Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Frau Midyatli, einige Punkte, die Sie angesprochen haben, sind richtig. Es ist relativ schwierig, einen Rahmen von Integration auf Landesebene zu beschreiben, weil ganz viele Punkte auf Bundesebene beschieden werden. Deshalb haben wir als Koalition gesagt, dass wir dort, wo wir es tun können, bestimmte Punkte ansprechen und hineinformulieren werden.
Ein Beispiel dafür sind die Sprachkurse. Wie wir alle wissen, ist der Bund wie folgt unterwegs: Nur diejenigen, die eine gute Bleibeperspektive haben, dürfen an Sprachkursen teilnehmen. - Das ist ein ganz konkreter Punkt, den wir hier auf Landesebene regeln können. Wir sagen: Wir bezahlen die Landesintegrationskurse und die Sprachkurse. - Das haben wir auch in das Gesetz geschrieben. Deshalb behaupte ich: Klar, der Rahmen wird in Berlin gesteckt, aber die Dinge, die wir regeln können, haben wir hier mit reinformuliert.
Wir haben nicht gesagt, dass wir nur neue Dinge formulieren werden, sondern dass wir bestehende und gute Punkte hineintragen werden.
Zuerst muss ich sagen, dass es schon bitter ist, in einer Zeit, in der der Bund die Rechte von Geflüchteten massiv beschneidet, über Teilhabe und Integration zu sprechen. Im Eiltempo werden Gesetze verabschiedet, denen ein Grundtenor von Abschottung, Abweisung, Ausgrenzung und der Kürzung der Finanzierung von Integration zugrunde liegt, und diese Gesetze haben auch Einfluss auf Schleswig-Holstein. Diese Gesetze beeinflussen die Politik auch in unserem Land. Da können wir als Land noch so viel über Teilhabe und Integration sprechen, wenn wir mit solchen Gesetzen umgehen müssen.
Das stimmt durchaus. Das hat dieses Gesetzespaket, das hat dieses Migrationspaket deutlich gezeigt. Selbst wenn wir auf einem positiven, humanitären, guten Weg sind, so kommt immer wieder der Bund und gibt uns solche Schinken, mit denen wir umgehen müssen, und das macht es maximal schwierig,
In Schleswig-Holstein wollen wir dennoch über die Teilhabe von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte sprechen und diese verbessern, und ich möchte als Erstes unterstreichen: Teilhabe und Chancengleichheit sind der Schlüssel zur Integration, und unsere Aufgabe ist es, Zugangsbarrieren abzubauen.
Das Gesetz ist nur ein erster Schritt. Teilhabe zu schaffen und Integration zu ermöglichen, sind Aufgaben, die die ganze Gesellschaft betrifft und die wir zusammen dauerhaft angehen müssen. Um das zu verstehen, hilft es manchmal, die Perspektive zu wechseln und den Blick zu weiten, um sich zu fragen, wie es um die Teilhabe und die Integration von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte gestellt ist - in Parteien, in Sportvereinen, am Arbeitsplatz und an vielen anderen Orten.
In Schleswig-Holstein haben 15,3 % der Bevölkerung einen sogenannten Migrationshintergrund. Ich kann schlichtweg nicht davon ausgehen, dass bei etwa 442.170 Menschen kein Wille besteht, in Parteien, Sportvereinen und an vielen anderen Orten sichtbar zu sein, das heißt, ein Teil von etwas zu sein.
Man muss Privilegien und Zugänge durchaus reflektieren. Daher ist es enorm wichtig, dann, wenn wir über Integration sprechen, auch über Barrieren zu sprechen. Ich muss kein Geheimnis daraus machen, dass ich mir gewünscht hätte, unser Gesetz würde ganz schlicht und einfach den Titel „Teilhabegesetz“ tragen und hätte den Fokus noch mehr darauf gelegt.
Deshalb war es uns Grünen so wichtig, dass es Maßnahmen gibt, die sich dem aktiven Einsatz gegen Rassismus und Ausgrenzung widmen. Denn es gibt viele Menschen, die gut Deutsch sprechen, hier arbeiten und sich selbst als Deutsche bezeichnen, denen trotzdem abgesprochen wird, Teil dieser Gesellschaft zu sein. Integrationsgesetze oder die Debatten darum suggerieren oft, wenn man sich integriere, sei alles super. Die Erfahrungen von Menschen mit Migrationshintergrund zeigen aber, dass das leider nicht stimmt. Wir müssen uns also damit auseinandersetzen, dass es in unserer Gesellschaft schichtweg Menschen gibt, die es nicht interessiert, ob Aisha tatsächlich gut integriert ist. Die fühlen sich nämlich bedroht, wenn Aisha gut integriert ist, und wollen auch nicht, dass Aisha überhaupt in Deutschland ist. Da helfen hundert Integrationsge
setze nicht. Wir müssen uns ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen, weil es ansonsten immer eine Spaltung unserer Gesellschaft geben wird.
Wir haben uns auf ein Integrations- und Teilhabegesetz geeinigt. Ich bin froh, dass wir es jetzt auf den Weg bringen, denn es formuliert klare Ziele und Maßnahmen, zum Beispiel den Aufbau und den Erhalt von Integrations- und Teilhabestrukturen sowie die interkulturelle Öffnung von Institutionen und Organisationen durch Aus- und Fortbildung.
Die Beteiligung von Verbänden und Organisationen hat im Vorfeld stattgefunden. Wir haben versucht, auch diese Positionen einzubringen. Der Prozess der Gesetzgebung ist ja nicht mit der Rede hier im Parlament vorbei; es folgt noch die Anhörung. Auch die Positionen und Argumente, die dort vorgetragen werden, werden wir ernst nehmen und in die weitere Beratung einbringen. Anhörungen erfolgen nicht umsonst. Dass es Kritik gibt, ist selbstverständlich. Wir werden im Verfahren durchaus weiter diskutieren. Ich bin froh über die Anregungen.
Letzter Punkt: Die Debatte über dieses Integrationsgesetz hat noch etwas gezeigt - meine Vorrednerin hat es angedeutet -: Es ist schwierig, darüber zu sprechen, was wir uns eigentlich unter Integration vorstellen. Das haben die letzten Monate und Jahre sehr deutlich gezeigt. Es ist nämlich nicht ausreichend, einfach hineinzuschreiben, Integration sei dann gelungen, wenn die fünf Punkte erfüllt sind. Es sind extrem viele Punkte.
Ich bin froh, dass wir uns darauf geeinigt haben, nicht den Entwurf der CDU-Fraktion aus der vergangenen Legislaturperiode zur Grundlage zu nehmen,
sondern dass wir gemeinsam einen neuen Entwurf formuliert haben. Es hat sich gezeigt, dass wir zwar viele Kontroversen und Streite hatten - das kann man offen und ehrlich sagen -, auch in Bezug auf die Frage, was wir unter den Begriffen „Integration“ und „Menschen mit Migrationshintergrund“ verstehen.
Letzter Punkt! - Dennoch glaube ich, dass dieses Gesetz, so dünn es wirken mag, nicht so schlimm ist, wie es manchmal wahrgenommen wird. Es wird noch besser werden, auch durch die Stellungnah
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Jamaika-Koalition bringt heute das Integrations- und Teilhabegesetz für SchleswigHolstein auf den Weg. Das ist zuallererst eine gute Nachricht. Daran ändern auch die Anmerkungen der SPD-Fraktion - durch Frau Midyatli - nichts. Wenn es denn wenigstens Kritik an unserem Gesetzentwurf gewesen wäre! So waren es nur Anmerkungen.
Vorhin kam wieder der Hinweis, dass das alles ja auf Bundesebene geregelt sei. Ganz ehrlich: Es gibt kaum einen Bereich, in dem der Bund so versagt wie bei dem Thema Integration.
Diese Einschätzung gilt auch, wenn wir uns anschauen, wie sich die finanziellen Mittel entwickelt haben, die der Bund dafür zur Verfügung stellt. Dafür tragen Sie massiv Verantwortung; denn es ist Ihre Partei, die im Bund wesentlich mitregiert und Einfluss nehmen könnte.
Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist eine der wichtigsten Aufgaben, der wir uns stellen müssen - und stellen wollen. Diesem Ziel dient das Integrations- und Teilhabegesetz. Es darf nicht wieder geschehen, dass in unserem Land Parallelgesellschaften entstehen, weil wir uns nicht gekümmert und Menschen mit Migrationshintergrund nicht in unsere Gesellschaft eingegliedert haben. Der Umgang mit der Gastarbeitergeneration, die in den 50er- und 60er-Jahren zu uns gekommen ist, ist hierfür ein warnendes Beispiel: Obwohl sie einen ganz wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau Deutschlands geleistet haben, haben wir sie ausgegrenzt. Wir haben es hingenommen, dass auch ihre Nachkommen nicht in unserer Gesellschaft angekommen sind. Integration hat in der Vergangenheit häufig nicht stattgefunden. Die Erfahrung zeigt, dass dies ein schwerwiegender Fehler gewesen ist.
Deshalb ist es vorbehaltlos zu begrüßen, dass wir nun auch in Schleswig-Holstein ein Integrationsund Teilhabegesetz auf den Weg bringen. Damit bringen wir zum Ausdruck, wie wichtig eine gelungene und erfolgreiche Integration für unsere Gesellschaft ist. Das Gesetz wird Integrationsziele festlegen, die künftig bei der Gestaltung von Integrationsmaßnahmen vor Ort in diesem Land zu beachten sind. In den Fokus nehmen wir insbesondere die Sprachförderung, die schulische und berufliche Bildung sowie die Möglichkeiten der Beschäftigung von Migranten. Das Gesetz stellt klar, dass Integration eben nicht nur ein Angebot des Staates ist, sondern dass auch Mitwirkungspflichten für Migranten bestehen, die in diesem Land leben wollen. Das ist ebenfalls eine wichtige Botschaft, auch wenn Sie das vielleicht nicht hören möchten.
Mit dem Integrations- und Teilhabegesetz schaffen wir einen verbindlichen Rahmen für die Gestaltung der Integrationsarbeit. Wir Freie Demokraten hätten uns konkrete Einzelmaßnahmen an der einen oder anderen Stelle vorstellen können.
Es ist aber jetzt an uns, aus den Erfahrungen der letzten Jahre konkrete Maßnahmen herzuleiten, die sich an den gesetzlich definierten Integrationszielen messen lassen müssen.
Genau da sind wir sehr konkret, Herr Stegner, auch wenn Sie das in Abrede stellen. Denn abstrakt-generelle Regelungen können sehr wohl Lebenswirklichkeiten gestalten helfen, und das tun wir mit diesem Gesetz.
Das Hauptproblem, das wir in der Integrationsarbeit in den nächsten Jahren bewältigen müssen, haben Sie im Bund mitverursacht. Sie haben dafür gesorgt, dass die Finanzmittel für Integrationsarbeit massiv gekürzt werden. Das Land hat versucht, hierfür einen Ausgleich zu finden. Das reicht aber nicht aus. Deshalb werden wir uns bemühen müssen, entweder den Bund zu bekehren - gern mit Ihrer Hilfe; denn man hört Sie ja vielleicht in Berlin, Herr Stegner -, dass er wieder Geld für Integrationsarbeit zur Verfügung stellt, oder wir werden uns im Notfall im Rahmen der Haushaltsdebatte hier im Landtag mit der Frage beschäftigen müssen, ob wir
Gerade den Ehrenamtlern, die über viele Monate und Jahre hinweg für die Integrationsarbeit gestanden und einen wichtigen Beitrag geleistet haben, entziehen wir finanzielle Mittel, die sie für ihre Arbeit dringend brauchen. Das sollten wir überdenken. Auch Sie sollten darüber nachdenken, ob Sie nicht endlich Ihren - vermeintlichen - Einfluss in Berlin geltend machen wollen. Darüber können wir gern sprechen. - Vielen Dank.