Protocol of the Session on March 28, 2019

(Flemming Meyer)

mit vollem Bauch. Es wurden auch Wale gefunden, deren Mägen mit Plastik gefüllt waren, oder man fand Tiere, die sich im Müll verheddert hatten und so qualvoll verendet sind.

Mehr als 8 Millionen t Plastik landen jährlich in den Ozeanen. Der Großteil des Meeresmülls stammt vom Land. Einige Plastikprodukte bleiben bis zu 400 Jahre lang nahezu in ihrer ursprünglichen Form in den Meeren und können all diese Jahre verheerende Auswirkungen haben. Plastikmüll gelangt auch mit dem Abwasser und dem Wind ins Meer. Vor allen Dingen durch die natürlichen Strömungen, die Gezeiten, aber auch durch Stürme verteilt sich Plastik von den Küsten aus relativ schnell in alle Ozeane.

Ein Problem ist beispielsweise der Abfall, der einfach irgendwo zurückgelassen wird, im Park, auf der Straße und ganz besonders in der Nähe von Gewässern. Eine Chipstüte, Zigarettenkippe oder Plastiktüte, die irgendwo achtlos fallengelassen wird, wird leicht in den nächsten Fluss geweht, der das Ganze dann langsam in Richtung Meer spült. Eigentlich dürfte so etwas nicht mehr vorkommen; aber leider ist es doch so.

Wer die Berge von Plastikmüll reduzieren will, muss mehr recyceln und vor allem dem Verpackungswahnsinn ein Ende setzen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dennys Bornhöft [FDP])

Im Grunde bräuchten wir für den Meeresschutz mehr Maßnahmen als das bevorstehende Verbot von diversen Einwegplastikartikeln. Was gestern im Europäischen Parlament beschlossen und womit dem Kommissionsvorschlag gefolgt wurde, ist ein Anfang und regt zu weiterem Handeln an. Es ist ein erster konsequenter Schritt in die richtige Richtung. Wir können und müssen bei uns in Schleswig-Holstein schon jetzt - nicht erst in zwei Jahren, wie es die EU-Ebene vorgibt - einen Beitrag dazu leisten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dennys Bornhöft [FDP] - Zuruf SPD: Sehr richtig!)

Es freut mich, dass wir hier im Landtag bei diesem Thema in den Fraktionen gleicher Auffassung sind. Lassen Sie uns diesen Schritt gemeinsam gehen, um den Plastik- und Verpackungsmüll in Schleswig-Holsteins Landesverwaltung deutlich zu reduzieren und, wo es möglich ist, ganz zu vermeiden ich meine: am besten sogar ganz zu verbieten, wie auf EU-Ebene. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Heiner Rickers das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen! Sehr geehrter Herr Weber, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das Thema Plastikmüll mit der Problematik, die sich daran knüpft, in Ihren einführenden Worten rundum beschrieben haben. Ich will mich nicht wiederholen und mich auf das beschränken, was durch unseren gemeinsamen Antrag zum Ausdruck gebracht werden soll. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns mit der Problematik im Landeshaus beschäftigen, sondern innerhalb der letzten Monate ist es schon das dritte Mal, dass dieser Tagesordnungspunkt aufgerufen wird - und das zu Recht.

Wir sind uns einig, dass wir bei dem, was wir an Verpackungsmüll, insbesondere aus Kunststoffen, produzieren, noch keinen vernünftigen Weg gefunden haben, um das letztendlich vermeiden zu können. Aber: Es gibt auch positive Meldungen - das haben Sie erwähnt, und das stimmt auch mich ein Stück weit optimistisch -: Der gestrige Beschluss im EU-Parlament zur Richtlinie, Plastikmüll bei Einwegverpackungen zu vermeiden, ist ein durchaus lobenswerter und richtiger Schritt in die richtige Richtung, wie wir sie politisch verfolgen.

Es geht in der Hauptsache um die im täglichen Leben oder in der Verwaltung - darauf bezieht sich unser Antrag - im täglichen Konsum immer wieder anfallenden Einwegartikel, die wir durchaus vermeiden könnten und auf die wir ein Stück weit verzichten sollten. Deswegen gibt es diesen gemeinsamen Antrag.

Lassen Sie mich auf die Jugendlichen von Fridays for Future zu sprechen kommen: Wir haben sie gemeinsam in die Fraktionen, auch als Jamaika-Koalition, zu einem Gespräch eingeladen. Auf meine Fragen: „Wie wollt ihr zukünftig leben? Wollt ihr nur Verzicht? Wollt ihr das Leben komplett verändern oder die Annehmlichkeiten, die ihr heute im täglichen Leben genießt, auch zukünftig noch haben und genießen dürfen?“, war deren Antwort das ist bezeichnend für Jugendliche -: „Nein, wir wollen nicht den absoluten Verzicht, sondern wir wollen, nachhaltig konsumieren können. Das müsst ihr in der Politik organisieren“! Die spannende Fra

(Stefan Weber)

ge ist natürlich, wie die Politik das organisieren soll. An dieser Organisation macht die Vermeidung von Verpackungs- und Plastikmüll einen großen Anteil aus.

(Beifall CDU und Burkhard Peters [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

- Vielen Dank. - In unserem gemeinsamen Antrag bitten wir die Landesregierung, wo es möglich und verhältnismäßig ist, in der Landesverwaltung Plastik- und Verpackungsmüll zu vermeiden. Was sollte daran falsch sein, meine Damen und Herren? Nichts ist daran falsch. Dieses gemeinsame Ziel zeigt, dass wir geeint versuchen, einfach darüber nachzudenken, was wir ohne großen Aufwand in der Landesverwaltung vermeiden können.

Warum heißt es „Landesverwaltung“, und warum diskutieren wir darüber im Landesparlament? Weil wir diejenigen sind, die mit gutem Beispiel vorangehen sollen - auch da sind wir geeint. Wenn wir es schaffen, durch Aufklärung, Anreize und Angebote in der Verwaltung auf Verpackungs- und Plastikmüll zu verzichten, sind wir auf einem sehr guten Weg.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir wollen nicht gleich mit Verboten starten, aber am Ende - wenn es nicht anders geht - werden wir auch darüber nachdenken müssen. Die Richtlinie in der EU habe ich angesprochen. Gestern auf NDRInfo war es interessant für mich, zu erfahren - ich weiß nicht, ob einer der Kollegen das auch gehört hat -: Es gibt ein norwegisches Start-up.

(Beate Raudies [SPD]: Finnisch!)

- Ich bin also nicht der Einzige, vielen Dank für die Korrektur.

(Beate Raudies [SPD]: Sind Sie nicht!)

Es gibt also ein finnisches Start-up, das sich RePack nennt.

(Beate Raudies [SPD]: RePack, ja!)

Da versucht man, mit wiederverwertbaren Kunststoffverpackungen im Onlinehandel den Konsumenten aufzufordern und zu animieren, diese Verpackungen kostenfrei an den Versender zurückzusenden, sodass sie für die nächste Verpackung wieder genutzt und dem Recycling-System erst nach 10- bis 15-maliger Inanspruchnahme zugeführt werden.

Das ist ein guter Ansatz, nicht nur aus der Politik, sondern auch aus der Marktwirtschaft. Wir werden

das gemeinsam angehen und garantiert nicht das letzte Mal darüber gesprochen haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Stefan Weber [SPD])

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Marlies Fritzen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde - wollte ich schon sagen.

(Zurufe)

- Wir hatten Parteitag am Wochenende. Ich sage es jetzt einfach einmal: Liebe Freundinnen und Freunde!

(Zurufe)

220 kg Verpackungsmüll entfallen pro Jahr auf jeden deutschen Bundesbürger und jede deutsche Bundesbürgerin, egal ob Säugling oder Senior 220 kg Verpackungsmüll. Wenn man sich überlegt, wie viel eine kleine Plastiktüte oder ein umwickeltes Bonbonpapierchen wiegt, ahnt man, welche Berge das sind. Von diesen 220 kg sind fast 40 kg Plastikmüll. Deutschland ist, obwohl wir immer denken, wir sind Sortierungs- und Mülltrennungsweltmeister, Schlusslicht bei der Vermeidung von Plastikmüll.

Das EU-Verbot von gestern, wonach bestimmte Plastikartikel wie Strohhalme oder Wattestäbchen verboten sind, ist aus meiner Sicht ein erster Schritt. Auch die Selbstverpflichtung, die wir heute von der Landesregierung fordern, ist ein wichtiger Schritt. Aber wenn wir ehrlich sind - natürlich muss man vor der eigenen Tür kehren -, muss man auch sagen, dass das die Plastikflut nicht wirklich extrem vermindern wird. Es braucht deutlich mehr. Wir müssen die Wegwerfprodukte durch Mehrweg ersetzen. Das ist die erste Forderung.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Der Mehrweganteil in Deutschland beträgt gerade einmal 40 %, und das, obwohl wir das weltweit beste und am besten ausgebaute Pfandsystem haben - nur 40 % Mehrwegquote. Das neue Verpackungsgesetz, von dem wir hier schon ein paar Mal gesprochen haben - wir reden in erster Linie über bun

(Heiner Rickers)

despolitische Zusammenhänge, weil das auf Bundesebene gemacht wird -, sieht eine Zielorientierung von 70 % vor. Allerdings ist diese Zielvorgabe komplett unverbindlich und wird nicht mit Maßnahmen hinterlegt.

Ich glaube, dass eine Lenkungsabgabe auf Einwegprodukte eine Lösung sein könnte, die nicht Verbraucherinnen und Verbrauchern allein auferlegt, dass sie Verantwortung übernehmen, zumal sie es oft gar nicht selbst können; sie wissen nämlich überhaupt nicht, welche Art von Verpackung sie gerade in der Hand haben und was man damit alles möglicherweise im Recycling anstellen kann. Meiner Meinung nach müssen Handel und Hersteller deutlicher in die Verantwortung einbezogen werden, als dass man es lediglich an der Ladentheke machen kann.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wir brauchen auf der anderen Seite endlich eine echte Kreislaufwirtschaft, die alle Stoffströme erfasst und einen geschlossenen Stoffstrom entwickelt. Darüber reden wir seit 20 Jahren oder noch länger, allerdings ist es heute noch so, dass wir immer noch 60 % des Abfalls „thermisch verwerten“, also verbrennen, und noch nicht ansatzweise in die Richtung kommen, dass wir tatsächlich wiederverwerten. Die Wiederverwertungsquote bei Verpackungsmüll liegt bei 36 %. Die Verpackungsverordnung nennt als Ziel: 2022 soll die Quote auf 63 % erhöht werden. Auch das ist letzten Endes wenn man dahinterguckt - eine Schummelquote, denn es wird nur gemessen, was zum Recycling übergeben wird, was aus dem Müll herausgefischt und fürs Recycling bereitgestellt wird, aber es wird nicht gemessen, was tatsächlich verwertet wird.

Meine Damen und Herren, das Duale System ist aus meiner Sicht teuer und ineffizient, es ist vor allem eine gigantische Verbrauchertäuschung, die durch das neue Verpackungsgesetz noch einmal zementiert wird. Wir brauchen nicht mehr gelbe Säcke, die an der Straße aufreißen, sondern wir brauchen endlich eine Wertstofftonne, in der nicht nur Verpackungsmüll, sondern tatsächlich jede Form von Plastik oder Wertstoff gesammelt wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und Kay Richert [FDP])

Dazu könnte man - auch dazu gibt es interessante und intelligente Lösungen - die Lizenzentgelte, die Produzenten für das merkwürdige Duale System sich jetzt zum Teil selbst in die Kasse tun - ein Lizenzanbieter für das Duale System ist neuerdings

Lidl, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen -, zu einer echten Ressourcenabgabe ändern. Damit würde man einen Anreiz schaffen, dass weniger von dem Stoff produziert wird beziehungsweise, wenn er produziert wird, er zurückgenommen und nicht mehr verbrannt wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kunststoffprodukte müssen - das ist eine Herausforderung, da geht es um weit mehr als Verbote, auch für Ökodesign und Produkthersteller - so gestaltet sein, dass sie tatsächlich wiederverwertet werden können. Wir haben im Zusammenhang mit der Schlei gelernt: Die Kunststoffe sind so miteinander verbunden, dass man sie nicht mehr auseinanderkriegt und nichts anderes übrig bleibt als Verbrennung.