsere Marschbahn sei nun nicht mehr Sache ihres Hauses, das sei jetzt Sache des Bundestags. Lassen Sie uns von hier aus ein möglichst starkes Signal an die Bundestagskollegen senden. Wir wollen weiter die Legalplanung. Unterstützen Sie uns bitte!