Die allgemeine Wirtschaftslage Schleswig-Holsteins ist nicht die allerbeste. Das Gutachten zum kommunalen Finanzausgleich hat das noch einmal herausgestellt, mit der Summe von 930 Millionen €, die hier schon mehrfach hervorgehoben wurde. Herr Stegner, Sie haben vorhin gesagt: Die 186 Millionen € stehen den Kommunen zu. - Sie wollen einen Symmetriekoeffizienten von 1,0. Das Gutachten sagt aber an mehreren Stellen, dass es sinnvoll ist, einen unteren Symmetriekoeffizienten von 0,95 einzuhalten und dass das ökonomisch sehr gut begründbar ist, insbesondere in der ökonomischen Situation Schleswig-Holsteins. Man muss sich darauf jetzt nicht festlegen - wir wollen ja gar nicht am unteren Ende sein -, aber man muss sich schon an der Leistungsfähigkeit des Landes orientieren können.
Es ist angesichts dieses sehr schwierigen Konflikts gut, dass wir eine erfahrene und kommunalpolitisch verwurzelte Finanzministerin haben. - Herr Dolgner!
Herr Abgeordneter, Sie gestatten, wie ich merke, eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Dr. Dolgner?
- Ja, die letzte stammt vom 4. September; es gab insgesamt drei Versionen und noch zwei Nachlieferungen. Darum geht es mir in meiner Frage aber gar nicht.
Sie sagten: Die Leistungsfähigkeit müsse sich abbilden. - Ich dachte bis eben, es sei der Sinn des Gutachtens gewesen, dass man die Bedarfe von Land und Kommunen ermittelt und dann die unterschiedliche Leistungsfähigkeit in Bezug setzt - denn beide Ebenen sind ja unterfinanziert - und die Unterfinanzierung gerecht aufteilt, nämlich so, wie es festgestellt worden ist. Warum sehen Sie jetzt eine Priorisierung der Leistungsfähigkeit des Landes gegenüber der Leistungsfähigkeit der Kommunen, oder ist das Gutachten falsch?
- Nein, es ist einfach nur Teil der politischen Debatte, die Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Es ist völlig richtig: Im Gutachten wird die Leistungsfähigkeit des Landes und der Kommunen jeweils in Relation zueinander gesetzt. Zur Leistungsfähigkeit gehören auch die Zinsbelastung und dass die Konsolidierungsmittel auslaufen. Es gehören auch viele andere Aspekte dazu, die immer wieder korrigiert werden mussten. Insofern kann es gut sein, dass wir unterschiedliche Gutachten gelesen haben, weil sie sich ständig verändert haben.
Nichtsdestoweniger bedeutet das ja nicht, dass wir alles nur einmal in einen Rechner reinwerfen können, aus dem dann am Ende ein objektiv richtiges Ergebnis herauskäme. Jeder kommunale Finanzausgleich ist auch Teil einer politischen Debatte, die wir führen müssen.
Da Sie ja eben zum Beispiel die wegfallenden Konsolidierungsmittel erwähnt haben, möchte ich Sie fragen, welche wegfallenden Konsolidierungsmittel Sie damit meinten - die der Kommunen?
- Nein, ich meinte damit die wegfallenden Konsolidierungsmittel des Landes, die in diesem Jahr das letzte Mal mit knapp unter 30 Millionen €
Warum lösen Sie das Problem nicht schlicht mit einer jährlichen Neubetrachtung? Warum argumentieren Sie hier für eine Asymmetrie?
- Wir werden durchaus eine ständige Neubetrachtung des Systems haben. Eine jährliche Neubetrachtung wäre jedoch etwas engmaschig, wenn wir uns anschauen, wie der jetzige Prozess gelaufen ist, der sicherlich nicht der einfachste war. Eine frühere Neubetrachtung als beispielsweise in fünf Jahren, die vorher immer in der Diskussion war, sollten wir definitiv ins Auge fassen. Ich fände beispielsweise das Jahr 2024 dafür sehr sinnvoll.
(Beate Raudies [SPD]: Ja! Das kann ich ver- stehen! - Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Wir haben jährlich angepasst!)
Ich mache jetzt einen kleinen Sprung, weil die Zeit knapp wird. Zu den Integrationsmitteln wurde viel gesagt. Ich möchte gar nicht allzu sehr auf die Forderung von Herrn Nobis eingehen, dass wir die DaZ-Kurse einmal nach Diplomatenkindern und Geflüchteten aufschlüsseln sollten. Das ist einfach nicht unsere Vorstellung. Sie können sagen, dass
Sie es spannend finden, aber ich fände es noch nicht einmal interessant. Kinder, die hier in SchleswigHolstein leben, sollten gefälligst auch die Möglichkeit bekommen, die Sprache, die sie hier zu sprechen haben, lernen zu dürfen.
Sprache, Bildung und Arbeit sind der Kern von Integration. Dazu werden wir morgen einen Bericht des Wirtschaftsministeriums erhalten. Wenn Sie immer wieder auf die Asylmittel eingehen, überlegen Sie bitte auch einmal, welcher Wirtschaftsfaktor für uns dahintersteckt. Dort arbeiten sehr viele Menschen. Das ist die Lebensrealität sehr vieler Menschen.
Das ist nicht alles nur Geld, das direkt zu geflüchteten Menschen fließt. Es fließt eben auch in ehrenamtliche und hauptamtliche Strukturen, die ihren Sinn haben.
Wir sind auf die Potenziale dieser Geflüchteten angewiesen. Darauf möchte ich hier einmal einen Schwerpunkt legen: Wir sind auf die Potenziale von allen Menschen in Schleswig-Holstein angewiesen - das sind geflüchtete wie nicht geflüchtete Menschen. Ihr habt vorhin gesagt, dass die wirtschaftliche Lage von Schleswig-Holstein nicht die allerbeste sei und wir deshalb Wege finden müssten. Wir sind deswegen gut beraten, die Potenziale von Menschen zu nutzen, damit Schleswig-Holstein tatsächlich einmal aus dieser ständigen Situation des Tragens der roten Laterne hinauskommt.
Irgendwoher muss es einmal kommen. Auf der einen Seite sagen wir, wir wollen keine Kredite aufnehmen, um unsere wirtschaftliche Lage zu verändern. Jeder Betrieb würde es aber so machen: Jeder Betrieb, der in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage ist, würde erst einmal einen Kredit aufnehmen, um danach einen Sprung machen zu können. Wir als Land können das nicht machen, das ist ja alles okay.
Dann muss es aber auf der anderen Seite irgendwo anders herkommen, oder wir finden uns einfach mit der Situation ab, dass wir bei allen Punkten die rote Laterne halten, und ändern daran nichts. Deswegen sind die Potenziale der Menschen in SchleswigHolstein ein ganz wichtiger Faktor. Dabei spielen nicht nur Geflüchtete eine Rolle, sondern alle Menschen. Deshalb ist der Punkt Bildungsgerechtigkeit so wichtig, und deswegen ist es gut, dass wir PerspektivSchulen haben, die Menschen eine Chance
geben, die es sonst schwieriger im Leben haben. Dort gehen so viele Talente verloren, die auf dem Bildungsweg auf der Strecke bleiben. Wir haben kluge Leute, die es verdient haben, ihren Weg in der Gesellschaft zu machen. Dort helfen die PerspektivSchulen und der Bildungsbonus.
Auch die Kita leistet hier ihren Beitrag. Da können Sie noch so sehr von der Beitragsfreiheit sprechen. Jedes Kind hat ein Recht auf Kita, aber eben auch ein Recht auf gute Kita. Genau hier setzt unsere Kita-Reform an.
Dabei spielt auch die Grundfinanzierung an Hochschulen eine Rolle, mit der die Beschäftigten besser bezahlt werden können. Ich bin hier vor einigen Jahren genau für diese Grundfinanzierung auf die Straße gegangen. Heute geht es damit weiter.
Am Ende ist mir ein Punkt noch besonders wichtig, der hier noch nicht erwähnt wurde - es ist schon schwierig, so einen Punkt hier noch in der Debatte zu finden -: die Grundbildungszentren. In diesem Haushaltsentwurf steht, dass wir zum ersten Mal in Schleswig-Holstein Grundbildungszentren schaffen. Ich danke der Ministerin Karin Prien hierfür. Die Grundbildung betrifft das, was wir lange Zeit als Analphabetismus bezeichnet haben, also, dass Menschen mit geringer Literalität Deutschkurse bekommen. Das sind aber Menschen, die schon immer Deutsch gesprochen haben. Das ist ein nicht kommerzialisierbarer Bildungsbereich. In den 70erJahren stand Schleswig-Holstein da an der Spitze, aber in den letzten 20 Jahren ist da gar nichts passiert. Jetzt werden endlich diese Grundbildungszentren geschaffen, wo es über die Schriftsprache hinausgeht und wo auch Internetkurse angeboten werden. Einen großen Dank für diesen wichtigen Teil der Bildungsgerechtigkeit im Erwachsenenalter, denn dort bestehen immer noch Bildungsgerechtigkeitslücken. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, vielen Dank für die Maßnahmen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Der Haushaltsentwurf 2020 ist erneut strukturell ausgeglichen. Per Saldo tilgen wir im kommenden Jahr
36 Millionen € unserer Altschulden, auch wenn dem Kollegen Petersdotter, wie er eben sagte, vielleicht eher eine Neuverschuldung vorgeschwebt hätte. Lieber Kollege, eins muss man natürlich sagen. Du hast recht: Ein Unternehmen würde sich in dieser Zinssituation gegebenenfalls verschulden. Wenn das Unternehmen aber schon so verschuldet wäre wie wir, hätten sie bei Basel III mittlerweile Probleme, bei den Banken Geld zu bekommen. Insofern muss man das etwas ins Verhältnis setzen.
36 Millionen € sind auf den ersten Blick nicht viel. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass wir 89 Millionen € weniger Steuermehreinnahmen haben, als ursprünglich in den Eckwerten der Finanzplanung berücksichtigt war. Ferner - wir erwähnten es bereits alle - bekommen wir 2020 letztmalig Konsolidierungshilfe vom Bund. Diese fällt mit 27 Millionen € auch im nächsten Jahr schon um 53 Millionen € niedriger aus als in den Vorjahren. Auf der einen Seite fehlen uns diese Mittel, auf der anderen Seite finde ich aber, dass wir stolz darauf sein können, dass wir nicht mehr am Tropf des Bundes hängen.
Bedauerlich ist natürlich, dass der Bund die Kommunen bei der Integration der Flüchtlinge im Regen stehen lässt. Jedem ist bewusst, dass die Integration nicht nach den ersten Behördengängen aufhört, sondern eigentlich erst richtig anfängt. Insofern ist es unbegreiflich, dass die Bundesregierung allein für Schleswig-Holstein die Integrationsmittel um 44 Millionen € kürzt.
Die GroKo lässt unsere Kommunen und somit die vielen Ehrenamtler im Stich. Das ist nicht das Land, sondern die GroKo und der Bund, liebe Kollegen!
Trotz dieses harten Einschnittes ist das Jahr 2020 bei der Mittelverteilung aus Sicht der Kommunen ein unglaublich gutes Jahr. Der Wegfall der erhöhten Gewerbesteuerumlage von knapp 140 Millionen € pro Jahr bedeutet eine erhebliche Verschiebung der Finanzmasse zugunsten der Kommunen. Das muss auch einmal gesagt werden: Es gibt nämlich auch Bundesländer, die es nicht so machen. Hessen beispielsweise heimst die Gelder selbst ein. Wir geben sie eins zu eins weiter. 140 Millionen € Gewerbesteuerumlage mehr für die Kommunen darüber muss einfach einmal gesprochen werden.