Protocol of the Session on November 14, 2019

Die Ministerin, die ihr Veto eingelegt hat, hat gesagt, das Planungsgesetz für unsere Marschbahn sei nun nicht mehr Sache ihres Hauses, das sei jetzt Sache des Bundestags. Lassen Sie uns von hier aus ein möglichst starkes Signal an die Bundestagskollegen senden. Wir wollen weiter die Legalplanung. Unterstützen Sie uns bitte!

(Beifall FDP, CDU und Volker Schnurrbusch [AfD])

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Die Marschbahn ist und bleibt ein zentrales Verkehrsprojekt für uns, und zum Glück steht sie seit November 2018 auch im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans. Wer wie ich beim letzten Bahngipfel in Niebüll war, der spürte, wie stark die Probleme auf der Marschbahn die Menschen belasten, und seit Amtsantritt dieser Landesregierung hat sich die Situation sogar noch verschlechtert.

Unsere Aufgabe ist es, hier so schnell wie möglich und so klug wie möglich Lösungen für die vielen Pendlerinnen und Pendler und die Touristen zu finden. So hat es auch mich gewurmt, was wir an Meldungen letzte Woche aus Berlin erhalten haben.

Der Antrag der Koalition formuliert die Hoffnung, dass der zweigleisige Marschbahnausbau wieder in die Projektliste des Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetzes aufgenommen wird. Wir werden diesem Antrag zustimmen, da die Projektaufnahme zu einem Beschleunigungseffekt führen könnte.

(Beifall Thomas Hölck [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Aber jeder, der mit dem Finger auf uns zeigt, sollte sehen, wie viele Finger auf ihn selbst zeigen, wenn ich mich auf die Pressemitteilungen der letzten Tage beziehe. Ich frage mich schon, wer bei einer Kabinettsbefassung in Berlin alles beteiligt war: das Wirtschaftsministerium, das Justizministerium, das Innenministerium, das Finanzministerium, ja, auch das Umweltministerium und federführend das Verkehrsministerium.

(Kerstin Metzner [SPD]: Ja!)

Wenn das Umweltministerium, welches diese Streichungen empfohlen hat, nun so vollkommen

(Kay Richert)

falsch läge, hätten doch die anderen Ministerien, insbesondere das federführende Verkehrsministerium, dagegen interveniert. Herr Buchholz, Sie wissen doch selbst, wie Ressortabstimmungen laufen.

(Zurufe Lars Harms [SSW] und Minister Dr. Bernd Buchholz)

Es entscheidet nicht das eine Ressort alleine, sondern man stimmt sich untereinander ab. Selbst bei einem Vetorecht tritt man danach zusammen und kann überstimmt werden. Verkehrsminister Buchholz möchte uns vormachen, dass das Umweltministerium dasjenige gewesen sei, das das Gesetz weggeschoben und verhindert hat. Wenn Ihnen das unklar sein sollte, tut uns das leid, denn Gesetze werden ausnahmslos nicht von der Exekutive, sondern von der Legislative, das heißt von unserem Parlament oder dem Bundestag, beschlossen und nicht von Ihnen.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Wer sich das Gesetz genau ansieht, weiß, dass es tatsächlich von Anfang an unwahrscheinlich war, dass die Marschbahn im Vergleich zu anderen Schienenprojekten aufgenommen wird. Die Zulassung durch das Maßnahmengesetz ist nur in Einzelfällen möglich und an Bedingungen geknüpft, wie zum Beispiel an den Nutzen für den Klimaschutz, wie im Klimaschutzpaket beschlossen. Der geldliche Nutzen aus den vermiedenen Abgasemissionen liegt bei der Marschbahn bei um und bei 30.000 €, während alle andere Projekte, die dort aufgeführt sind, einen Umweltnutzen im dreistelligen Millionenbereich haben. Das ist schon ein Unterschied.

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

Es soll des Weiteren um weitere hoch politisierte, politisch umstrittene Projekte gehen, die einer rein administrativen Behandlung zu entwachsen drohen. Wenige Verkehrsinfrastrukturprojekte sind so wenig umstritten wie der Marschbahnausbau.

Doch was ist nun mit denen, die den Erfolg vorher vollmundig verkündet haben? CDU-Staatssekretär Ferlemann schlägt sich mal wieder in die Büsche, wenn es unangenehm wird. Der glaubt wohl selbst nicht an den Erfolg oder ist nun wirklich ohne jeden Einfluss. Was ist mit der einzigen direkt gewählten Abgeordneten aus Nordfriesland, die sogar stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss ist und heute auch noch in einem Sylter Blatt zitiert wird, wo sie sich dazu äußert, dass man angeblich aus dem vordringlichen Bedarf herausgeflogen sei? Da muss ich ganz ehrlich sagen: Da muss einmal einer genauer recherchieren.

(Beifall SPD)

Jetzt zu unserem politischen Wunderwerkzeug und Ankündigungsminister Buchholz: keine kluge Aussage, bis auf das Argument, das müsse da wieder rein und alle anderen seien schuld. Herr Buchholz, hätten Sie im Ansatz so viel zu sagen, wie Sie uns immer weismachen wollen, hätten Sie in den letzten zweieinhalb Jahren Zeit gehabt, die Marschbahn in Berlin in den wirklich wichtigen Köpfen so zu positionieren, dass das Projekt käme.

(Zuruf Minister Dr. Bernd Buchholz)

Dann hätten Sie die Planung bei der Marschbahn weiter vorantreiben können. Weder bei der Bahn noch in irgendeinem der Bundesministerien scheint es irgendjemanden nachhaltig interessiert zu haben, was unser Ankündigungsminister zu sagen hatte leider absolute Fehlanzeige.

(Beifall SPD - Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

Herr Abgeordneter Vogel?

Ich lasse keine Frage zu.

Sie lassen keine Frage zu.

(Zuruf)

Der Bundestag muss nun final über die Projektliste des Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetzentwurfs entscheiden. Das Gesetz bedarf übrigens nicht der Zustimmung des Bundesrates, liebe Koalition, wie wir feststellen, wenn wir genauer auf Ihren Antrag schauen.

Wir wollen einen beschleunigten Ausbau der Marschbahn garantiert wissen. Deshalb erwarten wir endlich Verbesserungen und Durchsetzungsvermögen des Ministers in Sachen Marschbahn.

Herr Günther - nun ist er leider nicht hier -, auch Ministerpräsidenten können Einfluss auf wichtige Infrastrukturprojekte nehmen. Denken wir zum Beispiel an die Vereinbarung zur Festen Fehmarnbelt-Querung mit der 2+0-Lösung, die zusätzlichen ICE-Züge oder die zusätzlichen Regionalisierungsmittel in Höhe von fast 400 Millionen €. - Ach nein, das war ja Ministerpräsident Albig!

(Kai Vogel)

Sie sind in der Landesregierung, um Probleme zu lösen, und bei der Marschbahn haben Sie wirklich kläglich versagt. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat Lukas Kilian.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Vogel, das war an Dreistigkeit nicht zu überbieten.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Wenn wir uns das Thema Marschbahn und die Diskussionen über das Thema Marschbahn in diesem Landtag anschauen, hat uns bislang eigentlich eine gewisse Einigkeit ausgezeichnet, dass wir dieses Problem, das nicht erst seit der Regierungsübernahme besteht, sondern seit Jahren die Pendlerinnen und Pendler dort jeden Tag erheblich belastet, angehen, und zwar bestmöglich, auf allen Kanälen. Wir haben einstimmige Beschlüsse dieses Landtags.

Wir haben es durch unseren Ministerpräsidenten und durch unseren Verkehrsminister geschafft, als einzige Eisenbahnstrecke im Referentenentwurf zum Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz - cooler Name - aufzutauchen. Im Referentenentwurf waren sechs Projekte aufgelistet: fünf Wasserstraßen und eine Bahnstrecke. Und Sie stellen sich hier hin und sagen, dass Schleswig-Holstein keinen Einfluss ausgeübt hat und den Leuten in Berlin nicht klargemacht hat, dass das eine wichtige Bahnstrecke ist? Das war die einzige, die im Referentenentwurf stand. Das passiert doch nicht aus Versehen.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und Beifall Volker Schnurrbusch [AfD])

Das passiert, weil ganz deutlich wichtige Lobbyarbeit für die Pendlerinnen und Pendler gemacht wurde - auch von der SPD, hätte ich gedacht.

Jetzt stellen Sie sich hier hin und verteidigen eine dermaßen schwachmatische Begründung von Frau Schulze und erklären, dass der Energienutzen mit 30.000 € berechnet wird und deswegen die Marschbahn möglicherweise ökologisch nicht ganz so wichtig sei, was den Ausbau angehe. Frau Schulze hat durch einen Sprecher in ihrem Ministerium begründen lassen, weshalb die Marschbahn rausgeflogen ist. Dort heißt es - ich zitiere wortwörtlich aus der Presse -:

„Der klima- und verkehrspolitische Nutzen … müsse sehr hoch sein … Der Nutzen … sei aber nach dieser fachlichen Prüfung ‚mit den übrigen im Gesetzentwurf enthaltenen Schienenverkehrsprojekten nicht vergleichbar‘.“

Man erinnere sich: Es gab gar kein anderes Schienenverkehrsprojekt in dem ursprünglichen Gesetzentwurf. Man hat aber nachträglich eine Vielzahl von Schienenverkehrsprojekten da reingeschrieben. Überraschenderweise - das kritisieren wir auch, und wir trauen uns auch, unsere eigene Partei und unsere Schwesterpartei zu kritisieren - steht an erster Stelle die Eisenbahnstrecke München-MühldorfFreilassing.

Wenn Sie nun Freund der großen Zahlen sind und uns ausrechnen können, dass der Nutzen auf der Marschbahnstrecke 30.000 € Klimabarwert sei, wären Sie auch in der Lage, einmal in den Bundesverkehrswegeplan zu schauen, mit welchem Bedarf diese Strecke - München-Mühldorf-Freilassing dort ausgewiesen ist: Kein Bedarf, steht da. Kein Bedarf!

Da stellt sich Ihre Ministerin hin, die offensichtlich mit den Fakten überhaupt nichts zu tun haben will, und sagt: Die anderen Projekte sind wichtiger als das, was bei der Marschbahn passiert. - Und Sie stellen sich hier hin und sagen: Das ganze Kabinett ist blöd. - Ja, das ganze Kabinett ist blöd. Das ist eine fatale Entscheidung für Schleswig-Holstein. Aber es war das Umweltministerium, welches das rausgestrichen hat. Wenn sich jetzt die SPD-Landtagsfraktion hinstellt und noch begründet, weshalb es eigentlich ganz in Ordnung sei, was da rausgestrichen wurde, frage ich mich wirklich: Wer wählt die überhaupt noch?

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das kann doch nicht wahr sein! Wir haben unzählige Probleme auf der Marschbahn. Wir haben eine Insel - die Insel Sylt -, die nur per Bahn oder Fähre angeschlossen ist. Wir haben jeden Tag dramatische Situationen. Wir haben Menschen, die gerade auf die Bahn angewiesen sind. Das ist nicht der SUVfahrende Porscheurlauber, der auf Sylt Spaßurlaub machen will, sondern das sind Pendlerinnen und Pendler, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf die Zuverlässigkeit angewiesen sind.

Wir haben ein gemeinsames Signal aus diesem Haus gesendet und klargemacht: Die Marschbahn muss ausgebaut werden, die Marschbahn ist uns furchtbar wichtig. - Sich jetzt hier hinzustellen und

(Kai Vogel)

weil die Parteifreundin diesen Entwurf abgeändert und ein Veto eingelegt hat, zu erklären, was der Nutzen dieser Entscheidung war, ist wirklich absurd. Überdenken Sie Ihre Entscheidung!