der die Frau Finanzministerin - so hat sie hier im Hause im Mai erklärt - nur zustimmen wollte, damit die Grundsteuer nicht wegfällt und den Kommunen in Deutschland nicht 14 Milliarden € fehlen. Haben Sie für Schleswig-Holstein da jetzt andere Pläne? Dann auf den Tisch damit! Das kann ja wohl nicht wahr sein, dass Sie mit den Kommunen über das FAG und eine bedarfsgerechte Finanzausstattung verhandeln und gleichzeitig planen, ihnen vielleicht Steuereinnahmen wegzunehmen. Also, wenn Sie da etwas im Köcher haben, heraus damit. Dann reden wir darüber. Herr Koch, Sie können das auch gleich dementieren. Dann bin ich vollständig zufrieden und glücklich, wenn Sie das schaffen. Ansonsten haben wir im Finanzausschuss viel zu tun. Ich freue mich auf die Beratung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte gern auf vieles eingehen, was die Kollegin Raudies gerade gesagt hat. Letzten Endes ist es, wenn wir über den Haushalt sprechen, quasi ein Pflichteinstieg, dass wir mit Schulden und mit der Schuldensituation beginnen. Wer gerade eben noch einmal auf die Schuldenuhr geschaut hat, weiß: Wir standen bei circa 28,3 Milliarden €. Wir haben in Schleswig-Holstein schlichtweg ein Schuldenproblem. Dem wurde sich in den letzten zehn Jahren intensiver gewidmet, als es in der Vergangenheit der Fall war. Damit müssen wir uns auch jetzt auseinandersetzen, jetzt, wo die Schuldenbremse tatsächlich greift, auch wenn wir die Schuldenbremse schon in den letzten Jahren eingehalten haben.
Frau Raudies, ich will auf eine Sache eingehen, die vorhin schon einmal aufgebracht wurde, und zwar Ihren Vorschlag vom 10. September 2019, dass man
doch die IMPULS-Mittel zur Tilgung verwenden könnte. Ich glaube, es gibt wenig, was ökonomisch so sinnlos wäre wie diese Maßnahme.
Das meine ich wirklich bei allem Respekt, aber jetzt tatsächlich mehr Tilgung zu fordern in einer Situation, in der tatsächlich auch die Schuldenbremse an sich schon hochumstritten ist, und zwar nicht nur bei linken Thinktanks oder so, sondern in der sich die Kommentare auch im „Handelsblatt“ und der „FAZ“ mehren, dass die Schuldenbremse in einer Zeit der Niedrigzinsphase fragwürdig ist, in einer Zeit, in der wir pro Euro, den wir aufnehmen, nur noch 85 Cent zurückzahlen müssen, und zu sagen, wir wollen nicht nur die Schuldenbremse einhalten - okay, darüber könnten wir diskutieren -, aber zu fordern, diese Mittel zur Tilgung zu verwenden, ist, glaube ich, sehr sinnlos.
Sie haben eben den Schuldentilgungsplan angesprochen. Dort gibt es eine Modellrechnung für das Jahr 2100. Wenn wir jedes Jahr 100 Millionen € tilgen würden - das ist für ein Land wie Schleswig-Holstein eine ganze Stange Geld -, hätten wir im Jahr 2100 eine Schuldenquote von 19 %. Das ist eine starke Reduzierung gegenüber dem, was wir heute haben.
Wenn wir bis zum Jahr 2100 gar keinen Euro tilgen, sondern einfach nur Wachstum, Inflation und alles Mögliche die Arbeit machen lassen, werden wir eine Schuldenquote von 26 % haben. In einem Zeitraum von etwa 80 Jahren jährlich 100 Millionen € zu tilgen - was eine Menge politischen Gestaltungsspielraum kostet -, die Schuldenquote um 7 Prozentpunkte zu reduzieren, ist marginal. Gerade daran sehen wir, dass Tilgung zurzeit nicht das sinnvollste Mittel ist.
Sie haben die Sondervermögen angesprochen. Dort gibt es Transparenz, die auch Sie, Frau Raudies, dankenswerterweise schaffen, durch Ihre regelmäßigen Kleinen Anfragen, die gerechtfertigt und sinnvoll sind. Auch ich lese die alle gern. Darin ist aufgeführt, wohin die Mittel fließen. Jedes Mal stellen Sie auch die sinnvolle und kluge Frage nach Straf- und Negativzinsen. Das alles wird dargestellt. Dabei zeigt sich, dass die Straf- und Negativzinsen bisher in dem Bereich kein Problem sind.
Die Anpassung der Kontrolle der Schuldenbremse, die Sie angesprochen haben, die im Haushaltsbegleitgesetz geregelt wird, ist eine Anpassung an die Vorgaben des Stabilitätsrates. Der Stabilitätsrat ist bei Weitem kein besonders freimütiger Geist, der uns alles Mögliche durchgehen ließe. Es ist durchaus sinnvoll, dass finanzielle Transaktionen oder Extrahaushalte nicht Teil der Schuldenbremse sind. Wenn wir das beispielsweise für finanzielle Transaktionen machen würden, bekämen wir große Probleme, Bundesmittel umzusetzen. Würden wir das bei Extrahaushalten anwenden, bekämen wir große Probleme beim Haushaltsabschluss am Ende des Jahres. Denn wenn einer der Extrahaushalte - einer Universität, des UKSH oder einer anderen Institution, die einen Extrahaushalt hat - ein Minus schriebe und wir dadurch plötzlich zu einer Haushaltssperre kämen, wäre uns mit Sicherheit nicht geholfen.
Wir diskutieren darüber im Ausschuss gern detailliert; auch der Landesrechnungshof wird ein großes Interesse daran haben - und ich habe Spaß daran.
Vorhin wurde von dem Kollegen Vogt oder anderen angesprochen - ich komme mittlerweile durcheinander, es ist schon vieles gesagt worden, aber noch nicht von mir -
- Allerdings. - Beim Klimaschutz und beim sozialen Ausgleich ist es mir wichtig zu betonen: Wenn es uns beim Klimaschutz um sozialen Ausgleich geht - der ist richtig, wir dürfen Klimaschutz nicht nur über den Preis regeln, das würde zu großen Verwerfungen in der Gesellschaft führen -, ist Teil dessen auch der Ausgleich zwischen den Generationen. Wenn uns junge Generationen, die der Menge und Wahrnehmbarkeit nach weit über „Gegenwind“ stehen, sagen: „Wir werden nicht mitgenommen“, müssen wir ihre Sorgen ernst nehmen.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wer- ner Kalinka [CDU]: Das gilt aber auch für die ältere Generation!)
Zum Ernst-Nehmen gehört, dass es höchstwahrscheinlich nicht ausreichen wird, was bisher gemacht wird. Auch dieser Haushalt wird die Klimakrise nicht lösen. Es geht auf der einen Seite um den Klimaschutz, auf der anderen Seite aber auch um Klimaanpassungen. Da sind auch die Kommunen in der Pflicht, so darauf zu reagieren, dass sie für starke Niederschlagsmengen ausreichende Ab
Die Klimakrise ist eine historische Herausforderung, und dafür braucht es historische Antworten. Wenn man ins Zweifeln kommt, ob man das mit der Schuldenbremse so hinkriegt und das nur mit einem Ausgleich bewerkstelligt bekommt, ist meine Position, dass ich eben nicht glaube, dass es die politischen Mehrheiten dafür geben wird, die Klimakrise unter der Schuldenbremse zu regeln, sondern man etwas oben drauf packen müsste, weil das eine so schwerwiegende Herausforderung ist. Im Zweifelsfall fehlen die gesellschaftlichen, demografischen und politischen Mehrheiten.
Kommen wir zu den Allgemeinplätzen solcher Debatten, wird immer wieder betont: Die haben Rekordsteuereinnahmen! - Das ging ein bisschen aus der AfD-Rede hervor. Rekordsteuereinnahmen sind in einem Staatssystem wie Deutschland völlige Normalität: In 68 Jahren gab es 59 Jahre lang Rekordsteuereinnahmen.
Die Situationen, in denen wir keine haben, sind ein ganz großes Problem. Herr Stegner, Sie haben vorhin gesagt: Es gibt eine sehr gute Einnahmesituation in Schleswig-Holstein. - Ja, auch wachsende Einnahmen sind völlige Normalität. Es ist ein Irrglaube, dass ein Staat in einem wachstumsorientierten Wirtschaftssystem ein Postwachstumsstaat sein könnte. Deswegen gab es in 68 Jahren steigende Einnahmen, und nur in fünf Jahren der Geschichte Deutschlands gab es keine steigenden Einnahmen.
Das hat übrigens etwas mit Steuersenkungen zu tun, insbesondere unter Rot-Grün, und mit Wirtschaftskrisen.
Ich kann Herrn Stegner nur empfehlen, sich das Buch von Norbert Walter-Borjans anzuschauen seinem Konkurrenten um den SPD-Vorsitz -, der ganz wunderbar aufschlüsselt, wie all so etwas zustande kommt, übrigens auch der fragwürdige Tag der Steuerzahler, den der Bund der Steuerzahler jedes Jahr ausruft; das alles ist rechnerisch nicht haltbar.
Reden wir über die Einnahmen; denn viel zu häufig wird in Haushaltsdebatten nur über die Ausgabenseite debattiert. Heute ist der Tag der Steuergerechtigkeit. Deswegen möchte ich neben dem Dank an
das Finanzministerium explizit einen Dank an die Finanzbeamtinnen, Finanzbeamten, Betriebsprüferinnen, Betriebsprüfer, Steuerfahnderinnen und Steuerfahnder loswerden, die dafür sorgen, dass Steuern erhoben werden.
Politisch ist da noch sehr viel zu erledigen. Wir haben in dieser Koalition allerdings - das hätte vorher nicht jeder für selbstverständlich gehalten - bei der Steuergerechtigkeit Fortschritte erreicht, sei es bei den Share-Deals, wofür man sich im Bundesrat immer wieder eingesetzt hat, sei es bei der Anzeigepflicht, für die im Bundesrat auch gekämpft wird. Ich habe allgemein den Eindruck, dass Monika Heinold beim Thema Steuergerechtigkeit im Bundesrat die ganze Zeit kämpft. Auch wenn es nicht immer eine Bühne hat, hat das unseren Dank verdient.
Ein Antrag, der nicht wie eigentlich vorgesehen in diesem, sondern erst im nächsten Plenum diskutiert wird, betrifft die digitale Betriebsstätte und nimmt die Besteuerung großer Digitalunternehmen in den Fokus. Auch das ist ein Erfolg, den wir als Jamaika vorher bestimmt nicht zugeschrieben bekommen haben, aber eben doch erreichen können.
Auf der Einnahmeseite spielt die wirtschaftliche Lage eines Landes eine massive Rolle. Herr Nobis, ich fand es interessant, dass Sie das vorhin zum Motiv gemacht haben. Die schlechter werdende Konjunkturlage Schleswig-Holsteins und Deutschlands - es ist interessant, wo die Ursachen liegen hat im Wesentlichen zwei Ursprünge: Einer sind der Brexit und der unklare Ausgang und der noch viel deutlichere Ursprung ist der Handelskonflikt zwischen China und den USA.
Ich finde interessant, dass jetzt gerade Sie hier als Warner vor der Konjunkturlage auftreten, obwohl der geistige Ursprung dieser Konjunkturkrise Ihre politische Haltung ist, und zwar Nationalismus, Eigenständigkeit und das Wegkommen von Solidarität.
Was uns hingegen hilft, ist eine starke Binnenwirtschaft, insbesondere in Schleswig-Holstein. Ein starker Wirtschafts- und Arbeitsmarkt in SchleswigHolstein und darüber hinaus sowie die Nichtabhängigkeit von der Autoindustrie in Schleswig- Holstein sind große Pfunde, mit denen wir wuchern können.
Trotzdem, ist die Lage in Schleswig-Holstein schwierig. Das müssen wir erklären und immer wieder deutlich machen, dass sie nicht so einfach ist wie zumindest in den letzten zwei Jahren und womöglich schlechter wird. Vor allen Dingen hauen einige Vergleiche nicht immer hin; zum Beispiel kommt immer wieder der Punkt der Konkurrenzfähigkeit gegenüber Hamburg auf. Wir dürfen nicht vergessen, dass Schleswig-Holstein das Bundesland mit dem geringsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Westdeutschland und Hamburg das Bundesland mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in ganz Deutschland ist. Dieser ständige Vergleich und die ständige Konkurrenz können uns nicht glücklich machen - immer nur auf das Geld zu gucken. Wir müssen Wege finden, bei denen wir auf anderer Seite besser werden und in dieser Konkurrenz gewinnen.
- Ja, wir sind glücklicher, aber davon können wir am Ende des Tages viele Rechnungen nicht bezahlen. Das ist das Problem.