Genau dafür waren sowohl der Empfang im Februar als auch der jetzt kürzlich erfolgte Empfang genau der richtige Weg. Die Gespräche mit den Menschen haben genau dieses Thema und genau diese Problematik wieder in das persönliche Bewusstsein zurückgeführt, und das hat auch mich betroffen. Ich bedanke mich für die Organisation und bei allen Menschen, die das unterstützt haben. Ich schließe mich insofern dem Dank der Vorredner an. - Ihnen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Aus Sicht des SSW ist der vorliegende Antrag aller demokratischen Parteien nur konsequent. Wir können nicht dulden, dass in unserer Wohlstandsgesellschaft Menschen leben, die nicht wissen, wo sie schlafen sollen.
Deshalb unterstützen wir natürlich auch den längerfristigen Einsatz des Landtags für Obdach- und Wohnungslose und die angestrebte Kooperation mit Trägern und Kommunen. Ich freue mich ehrlich darüber, dass wir gemeinsam mehr für diese Menschen tun wollen. Aber um hier wirklich Fortschritte zu erzielen, müssen alle staatlichen Ebenen enger zusammenarbeiten.
Gerade wohnungslose Menschen werden oft in verschiedensten Lebensbereichen ausgegrenzt. In Zeiten, in denen Wohnraum knapp ist, haben sie kaum Chancen, eine Wohnung zu finden. Damit bleibt ihnen in aller Regel der Zugang zum Arbeitsmarkt versperrt. Auch die Gesundheitsversorgung ist dann für viele nicht mehr bezahlbar, und wer erst einmal ganz ohne Unterkunft auf der Straße lebt, muss nicht nur verbale, sondern auch körperliche Gewalt und Diskriminierung fürchten. Eine Wohnung ist für Menschen von zentraler Bedeutung, wenn sie diesen Teufelskreis durchbrechen wollen.
Ich denke, die Empfehlungen des Sozialausschusses machen gleichzeitig deutlich, wie vielfältig die Herausforderungen bei der Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit sind. Es fängt schon damit an, dass es bis heute keine wirklich belastbaren Zahlen zum Thema gibt. Hieran muss sich dringend etwas ändern, denn nur wenn wir wissen, wie viele Menschen auf der Straße oder in Notunterkünften leben, und nur wenn wir wissen, aus welchen Gründen Menschen von Wohnungs- und Obdachlosigkeit bedroht sind, können wir ihnen auch wirkungsvoll helfen. Daneben müssen aber auch der Bau bezahlbarer Wohnungen vorangetrieben und die Informationsmöglichkeiten für Betroffene und Vermieter verbessert werden.
Als Sozialpolitiker bin ich natürlich der Meinung, dass man bei diesem Thema immer noch mehr tun kann, aber im Gegensatz zu manch anderem Vorschlag, der hier in der Vergangenheit diskutiert wurde, geht es heute immerhin um eine Verstetigung der Hilfen. Das ist unheimlich wichtig.
Darauf habe ich immer wieder hingewiesen. Wir müssen Wohnungs- und Obdachlosen nicht nur Angebote machen, die sie in ihren Lebenswirklichkeiten erreichen, sondern wir müssen durch unsere sozialpolitischen Maßnahmen auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie ein sinnerfülltes Leben in Würde führen können. Da ist es nun einmal extrem wichtig, diese Menschen möglichst schnell in eine Wohnung zu bringen. Nur so können wir sie in die Gesellschaft integrieren. Das schaffen wir nicht, indem wir ihnen im Winter einen Container vorsetzen.
Bei aller Einigkeit und unserem gemeinsamen Antrag muss eines klar sein: Wenn wir dauerhaft verhindern wollen, dass Menschen auf der Straße leben, brauchen wir umfassende Veränderungen in der Wohnungs- und Sozialpolitik. Es ist und bleibt Fakt, dass es an sozialem und bezahlbarem Wohnraum fehlt. Im Vergleich zur Jahrtausendwende gibt es über eine Million Sozialwohnungen weniger. Und es gibt weiterhin viel zu wenig Klein- und Kleinstwohnungen. Vor diesem Hintergrund kann man zumindest seine Zweifel daran haben, dass die Ablehnung unseres Wohnraumschutzgesetzes oder die Abschaffung der Mietpreisbremse die richtigen Signale waren. Aus Sicht des SSW müssen wir in Sachen Wohnungsbau jedenfalls noch deutlich mehr tun.
Aber auch die Armutsrisiken werden noch längst nicht wirkungsvoll genug bekämpft. Die Kinderarmut ist auf einem beschämend hohen Niveau. Auch atypische und prekäre Beschäftigungsformen nehmen noch zu und damit auch Spätfolgen wie die Altersarmut. Gleichzeitig sind viele Sozialleistungen schlicht und einfach zu gering, um vor Armut zu schützen. Deshalb reicht es aus unserer Sicht nicht, immer mal wieder an Symptomen herumzudoktern. Ich glaube, wir brauchen tiefgreifende Reformen.
Bund und Land müssen für diese wichtige Aufgabe noch mehr Geld in die Hand nehmen als bisher. Das zahlt sich schon mittelfristig aus, und das nicht nur menschlich, sondern auch finanziell. - Jo tak.
Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist in den Redebeiträgen ein bisschen angeklungen: Wir alle haben uns über eine - manche mögen sagen - sehr ungewöhnliche Aktion gefreut, die am 9. Februar in diesem Jahr für ein bisschen Aufsehen gesorgt hat. 125 obdachlose Frauen und Männer tranken und aßen gemeinsam auf Einladung des Landtagspräsidenten. Als ehrenamtliches Servicepersonal bedienten Damen und Herren Landtagsabgeordnete, Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie Kooperationspartnerinnen und -partner diese Gäste.
Die Wiederholung war mit Ansage geplant, und sie fand am Dienstag dieser Woche statt. Die Idee zu diesem - ich sage einmal - Aufeinandertreffen hatten der Vorsitzende des Sozialausschusses Werner Kalinka und der Landtagspräsident Klaus Schlie. Für mich war es ein Zeichen des Respekts gegenüber wohnungs- und obdachlosen Frauen und Männern - ein Zeichen und eine Geste dahin gehend, wie man sich in dieser Gesellschaft begegnet. Wie nimmt man Menschen an?
Der Kollege Petersdotter hat gesagt, er war am Anfang sogar skeptisch, wie eine solche Begegnung aussehen mag. Wer gedacht hat, da prallen Welten aufeinander, der wurde - so glaube ich - bei diesen beiden Veranstaltungen eines Besseren belehrt. Herr Landtagspräsident, ich hatte mit Ihnen gemeinsam das große Vergnügen, auf dem Konzert gegen die Kälte zu sein. Da wiederholte sich diese Form von Begegnung. Es war eine Begegnung zwischen Menschen. Es war eine Begegnung mit viel Respekt füreinander. Ich glaube, man kann sagen, es ist gut, dass das von allen Beteiligten als Auftakt für langfristiges und noch verstärkteres Engagement in der Sache gewertet wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist nämlich ein wachsendes Problem in unserer Gesellschaft. 8.000 bis 12.000 Menschen in Schleswig-Holstein haben keine eigene Wohnung. Genaue Angaben dazu gibt es bisher nicht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales arbeitet derzeit an einer bundesweiten Wohnungslosenstatistik.
Die Situation für wohnungslose Menschen und für von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen zu verbessern, ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und innerhalb der Landesregierung sind konsequenterweise auch ganz unterschiedliche Häuser damit befasst. Darüber hinaus sind es die Kommunen, die insoweit in einer besonderen Verantwortung stehen.
Eine wichtige Aufgabe für uns alle ist es, die Zusammenarbeit und die Abstimmung aller Beteiligten zum Wohle der Betroffenen nicht nur stetig im Blick zu haben, sondern auch konsequent weiter zu verbessern. Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen befinden sich in einer extrem schwierigen Lebenslage. Gerade im Umgang mit diesen Menschen zeigt sich, welchen Sinn Gesellschaft eigentlich für Gerechtigkeit hat. Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen und ist zentrale Voraussetzung für gesellschaftliches Miteinander. Wohnungslosigkeit zu vermeiden ist deshalb von höchster Priorität. Gerade in Zeiten von Wohnraumknappheit ist es wichtig, Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen oder bedroht sind, so zu unterstützen, dass sie ihre Wohnung gar nicht erst verlieren. Das Innenministerium hat daher bereits vielfältige Anstrengungen unternommen, die Situation von wohnungsund obdachlosen Menschen zu verbessern.
Sich um Wohnungen für obdachlose Menschen zu kümmern, gehört zum Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung. Das Innenministerium unterstützt die Kommunen dabei, neuen Wohnraum zu schaffen. Mit dem Wohnraumförderungsprogramm stellt die Landesregierung bis 2022 Mittel für Neubau und Modernisierung von 6.400 Wohnungen bereit. Insgesamt investiert das Land Schleswig-Holstein 788 Millionen €. Das ist immerhin schon das höchste Investitionsvolumen, das je in SchleswigHolstein für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt wurde.
Das Innenministerium hat erst zu Beginn dieses Monats die Mittel für den Neubau von Mietwohnungen deutlich erhöht. Jeder Quadratmeter mietpreisgebundener Wohnraum wird jetzt mit bis zu 375 € bezuschusst. Das ist - mit den zinsfreien Darlehen der Investitionsbank - ein äußerst attraktives Angebot für Investoren.
Die Landesregierung hat im Haushalt 2019 die Mittel für die Förderung von Beratungsstellen um 40 % - von 592.000 € auf 1 Million € - erhöht. Ich sage nach wie vor: Das war ein richtiger Beschluss. Damit wird nämlich die Basis für eine Weiterentwicklung des Beratungsangebots in Schleswig-Holstein deutlich stärker.
Die Landesregierung fördert die Schulden- und Insolvenzberatung. Gerade Mietschulden - das wurde in den Debattenbeiträgen deutlich - sind ein unglaubliches Hemmnis bei der Wohnungssuche.
Gemeinsam mit der Energiewirtschaft, der Wohlfahrtspflege und den Kommunen hat das Innenministerium den Leitfaden „Stromsperren verhindern“ entwickelt. Betroffene und ihre Familien erhalten nützliche Hinweise, wo sie sich in einem solchen Fall beraten lassen können.
Mein Haus erarbeitet gemeinsam mit anderen Ressorts und den Kommunen geeignete Konzepte, um Wohnungslosigkeit für besonders gefährdete Personengruppen von vornherein zu verhindern. Entwickelt werden soll beispielsweise ein landesweites Übergangsmanagement für Haftentlassene, um diese besser von vornherein mit Wohnraum versorgen zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie auch mich mit einem Dank schließen: Ich danke all denjenigen, die nicht immer im Fokus stehen, nämlich den Menschen, die sich Tag für Tag für die wohnungslosen Menschen und - oft gemeinsam mit ihnen - für deren Interessen einsetzen. Sie leisten jeden Tag großartige Arbeit für diese Gesellschaft. Ihnen sage ich danke fürs Zuhören.
Mit der Drucksache 19/1531 haben die Mitglieder des Sozialausschusses dem Landtag einen Entschließungsantrag mit der Bitte um Übernahme und Zustimmung vorgelegt. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig. Damit ist so beschlossen.
Das einige Europa bleibt das Ziel! Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1567
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht, wie ich sehe. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hartmut Hamerich.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wahlen zum Europäischen Parlament sind knapp vier Wochen her. Die befürchteten Ergebnisse sind - zum Glück! - nur teilweise eingetreten. Trotzdem haben die Kräfte, die im Schwerpunkt auf nationalstaatliche Lösungen drängen, an Kraft gewonnen. Diese Kräfte wollen im Kern kein starkes Europaparlament; sie wollen es lieber abschaffen. Sie wischen die erfolgreiche Politik der EU mit einem Federstrich beiseite. Der große wirtschaftliche Erfolg für alle EU-Staaten, die Freizügigkeit innerhalb Europas und vor allem die längste Friedensperiode - über fast drei Generationen! - werden fahrlässig ignoriert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderungen für ein geeintes Europa sind weiter gewachsen. Die Welt und diejenigen, die diese Welt gestalten, ja bestimmen wollen, werden mehr. Und sie werden stärker. Es sind nicht die Kämpfer für Freiheit und Demokratie, nicht die Kämpfer für sozialen Ausgleich und Wohlstand für alle. Klimapolitik und Terrorismus, Digitalisierung, Globalisierung, Flüchtlingsströme und Armut wird niemand mehr national steuern können.
Daher unser heutiger Appell aus diesem Haus: Wir wollen Europa weiter gemeinsam gestalten und dabei alle Staaten mitnehmen. Wir müssen die Werte der Freiheit und der Demokratie, des Wohlstands mit sozialer und umweltpolitischer Balance verteidigen. Wir wollen dieses Projekt, welches uns Frieden beschert hat, für unsere Kinder bewahren und in die nächsten Generationen tragen.
Wir bekennen uns mit tiefer innerer Überzeugung zu einem einigen Europa. Daran wollen wir kontinuierlich arbeiten. Nur ein einiges Europa kann in Zukunft im internationalen Spiel der Kräfte eine bedeutende Rolle spielen. Das wiederhole ich bewusst. Ich habe es hier schon mehrfach gesagt; denn ich glaube, es ist wichtig.
Möglicherweise haben sich einige gefragt: Worin liegt die Eilbedürftigkeit dieses heutigen Antrags? Sie liegt darin, dass dies die erste Landtagstagung nach der Europawahl ist und wir eine Sommerpause vor uns haben. Es ist wichtig, diesen Appell nach draußen zu senden.