Protocol of the Session on March 27, 2019

(Eka von Kalben)

se drei Säulen wollen wir nicht gegeneinander ausspielen. Diese drei Säulen sind uns wichtig für ein gutes Kita-System. Diese drei Säulen sind hoffentlich auch ein Beitrag dazu, genügend Erzieherinnen und Erzieher für unsere Kinder zu gewinnen. Eigentlich ist das die vierte und die grundlegendste Säule, denn, egal wie wir die Millionen hin und her rechnen, die Kinder werden durch Menschen und nicht durch Euros erzogen.

Kommen wir zurück zur Säule Qualitätssteigerung. Es haben tatsächlich Leute gefragt, warum wir überhaupt mehr Geld und so einen hohen Anteil des Geldes in die Qualität geben, ob man nicht eigentlich alles für Beitragsfreiheit geben müsste oder nur die Kommunen entlasten, weil die Kommunen mehr Geld brauchen. Herr Koch hat vorhin ausgeführt, dass wir früher den Kindergarten mit ein paar Stunden Betreuung hatten. Die Herausforderungen in der Kita sind heute komplett andere als noch vor 30 oder 40 Jahren. Wir brauchen Orte, in denen es eine gute frühkindliche Bildung gibt. Ich bin fest davon überzeugt, dass das die Grundlage für Bildungsgerechtigkeit ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Ich habe es schon häufiger gesagt: Bildungsgerechtigkeit ist für mich ein Punkt, der mich antreibt. Ich kann nicht verstehen, dass die Frage, welche Chancen man in einer Gesellschaft hat, davon abhängig ist, in welche Familie man geboren wird. In dem Punkt sind wir in Deutschland noch so schlecht, dass ich mich wahnsinnig freue, dass wir die Kita stärken, denn da fängt alles an.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir haben ein echtes Problem mit dem Fachkräftemangel in den Kitas. Auch das hängt mit der Qualität zusammen. Es wurde gesagt: Ihr erhöht die Qualität, also mehr Personal in den Kitas! Aber wir haben doch jetzt schon so viele freie Stellen! - Ich bin fest davon überzeugt, wenn wir in Vorleistung treten und die Personalschlüssel erhöhen - das ist so ähnlich wie bei der Pflege: höhere Pflegeschlüssel und dann fragt man, woher die Fachkräfte kommen sollen -, wenn die Ausstattung besser und die Belastung niedriger ist, dass sich dann mehr Menschen für diesen Beruf entscheiden und mehr Menschen länger in diesem Beruf bleiben, weil sie nicht überlastet sind.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Deshalb ist es richtig, auch für höhere Personalschlüssel zu sorgen. Ich habe es vorhin schon einmal erwähnt, nicht weil ich es so liebe oder politisch dafür werben will, aber Flensburg hat es vorgemacht: Die haben die Grundsteuer erhöht und können sich deshalb drei Kräfte pro Gruppe leisten. Das gab viel Ärger. Ich habe da einmal Haustürwahlkampf gemacht, das war nicht witzig in einem reichen Viertel; die fanden das alle total bescheuert.

Ich finde es aber total klug. Da gibt es jetzt drei Kräfte pro Gruppe. Interessanterweise haben die ich habe da verschiedene Einrichtungen besucht viel weniger Fachkräfteprobleme, weil die Bewerbungen aus Hamburg und sonst woher bekommen. Da sagt der eine oder andere: Dann fehlen sie in Hamburg.

(Serpil Midyatli [SPD]: Aus Schleswig- Flensburg!)

- Und aus Schleswig-Flensburg, genau, die fehlen dann an anderer Stelle; das ist ärgerlich. Aber das zeigt auch: Wenn wir den Personalschlüssel erhöhen, können wir den Beruf insgesamt attraktiver machen.

Hier wurde mehrfach der Vorwurf erhoben, diejenigen, wo die Standards schon jetzt höher sind, hätten nichts davon. Ich habe das eben erläutert: Der Anteil, den es für Qualität gibt, kann weiter eingesetzt werden. Auch Städte wie Flensburg, Norderstedt, Neumünster oder andere, die diese Standards schon erreicht haben, werden Mittel finden, die Qualität der Kita weiter zu steigern. Ich bin mir sicher, dass die Träger Ideen haben, wie man die Qualität noch weiter entwickeln und die Erzieherinnen und Erzieher noch besser entlasten kann.

Dasselbe gilt für die zweite Säule, die Entlastung der Eltern. Um es noch einmal klarzustellen, weil eine Kollegin neulich etwas anderes behauptet hat: Uns Grüne muss man von der Beitragsfreiheit für alle Kinder nicht überzeugen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen, dass die Bildung von der Wiege bis zur Bahre kostenfrei ist. Das wollten wir schon immer. Aber wir wollen auch, dass sie gut ist, und wir wissen, dass wir jeden Euro nur einmal ausgeben können. Wir machen keine Versprechungen, die wir nicht halten können, und zwar nachhaltig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir wissen, dass wir die 230 Millionen €, die eine komplette Beitragsfreiheit kosten würde, zurzeit

(Eka von Kalben)

nicht haben. Wenn Sie einen Vorschlag haben, woher das Geld kommen soll - und zwar bitte in der Finanzplanung strukturell hinterlegt und nicht einmalig oder irgendwo aus Investitionen zusammengekratzt -, brauchen wir zwar immer noch Mehrheiten, aber sei es drum. Ich wüsste selbst bei einer absoluten Mehrheit der Grünen-Fraktion - von der man ja nur träumen kann

(Zuruf: Albtraum! - Heiterkeit)

nicht, wie wir diese Summe finanzieren wollten. Es ist eine große Herausforderung, die erforderlichen 230 Millionen € aus dem Haushalt herauszuschneiden, jedenfalls wenn man es seriös machen will.

Ein wirklich schwieriges Thema ist die Frage des Durchschnitts. Natürlich sagen wir: Wir entlasten die Eltern. Wenn du in einem Ort am Hamburger Rand 600 € oder 700 € Beitrag zahlen musst, ist eine Entlastung um 300 € extrem viel, und in einer anderen Kommune, wo der Beitrag darunterliegt, ist das nicht der Fall. Das ist ein grundsätzliches Problem. Wenn Sie eine Idee haben, wie wir die vorhandenen Mittel, 60 Millionen €, im System gerechter und schlauer verteilen könnten, wäre ich total dankbar. Wir haben die Summe von 60 Millionen € zur Entlastung der Eltern, und die wollen wir gerecht verteilen, sodass alle etwas davon haben. Wenn Sie einen Vorschlag haben, bringen Sie den ein! Wir sind gern bereit, den zu prüfen.

Natürlich ist die Situation nicht schön. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Fraktion haben gleich am ersten Morgen gesagt: Wir wohnen in Kiel, solange ich das Krippengeld kriege, bezahle ich 80 € mehr beziehungsweise habe weniger Entlastung. Dann sage ich: Ja, das ist zwar wahr, aber meine Enkelkinder in Wedel zahlen trotzdem noch 300 € mehr als du.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- Ja, die wohnen in Berlin. Aber wenn ich Enkelkinder in Wedel hätte - mir fiel gerade kein anderes Beispiel ein.

(Heiterkeit - Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Die Bürgerinnen und Bürger in Wedel zahlen trotzdem noch deutlich mehr an Beitrag als die Bürgerinnen und Bürger in Kiel.

(Unruhe)

Das Wort hat die Abgeordnete Eka von Kalben, Frau Midyatli.

Ich will das nicht schönreden, das führt zu Unmut.

Liebe Frau Midyatli, Sie haben gesagt, das müsse man den Leuten erklären. Das ist schwierig, das gebe ich zu, das ist überhaupt keine Frage. Ich möchte dann aber einen Gegenvorschlag haben, wie man es besser machen kann. Gar nichts zu machen, wäre nicht schlau.

(Serpil Midyatli [SPD]: Beitragsfrei!)

Wenn Sie behaupten, es ändere sich nichts, es verbessere sich nichts - sollten wir die Reform lassen? Wenn wir nichts tun würden, würde es dem KitaSystem besser gehen? Was konkret würden Sie mit 1 Milliarde € anders machen? Für mich ist die interessante Frage: Wie würden Sie 1 Milliarde € im Kita-System anders und gerechter verteilen? Darüber würde ich mich mit Ihnen gern unterhalten.

Meine Damen und Herren, wenn wir die Deckelung von maximal 288 € für unter Dreijährige und 233 € für über Dreijährige für eine achtstündige Betreuung haben, ist es genauso wichtig, dass wir eine gute und einheitliche Sozialstaffel für diejenigen haben, die diese Beiträge nicht bezahlen können, und dass wir Familien mit mehreren Kindern durch eine Geschwisterregelung entlasten, die alle Betreuungskosten einbezieht, die Kita-Beiträge, die Kosten in der Kindertagespflege und die Kosten der Schulbetreuung. Das ist zurzeit nicht der Fall. Wenn ich von drei Kindern ein Kind bei der Tagesmutter habe, das zweite in der Kita und das dritte in der Schulbetreuung, zahle ich jedes Mal den Beitrag für ein Einzelkind. Das müssen wir ändern, da müssen wir eine gute Lösung finden. Das wird zwar nicht einfach, aber da die Projektgruppe schon so viele schwierige Aufgaben gemeistert hat, bin ich mir sicher, dass auch das gelingen wird.

Kommen wir zu der dritten Säule, den Kommunen. Ich glaube, ohne die Kompromissbereitschaft von Gemeinden und Kreisen, sich auf ein einheitliches System einzulassen, würden diese Eckpunkte heute nicht vorliegen. Ja, es gibt immer noch Kritik, gerade vom Gemeindetag und auch vom Landkreistag. Aber ich danke allen Beteiligten und auch wirklich ausdrücklich den Vertretern der kommunalen Landesverbände, dass sie diesen Prozess mitgegangen sind. Ich erinnere mich, wie wir - als Frau Strehlau und ich vor der ersten Legislatur einmal zusammen bei den Kommunen waren und gesagt haben, wir wollten den kommunalen Finanzausgleich reformieren - dort belächelt wurden, weil man so ein Riesenprojekt nicht angehen könne. Ich glaube, ähnlich ist es auch Frau Alheit gegangen, als sie

(Eka von Kalben)

den Letter of Intent geschrieben und gesagt hat: Wir wollen jetzt einmal eine Kita-Reform machen. Das könne man doch alles gar nicht, das sei alles viel zu kompliziert in Schleswig-Holstein, alle seien sich zu uneins.

Ich finde, dass Ihr Projekt, Herr Garg, und das, was Sie, Herr Staatssekretär Badenhop, mit Ihrem Haus auf die Beine gestellt haben, wirklich großartig ist. Das zeigt, wenn man ein gemeinsames Ziel hat und sagt: „Wir wollen eine Kita-Reform, wir wollen bessere Kitas haben“, dass man das auch erreichen kann. Dafür bin ich Ihnen wirklich sehr dankbar, und ich bin auch ganz sicher, dass wir das auch über die parlamentarische Beratung hier im Haus gemeinsam mit der Opposition zu einem noch besseren Ende bringen werden.

(Beifall FDP, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU - Zuruf Birte Pauls [SPD])

Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, weil der wirklich nicht in jeder Kita-Debatte vorkommt. Ich weiß aber, dass das die handelnden Personen sehr ärgert. Es gibt einen weiteren Teil im Kinderbetreuungssystem, das ist die Kindertagespflege. Da gibt es ein unglaublich unterschiedliches System im Hinblick darauf, wie diese bezahlt werden, wie die Qualitätsstandards sind und so weiter. Uns war es sehr wichtig, dass auch dieser Bereich im Kita-Gesetz mitgeregelt wird. Wir haben da immer so eine ideologische Debatte zu Kita auf der einen Seite und Kindertagespflege auf der anderen Seite geführt. Wenn wir ehrlich sind, wäre die ganze Betreuungssituation im Land nicht möglich ohne den Einsatz der Tagespflegepersonen. Diese leisten einen wirklich wichtigen Beitrag zur Erziehung unserer Kinder. Deshalb gilt ihnen unser Respekt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, Dr. Frank Brodehl [AfD] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Meine Damen und Herren, wir haben uns ehrgeizige Ziele vorgenommen und wissen, dass wir fiskalisch einen begrenzten Rahmen haben. Auch wenn der sehr, sehr groß ist, ist er immer begrenzt. Ich bin mir sicher, dass wir Ende dieses Jahres hier ein gutes Gesetz verabschieden werden. Ich bin dankbar für alle konstruktiven Vorschläge, was wir noch besser oder anders machen können, und danke dem Minister für diese Regierungserklärung. - Herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Christopher Vogt, das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird niemanden im Raum überraschen, dass die FDP-Fraktion die vorgestellten Eckpunkte für eine Reform der Kita-Gesetzgebung uneingeschränkt begrüßt und unterstützt. Dieser große Prozess unter konsequenter Einbeziehung aller beteiligten Gruppen ist natürlich noch nicht abgeschlossen, aber die Vorlage der Eckpunkte ist bereits ein ganz entscheidender Meilenstein, zu dem ich Minister Heiner Garg und Staatssekretär Matthias Badenhop sowie allen anderen Beteiligten - es ist eine ganze Reihe an Persönlichkeiten, die daran beteiligt sind - ganz herzlich gratulieren möchte.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist die konsequente Umsetzung einer zeitgemäßen Kita-Politik für Schleswig-Holstein, die wir bereits in unserem Wahlprogramm beschrieben und dann im Koalitionsvertrag mit CDU und Grünen gemeinsam vereinbart haben. Es ist, wenn man so will, ein großer Wurf für unsere Kleinsten. Es geht darum, dass wir für sie beste Startchancen in Schleswig-Holstein hinbekommen.

Lars, du warst jetzt nicht gemeint.

(Lars Harms [SSW]: Ich stelle sie mir gerade bildlich vor!)

Man hätte es sich auch einfach machen können und dieses dicke Brett nicht bohren müssen. Man hätte am völlig unübersichtlichen Kita-System mit seinen vielen Akteuren und komplizierten Finanzströmen weiter irgendwie herumfrickeln und einfach nur etwas zusätzliches Geld in das bestehende System geben können. Das hätte man tun können. Das wäre aber nicht unser Anspruch gewesen, und das würde weder unseren kommunalen Partnern, den Trägern, ihren Beschäftigten und schon gar nicht den Familien und den Kindern mit ihren sehr berechtigten Interessen wirklich gerecht werden.