Protocol of the Session on July 21, 2017

(Zurufe SPD)

des allgemeinen Steueraufkommens noch zu halten ist.

(Beifall FDP)

Seien Sie doch konsequent, liebe SPD, schaffen Sie die Beitragsfinanzierung der Krankenkassen komplett ab und lassen diese direkt und ausschließlich aus dem Steueraufkommen der öffentlichen Hand bestreiten. Das wäre zumindest konsequent.

(Zurufe SPD)

Eine Zweiklassengesellschaft zu beklagen und diese zu beseitigen, indem man die selbst als „privilegierte“ Variante bezeichnete Privatversicherung abschaffen will, ist doch vollkommen unlogisch.

(Bernd Heinemann [SPD]: Wer will sie ab- schaffen? - Niemand!)

In Ihrer Pressemitteilung, sehr geehrter Herr Abgeordneter Heinemann, sprechen Sie davon, dass ein Patient nicht im Krankensaal liegen darf, weil er gesetzlich versichert ist. Ich denke, dem stimmen wir alle zu.

(Bernd Heinemann [SPD]: Ja!)

Mit der Abschaffung der privaten Krankenversicherung fordern Sie, Ihrer eigenen Logik folgend, eine Patientenverbringung auf die Krankenhausflure für alle. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ein Unsinn!)

Ist es das, was Sie mit Solidarität meinen? - Ich denke und hoffe nicht. Wenn man eine Schlechterstellung beseitigen will, dann schaffe ich doch nicht das vermeintlich vorteilhaftere Modell ab. Das wäre genauso intelligent, wie bei der Deutschen Bahn zur Verbesserung des Personenverkehrs die erste Klasse abzuschaffen. Wenn ich den Menschen etwas Gutes tun will, dann schaffen wir doch lieber die zweite Klasse ab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dadurch, dass Sie von Zweiklassenmedizin sprechen und in Ihrer eigenen Pressemitteilung die Zustände bei den GKVen bemängeln, sagen Sie ja selber aus, dass die private Krankenversicherung eigentlich die bessere Kasse zu sein scheint. Als Freier Demokrat aber spreche ich mich für den Erhalt beider Kassensysteme aus. Es wäre aber wünschenswert, dass die zwei Versicherungsarten mehr für alle geöffnet werden und somit jeder Versicherungsnehmer wirklich die freie Wahl hat, ob er in die gesetzliche oder in die private Krankenversicherung geht.

Solidarität geht nur mit Solidität. Eine paritätische Verteilung der Gesundheitskosten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist wünschenswert. Wenn Parität aber alleinstehend das Ziel ist, wie es zum Beispiel in der Drucksache formuliert ist, wäre es ja auch durch die Erhöhung des Arbeitgeberanteils leicht umzusetzen. Die Lohnnebenkosten und die Abgabenlast der Einkommen dürfen aus unserer Sicht aber nicht weiter steigen; stattdessen sollten sie eher für alle sinken.

Daher müssen wir über die Finanzierung unseres Gesundheitssystems sprechen. Dies kann und darf allerdings nicht isoliert betrachtet werden. Schließlich will hoffentlich niemand hier im Hohen Haus ein Lohndumping bei Pflegekräften, Arzthelferinnen und Arzthelfern. Die Finanzierung muss gemeinsam mit Versorgungssicherheit und Qualität sowohl für die Patienten als auch für die Beschäf

(Dennys Bornhöft)

tigten in den Gesundheitsberufen - diskutiert werden.

(Beifall FDP)

Die Forderung nach Parität der Beiträge und der Verstaatlichung eines wesentlichen Akteurs des Gesundheitswesens wird hier nichts verbessern, wird nicht einmal den Status quo halten können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Im Sozialausschuss wird zu beraten sein, ob aus dieser Drucksache noch etwas geschaffen werden kann, das in der Lage ist, unser Bundesland voranzubringen und sich weniger im Fahrtwind des Bundestagswahlkampfes bewegt.

Über bundespolitische Positionierungen der Sozialdemokraten sollten wir lieber noch vor der Bundestagswahl sprechen; danach wird es wahrscheinlich nicht mehr ein so großes Echo geben.

Wenn ich noch einen Wunsch für das SeptemberPlenum zum Thema bundespolitische Anträge äußern darf, würde ich mich sehr über einen Antrag zum Thema Vorratsdatenspeicherung freuen.

(Birte Pauls [SPD]: Anlassloser Eingriff! - Zuruf: Ehe für alle!)

- Ja, auch gern. Das ist aber schon durch.

Zum Thema Vorratsdatenspeicherung soll es ja nicht nur unterschiedliche Sichtweisen zwischen den Parteien, sondern zum Teil ja sogar innerhalb der Parteien geben. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Frank Brodehl.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Kollegen und sehr geehrte Gäste! Beim Lesen des Antrags zur Bürgerversicherung hatte ich ein richtiges Déjà-vu. Die Forderung nach einer solchen ist ja auch nun wirklich keine neue Idee. Vielmehr ist es ein Versuch mehr, das duale Krankenversicherungssystem zugunsten eines Einheitssystems zu ersetzen.

Die AfD lehnt die Einführung einer Bürgerversicherung kategorisch ab; denn sie führt eben nicht zu einem Abbau, sondern sie führt zu einer Verstärkung von staatlicher Regulierung. Der vermeintliche Vorteil der Aufhebung einer vermeintlichen

Zwei-Klassen-Medizin würde schon dadurch konterkariert werden, dass Vermögende immer einen Weg finden werden, sich vorteilhafte Leistungen für sich im Inland oder bei weiterer Regulierung eben auch im Ausland zu erkaufen. Die Zwei-Klassen-Medizin wird somit nicht abgeschafft, sondern sogar noch ausgebaut.

Abgesehen davon, dass Planwirtschaft noch nie zum Erfolg geführt hat, ist jetzt aber auch leider schon abzusehen, wie die Bürgerversicherung in einer möglichen ersten Stufe aussehen würde. Der Zugang zum Facharzt würde nämlich eingeschränkt werden. In einer zweiten Stufe würde es eine völlige Aufhebung der freien Arztwahl geben. Wie dann Stufe drei aussähe, kann sich jeder von Ihnen selber ausmalen.

Das Planungssystem in Großbritannien lässt hier übrigens grüßen. Lange Wartezeiten und begrenzte Leistungskataloge sind hier die Regel. Dass Deutsche, die dort leben und krank werden, wieder hierher kommen, unterstreicht doch auch, dass wir das bewährte duale System nicht vorschnell infrage stellen oder gar abschaffen sollten. Die Briten haben nämlich ein ganz anderes System: Planwirtschaft. Trotzdem kommen die Deutschen zurück, um sich hier behandeln zu lassen.

Sie sollten Ihren Wählern fairerweise auch deutlich machen, dass Sie mit der Einführung einer Bürgerversicherung planen, zur zukünftigen Finanzierung alle Einkommen heranzuziehen. Neben Löhnen und Renten sollen dann auch Einkommen aus Vermietung und Verpachtung und sogar noch Vermögen aus Haus- und Grundbesitz einbezogen werden, ganz nach dem Motto: Es muss schon allen gleich gut gehen.

Übrigens auch den Ärzten; denn die einheitliche Honorarordnung, wie sie der SPD in ihrem aktuellen Programm vorschwebt, gehört natürlich auch zu Ihrem Paket. Sie sollten doch wissen, dass ein Arzt immer auch ein Kaufmann, ein Unternehmer ist. Ohne die privatärztliche Liquidation kann er seine Praxis in der Regel nicht halten und seine Angestellten auch nicht bezahlen.

Zum zweiten Punkt, der Einführung der paritätischen Beitragszahlung, möchte ich lediglich zwei Punkte anmerken.

Erstens. Es war auch hier wieder die ehemalige SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die im Jahr 2009 mit der Einführung des Gesundheitsfonds die paritätische Beitragszahlung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgehoben hat. Seither erfolgten nahezu alle Beitragsanhebungen einseitig

(Dennys Bornhöft)

zulasten der Arbeitnehmer. Ich erspare mir dazu jeden weiteren Kommentar.

Zweitens weise ich darauf hin, dass die AfD die Forderung nach paritätischer Beitragszahlung bereits Ende April auf ihrem Bundesparteitag verabschiedet hat. Ich weiß, dass Sie Verweise auf unser Programm nicht so gerne hören. Aber sehen Sie es doch einmal so: Bei diesem Teil des Antrags könnten wir durchaus - ich meine das ernst - im Interesse der Beitragszahler zusammenkommen.

Meine Damen und Herren, bevor ich schließe, möchte ich beispielhaft noch auf zwei Punkte hinweisen. Ich möchte Ihnen sagen, wie Sie in Berlin dort regieren Sie ja noch mit - etwas ändern könnten. Machen Sie sich doch dafür stark, dass künftig auch Kassenpatienten eine transparente Abrechnung ärztlicher Leistungen erhalten. Und machen Sie sich doch auch dafür stark, dass über den Sinn, den Zweck und die Auswirkungen der Fallpauschalen in Krankenhäusern gesprochen wird.

Meine Damen und Herren, eine Kasse für alle dass die Gerechtigkeit schafft, das ist ein durchaus ehrenwertes, aber eben doch ein Wunschdenken. Lassen Sie uns doch Realpolitik machen und in Berlin die Sachen behandeln, die in Berlin behandelt werden, und hier die Sachen behandeln, die wir hier behandeln können. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Herr Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben das Thema Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung ja schon im November letzten Jahres in den Landtag gebracht. Damals wie heute muss ich klar sagen, dass diese Frage für uns absolut zentral ist; denn die einseitigen Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung gehen nun einmal ausschließlich zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie sind damit in höchstem Maße ungerecht.

(Beifall SSW)

Wenn wir diese Entscheidung als Land nicht in der Hand haben, senden wir mit unserer Zustimmung zu diesem Antrag doch ein wichtiges Signal in Richtung Berlin. Für den SSW jedenfalls steht fest, dass wir so schnell wie möglich zu gleichen Beiträ

gen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zurückkehren müssen.

Dieses Thema ist bekanntlich nicht neu. Die Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wurden schon vor über einem Jahrzehnt eingeführt. Ein wesentliches Argument waren damals die Finanzprobleme der öffentlichen Kassen. Doch während die Zahl der Arbeitslosen kontinuierlich sinkt, wird der Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung mehr oder weniger regelmäßig erhöht. Die steigenden Gesundheitskosten werden damit im Grunde ausschließlich von den gesetzlich Versicherten getragen. Diese Zusatzbeiträge können heute deutlich mehr als 500 € pro Kopf im Jahr ausmachen. Das ist für viele Versicherte eine echte finanzielle Belastung. Wenn ich lese, dass die Arbeitnehmer im letzten Jahr über 14 Milliarden € mehr eingezahlt haben als die Arbeitgeber, dann ist das in meinen Augen schlicht und einfach ungerecht.

(Beifall SSW, Dr. Ralf Stegner [SPD] und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Wie wir alle wissen, hat sich auch der Deutsche Bundestag ausgiebig mit diesem Thema befasst. Aus Sicht des SSW gibt es an den Ergebnissen der Anhörung des Gesundheitsausschusses wenig zu deuteln. Nahezu alle Sozial- und Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass die Zusatzbeiträge für die Versicherten weiter steigen werden. Und fast alle befürworten eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung, um eben genau diese einseitige Belastung zu vermeiden.

Natürlich warnt die Arbeitgeberseite reflexartig davor, ihren Anteil an der Finanzierung zu erhöhen, weil das Jobs kosten würde. Doch bis heute wurde weder dies noch das Gegenteil belegt. Die Deckelung der Arbeitgeberbeiträge hat ganz offensichtlich keine erkennbaren positiven Auswirkungen auf die Beschäftigung. Ich denke also, dass bei diesem Argument der Wirtschaft zumindest etwas Skepsis angebracht ist.