Protocol of the Session on May 15, 2019

Das gilt freilich nicht nur für Schleswig-Holstein, und darin liegt eine große Problematik. Das gilt im Prinzip für den ganzen Rest der Republik. Schon jetzt sind beispielsweise in Sachsen oder auch in Berlin mehr als 50 % der neu eingestellten Lehrer nicht voll ausgebildete Grundschullehrkräfte. Deswegen ist es gut, dass Schleswig-Holstein die Brisanz bei der Besetzung offener Planstellen im Grundschulbereich erkannt hat und dass im Gesetzentwurf nun gegengesteuert wird.

Das Ganze ist natürlich längst überfällig. Man kann immer sagen, man hätte früher anfangen können. Wir als AfD haben bereits im April 2018 einen entsprechenden Antrag hier eingebracht. Wir haben ihn damals genannt: Attraktivität der Schulleiterstellen in den Grundschulen steigern, Leistung honorieren. Gut, dass nun ein deckungsgleiches Maßnahmenpaket vorliegt.

Meine Damen und Herren, ein Blick in das Nachrichtenblatt des Ministeriums reicht aus, um die Brisanz gerade bei der Besetzung von Planstellen im Bereich der Schulleitungen zu erkennen. Stellen werden mehrfach ausgeschrieben, nämlich zweimal oder dreimal, weil sich eben kaum jemand findet, der bereit ist, das Amt des Schulleiters oder des stellvertretenden Schulleiters zu den aktuellen Konditionen anzunehmen. Manche Kollegen von mir haben das oftmals nur gemacht, weil sie sagten: Ich muss die Arbeit sowieso erledigen, also kann ich mich auch auf die Stelle bewerben, dann bekomme ich wenigstens die entsprechende Besoldung dafür. Das ist so, obwohl wir wissen, dass die Qualität von Schule ganz eng mit der Persönlichkeit des Schulleiters beziehungsweise auch mit seiner Kompetenz als Schulmanager - ich mag das Wort eigentlich

(Anita Klahn)

nicht, aber auch diese Fähigkeiten sind heute nun einmal gefragt - verbunden ist.

Das gilt natürlich genauso für die Konrektoren.

Dass damit angefangen wird, die Besoldung der Schulleitungen zu erhöhen, ist dem Haushaltsplan geschuldet. Es geht nun einmal nicht alles auf einmal. Ein Stufenmodell zeigt auch allen anderen Lehrkräften an den Grundschulen, dass es klare Planungssicherheit gibt. Es ist für mich absolut nachvollziehbar.

Bleiben wir zunächst bei den Schulleitern: Was diese Pädagogen leisten müssen, wird am Beispiel hier ein Beispiel aus der Nachbarschaft - der HansChristian-Andersen-Schule oder am Beispiel der Grundschule am Göteborgring bestens deutlich; es handelt sich bei diesen Schulen um gebundene Ganztagsschulen, die bis in den Nachmittag hinein betreuen. Das bedeutet natürlich eine entsprechende Anwesenheit der Schulleitung von spätestens 7 Uhr bis mindestens 16 Uhr. Danach folgen noch Gespräche mit Eltern sowie mit Vertretern von Initiativen aus den Stadtteilen am Abend wie beispielsweise mit Vertretern von Sportvereinen oder der Freiwilligen Feuerwehr. Diese Gespräche werden in Zukunft immer wichtiger, weil die Grundschule bereits in den Stadtteilen vernetzt werden wird. Das ist keine Seltenheit. Für diesen gesamten Aufwand betrug die bisherige Besoldung A 12 mit Zulage.

Da ist es nicht verwunderlich, dass nicht jeder hier geschrien hat, wenn es um die Besetzung von Stellen geht. Noch nachvollziehbarer wird es, wenn man sieht, dass sich andere an den Grundschulen tätige Kollegen eine andere Möglichkeit gesucht haben, um bei der Besoldung eine Stufe aufzusteigen: Einige von ihnen haben sich auf Stellen in einer Gemeinschaftsschule beworben und haben dann direkt A 13 bekommen. Damit waren sie dann bessergestellt als die Stellvertreter an Grundschulen oder die Schulleiter der allermeisten kleinen Grundschulen.

Mehr Wertschätzung haben natürlich auch die Kollegen verdient, die als Schulleitungsassistenten unwahrscheinlich viele Aufgaben wahrgenommen haben und wahrnehmen. In dem vorliegenden Gesetzentwurf - Sie haben die Schulkoordinatoren angesprochen - finden die Schulleitungsassistenten zu wenig Berücksichtigung. Ich würde darüber gern noch einmal im Ausschuss sprechen.

Was sind überhaupt Schulleitungsassistenten? Schauen wir uns eine Vereinbarung zwischen einer entsprechenden Lehrerin und der Schulleitung an: Sie pflegen den Kontakt zu den Kitas, sie kümmern

sich um schulorganisatorische Aufgaben wie Deutsch als Zweitsprache, sie helfen bei der Verwaltung der Schulbücherei, sie organisieren den Einsatz von FSJlern, sie kümmern sich um Vergleichsarbeiten und noch mehr. Mit viel Glück gab es dafür bisher eine Abminderungsstunde, wenn der Stundenpool das abgegeben hat.

Klar ist aber auch: Diese Lehrkräfte haben das nicht gemacht, weil sie nicht wussten, was sie mit ihrer Freizeit anfangen sollten. Sie haben es vielmehr gemacht aus Kollegialität und um die Schule am Laufen zu halten.

Meine Damen und Herren, an den genannten Beispielen erkennen Sie: Allein mit der Erhöhung der Besoldung ist es nicht getan. Das sagt auch niemand. Wir alle wissen, dass Geld eine Zeit lang motiviert, aber nicht dauerhaft. Um den gestiegenen Anforderungen, die sich an den Grundschulen besonders deutlich zeigen - das klang an, Rechnung zu tragen, müssen wir natürlich auf weitere Maßnahmen setzen, damit das Lehramt an Grundschulen künftig attraktiv bleibt. Dadurch soll es gelingen, dem Fachkräftemangel an den Grundschulen zuvorzukommen und die Unterrichtsqualität zu sichern.

Wir brauchen auch mehr Sonderschullehrer an den Grundschulen, um den Aufgaben der immer heterogener werdenden Schülerschaft gerecht zu werden. Wir brauchen Entlastungen der Schulleitungen, vor allem bei administrativen und bürokratischen Aufgaben; wir brauchen also Schulverwaltungsangestellte. Und wir brauchen eine höhere Stundenentlastung für die Assistenzen der Grundschulleitungen insgesamt.

Bei dieser kleinen Kritik glauben wir von der AfD allerdings, dass der vorliegende Entwurf gut ist. Wir werden ihn nicht zerreden. Über das eine oder andere, was man vielleicht noch verbessern kann, werden wir im Ausschuss reden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Kollegen des SSW hat die Kollegin Jette Waldinger-Thiering.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Einstufung von Besoldungsgruppen sind die Studieninhalte und insbesondere die Anforderungen des konkreten Amtes zu

(Dr. Frank Brodehl)

gewichten. Beide Aspekte werden in der Problemschilderung des Gesetzes durchaus differenziert diskutiert: Die Höhe der zu erreichenden Leistungspunkte in den Studiengängen ist unterschiedlich, und es gibt verschiedene Schwerpunktsetzungen, beispielsweise den stark pädagogisch ausgerichteten Unterricht in der Primarstufe und die berufsund wissenschaftlich orientierte Lehrtätigkeit in den Sekundarstufen.

Ich habe mich sehr gefreut, dass im Abwägen der Argumente deutlich festgehalten wird, dass unsere Grundschullehrkräfte einer komplexen Aufgabe mit großer Verantwortung nachkommen, indem sie Lerngruppen mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen unterrichten, beispielsweise mit Kindern mit Beeinträchtigungen oder mangelnden Sprachkenntnissen.

Bei der Einstufung der Besoldung ließe sich in zwei Richtungen argumentieren: A 12 für Grundschullehrkräfte und A 13 für Gemeinschaftsschullehrkräfte samt Sekundarschullehrkräften mit Schwerpunkt Sekundarstufe I - oder A 13 für alle. Beide Bewertungsformen sind rechtlich tragbar. Der SSW sieht es allerdings als höchst angebracht an, diesen Gestaltungsspielraum zu nutzen, um endlich zu honorieren, was unsere Grundschullehrkräfte täglich leisten. Für uns ist das einfach auch eine Frage der Gerechtigkeit.

Ich persönlich habe großen Respekt vor der Leistung unserer Grundschullehrkräfte. Nach der Kita legen sie das Fundament für eine erfolgreiche Bildungslaufbahn unserer Schülerinnen und Schüler. Der SSW ist daher 2017 mit der Forderung in den Wahlkampf gegangen, die Gehälter der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer bis 2020 an die Gehälter ihrer Kolleginnen und Kollegen an weiterführenden Schulen auf Gehaltsstufe A 13 anzupassen. Wir haben damals gesagt, dass dies bis 2020 umgesetzt sein soll, also innerhalb dieser Wahlperiode, für die wir zur Wahl aufgestellt wurden, und nicht erst 2025. Je nach Prioritätensetzung wäre das aus unserer Sicht auch möglich gewesen.

Die Ankündigung, unsere Lehrkräfte besser zu bezahlen, ist allein mit Blick auf den großen Bedarf an Nachwuchslehrkräften für die Grundschulen in Schleswig-Holstein absolut angemessen. Das allein reicht selbstverständlich aber nicht. Ausdruck von Wertschätzung wird nicht nur über eine Gehaltssteigerung gegeben. Was mir genauso wichtig erscheint, sind die anderen Stellschrauben, an denen wir drehen können, um die Attraktivität des Lehramts an den Grundschulen zu verbessern.

Aus der Statuserhebung zur Arbeitsfähigkeit und Gesundheit aus der Sicht von Lehrkräften wissen wir, wo der Schuh am meisten drückt. Die häufigsten Belastungsfaktoren sind nach wie vor Lärm, Termin- und Leistungsdruck sowie zusätzliche Aufgaben, die die Lehrkräfte zu erfüllen haben.

Es ist mehr als deutlich, dass die Zusatzbelastungen neben dem Unterrichten einfach nicht zu unterschätzen sind. Das wurde eben auch immer wieder besonders betont, wenn wir nach Gründen für die Probleme bei der Besetzung unserer Schulleitungspositionen gefragt haben.

Die Leitungszeit für unsere Schulleitungen muss erhöht werden, damit zusätzliche Aufgaben angemessen bewältigt werden können, die neben dem Unterricht anfallen.

Nicht umsonst hat die Petition der GEW über 5.300 Mitzeichnende, in der sie insgesamt weniger Pflichtstunden für Lehrkräfte fordert und noch einmal deutlich macht, wie stark der Anteil der außerunterrichtlichen Tätigkeiten von Lehrkräften gestiegen ist.

Die weitere Kritik ist offenkundig und nicht neu. Die Landesregierung hat sich schlussendlich dazu entschieden, die Besoldung schrittweise anzuheben. Es steht die Befürchtung im Raum - so haben wir es unter anderem von den Gewerkschaften gehört -, dass dieser Übergangszeitraum zu lang ist und uns bis zur Anpassung der Gehälter bis 2025 noch einige andere Bundesländer zuvorkommen können, besonders was die Funktionsämter in den Grundschulen betrifft.

Diese Entscheidung haben Sie sehenden Auges getroffen, und es bleibt nur zu hoffen, dass Sie mit Ihren Beschwichtigungen recht behalten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Stichwort Aufmerksamkeit ist ganz gut. Gleich kommen wir zur Abstimmung. Aber ich möchte Sie bitten, beim nächsten Tagesordnungspunkt Ihre Aufmerksamkeit wieder etwas mehr auf diejenigen zu richten, die hier eine Rede halten, und von den Nebengesprächen abzusehen, die während der letzten Redebeiträge zugenommen haben.

Nichtsdestotrotz gibt es zu diesem Tagesordnungspunkt keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Beratung. Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf mit der Drucksachennummer 19/1424 in den

(Jette Waldinger-Thiering)

Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, begrüßen Sie mit mir neue Gäste auf der Besuchertribüne, und zwar zum einen Mitglieder der SPD-Ortsvereine aus dem Wahlkreis Lübeck-West, dann GRÜNE-Mitglieder aus dem Kreis Pinneberg und Mitglieder aus dem CDU-Ortsverband Buchholz in Dithmarschen. - Ihnen allen herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

Abbiegeassistenten können Leben retten Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1443 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Überholen, abbiegen, wenden - all das sind alltägliche Szenen im Verkehr, und zwar alltägliche Szenen, die eine riesengroße Gefahr darstellen, wenn Lkw abbiegen.

(Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Das ist jetzt kein witziges Thema, Andreas. Schnellfahren ist auch ein Thema, aber Überholen, Abbiegen und Wenden sind gefährliche Themen, was den toten Winkel angeht. Der tote Winkel bei Lkw macht seinem Namen alle Ehre. Jährlich sterben Fußgänger und Radfahrer im toten Winkel von Lkw. Das muss nicht so sein; denn es gibt inzwischen technische Lösungen. Es gibt Kamera, Radar oder Ultraschallsensoren, die an den Fahrzeugen angebracht werden können. Das Ganze nennt sich Abbiegeassistent. Er gibt eine zuverlässige Warnung an den Lkw-Fahrer, dass sich jemand in diesem toten Winkel aufhält, dort eine Gefahr schlummert und man möglicherweise in ein Unfallrisiko gerät.

Diese technischen Lösungen kosten furchtbar viel Geld, und sie sind erst ab 2025 in der EU gesetzlich verpflichtend bei Neufahrzeugen einzurichten. Wir

wollen aber die Verkehrssicherheit in unserem Land stärken. Deshalb begrüßen wir, dass der Bund ein Förderprogramm für die technische Nachrüstung von Lkw-Abbiegeassistenzsystemen eingerichtet hat.

(Beifall CDU und FDP)

Dieses Förderprogramm war mit 5 Millionen € ausgestattet. Das ist, wenn man sich die Summe von Lkw in Deutschland anschaut, ein nicht ganz so großer Betrag und deshalb innerhalb von wenigen Tagen absolut überzeichnet gewesen. Sowohl der ADAC als auch die Logistikbranche bitten uns und insbesondere die Bundesregierung - und wir appellieren an unsere Landesregierung, das bei der Bundesregierung auch zu tun - um eine Erhöhung dieses Förderprogramms, damit wir eine technische Nachrüstung von Lkw in Deutschland hinbekommen, um Abbiegeassistenten weit zu verbreiten und aus dem toten Winkel einen technischen Winkel zu machen, durch den der Fahrer entsprechend gewarnt wird. Auch die Fahrer von Lkw wollen einen derartigen Unfall nicht und sind häufig danach in der schrecklichen Situation, dass sie jemanden, den sie übersehen haben, den sie aufgrund des toten Winkels vielleicht gar nicht wahrnehmen konnten, getötet haben. Häufig schließt sich dann noch ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung oder fahrlässiger Körperverletzung an. Es ist insgesamt also ein Thema, dessen wir uns annehmen müssen.

Wir fordern deshalb, wie gesagt, die Landesregierung auf, eine Erhöhung des Förderprogramms auf Bundesebene vorzunehmen. Wir selbst fangen aber auch an, unsere landeseigenen Lkw Stück für Stück mit Abbiegeassistenten nachzurüsten, weil wir mit gutem Beispiel vorangehen wollen.

(Beifall CDU, SPD und FDP)

Weil wir mit gutem Beispiel vorangehen wollen, nutzen wir die Chance auch. Es ist sehr schön, dass wir einen breit getragenen Antrag von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zu diesem Thema hinbekommen haben. Dann appellieren wir auch an alle Halterinnen und Halter von Lkw in Schleswig-Holstein, sich mit dem Förderprogramm auseinanderzusetzen und zu schauen, ob sie für ihren eigenen Lkw nicht vielleicht auch ein Abbiegeassistenzsystem beschaffen können und möglicherweise eine entsprechende Förderung bekommen.