Protocol of the Session on August 29, 2019

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Christopher Vogt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Stegner sehr dankbar für seinen Beitrag. Er hat einige Dinge gesagt, die ich hier auch hätte sagen wollen. Ich hatte ja versucht, dem Abgeordneten Schaffer eine Frage zu stellen; er ist dann aber weggelaufen. Deswegen habe ich gedacht, ich melde mich zu einem Dreiminutenbeitrag. Denn hier sind von der AfD wieder mal Sachen rausgehauen worden, die absurd sind und die so nicht stehen gelassen werden können.

Herr Schaffer, dieser etwas peinliche Versuch, sich aus der Affäre zu ziehen, indem Sie immer wieder sagen: „Na ja, alle anderen außer uns haben das Problem des Linksextremismus gar nicht erkannt“, und meinen, hieraus eine Schieflage ableiten zu können, entsteht, wenn man den Rechtsextremismus anspricht -

(Jörg Nobis [AfD]: Das stimmt doch!)

- Herr Nobis, zu Ihnen komme ich gleich noch.

(Jörg Nobis [AfD]: Wir sprechen doch allge- mein von Extremismus!)

Es ist wirklich eine peinliche Nummer, sich so aus der Affäre ziehen zu wollen.

Im Übrigen: Wenn Sie ein gutes Gedächtnis hätten, was G 20 und so weiter betrifft, wüssten Sie: Auch da haben wir uns aus gutem Anlass mit Linksextremismus und Gewalt auseinandergesetzt und haben über die Bekämpfung demokratischer Strukturen gesprochen. Hier geht es aber explizit um den Rechtsextremismus, um die terroristischen Formen, die da zutage treten und die aktuell unsere Demokratie bedrohen. Diese kommen auch aus Ihrem Parteiumfeld, um das ganz deutlich zu sagen.

Ich verstehe nicht, Herr Schaffer, wie man sich hier hinstellen und sagen kann, man würde ja auch den Rechtsextremismus bekämpfen wollen, während man gleichzeitig einer Partei angehört, die mit Vertretern von PEGIDA und mit anderen Leuten Seite an Seite durch unsere Städte marschiert. Das kann doch nicht ernst gemeint sein, Herr Schaffer.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie wollen meiner Partei solche Verharmlosungsgeschichten anhängen. Eines können wir sicherlich bestätigen: Alle in meinem Gesichtsfeld stehen links von der AfD; das ist klar. Das heißt nicht, dass wir Linksterrorismus verharmlosen, sondern wir wollen alle Formen des Extremismus bekämpfen hier gerade den Rechtsextremismus.

Herr Schaffer, ich will Ihnen noch etwas sagen: Sie haben jetzt Frau von Sayn-Wittgenstein aus Ihrer Partei und aus Ihrer Fraktion geschmissen. Sie ist ja trotzdem irgendwie noch Ihre Landesvorsitzende; auch das zeugt ja von - sagen wir mal - Sachverstand und klarem Denken. Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn Sie wirklich auch nur einen Hauch von Glaubwürdigkeit haben wollen, wenn es darum geht, sich vom Rechtsextremismus zu distanzieren, dann müssen Sie vier Herren endlich Ihre Partei verlassen. Ansonsten - das muss ich ganz ehrlich sagen - nimmt Ihnen das kein Mensch ab, kein Mensch in diesem Haus und kein Mensch außerhalb.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Am Ende ist es für uns aber auch nicht entscheidend, ob die AfD weiterhin Abgeordnete in diesem

(Dr. Ralf Stegner)

Hohen Haus haben wird. Bei der nächsten Landtagswahl wird sich das eh erledigen; dafür werde ich mich einsetzen und, wie ich glaube, auch alle anderen, die hier sitzen.

(Jörg Nobis [AfD]: Da war der Wunsch der Vater des Gedankens!)

- Früher oder später, Herr Nobis, werden Sie keine AfD-Abgeordneten hier in diesem Hohen Haus haben, und auch Sie selbst werden nicht mehr dabei sein. Insofern wird sich die Sache früher oder später eh erledigen. Trotzdem werden wir alles dafür tun, dass das passiert. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Landesregierung hat das Wort der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, HansJoachim Grote.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr von Pein, ich bin Ihnen für die einleitenden Worte, die Sie gewählt haben Sie sagten, was da passiert, darf nicht verharmlost werden -, dankbar. Ich zumindest glaube es und kann dies auch für die Regierung sagen: Das teilen wir voll und ganz. Das machen wir definitiv.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Es wäre auch brandgefährlich, so etwas zu verharmlosen.

Meine Aufgabe ist es, die Menschen vor Bedrohungen, insbesondere vor Bedrohungen durch Extremismus, zu schützen. Das ist eine meiner wichtigsten Aufgaben als Innenminister.

Extremismus richtet sich sowohl gegen Einzelne als auch gegen unseren freiheitlich-demokratischen Staat, gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Auch menschenfeindliche Bedrohungen, Hass und Hetze müssen wir, ganz besonders im Internet, frühzeitig erkennen, um gezielt dagegen vorzugehen.

Mit der Neuausrichtung unseres Verfassungsschutzes gehen wir bereits einige Schritte in diese Richtung. Wenn die zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ende dieses Jahres ihre Arbeit komplett aufgenommen haben, können wir unseren gesetzlichen Auftrag deutlich effektiver als bislang erfül

len. Es ist deshalb ein gutes Signal, dass das Parlament dieses Vorgehen mit breiter Mehrheit unterstützt.

Wir können es uns nicht erlauben, diese Vorgänge in sozialen Medien nur zu beobachten. Gerade die Debatte um die Informationssammlungen, die - teilweise bis hin zum Stichwort „Todes- oder Feindeslisten“ - medial zugespitzt wurden, machen das deutlich.

Ich möchte in der heutigen Diskussion deshalb ein wenig zur Aufklärung beitragen, und ich möchte auch etwas Beruhigung im Hinblick auf dieses Thema vermitteln. Es handelt sich bei diesen Sammlungen um unterschiedlichste Dokumente, um Datensätze, um Versatzstücke mit Informationen zu Personen, Institutionen und Organisationen.

Teilweise handelt es sich um gezielt recherchiertes Material, etwa aus öffentlich zugänglichen Quellen. Manche Sammlungen umfassen mehrere 10.000 Datensätze, andere bewegen sich im zweistelligen Bereich. So stammen zum Beispiel die Daten der in der Öffentlichkeit thematisierten 25.000er-Liste aus einem Hack eines Online-Händlers. Diese Sammlung kursiert bereits seit 2015. Seit 2015 ist diese Liste im Internet verfügbar.

Wenn man sich dieses vor Augen führt, wird deutlich: Nicht jede und jeder, der in so einer Sammlung auftaucht, ist per se gefährdet. Aus diesem Grunde schießt es auch über das Ziel hinaus, jede Person, die in einer solchen Informationssammlung genannt wird, allein aufgrund der Nennung aktiv zu informieren und zu beraten. Vor allen Dingen bitte ich darum, die Folgen eines solchen Imperativs zu bedenken. Wenn wir grundsätzlich jeden Betroffenen anschreiben, können die Verfassungsfeinde künftig die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden auf einfachste Art und Weise lahmlegen, nämlich durch die regelmäßige Veröffentlichung riesiger Datensätze, die im Netz verbreitet werden. Das halte ich nicht für sinnvoll.

Wir würden viele Menschen - das ist vorhin wiederholt angesprochen worden - zutiefst beunruhigen, obwohl keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung vorliegen. Im Ergebnis würden wir das eigentliche Ziel des Antrags der SPD, den besseren Schutz gegen rechtsextreme Bedrohungen, konterkarieren.

Auf eines möchte ich heute ganz besonders hinweisen: Schon heute haben wir Beratungsstellen, an die sich jeder und jede wenden kann, egal, ob er oder sie auf einer Liste stehen oder nicht. Die zentrale Ansprechstelle für politisch motivierte Kriminalität ist der polizeiliche Staatsschutz. Dieser steht so

(Christopher Vogt)

wohl Menschen zur Verfügung, wenn sie glauben, Opfer einer solchen Tat geworden zu sein, als auch Menschen, die eine Sorge haben und/oder sich einfach nur informieren wollen. Zuständig bei derartigen Delikten ist eine Abteilung im Landeskriminalamt. In Flensburg, Kiel, Itzehoe und Lübeck sind spezialisierte Kommissariate bei den Bezirksinspektionen eingerichtet. An diese Stellen kann sich jede Bürgerin und jeder Bürger direkt wenden oder auch an jede Polizeidienststelle, die dann den Kontakt vermitteln wird.

Noch eines möchte ich gern differenzieren: Wenn die Polizei den Anfangsverdacht einer Straftat hat oder ihr dies bekannt wird, werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Das ist eine gesetzliche Verpflichtung. Ich erinnere Sie daran, da Sie momentan vielleicht auch einmal Zeitung lesen.

Voraussetzung für eine politische Gefährdungseinschätzung ist es jedoch nicht. Erst auf Grundlage dieser Erkenntnisse trifft die Polizei die in dem jeweiligen Einzelfall erforderlichen und geeigneten Schutzmaßnahmen, gänzlich unabhängig davon, ob ein akutes Strafermittlungsverfahren vorliegt.

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Anliegen genügend Gewicht hat, können Sie sich auch an die zivilgesellschaftlichen Beratungsstellen wenden und sich dort beraten lassen. Wir haben bei uns in Schleswig-Holstein fünf solcher Stellen, die präventiv gegen Rechtsextremismus tätig sind. Wie relevant wir diese Arbeit einschätzen, können Sie daran ablesen, dass die Fördermittel für die Beratungsstellen seit 2015 kontinuierlich erhöht worden sind. In diesem Jahr liegen sie im Phänomenbereich Rechtsextremismus allein bei 1,2 Millionen €. Dazu kommen noch die verschiedenen Mittel für Einzelmaßnahmen.

Es ist absolut sinnvoll, dass die Sicherheitsbehörden diese Informationssammlung akribisch und so schnell wie möglich überprüfen. Wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gefährdung bestehen, wenden wir uns an die Betroffenen, und zwar unmittelbar und direkt, um sie zu informieren, zu beraten, zu schützen und auf weitergehende spezifische Beratungsangebote hinzuweisen. Ich versichere Ihnen: Gefährdete Personen werden einzelfallbezogen beraten und nicht nur informiert. Ich möchte an dieser Stelle allerdings auch um Ihre Mithilfe bitten: Damit wir ermitteln können, müssen Straftaten auch angezeigt werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW, vereinzelt AfD und Beifall Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1605 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/1664 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:

Übergesetzlicher Lärmschutz für die Hinterlandanbindung der festen Fermarnbelt-Querung zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1631

Übergesetzlichen Lärmschutz durch höhere finanzielle Beteiligung des Landes garantieren

Alternativantrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1662

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Christopher Vogt.

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Jahren diskutieren wir immer wieder sehr engagiert über die feste FehmarnbeltQuerung und die benötigte Anbindung auf deutscher Seite. Die Älteren werden es vielleicht wissen: Ich war immer ein Befürworter dieses Projekts, und ich finde, gerade in diesen bewegten Zeiten ist es deutlich besser, Frau von Kalben, wenn wir in Europa zwischen unseren Ländern Tunnel oder Brücken bauen und keine Grenzzäune oder Schlagbäume.

(Beifall FDP, CDU, SPD, SSW und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich hatte gehofft, dass ich mit diesem billigen Trick die Kollegin Fritzen auch bekomme, aber das war schwierig.