Ich sage Ihnen ganz ehrlich, mir sind die Forderungen der Studierenden der Medizin aus dem letzten Jahr nachdrücklich in Erinnerung geblieben. Das fängt bei der Wohnraumproblematik an, wird aber auch ganz konkret beim Praktischen Jahr deutlich. Ich muss schon sagen, dass ich es schade finde, dass das Land hier keine gute Lösung gefunden hat. Vielleicht sollten wir uns, wenn wir uns alle einig sind, diesem Antrag zuzustimmen und als Land auf Hilfe des Bundes zu zielen, überlegen, ob wir vielleicht eine Bundesratsinitiative genau zu diesem Punkt starten, denn es ist wichtig, dass sich die Stu
dierenden im Praktischen Jahr ernähren können, wohnen können, denn sie können nebenbei kein Geld verdienen, um das durchzuziehen. Es handelt sich ja schließlich um eine 48-wöchige Vollzeitarbeit nach einem fünfjährigen Studium und der Ableistung zweier Staatsexamina.
In Deutschland gibt es bei den Universitätskliniken und Lehrkrankenhäusern keine einheitlichen Vorgaben für Aufwandsentschädigungen im Praktischen Jahr. Allerdings bleibt neben dem PJ offensichtlich kaum Zeit, noch einem Nebenjob nachzugehen. Ich hatte es gerade erläutert. Hierfür muss die Landesregierung aus unserer Sicht wirklich, wenn sie es nicht selbst zahlen will, eine andere Lösung finden. Da, meine ich, müssten wir schauen, wenn das nicht zwischen UKSH, den Studierenden und den anderen Akteuren koordiniert werden kann, dass wir uns auch in diesem Punkt an den Bund wenden, damit wir eine einheitliche Aufwandsentschädigung erreichen können.
Wenn wir schon bei der medizinischen Ausbildung sind, merke ich immer wieder an, wie heillos erleichtert ich bin, dass 2010 der Studiengang Medizin in Lübeck - der Kollege Dunckel sprach es an trotz der schwarz-gelben Pläne nicht geschlossen worden ist. Wo stünden wir bloß jetzt, wäre die Medizinische Fakultät damals tatsächlich dichtgemacht worden? - Deswegen ist es mir auch so wichtig, die herausragende Stellung unseres UKSH zu betonen. Wir müssen unsere Gesundheitsversorgung und die dazu gehörige Infrastruktur unbedingt aufrechterhalten. Natürlich bleibt das eine riesige Herausforderung, aber es ist eine, um die man sich nicht drücken darf. Auch nicht, wenn man das Problem ein bisschen dem Bund zuschieben will. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem guten Antrag ist genug gesagt worden, aber es gibt natürlich das Problem, und es gibt auch viele Facetten dieses Problems, deswegen will ich auf einige eingehen, die unter Umständen in den Ausschüssen oder an anderen Stellen zur Diskussion um das Landarztgesetz kommen.
Es reicht hier nicht aus, wenn wir einfach sagen, wir bräuchten eine höhere Zahl von irgendetwas, sondern es muss auch eine höhere Nachhaltigkeit entwickelt werden. Da plädiere ich immer wieder dafür, dass Gesundheitsberufe einen eigenen Zugang zu Studienplätzen bekommen sollen. Dafür ist es wichtig zu wissen, welche Voraussetzungen ein guter Arzt mitbringen muss. Er muss kein kognitiver Akrobat sein, sondern er muss ein gutes Händchen haben und heilen können. Darüber hinaus muss er eine gewisse Kompetenz mitbringen.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich möchte, wenn ich im Krankenhaus bin - im UKSH oder wo auch immer - und die Frage aufkommt, wer die Spritze, den Kanal setzt oder den Zugang legt, zehnmal lieber von Birte Pauls den Zugang gelegt bekommen als von irgendeinem Assistenzarzt,
der sich bemüht, so gut er kann. Das ist Erfahrung. Das sind viele Jahre Arbeit in der intensivmedizinischen Pflege. Da sitzt die Nadel sofort, meine Damen und Herren.
(Dennys Bornhöft [FDP]: Ich hätte Angst! - Heiterkeit - Hauke Göttsch [CDU]: Prakti- sche Darstellung! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wann hast du das das letzte Mal gemacht? - Birte Pauls [SPD]: Vor zehn Jahren!)
- Das ist jetzt eine Weile her. Ich möchte einfach einmal zur Diskussion stellen, was wir für Zugänge brauchen.
Eine andere Frage: Wie bewerten wir die Abiturnote im Bereich Biologie? Wenn sie egal ist, dann kann ich auch im Fach Musik eine wunderbare Note bekommen und anschließend Arzt werden. Nein, es muss einfach eine Gewichtung geben, es muss eine Logik geben. Man muss bei Gesundheitsberufen den Zugang besonders regeln.
Kurz und gut: Wir werden also im Rahmen dieser Diskussion, die wir im Fachausschuss beim Landarztgesetz führen werden, dieses Thema weiter und differenzierter betrachten, zum Beispiel auch in der Frage, wie Telemedizin zukünftig verankert wird. Das ist eine Frage von zukünftiger Qualität, aber auch von Kompetenzen. Die Zugänge zum Medizinbereich rein über die Abiturnote sind falsch. Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze in der Medizin, und wir brauchen eine differenzierte Auswahl für
diese Ausbildungsplätze. Das sind die Botschaften, meine Damen und Herren. In diesem Sinne: Vielen Dank für diesen Antrag, den wir unterstützen werden.
Für die Landesregierung hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, 1.000 zusätzliche Medizinstudienplätze - mit dieser Forderung befinden sich die Abgeordneten in guter Gesellschaft. Es ist auch die Forderung der Bundesärztekammer. Nicht umsonst hat die Jamaika-Koalition diese Forderung zum Gegenstand ihres Koalitionsvertrags gemacht.
Wir haben in Schleswig-Holstein - nicht nur in Schleswig-Holstein - heute zu wenige Ärztinnen und Ärzte. Das gilt nicht nur für die ländlichen Regionen. Trotzdem wissen wir, dass es besonders in Mecklenburg-Vorpommern, in Hessen oder eben in Schleswig-Holstein in den ländlichen Gebieten drückt. Frau Bohn hat auf die Problematik der Inseln und Halligen hingewiesen. Viele Hausarztpraxen auf dem Land, aber zunehmend auch in den Städten suchen nach Nachfolgerinnen und Nachfolger. All das ist nicht neu.
Es ist auch nicht neu, wie wichtig den Menschen diese Frage ist. Eine gesicherte medizinische Versorgung hat für fast alle Menschen absolute Priorität, und zwar vor vielen anderen Themen wie Einkaufsmöglichkeiten, schnellem Internet. Alles wird unwichtig, wenn die medizinische Versorgung nicht mehr gesichert ist.
Aber Dinge wie schnelles Internet spielen dann eben doch bei der Versorgung im ländlichen Raum eine Rolle. Vor allem müssen wir uns auch anschauen - auch das ist erwähnt worden -: Was wollen eigentlich junge Ärztinnen und Ärzte heute? Welche Vorstellungen haben junge Ärztinnen und Ärzte, wenn sie sich auf eine Hausarztstelle bewerben? Ich nenne das Stichwort Work-Life-Balance. Da sind die Dinge heute eben anders, als sie noch vor einigen Jahren waren. Das müssen wir bei der Nachfolgefrage berücksichtigen.
Die Dinge sind nämlich ein bisschen komplexer und nicht nur auf Themen wie die Landarztquote zu begrenzen. Wir haben hier ein wirklich komplexes Thema miteinander zu beraten. Den Ärztemangel
gibt es eben nicht nur im ländlichen Raum. Der Ärztemangel belastet die hausärztliche Versorgung, die Facharztversorgung, übrigens auch die Versorgung mit Ärzten in der Forschung. Auch das macht uns zunehmend Sorgen.
Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht nur über die Qualität der medizinischen Ausbildung sprechen - auch das ist angesprochen worden -, wir müssen auch über Strukturen in der ärztlichen Versorgung sprechen, wenn wir diesem Thema wirklich gerecht werden wollen. Es ist ja wahr, was Herr Neve ausgeführt hat: Wir behelfen uns im Augenblick mit qualifizierter Zuwanderung, insbesondere aus den ärmeren europäischen Ländern. Natürlich fehlen die Ärztinnen und Ärzte dort vor Ort. Das kann uns nicht zufriedenstellen.
Aber ich will auch nicht verschweigen: 1.000 zusätzliche Medizinstudienplätze sind eine riesige Herausforderung - eine Herausforderung, die so groß ist, dass die Länder das nicht allein stemmen können. Ich würde so weit gehen: Die zusätzlichen 10 % an Studienplätzen, über die wir reden - es geht um 10 % weiterer Studienplätze -, gibt es natürlich nicht zum Nulltarif. Wir haben darüber hinaus in allen Bundesländer nicht nur mit dem quantitativen Ausbau, sondern eben auch mit dem qualitativen Ausbau unsere Hausaufgaben zu machen. Wir tun das in Schleswig-Holstein, wir investieren in die Qualität der medizinischen Ausbildung, aber wir können das nur gemeinsam mit dem Bund stemmen, wenn wir diesen Weg, 1.000 zusätzliche Studienplätze zu schaffen, beschreiten wollen.
Die Kultusministerkonferenz hat gemeinsam mit der Gesundheitsministerkonferenz den Masterplan Medizinstudium 2020 auf den Weg gebracht. Darüber sollen die Studieninhalte und Studienstruktur verändert werden, dies unter anderem mit dem Schwerpunkt, die Studierenden bereits im Studium für die allgemeine Medizin und die ländliche Versorgung zu begeistern. Das übrigens halte ich auch für einen wichtigen Beitrag, um unseres komplexen Problems - da haben wir überhaupt keinen Dissens, das ist ein komplexes Problem - Herr zu werden. Wir machen da in Schleswig-Holstein schon eine Menge.
Seit 2014 und 2015 haben wir an den Universitäten Kiel und Lübeck Professuren für Allgemeinmedizin. Beide sind in enger Abstimmung mit der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung dabei, alles möglich zu machen, damit Studierende in
jedem Landkreis in Schleswig-Holstein Praktika absolvieren und einen Teil ihres Praktischen Jahres auch dort ableisten können. Diese Initiativen zeitigen bereits Erfolge, und das ist gut so.
Ich bemühe mich darum, Ihnen die Vielseitigkeit und die Facetten dieser Aufgabe nahezubringen, weil wir aufpassen müssen, uns nicht zu übernehmen, wenn wir gleichzeitig in Qualität und in Quantität investieren. Das werden wir nur gemeinsam mit dem Bund schaffen. Es gibt umfangreiche Bestrebungen der Länder, mit dem Bund darüber in einen intensiven Dialog zu treten. Ich kann Ihnen sagen, dass der Staatssekretär mit dieser Frage im Grunde ständig befasst ist.
Aus meiner Sicht reden wir hier über eine gesamtstaatliche Aufgabe. Der Bund ist hier in der Pflicht. Er trägt die Verantwortung. Frau Bohn hat über die Daseinsvorsorge gesprochen. Ich will auch von der Verantwortung sprechen, für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse Sorge zu tragen. Das steht bereits in Artikel 72 unseres Grundgesetzes, und dieser Verantwortung darf der Bund sich nicht entziehen, sondern er muss diese wahrnehmen.
Die Signale aus Berlin sind jetzt nicht überwiegend positiv. Das will ich an dieser Stelle auch nicht verheimlichen. Das ist Thema jeder Amtschefkonferenz, jeder Kultusministerkonferenz und jeden Gesprächs mit Vertretern der Bundesregierung, wenn es um den Bereich der Verbesserung der ärztlichen Versorgung geht. Wir bleiben dran, wir teilen die Zielsetzung, 1.000 zusätzliche Medizinstudienplätze in Deutschland zu schaffen. Gemeinsam werden wir es bewegen. - Vielen Dank.
Die Ministerin hat die vorgesehene Redezeit um 1 Minute erweitert. - Ich sehe nicht, dass eine Fraktion von dem erweiterten Rederecht Gebrauch machen möchte, denn weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe somit die Beratung.
Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 19/1712 einstimmig angenommen.
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1731
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich gehe davon aus, dass der Alternativantrag Drucksache 19/1722 durch die Mitantragstellung zum Alternativantrag Drucksache 19/1731 seine Erledigung gefunden hat. - Widerspruch sehe ich nicht.