Protocol of the Session on May 17, 2019

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

(Jan Marcus Rossa)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Der Verfassungsschutzbericht 2018 bestätigt erneut, dass der Islamismus die mit Abstand größte Gefahr nicht nur für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, sondern erst recht eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung ist. Die Zahl der Islamisten in Schleswig-Holstein ist gegenüber 2017 um fast 20 % auf 645 Personen angestiegen. Der Bericht konkretisiert die bestehende Bedrohung mit der Aussage, der IS propagiere die Begehung von Anschlägen auf der ganzen Welt, vorrangig jedoch in westlichen Staaten. Als Ziele hat der IS explizit Zivilisten benannt, die gerade aufgrund der Rahmenbedingungen bei Großveranstaltungen wie Sportereignissen, Volksfesten und Weihnachtsmärkten in der Regel nur schwer zu schützen sind. Festnahmen in Schleswig-Holstein zeigen, dass auch hier jederzeit mit islamischem Terrorismus gerechnet werden muss. In Anbetracht der somit unzweifelhaft bestehenden höchsten Stufe einer abstrakten Gefahr wäre es unverantwortlich, als Gefährder identifizierte Personen nicht unverzüglich abzuschieben.

(Beifall Dr. Frank Brodehl [AfD] und Jörg Nobis [AfD])

Bei der AfD-Fraktion und nicht nur dort besteht allerdings die begründete Sorge, dass die rechtlich zulässigen Mittel für Abschiebungen aus linkspolitischen Gründen nicht angewandt werden. Beim Rechtsextremismus ist es unverkennbar, dass die Zahl der traditionellen Rechtsextremisten offenbar wegen fehlender zugkräftiger Themen von 1.300 auf 1.100 zurückgegangen ist. Dabei klingt es fast wie eine Entschuldigung, wenn der Innenminister in seiner Presseerklärung darauf hinweist, dass nicht zuletzt gesetzliche Bestimmungen über vorzunehmende Löschungen zum Rückgang des Personenpotenzials geführt haben.

Noch deutlicher ist der Rückgang bei den Gewaltorientierten, und zwar von 600 auf 400 Personen. Ein Vergleich mit der Statistik des Jahres 2017 legt nah, dass der Rückgang überwiegend auf die Verringerung bei den subkulturell geprägten Rechtsextremisten zurückzuführen ist. Der entsprechende Abschnitt im Bericht über diesen Teil der rechtsextremistischen Szene bringt hier allerdings auch keine Aufklärung. Es ist interessant, dass der Innenminister bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts darauf hingewiesen hat, dass es sich bei der Reichsbürgerbewegung um eine eigene und damit neue Form des politischen Rechtsextremismus han

dle. Die dargestellte Affinität dieser Reichsbürger zu Waffen - etwa 20 von gut 300 identifizierten Reichsbürgern haben waffenrechtliche Erlaubnisse - soll deutlich machen, dass insbesondere aus diesem Personenkreis die Gefahr von spontaner Gewaltanwendung insbesondere gegenüber staatlichen Institutionen bestehe. Auch hieran wird deutlich, dass die Anforderungen an den Verfassungsschutz und andere Sicherheitsbehörden in einem ständigen Wandel sind.

Im Bereich Linksextremismus liegt die Gesamtzahl seit Jahren bei 670 Personen. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten von Linksextremisten lag erneut bei Angriffen auf die AfD. Die bedeutendste Änderung gegenüber dem Vorjahr - so der Minister in der Presseerklärung - ist erneut eine leichte Verschiebung vom dogmatischen zum autonomen Spektrum. Welche Folgen das haben wird, steht zwar nicht direkt im Verfassungsschutzbericht, dennoch gibt dieser darüber Auskunft. Die autonome Weltanschauung ist grundsätzlich durch Organisationsbündnis und Hierarchiefeindlichkeit sowie durch eine ausgeprägte Gewaltorientierung gekennzeichnet, wie zum Beispiel an gewalttätigen Ausschreitungen bei der Eröffnung der Europäischen Zentralbank im März 2015 und während des G-20-Gipfels im Juli 2017 in Hamburg deutlich wurde.

Die ausgeprägte Gewaltorientierung dieser Linksextremisten haben insbesondere wir von der AfD leidvoll erfahren müssen, und wir tun das noch immer, gerade jetzt auch wieder im Wahlkampf.

Für uns bleiben am Ende zwei Fragen offen: Wieso ist das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus!“ noch immer kein Beobachtungsobjekt? Die letzten beiden Verfassungsschutzberichte beschreiben das Bündnis AgR als eine Art ideologisches Sammelbecken auch für linksextreme Gruppen, und eben das ist auch auf der Straße wahrzunehmen.

Die zweite Frage ist: Wann nimmt der Verfassungsschutz endlich zur Kenntnis, dass linksextreme Antifa, die linksextreme Interventionistische Linke und ihnen nahestehende und ebenfalls linksextreme Gruppen ganz offen und gemeinsam mit Jugendorganisationen der SPD - Herr Peters, da kommt dann die Verknüpfung auch zu Ihrer Partei - und auch mit der Grünen Jugend agieren und im öffentlichen Raum demonstrieren? Es geht diesen Gruppen längst nicht mehr um das Erreichen der Mitte der Gesellschaft. Hier geht es um eine echte Kooperation mit politischen Parteien, wie sie sogar hier im Landtag vertreten sind. Von den DGB-Gewerkschaften wie zum Beispiel der IG Metall, die ebenfalls offene Sympathie und Unterstützung für die

Antifa bekundet, will ich hier gar nicht erst beginnen.

Wir von der AfD-Fraktion fragen uns - und wieder mal nicht nur wir -, ob der Verfassungsschutz hier auf dem linken Auge nur eingetrübt ist, oder ob der linke Lidschluss dem linken Koalitionspartner geschuldet ist. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele meiner Vorredner haben schon die wichtigsten Pfeiler genannt: Die Zahl der Salafisten hat zugenommen und ihre gewaltbereiten Vertreter stehen mitsamt ihren Missionierungsbestrebungen unter Beobachtung der Behörden.

Sorgen bereiten uns natürlich Rückreiseabsichten einst ausgereister deutscher Staatsbürger beziehungsweise IS-Kämpfer und ihrer Familien, die zum einen durch Gewalterfahrungen traumatisiert oder auch selbst gewaltbereit sind. Diese Familien wieder in unsere Gesellschaft einzugliedern und hoffentlich auch zu deradikalisieren wird ganz klar eine große Herausforderung werden.

Entgegen der Herangehensweise des Berliner Innensenators halte ich es jedoch nicht für eine sinnvolle Idee, diese Rückkehrer in die angeblich gemäßigt auftretenden Vereine der Muslimbrüder zu lenken. Da diese davon träumen, einen Gottesstaat zu errichten, erscheint mir dieses Experiment doch etwas zu riskant.

Wir wissen, dass die abstrakte Gefahr eines islamistischen Anschlags hoch bleibt. Wir wissen aber auch, dass unsere Sicherheitsbehörden hier wachsam sind und dass die internationale Zusammenarbeit bisher gut funktioniert. Es liegt sozusagen eine Grundgefahr vor. Auch deswegen ist es gut, wenn unser Verfassungsschutz besser ausgestattet wird und vermehrt Islamwissenschaftler eingestellt werden.

Erfreulich ist es, wenn - wie im Jahr 2018 - ein Rückgang der Personenzahl verzeichnet werden kann, die der rechtsextremistischen Szene in Schleswig-Holstein zuzurechnen sind. Wenn aber von diesen 1.100 Personen etwa 400 als gewaltori

entiert gelten, ist das immer noch eine ganz schöne Hausnummer.

313 bekannte Reichsbürger zählt der Bericht. Das sind 83 mehr als im Jahr zuvor, und zwölf davon sind eindeutig dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. Auch die hohe Affinität zu Waffen ist geblieben.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal an unseren Antrag aus dem März-Plenum zum Thema „Entwaffnung von Extremisten“ erinnern. Die Kombination aus dem Ablehnen staatlicher Strukturen, rechtsradikalem Gedankengut und Waffenliebe lässt aus unserer Sicht einzig den Schluss der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit einer Person zu. Wir wissen ja, wie schleppend es mit der Entwaffnung von Reichsbürgern vorangehen kann. Jüngst hat es der Landkreis Görlitz in Sachsen, wo Reichsbürger und Rechtsextreme mit fadenscheinigen Begründungen der Behörden ihre Waffen behalten dürfen, in die Schlagzeilen geschafft.

Der Phänomenbereich Linksextremismus scheint insgesamt zu stagnieren, wobei das Hauptproblem des dogmatischen Spektrums in Schleswig-Holstein seine Überalterung zu sein scheint. In einigen Passagen des Berichts war ich aber auch etwas verwundert. Wenn beispielsweise zum Thema Kommunalwahlkampf geschrieben wird, es sei einer linksextremistischen Szene darum gegangen, durch das Engagement gegen die AfD den bestehenden Rechtsstaat zu bekämpfen, dann ist das eine sehr vage Beschreibung der Wahrheit.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nicht nur eine dort beschriebene linksextremistische Szene erhebt den Vorwurf, dass diese Partei rassistische, islamfeindliche und antidemokratische Inhalte verbreitet. Es gibt ein weit gefächertes ziviles Engagement, das sich gegen den Wahlkampf der AfD wendete, weil die Äußerungen dieser Partei einfach für viele nicht zu ertragen sind.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Weil es glücklicherweise so ist, dass es Auswirkungen hat, wenn Menschen gegen Minderheiten hetzen, den Holocaustleugner in den eigenen Reihen dulden oder sprachlich entgleisen, wie wenn sie in Bildsprache Menschen in Zügen in den Hochofen fahren lassen wollen, dann ist es gut, wenn Menschen dagegen auftreten und aufstehen.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Claus Schaffer)

Ungünstig erscheint mir dagegen - wenn Sie einmal auf die Seite 134 schauen - ein unter Punkt 3 gegebener Hinweis. Dort wird unter dem Punkt „Linksextremistische Aktivitäten“ unter 3.1 mit „Antifaschismus und Antirassismus“ begonnen. Ich wäre froh, wenn man hier vorsichtiger formulieren würde; denn Antifaschismus und Antirassismus gehören zur Mitte der Gesellschaft. Es ist wichtig, dass hier kein anrüchiges Bild entsteht. Vielmehr müssen wir die Leute im Antirassismus und Antifaschismus unterstützen. Deshalb wäre vielleicht eine andere Überschrift angebracht, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Trotzdem wird aus dem Bericht deutlich, wie gut der Verfassungsschutz arbeitet und wie froh wie sein können, dass wir ihn haben.

Deswegen auch von unserer Seite aus herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, aber auch des Innenministeriums, die mit diesen Fragen befasst sind. Es ist wirklich eine großartige Arbeit und schützt die Menschen in unserem Land.

Meine Damen und Herren, eines ist wichtig: Jedwede Form des Extremismus ist zu bekämpfen. Das gelingt uns auch - das ist die Gesamtbotschaft dieses Berichtes -, und das ist sehr beruhigend.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 19/1429 dem Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung zuzuleiten. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung in Schleswig-Holstein (Besoldungs- und Versor- gungsanpassungsgesetz 2019 bis 2021 - BVAnpG 2019-2021) Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 19/1433

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/1475

Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses Drucksache 19/1489

Ich erteile dem Berichterstatter des Finanzausschusses, dem Abgeordneten Thomas Rother, das Wort, der jedoch nicht an dieser Sitzung teilnehmen kann. Stattdessen erteile ich seinem Stellvertreter Lasse Petersdotter das Wort.

Als Stellvertreter übernehme ich das gern und verweise auf die Vorlage.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. Wortmeldungen zum Bericht liegen nicht vor. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 19/1475 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der SPD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse dann über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 19/1433 abstimmen. Der Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs in der Drucksache 19/1433. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Nachwahl eines Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds des Richterwahlausschusses Wahlvorschlag der Fraktion der AfD Drucksache 19/1169

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Die Fraktion der AfD hat dem Landtag in der Drucksache 19/1169 einen Wahlvorschlag vorgelegt. Für die Wahl ist die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich. Bitte beachten Sie, dass es im vorliegenden Fall für die Feststellung des Quorums von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen allein auf die Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen ankommt. Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen bleiben außer