Protocol of the Session on May 17, 2019

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Menschenfeindliche, menschenverachtende Aussagen fallen inzwischen leider auch wieder in Parlamenten, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Abwertung, Verachtung von bestimmten Gruppen. Wir Demokraten stellen uns geschlossen dagegen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Der Handlungsbedarf ist sehr groß. Die Antwort kann nur eine starke Prävention sein, die Förderung von Demokratie, Zivilgesellschaft und politischer Bildung in ihrer ganzen Breite. Wir haben in Schleswig-Holstein nach den schrecklichen Morden des NSU seinerzeit einen guten Weg eingeschlagen. Wir waren zusammen mit Nordrhein-Westfalen eines der ersten Bundesländer, die ein eigenes Landesprogramm gegen rechts auf den Weg gebracht habe. Mit diesem Landesprogramm wurden bereits viele Grundlagen gelegt. Ich finde es gut, dass die Landesregierung jetzt daran anknüpft.

Damals war es Konsens, dass hier etwas passieren muss. Heute sind wir gut aufgestellt. Aber es reicht noch nicht; das wissen wir. Die Opferberatung ZEBRA zeigt uns jedes Jahr die Opferperspektive auf; das hat eben auch der Minister genannt, das fand ich gut. Es muss noch einmal auf die Perspektive derjenigen geguckt werden, die direkt davon betroffen sind; sie sollten in ihrem Empowerment

(Aminata Touré)

gestärkt werden. Was in diesem Bereich passiert, sollte ernst genommen werden; das ist absolut richtig. Das muss fortgeführt werden.

Der Minister hat zum Aktionsplan ausgeführt. Dafür danke ich ihm sehr. Er hat auch auf die wichtigen Punkte der Geschichte verwiesen. Ich finde es gut, dass der Aktionsplan auf den Weg gebracht werden soll und an das Landesprogramm angeknüpft wird.

Wir werden ganz genau darauf achten, wie Zivilgesellschaft außerhalb des Landesdemokratiezentrums eingebunden wird. Wird es lediglich um Straftatenprävention gehen oder auch um die Grauzone? Um Alltagsphänomene, Stammtischparolen sowie um die neuen Phänomene wie Filterblasen, Bots und rechte Trolle? Wird es Werbekampagnen für diskriminierungsfreie Kommunikation geben? Vielleicht werden Wege über die neuen Medien beschritten, die über das, was man an Gefährderansprachen bislang tut, hinausgehen.

Wir haben heute erstmals etwas Konkreteres gehört. Selbstverständlich begrüßen wir den Aktionsplan, den wir hoffentlich bald in einer abgestimmteren Form zu sehen bekommen.

Der Erfolg von jeglichen Aktionsplänen wird immer davon abhängen, inwieweit es gelingt, sie im Alltag der Menschen in Schleswig-Holstein zu verankern. Das ist das, was wir alle als Aufgabe mitnehmen, wenn es so weit ist.

Ausgrenzung, Diskriminierung und Abwertung sind die Probleme. Die Mittel dagegen sind Begegnung, Reflexion, Konfrontation mit der eigenen Rolle, politische Bildung und vor allem der demokratische Diskurs. Es geht um mehr als um Kriminalitätsverhütung und eine Sicht aus der Statistik.

Für uns Sozialdemokraten ist klar: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit muss mit all seinen Facetten bekämpft werden.

(Befall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt CDU und FDP)

Auch ich möchte mit einem Zitat schließen:

„Niemand wird mit dem Hass auf andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ethnischen Herkunft oder Religion geboren. Hass wird gelernt. Und wenn man Hass lernen kann, dann kann man auch lernen zu lieben. Denn Liebe ist ein viel natürlicheres Empfinden im Herzen eines Menschen als ihr Gegenteil.“

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt CDU, FDP und SSW - Serpil Mi- dyatli [SPD]: Sehr schön!)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Tobias Loose.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kaum ein anderes Land auf der Welt hat so schockierende und bittere Erfahrungen mit Rassismus gemacht wie wir in Deutschland. Allerdings ist es auch wichtig zu sagen, dass sich Rassismus in Deutschland historisch nicht allein auf den Nationalsozialismus, an den viele immer als Erstes denken, begrenzt.

Rassenideologie und Rassismus haben auch Wurzeln in den Geistes- und Naturwissenschaften des 19. und 20. Jahrhunderts. Forschungsreisende, Wissenschaftler und Museen erschufen von den späteren Kolonien ein romantisiertes Bild sowie das Bild des überlegenen Europäers. Dieses Bild ist in vielen Köpfen lange präsent gewesen und auch ein Teil von Rassismus, wie er sich in unserer Gesellschaft eine Zeit lang leider verankert hat.

Heute leben wir vom Grundsatz her in einem freien Land, in einer weltoffenen Demokratie. Alle Menschen, egal welcher Hautfarbe, welcher nationalen Herkunft, welcher Religion oder welcher sexuellen Identität, sind bei uns zum Glück gleich. Dennoch das hat Frau Kollegin Touré vorhin mit Beispielen deutlich gemacht - keimt die Saat des Rassismus noch immer in einem Teil unserer Gesellschaft. Auch in Schleswig-Holstein gibt es noch immer Rassismus. Es ist sehr wichtig, dass wir das klar benennen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt SPD und FDP)

So zeigt uns der aktuelle Verfassungsschutzbericht, dass auch in Schleswig-Holstein ein Problem mit Rassismus und Rechtsextremismus, aber auch mit Linksradikalismus und mit dem militanten Islamismus vorhanden ist. Es ist unsere Pflicht, dieses Übel und die damit verbundene menschenverachtenden Ideologien aktiv zu bekämpfen. Das ist der Grund, dass wir heute über diesen Aktionsplan sprechen.

Der Landesaktionsplan soll daher, an den Landespräventionsrat im Innenministerium angegliedert, zur Bekämpfung von Rassismus umgesetzt werden.

(Tobias von Pein)

Den Rahmen für die Arbeit unseres Aktionsplans bildet der Nationale Aktionsplan gegen Rassismus des Bundes. Es lohnt sich tatsächlich, sich diesen einmal anzuschauen, zumindest für diejenigen, die es interessiert. Mit diesem Aktionsplan sollen Positionen und Maßnahmen zum Umgang mit Ideologien der Ungleichwertigkeit und den darauf bezogenen Diskriminierungen entwickelt werden.

Es gibt Beispiele dafür, wie der Bund das macht. Er nutzt zum Beispiel eigene Einrichtungen wie die Bundeswehr oder die Bundeszentrale für politische Bildung, um direkt im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern menschenfeindliche und rassistische Einstellungen zu bekämpfen und als unvereinbar mit den Grundwerten unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung zu positionieren. Das sind Beispiele, wie Institutionen auf Grundlage eines solchen Aktionsplans konkret eingebunden werden, um Maßnahmen gegen Rassismus zu definieren.

Ich habe es angedeutet: Wir wollen in diesem Land ein ähnliches Format finden. Uns ist wichtig, dass Rassismus- und Extremismusbekämpfung eine Querfeldaufgabe darstellen zwischen staatlichen Akteuren wie der Polizei, dem Verfassungsschutz, der Landesregierung, kommunalen Vertretungen und - das ist schon mehrfach deutlich geworden den Ansprechpartnern und Stakeholdern aus der Zivilgesellschaft; auch die müssen eingebunden werden.

(Beifall CDU, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Rassismus können wir nur zusammen mit den Beratungsstellen gegen Extremismus, mit den Sportverbänden, mit den religiösen Verbänden und mit den Organisationen der Migrantinnen und Migranten entgegentreten. Mit freien Trägern und Bildungseinrichtungen und mit weiteren Verbänden und Vereinen packen wir das Thema als gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe an. Deswegen fließen all diese Fäden - die Kollegin ist heute hier - im Landesdemokratiezentrum zusammen, wo dann zivilgesellschaftliche und staatliche Akteure miteinander vernetzt werden.

Wenn wir uns den Nationalen Aktionsplan anschauen, stellen wir fest, dass es sich um entscheidende Phänomene handelt wie Antisemitismus, Antiziganismus, Islamfeindlichkeit, Rassismus gegen People of Colour, Homophobie und Transfeindlichkeit. Das sind die Bereiche, um die wir uns kümmern sollten.

Es ist sehr wichtig - das ist hier schon angeklungen -, ressortübergreifend anzusetzen und es nicht allein

auf das Innenministerium zu begrenzen. Viel mehr Dinge als nur die Sicherheit spielen hier eine Rolle; es geht auch um die Einbindung von zivilgesellschaftlichen Akteuren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in jüngster Zeit konnten wir - dieses Thema ist uns besonders wichtig - ein Anwachsen des Judenhasses in Deutschland beobachten. Ich finde es gut, dass wir in diesem Zusammenhang die Schaffung eines Antisemitismusbeauftragten in Schleswig-Holstein diskutieren. Insbesondere das jüdische Leben hat für uns in Deutschland eine besondere Bedeutung. Ich freue mich, dass Sie an dieser Stelle mit dem Staatsvertrag aktiv geworden sind.

Auf jeden Fall steht fest: Der Hass auf Juden darf in unserem Land keinen Platz haben. Es ist richtig, dass wir uns auch darum intensiv kümmern. Das ist auch ein Element im Bereich des Kampfs gegen Rassismus insgesamt.

Es ist unser Ziel, die wehrhafte Demokratie zu stärken. Mit dem Landesaktionsplan gegen Rassismus schaffen wir ein Element dafür, gucken uns noch einmal ein Feld an, in dem wir, das Land, noch mehr tun können, damit Schleswig-Holstein ein weltoffenes und lebendiges Land ist. Ich freue mich, wenn aus diesem Haus, aber auch darüber hinaus am Ende eine breite Unterstützung für diesen Prozess vorhanden sein wird. - Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Jan Marcus Rossa.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Jamaika-Koalition hat sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag zum Antirassismus bekannt und vereinbart, dass wir einen Landesaktionsplan auf den Weg bringen werden, um dem Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit und jeglicher Form des Extremismus frühzeitig entgegenzutreten.

Bei der Bekämpfung von Rassismus kann und darf es keine Nachsicht geben. Rassismus ist ein unmittelbarer Angriff auf unseren Rechtsstaat, auf unsere Verfassung, auf die Grund- und Menschenrechte, und das werden wir nicht dulden.

(Tobias Loose)

(Beifall FDP, CDU, vereinzelt SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir haben die Erfahrung gemacht - das sollte uns eine Mahnung sein -, dass Rassismus die Ursache millionenfachen Leids ist, die Ursache von Verfolgung und Vernichtung und von Kriegen. Aus meiner Sicht ist es zum Verzweifeln, dass es uns in unserer Gesellschaft nach den Erfahrungen des Dritten Reichs und des Zweiten Weltkriegs noch immer nicht gelungen ist, den Rassismus aus dieser Gesellschaft herauszuhalten, ihn auszurotten.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Im Gegenteil, wir müssen feststellen, dass sich Rassismus in den letzten Jahren ausbreitet, dass er nicht mehr nur im Verborgenen agiert, sondern dass er seine hässliche Fratze zum Beispiel auf Montagsdemonstrationen, auf Wahlkampfveranstaltungen und sogar in deutschen Parlamenten zeigt. Ich finde es am allerschlimmsten, dass wir es nicht mehr schaffen, in unserem Parlament sauber zu bleiben und den Rassismus in die Schranken zu weisen.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In der Vorbereitung auf meine Rede heute habe ich große Probleme gehabt, weil ich nicht wusste, wie ich mit meiner Sorge umgehen soll, die von Ihrer Partei ausgeht. Nach langer Überlegung spreche ich Sie hier und heute direkt an.

Mit immer neuen Tabubrüchen, die man am Ende nicht so gemeint haben will, versuchen Sie, Menschen unterschiedlichster Herkunft zu diskriminieren, sie herabzusetzen, sie verächtlich zu machen. Das geht nicht, das werden wir abstellen.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es ist in hohem Maße unappetitlich und ein dramatischer Verfall der Sitten, wenn wir Ihrem Parteivorsitzenden, Herrn Gauland, zuhören, der öffentlich erklärt, Aydan Özoğuz, die ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, solle in Anatolien entsorgt werden. Das ist ein derartiger Verfall von Zivilisiertheit, da findet man kaum noch Worte. Das ist eine menschenverachtende Haltung, für die Sie stehen.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)