Meine Damen und Herren, ich frage mich, wie es mit dem dritten Geschlecht laufen soll, wenn die Besetzung tatsächlich paritätisch wäre.
Ich spare mir den Hinweis darauf, dass die SPD in ihrem Organisationsstatut eine 40-%-Quote, aber keine Parität vorsieht. Man sollte vielleicht bei sich
Herr Kollege Vogt, falls Sie in Ihrem Leben doch noch einmal zur wahren Lehre finden, überreiche ich Ihnen ein aktuelles SPD-Statut. Wir haben eine 50-prozentige Soll-Regelung und eine 40prozentige Muss-Regelung - und das jetzt schon seit ungefähr fünf Jahren.
- Na ja, eine Soll-Regelung bedeutet: dann, wenn keinerlei Ausnahmen bestehen. Dadurch haben wir grundsätzlich paritätische Listen, wenn genug Frauen dafür da sind, und wir haben nie das Problem gehabt, dass wir zu wenige Frauen gehabt hätten, die für den Landtag kandidieren wollten.
Wie gesagt, kommen Sie zu uns! Dann erkläre ich Ihnen das und Sie lösen auch ein paar andere Ihrer Probleme bezüglich der Parität ganz automatisch.
(Heiterkeit FDP und SPD - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Wir haben ein großes Herz! - Weitere Zurufe SPD: Integration vergibt! Niemanden zurücklassen!)
Herr Kollege, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie noch einmal bestätigt haben, dass Sie in den Statuten keine vorgeschriebene Parität haben, das aber jetzt für alle Wahlgesetze in Deutschland wollen, ohne jedoch einen konkreten Gesetzentwurf vorzulegen - denn Sie wissen, dass das nicht mit der Verfassung vereinbar wäre. Sie haben das noch einmal bestätigt. Vielen Dank, ich nehme das zur Kenntnis.
Meine Damen und Herren, der vom Grundgesetz aufgegebene Auftrag - das sollten wir sehr ernst nehmen - zur Förderung der Gleichberechtigung und Beseitigung der bestehenden Nachteile ist noch immer nicht erfüllt.
Unser Wahlrecht sollte vor allem regeln, „wie“ und nicht „wer“ gewählt wird. Auch wenn es mühsam ist, sollten wir unser Grundgesetz ernst nehmen und das Problem an der Wurzel packen. Wir müssen die Parteiarbeit deshalb dringend vor allem für Frauen attraktiver machen und stärker auf ihre Bedürfnisse ausrichten. Ich meine da vor allem Veranstaltungskonzepte und blicke vor allem auf die Kommunalpolitik. Da sind viele Ausschusssitzungen und so weiter so angelegt, dass eine junge berufstätige Mutter das kaum hinbekommen kann.
- Ja, das muss man wirklich sagen. Entschuldigung: Ich habe erwartet, dass das kommt. Ich war viele Jahre Kreisvorsitzender und gerade unsere jungen weiblichen Mitglieder haben mir gesagt: Was wählt ihr eigentlich für Uhrzeiten für die Sitzungen? Das ist kaum darstellbar, wenn man Familie hat.
- Das gilt auch für Männer, nicht nur für Frauen, aber für die eben besonders. Es handelt sich um kein veraltetes, tradiertes Familien- und Gesellschaftsbild, das man mir da andichten will: Ich habe das neulich auch in der „taz“ gelesen. Wir müssen einfach insgesamt für mehr Familienfreundlichkeit und zum Beispiel auch dafür sorgen, dass Nichtakademiker und andere gesellschaftliche Gruppen stärker im Parlament repräsentiert sind. Auch darüber sollte man an diesem Tag sprechen.
Lassen Sie uns also über echte Chancengleichheit sprechen - auf dem Fundament unserer Verfassung. Machen wir uns an die Arbeit. Lassen Sie uns diese wichtige Frage weiter ernsthaft diskutieren. Alle Beteiligten sind aufgefordert, ihre Hausaufgaben zu machen. Dann werden wir, glaube ich, einen guten Weg finden, das auf der Basis unserer Verfassung besser auf den Weg zu bringen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Der Antrag der SPD kommt mit dem Wunsch daher, eine Geschlechterparität in allen Parlamenten und Volksvertretungen im Gesetz zu verankern. Dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist nichts weniger als das Anlegen der Axt an die Demokratie.
(Widerspruch SPD - Beate Raudies [SPD]: Propaganda! - Weitere Zurufe SPD: Da ken- nen Sie sich aus, Herr Schaffer! Da kennen Sie sich aus! - Dr. Frank Brodehl [AfD]: Ver- fassungsänderung, einfach einmal!)
Der Begriff „Parität“ meint Gleichheit, bedeutet im politischen Sinne die Zuordnung von Mandaten anhand eines festen Schlüssels.
Sie fordern hier sogar den „gleichen Zugang von Männern und Frauen zu den Wahlmandaten und -ämtern“, faktisch also eine gleich große Aufteilung von Mandaten auf Frauen und Männer.
Wahlen, meine Damen und Herren, sind in unserer Demokratie frei und gleich. Freie Wahlen liegen dann vor, wenn der Souverän - das ist der Staatsbürger
eine eigene Entscheidung trifft, die in den Wahlergebnissen keinen bestimmten Kriterien entsprechen muss. Eine Wahl, die per Gesetz bestimmten Kriterien - zum Beispiel einer vorgegebenen Geschlechterparität - entsprechen muss, ist keine freie Wahl. Gleiche Wahlen liegen dann vor, wenn aktives und passives Wahlrecht jedem Staatsbürger in gleicher Weise zukommen. Werden Staatsbürger bei einer Wahl per Gesetz in bestimmte geschlechtsspezifische Klassen eingeteilt, ist die Wahl nicht gleich.
Diese dem Grundgesetz zu entnehmende demokratische Ordnung schlägt sich in der Frage nieder, wie innerhalb von demokratischen Parteien die Aufstel
lung von Kandidaten vorgenommen wird. Parteien, die ihre Kandidaten für Mandate in Parlamenten und Volksvertretungen wiederum in geschlechtsspezifische Klassen aufteilen, binden aktives und passives Wahlrecht an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Sie schreiben Wählern und Kandidaten vor, nach welchen Kriterien gewählt wird und bestimmen, ob sie kandidieren dürfen. Das sind keine demokratischen Wahlen. Parteien, die dergestalt verfahren, sind schon im Kern nicht demokratisch.
Nun ist es ja nicht so, dass diese Frage das erste Mal öffentlich diskutiert wird. Tatsächlich liegen gerade auch aus dem letzten Jahr diverse Ausarbeitungen vor, die verfassungsrechtliche Schlaglichter genau auf diese Frage werfen.
(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nein! Nicht auf Satzungsfragen inner- halb der Parteien!)
Der Parlamentarische Beratungsdienst des Brandenburgischen Landtags folgerte zu einer vergleichbaren Fragestellung am 18. Januar 2018:
„Die Einführung eines paritätischen Wahlvorschlagsrechts stellt eine an das Geschlecht anknüpfende Ungleichbehandlung dar, die nicht durch das Gleichberechtigungsgebot gerechtfertigt wird und damit verfassungswidrig ist.“
„Insbesondere lässt sich aus dem Demokratieprinzip kein Recht einzelner Bevölkerungsgruppen ableiten, proportional mit Mandatsträgern in der Volksvertretung ‚gespiegelt‘ zu werden, im Gegenteil: Das Parlament hat nicht ein möglichst genaues Spiegelbild der Zusammensetzung der (wahlbe- rechtigten) Bevölkerung zu sein, sondern besteht aus frei gewählten und mit freiem Mandat ausgestatteten Volksvertretern.“
Der Wissenschaftliche Dienst des Berliner Abgeordnetenhauses führt in seiner Stellungnahme vom 27. Juni 2018 Folgendes aus: