Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Mitglieder der Seniorenunion Quickborn. - Herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! In diesem Landtag hatten wir vor zwei Monaten das Thema Uploadfilter auf der Tagesordnung. Wir haben direkt vor der Abstimmung des Europäischen Parlaments das Thema in einem Koalitionsantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP thematisiert und gesagt, wir wollen diese Urheberrechtsreform nicht. Wir wollen sie zumindest nicht in dieser Form. Der Landtag hat sich einstimmig dafür ausgesprochen und dieses doch einhellige Signal gegeben. Das ist für eine Partei, die im Europaparlament größtenteils dafür gestimmt hat, eine etwas schwierige Position gewesen. Wir haben gemerkt, dass sich einige andere Landesverbände und Parlamente unter CDU-Beteiligung angeschlossen und die EVP-Fraktion aufgefordert haben, nicht zuzustimmen. Trotz unseres starken Signals wurde die Richtlinie im EU-Parlament beschlossen. Da Richtlinien bekanntermaßen immer in nationales Recht umzusetzen sind, gilt es jetzt umso mehr, wenn man Protest geäußert hat, bei der Umsetzung in nationales Recht der Bundesregierung auf die Finger zu schauen, dass da nicht etwas passiert, was wir nicht wollen.
Der Antrag des SSW ist daher ein gutes Signal. Leider gibt es aber einige Einzelheiten, über die man sich im Ausschuss sicher gut unterhalten kann, weil es durchaus strittig ist, ob es rein rechtlich möglich ist, Uploadfilter gänzlich zu verbieten. Ich glaube, wir wären gut beraten, im Rahmen der Ausschussberatung zu schauen, dass wir einen besseren Weg als Uploadfilter aufzeigen. Da greift unser Alternativantrag die eine oder andere Anregung auf, die es auch vom CDU-Generalsekretär Ziemiak gab, der ganz klar die Meinung vertritt, wir lehnen Uploadfilter ab, treten aber für eine faire Verteilung von Werbeeinnahmen der Plattformen ein.
Urheber müssen für ihre Leistungen eine Bezahlung bekommen. Deshalb braucht man - das ist ein Vorschlag - eine gesetzliche Pauschallizenz, an der man sich als Urheber beteiligen kann. So hat man als Urheber die Möglichkeit, in diese gesetzliche Pauschallizenz einzutreten, von ihr geschützt zu werden. Die Plattformen werden verpflichtet, mit Verwertungsgesellschaften Lizenzvereinbarungen zu treffen, dass urheberrechtlich geschützte Werke dort veröffentlicht werden können, die Lizenzeinnahmen aber an die Künstler und kreativen Autoren und Urheber gehen. Dort muss das Geld hin und nicht zu den Konzernen, die im Endeffekt nur eine technische Dienstleistung anbieten.
Durch die pauschalen Lizenzvereinbarungen wird die Überprüfungspflicht beim Upload verhindert. Es braucht dann keine Uploadfilter mehr, und das Hochladen selbst ist nicht mehr der problematische Schritt, weshalb nichts geblockt wird. Die Gefahr des Overblockings ist im Endeffekt das, wovon wir sprechen und wo der eine oder andere sagt, es gibt Probleme bei der Meinungsfreiheit, es könnte eine Zensur auftreten, weil viel mehr geblockt wird, als geblockt werden dürfte. Die ist dadurch gebannt.
Ich glaube, wir wären als Schleswig-Holsteiner gut beraten, wenn wir dieses Thema nicht nur im Rahmen dieser Landtagsdebatte, sondern auch im Rahmen einer breiten Ausschussberatung besprechen. Deshalb finde ich den Vorschlag gut, den Antrag des SSW und unseren Antrag in den Ausschuss zu überweisen und dort darüber zu sprechen.
An die Kollegen der AfD-Fraktion: Auch Sie haben einen Alternativantrag eingereicht. Der ist tatsächlich ein sehr dünnes Brett, weil darin kein durchgehend tragender Vorschlag gemacht wird. Ich glaube, die Leitlinien sind bei den Anträgen des SSW und der Koalition gut dargestellt. Lassen Sie uns im Ausschuss nicht nur überlegen, wie wir der Bundesregierung auf die Finger schauen können, wie man im nationalen Recht eine derartige Umsetzung vor
nehmen kann, sondern auch eigene Vorschläge entwickeln und eigene Anregungen in den Prozess hineingeben, weil das eine sehr komplizierte Materie ist.
Wir haben eine herausragende Position in der Bundesrepublik. Wir waren der erste Landtag, der sich klar dazu geäußert hat, und jetzt sollten wir da weiter marschieren, um unseren Protest auch in dem Gesetzgebungsverfahren fortwirken zu lassen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon einiges gesagt worden, trotzdem noch einmal etwas zur Erläuterung. Das deutsche Urheberrechtsgesetz bestimmt in Deutschland die Verwendung von geistigem Eigentum in Bezug auf ideelle und materielle Aspekte. Das Urheberrecht sieht sich immer wieder konfrontiert mit Veränderungen in der Medienwelt. Das deutsche Urheberrecht und seine verwandten Leistungsrechte erhielten im Laufe der Zeit immer wieder Anpassungen und Veränderungen. Dies soll sicherstellen, dass die Vorschriften nicht den Anschluss an die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen verlieren.
Ende März stimmte das Europaparlament der Reform des Urheberrechts zu. Damit kommt auch Artikel 13, der aktuell Artikel 17 geworden ist, also die Pflicht für Internetplattformen wie YouTube, Inhalte auf mögliche Verstöße gegen das Urheberrecht zu überprüfen, mit in die Regelung. Ziel der Europäischen Union ist, das Urheberrecht an das digitale Zeitalter anzupassen und unter anderem für eine faire Bezahlung von Urhebern und Rechtsinhabern zu sorgen. Es geht darum, Plattformen, die wissentlich mit fremden Inhalten Geld verdienen, zu einer fairen Lizensierung zu zwingen.
Die Zielrichtung ist richtig, und es hört sich zunächst auch ganz richtig an. Aber wie kann man das gewährleisten? Hier liegt das Problem. Dienstanbieter, die Werke in großem Umfang speichern oder öffentlich zugänglich machen, müssen nun geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass das Recht der Urheber nicht verletzt wird. Artikel 17 besagt, dass die Plattformen wie YouTube,
Instagram, Facebook zukünftig dafür haftbar sind, wenn über ihre Plattform Inhalte verbreitet werden, an denen sie keine Rechte haben, und zwar bereits zum Zeitpunkt des Hochladens. Bisher ist es so, dass sich Urheber selbst an YouTube wenden müssen, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen. Die Plattform muss dann dagegen vorgehen.
Dass sich etwas ändert, ist wichtig. Man kann zwar argumentieren, wenn jemand nicht will, dass seine Arbeit beziehungsweise Werke weiter benutzt werden, dann soll man sie eben nicht ins Netz stellen. Das ist aber nicht ganz richtig, denn viele Werke landen heute irgendwie im Internet. Keiner weiß, wie sie dorthin gekommen sind. Darüber hat der einzelne Künstler beziehungsweise der Rechtsinhaber kaum Kontrolle. Daraus für sich das Recht abzuleiten, einfach alles verwenden zu dürfen, geht nicht. Aber dieses Verhalten ist leider weit verbreitet. Daher müssen neue Regelungen her. Nur Uploadfilter sind der denkbar schlechteste Weg. Der Einsatz von Uploadfiltern, der Einsatz einer Software, die Dateien beim Hochladen überprüft und gegebenenfalls abweist, wird zwar nicht explizit vorgeschrieben, aber die großen Internetplattformen können auf die automatischen Filter zurückgreifen. Das tun sie zum Teil auch schon jetzt.
Ein kurzer Zwischeneinwurf: Pro Minute werden etwa 400 Stunden an Videos auf YouTube hochgeladen. Da sieht man, wo das Problem ist. Solche Uploadfilter sind aber fehleranfällig und können auch Legales zurückweisen. Sie können nicht zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem unterscheiden. Da die Übergänge fließend sein können, ist unklar, wie den Filtern die Unterscheidung gelingen soll. Weiter besteht die Gefahr, dass das System dazu verwendet werden könnte, unliebsame Meinungen zu blockieren. Technologisch ist diese Möglichkeit auch jetzt schon gegeben.
Voraussetzung für die Zustimmung zur EU-Richtlinie war die von Bundesministerin Katarina Barley abgegebene Protokollerklärung, dass wir Artikel 13 - jetzt Artikel 17 - falsch finden.
Die nationale Umsetzung der EU-Urheberrichtslinie muss ohne Uploadfilter auskommen. Wir wollen keine Uploadfilter im Internet. Die Verwertung und Vergütung kreativer Inhalte darf nicht auf Kosten von Freiheitsrechten gehen. Wir wollen Uploadfiltern keine Entscheidungen über unsere Meinungsfreiheit überlassen. Es darf keine Nutzung von Uploadfiltern in Deutschland geben.
Ich freue mich daher, dass die Anträge in den Ausschuss überwiesen werden, und bin auf die Diskussion gespannt. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die umstrittene CopyrightRichtlinie ist Ende März vom Rat und vom Europäischen Parlament beschlossen worden. Es war ein trauriger Tag für die europäische Digitalpolitik und für viele Aktivistinnen und Aktivisten, die sich auf der Straße und im Internet für das freie Internet engagiert haben. Wir Grüne kritisieren den Beschluss des Europäischen Parlaments und dass die Große Koalition im Rat die Copyright-Reform durchgewunken hat. Trotz zahlreicher Proteste ist die Copyright-Reform jetzt Realität, und die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese umzusetzen - so auch Deutschland.
Die Art und Weise, wie die Debatte geführt wurde, war allerdings unsäglich. Viele demokratisch aktive junge Menschen sind in ihrem Engagement als Bots diffamiert worden, oder es wurde ihnen unterstellt, von YouTube oder anderen Plattformen bezahlt worden zu sein.
- Ich würde Sie annehmen, wenn ich von der Präsidentin die Frage bekäme. Vielleicht könnte meine Zeit schon einmal gestoppt werden?
Lieber Herr Kollege Andresen, Sie haben gesagt, es sei durchgewunken worden. Das haben Sie kritisiert. Ist
Ihnen erstens bewusst, dass die Sozialdemokratie im Europäischen Parlament nicht nur geschlossen gegen den Artikel, sondern gegen die gesamte Richtlinie gestimmt hat? Ist Ihnen zweitens bewusst, dass unser Verständnis von europäischer Politik schon ist, dass, wenn das Europäische Parlament mit Mehrheit Entscheidungen trifft, auch wenn sie uns nicht gefallen, wir in der Regel das Prinzip vertreten, nicht zu sagen, dass wir das durch nationale Einsprüche aufhalten? Insofern kann man den Hinweis, es sei im Rat nicht durch die Große Koalition gestoppt worden, auch so beantworten: Wir haben mit allen Stimmen dagegen gekämpft, aber das Europäische Parlament hat entschieden, und unser Verständnis europäischer Politik ist schon, dass das Parlament entscheidet und dann nicht nationale Vetoentscheidungen stattfinden.
- Zu Punkt 1 habe ich Sie gar nicht vordergründig mit meiner Kritik gemeint. Zu Punkt 2 habe ich natürlich mitbekommen, wer im Europäischen Parlament wie abgestimmt hat. Ich habe auch wahrgenommen, dass die deutsche Sozialdemokratie aufgrund der großen Proteste anders abgestimmt hat als viele europäische Parteifreunde oder Genossen, wie es bei Ihnen heißt.
Nichtsdestotrotz gehört zu einer Richtlinie und zu einem Beschluss über eine Richtlinie eine Entscheidung des Europäischen Parlaments. Die ist so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist - ganz knapp im Übrigen. Es gehört aber auch ein Beschluss im Rat dazu. Zur Wahrheit gehört auch, dass es Staaten gab, die sich dagegen positioniert haben. Die Bundesrepublik hat mit anderen Staaten, obwohl es anders im Koalitionsvertrag vereinbart war, die Reform beschlossen. Darauf habe ich hingewiesen, ohne hier Schuldzuweisungen zu betreiben. Deutschland hat sich im Rat wiederholt für die Copyright-Reform in unveränderter Form eingesetzt. Wir Grüne kritisieren das, weil es mit dazu geführt hat, dass die Copyright-Reform jetzt Realität geworden ist.
Für uns Grüne war immer klar, dass wir effektiven Schutz der Rechte der Urheberinnen und Urheber für alle Kreativen wollen und für eine faire Vergütung stehen, aber auch dafür, dass es keine Uploadfilter gibt. Die nun beschlossene Richtlinie wird die Ziele verfehlen. Sie behindert digitale Innovationen und stärkt die großen Digitalplattformen. Sie wird
nicht dazu führen, dass Künstlerinnen und Künstler zukünftig fair vergütet werden - zumindest passiert dies nicht automatisch. Aus unserer Sicht ist die Copyright-Reform ziemlich großer Murks. Ob wir jetzt allerdings im Nachhinein Uploadfilter national ausschließen können, ist rechtlich und technisch höchst umstritten. Bislang gibt es jedenfalls keine plausible Darstellung, wie dies gelingen soll. Damit müssen wir uns jetzt in der nationalen Umsetzung intensiv beschäftigen.
Der SSW-Antrag - das gestehe ich gern ein - legt den Finger in diese Wunde und fordert im Gleichklang mit der CDU-Bundeslinie den nationalen Sonderweg. Auch wir Grüne wollen, dass wir in der nationalen Umsetzung ermöglichen, dass Uploadfilter ausgeschlossen werden können. Wir sagen aber auch: Es geht nicht, zuerst in Europa das eine zu beschließen, um sich dann national aus dem Staub zu machen. Wir sollten dies deswegen nicht so tun, weil man so mit dem Feuer spielt und wenige Tage vor den Europawahlen einmal wieder dafür sorgt, dass das Bild entsteht, dass in der Europäischen Union etwas ganz Schreckliches beschlossen würde, was wir national irgendwie wieder kitten könnten. Das kann es nicht sein. Gerade als Pro-Europäerinnen und Pro-Europäer kann dies nicht unser Weg sein.
Nationale Alleingänge sind aber auch technisch problematisch. Ganz abgesehen davon, wie diese Reform ohne Uploadfilter umgesetzt werden soll, kann man sich auch die Frage stellen, wie das Internet national reguliert werden soll. YouTube endet nicht an der deutsch-dänischen Grenze oder in Bayern. Für YouTube und andere Plattformen brauchen wir europäische Regelungen, weil nur die Europäische Union so stark ist, diese Regeln auch durchsetzen zu können. Die Bundesregierung ist jetzt allerdings verpflichtet, ein nationales Gesetz zu schreiben. Natürlich müssen wir gucken, dass wir in diesem Gesetzgebungsprozess Uploadfilter möglichst verhindern, und uns mit Vergütungsmodellen beschäftigen, die dazu führen, dass andere Wege gefunden werden.
Wir dürfen es aber nicht nur bundesweit denken, sondern müssen auch mit unseren europäischen Partnern weiter im Dialog bleiben. Ganz allein wird Deutschland das Internet nicht regulieren können.
Wir Grüne haben in der Vergangenheit - sowohl in unserer Europa-Fraktion als auch im Deutschen Bundestag - immer wieder Vorschläge gemacht, wie man Urheberinnen und Urheber besser schützen kann und gleichzeitig Uploadfilter verhindert. Jetzt wäre es an der Zeit, sich diese Vorschläge noch einmal genauer anzuschauen und auch andere Ideen aus der Debatte einzubeziehen. Deswegen bin ich dem SSW zwar für den Aufschlag in Form seines Antrags dankbar, weil wir ihn als Anlass nehmen können, intensiv im Ausschuss über diese Fragen zu sprechen und zu gucken, welche Möglichkeiten wir zum einen haben, zum anderen, wie es die anderen Länder machen. Manchmal - dafür gibt es viele Beispiele - ist es auch so gewesen, dass die Umsetzung von EU-Recht in Deutschland so holprig war, dass wir, wenn wir uns da ein bisschen mehr an anderen orientiert hätten, schon viel gewonnen hätten.
Auf die Debatte in den Ausschüssen freue ich mich. Deswegen überweisen wir die beiden Anträge - den der Koalition wie den des SSW - und lehnen den AfD-Antrag ab. - Vielen Dank.