Protocol of the Session on May 17, 2019

- Da sagen Sie, das klingt wenig. Ja, die Einnahmen der Betreiber lagen aber bei 30,4 Milliarden €. Folgerichtig gibt es da eine Lücke. Das sind die Fördersummen und die Marktprämien, zusammen 26 Milliarden €.

Die prognostizierten Fördersummen für 2018 liegen sogar noch höher, bei 27,7 Milliarden €. Ein Ende dieses Förderwahnsinns ist nicht abzusehen. Erneuerbaren Strom zum Preis von rund 28 Milliarden € pro Jahr sieht die AfD als unverantwortbar an.

Der Begriff der Anschubfinanzierung war eine bewusste Verharmlosung, an der wir noch viele Jahre abzahlen werden. Ein Windenergieausbau muss daher solange warten, bis die Stromnetze fertig sind. Wenn es schlecht läuft, bauen wir am Ende sonst eine Wirtschaft auf der Grundlage von Überschussstrom auf, und das wollen wir nicht.

An den 4.200 Einwendungen und Stellungnahmen zur zweiten Runde der Regionalplanung sehen wir, dass die Akzeptanz für Windenergie in der Bevölkerung stark abnimmt. Genehmigungen brauchen immer länger und werden komplizierter. Wenn am Ende doch eine neue Anlage errichtet wird, tötet sie mit Sicherheit Insekten, Adler, den Rotmilan oder nervt Menschen mit Infraschall und Stroboskopeffekten. Die eingeschlafene Dynamik bei den Genehmigungsprozessen ist ein guter Hinweis, dass der Zubau von nennenswerten Kapazitäten nur noch offshore erfolgen sollte. Bei Onshore-Anlagen haben wir ganz andere Probleme, die bislang nicht berücksichtigt wurden: Durch Materialermüdung und/ oder Verschleiß kommt es zunehmend zu Havarien. Beispielshaft seien der Brand in Bosbüll im Januar, die Vorfälle am 14. März 2019 im Kreis Steinburg, der Brand am 21. März 2019, der Rotorabbruch bei Wilster und so weiter und so fort genannt. Auch aus

(Oliver Kumbartzky)

Sicherheitsgründen ist daher ein verlängertes Moratorium angebracht.

Doch was sind die Alternativen für eine stabile und bezahlbare Energieversorgung? - Ich sage es Ihnen: Erstens eine baldige Reduzierung der Förderlandschaft, zweitens eine Neuerrichtung von Anlagen nur noch offshore und drittens 10-h-Abstände wie in Bayern zum Schutz von Bürgern.

Der vorliegende Begleitantrag widerspricht in geradezu schizophrener Art und Weise dem vorliegenden Gesetzentwurf. Es handelt sich hierbei um eine billige Beruhigungspille für die Grünen. - Ich hoffe, Sie haben sie schon geschluckt.

Die Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2020 ist besser als gar nichts. Die AfD-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu. Jeder Tag, an dem in Schleswig-Holstein keine neue Windkraftanlage gebaut wird, ist ein guter Tag für unser Land. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende Lars Harms.

(Beate Raudies [SPD]: Der Strom kommt aus der Steckdose! - Dr. Frank Brodehl [AfD]: Aus Polen besser!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits kurz nach der Wahl wurde deutlich, dass Jamaika ein internes Problem mit der Windenergie hat. Knackpunkt sind die Abstände, die vergrößert werden sollen, aber gleichzeitig sollen die energiepolitischen Ziele erreicht werden. Das ist die Quadratur des Kreises. Darum ist in Schleswig-Holstein derzeit alles im Bereich des Windenergieausbaus zum Stillstand verdonnert. Wirtschafts- und energiepolitisch ist es eine Bankrotterklärung, und es wird absehbar nicht besser.

(Beifall SSW und SPD)

Als wir seinerzeit als Küstenkoalition das Moratorium erlassen haben, war das als absolute Ausnahme gedacht. Damit sollte die Möglichkeit geschaffen werden, ein sauberes, transparentes und abgestimmtes Verfahren nachzuholen und abzuschließen. Es ging darum, die sachlichen und fachlichen Kriterien zu entwickeln, damit uns die Planungsgrundlagen für die Windenergie gerichtlich nicht wieder um die

Ohren fliegen. Hier waren wir als Küstenkoalition bereits auf einem sehr guten Weg.

Aus politischen Gründen wurde nach der Wahl jedoch alles über den Haufen geworfen. Es wurde ein zweites Moratorium erlassen, für das im letzten Jahr die rechtliche Grundlage geschaffen wurde. Bereits in der Debatte dazu haben wir die Verlängerung des Moratoriums kritisiert. Ein solches künstliches Zeitfenster darf aus unserer Sicht nur die Ausnahme sein, um die planerischen Grundlagen sauber zu erarbeiten. Bereits in der Debatte haben wir auf die Gefahr hingewiesen, die mit der eingebrachten Verlängerung der Unzulässigkeit von raumbedeutsamen Windenergieanlagen einhergeht.

Für uns als SSW war seinerzeit insbesondere die Stellungnahme von Professor Brüning entscheidend. Er wies explizit daraufhin, dass es völlig offen sei, wie das zuständige Gericht im Falle eines erneuten Verfahrens entscheiden würde. Damit wurde seinerzeit bereits eine Situation geschaffen, die unkontrollierbar war, weil sie neuen Klagen entsprechende Möglichkeiten eröffnete.

Die Kritik von Professor Brüning in der Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf liest sich aber nun noch eine Stufe schärfer. Kritisiert wird hier die weitere Verlängerung der Frist, soll heißen: Jeder gut gemeinte Kompromissvorschlag aus der Anhörung, das Moratorium nur um ein Jahr zu verlängern - davon liegen uns einige vor -, wäre genauso angreifbar wie der vorliegende Entwurf. Mit einem verkürzten Moratorium wäre also auch nichts gewonnen. Aus der Anhörung geht hervor, dass die Anzahl der monatlich erteilten Genehmigungen in Schleswig-Holstein seit dem Inkrafttreten des Moratoriums um 70 % gesunken ist.

Wenn nun zum dritten Mal ein Moratorium geschaffen wird, dann reden wir hier über einen Gesamtzeitraum von insgesamt fünfeinhalb Jahren. Das möchte ich sehen, dass die CDU und FDP andere wichtige Wirtschaftszweige unseres Landes für einen so langen Zeitraum am langen Arm verhungern lassen. Die Uneinigkeiten in der Jamaika-Koalition in dieser Sache können verheerende Folgen für das Land mit sich bringen, eigentlich tun sie das schon. Es reicht nur eine gewonnene Klage, und es droht die Verspargelung der Landschaft. Ohne planerische Grundlage wäre plötzlich alles, was nur annähernd nach Windkrafteignungsfläche aussieht, im Fokus der Investoren, und das nur, weil sich die Koalition nicht einigen kann und stattdessen das Problem aussitzt.

(Jörg Nobis)

Angesichts der auferlegten klima- und energiepolitischen Ziele für Schleswig-Holstein akzeptieren wir das Moratorium nicht, denn es wirft uns in der Sache um Jahre zurück. Das zum Thema grüne Energiewende, also nur Blabla, wenn es darauf ankommt.

Aber auch die SPD scheint dies aus den Augen verloren zu haben. Wie sonst ist zu erklären, dass der SSW im Ausschuss als einziger gegen den vorliegenden Gesetzentwurf gestimmt hat und man sich nun enthalten will. Ganz klar, wir bleiben dabei: Das Moratorium ist falsch.

(Beifall SSW)

Meine Damen und Herren, zum vorliegenden Begleitantrag von Jamaika bleibt nur zu sagen: Das ist weiße Salbe. Natürlich kann man nicht gegen Maßnahmen sein, die den Ausbau der Windenergie beschleunigen, aber überlegen Sie einmal, worüber wir hier eigentlich gleich abstimmen: über die Bremse. Die beste Beschleunigung für die Windenergiebranche und den Ausbau der Windenergie und für Arbeitsplätze und besseren Klimaschutz in diesem Land wäre ein Verzicht auf das Moratorium. Dann könnten wir uns den zweiten Antrag eigentlich auch sparen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Stegner.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Jetzt erklärt Herr Stegner, dass sie doch zustimmen!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer der Debatte heute zugehört hat, der versteht, was die Koalition meint, wenn sie von der Versöhnung von Ökonomie und Ökologie spricht.

Beim Klimaschutz in Sachen Windenergie passiert gar nichts, und ökonomisch werden Arbeitsplätze in einer der wichtigsten Branchen, die wir haben, was Wertschöpfung angeht, vernichtet.

(Zuruf: Wohl wahr!)

Dann hört man Ihre Beiträge, und die bestehen aus nichts anderem, als Ausreden dafür zu suchen. Dann ist die Bundesregierung schuld, dann ist die Opposition schuld. Irgendjemand ist immer schuld. Fakt ist aber: Es tut sich wirklich nichts. Uns ernsthaft in der Entwicklung mit Ländern wie dem Saarland oder anderen zu vergleichen, was den Wind

angeht, ist bei dem Thema wirklich - sagen wir es einmal so - ein bisschen intellektuell untertourig.

(Heiterkeit SPD)

Das muss ich schon sagen. Wir waren das führende Land. Wir kommen 1988 von 0,05 % Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieerzeugung und haben uns zum führenden Windland entwickelt und das wunderbar vorangetrieben.

(Zuruf Oliver Kumbartzky [FDP])

Ja, dann haben wir eine intensive Bürgerbeteiligung durchgeführt, wir haben informiert, besser konnte man das gar nicht tun. Sie haben gestern verspottet, was Frau Eickhoff-Weber gesagt hat.

(Zuruf Oliver Kumbartzky [FDP])

Frau Eickhoff-Weber hat aber in dem, was sie hier vorgetragen hat, darauf hingewiesen, dass Ihr Ministerpräsident noch gesagt hat, die Dinge werden veröffentlicht. Dann lernen wir: Das hat praktisch keine Relevanz, was Ihr Ministerpräsident sagt. Okay, das ist auch eine Erkenntnis der Debatte. Aber jetzt ohne diese Bürgerbeteiligung hinzugehen und sich auf etwas einzulassen, was jedenfalls sehr schwierig ist? - Kollege Lars Harms, das Problem, das wir mit dem Moratorium haben, ist ja: Wenn das jetzt dieses zum Erfolg führen würde, wäre das ja okay, unsere Sorge ist nur, dass es rechtlich gar nicht haltbar ist und genau das eintritt, was wir alle nicht wollen; denn Energiewende muss mit Akzeptanz der Menschen geschehen.

(Werner Kalinka [CDU]: Ach!)

Jetzt wird inzwischen ja sogar über vierte Entwürfe diskutiert. Wie lange wollen wir das eigentlich noch abwürgen? Irgendwann ist es mit der Energiewende vorbei.

Lieber Herr Kollege, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Sie haben das schon ein paar Mal in dieser Tagung gemacht, sich zu äußern, wie schön das alles sei, was wir alles für den Klimaschutz tun müssen, wie prima das alles ist und „Fridays for Future“. Die jungen Leute demonstrieren inzwischen auch gegen Ihre Politik, weil sie nämlich nicht den Stillstand wollen, sondern dass beim Thema Klimaschutz etwas vorangeht. Dazu sind die erneuerbaren Energien ein wesentlicher Teil.

Deswegen kann ich nur sagen: Das Flaggschiff, das Schleswig-Holstein auszeichnet, wird von Ihnen systematisch ruiniert.

Der Grund dafür sind nicht etwa neue Erkenntnisse, sondern der Grund dafür ist ganz schlicht - da brau

(Lars Harms)

chen Sie auch gar keine Ausreden zu haben -: Die Versprechungen, die Sie gemacht haben, um die Wahl zu gewinnen, namentlich die Versprechungen der Union, erweisen sich jetzt als haltlos. Das fällt alles zusammen wie ein Kartenhaus.

(Beifall SPD und SSW)

Das ist der einzige Grund für Sie. Sie ruinieren Wertschöpfung, Sie tun nichts für den Klimaschutz.

Verschonen Sie uns mit Ihren Sprüchen von der Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, wenn am Ende überhaupt nichts dabei herauskommt. Dafür sind wir nicht. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten, weil wir große Schwierigkeiten sehen.

Aber ich stimme dem Kollegen Harms in jedem Satz seiner Rede zu, was die Bedeutung angeht, die die Windenergie hat und was wir eigentlich tun müssten. Sie ruinieren eine große Wertschöpfungschance für unser Land. Sie ruinieren wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz und das im Rahmen einer Koalition, die immer gern die Überschrift trägt: „Grün wirkt“. Grün wirkt in dem Fall als Bremse, offenkundig gemeinsam mit Schwarz und Gelb. Und das taugt nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD und SSW)