Protocol of the Session on March 8, 2019

Große Probleme haben wir natürlich - auch das kennt man nicht nur von Debatten, sondern man sieht es auch, wenn man durch Gemeinden läuft durch die vielen To-Go-Becher oder Plastikflaschen, die es überall gibt und die, obwohl sie teilweise pfandpflichtig sind, nicht wieder dorthin zurückkehren, wo sie hingehören.

Eine ähnliche Debatte haben wir auch zur Frage der Lebensmittelverschwendung geführt; Herr Rickers hat es - Stichwort Schlei - angesprochen. Wir schleppen Plastik geradezu kiloweise vom Supermarkt nach Hause, weil es zu viel Verpackungsmaterial gibt.

So allgegenwärtig Plastik also ist, so groß ist die Tragweite des Problems. Plastik gibt es in Massenproduktion nicht länger als 60 Jahre. Daran wird klar, dass wir über den Einfluss von Plastik auf Flora und Fauna und auf den Menschen bislang kaum Langzeiterkenntnisse haben können.

Plastik kann zu sehr, sehr kleinteiligen Partikeln zerfallen. Diese Teilchen werden nicht biologisch abgebaut; sie werden lediglich immer kleiner, bis man sie letztlich gar nicht mehr mit bloßem Auge sieht. Das führt dazu, dass diese mikroskopisch kleinen Partikel direkt ins Körpergewebe eindringen können. Auch hierzu gibt es noch keine Langzeitforschungen bezüglich der Auswirkungen; wir sind uns aber, denke ich, alle einig in der Einschät

(Marlies Fritzen)

zung: In unsere Zellen gehört es definitiv nicht hinein.

Länder wie die USA, aber auch Italien und Schweden haben aus Kosmetikartikeln Mikroplastik bereits verbannt; sie sind also national schon Vorreiter geworden. Einige Hersteller haben dies inzwischen adaptiert, so gibt es auch in Deutschland Produkte, in denen auf Mikroplastik verzichtet wird. Stattdessen kommen beispielsweise feingemahlene Aprikosenkerne zum Einsatz. Es gibt also unbedenkliche Alternativen direkt aus der Natur, und das ist gut so.

Ich möchte gern einen Punkt aufgreifen, den wir in unserem Antrag erwähnen und der auch in den vorliegenden Bundesratsinitiativen eine Rolle spielt. Die Initiative hierzu stammt aus Hamburg und Thüringen. Es heißt dort - Zitat -:

„Der Bundesrat ist … der Auffassung, dass eine Verminderung von Mikroplastik“

- aus dem Abrieb von Reifen, Textilien und anderen Kunststoffartikeln

„vordringlich eine Frage des Produktdesigns darstellt. Abwässer beispielsweise von Straßen und Wegen müssten mit hohem Aufwand entsprechend vorbehandelt werden, bevor sie in Gewässer eingeleitet werden.“

Das zeigt schon, dass die Debatte um die Reduktion von Mikroplastik der Einordnung bedarf. Ein Stück weit hat dies auch Grenzen. Denn natürlich darf es nicht zulasten der Verkehrssicherheit gehen, wenn beispielsweise ein Verbot von Gummireifen erwogen wird, bei denen es ja den problematischen Abrieb gibt. Dies darf auch nicht auf Kosten der menschlichen Gesundheit gehen; viele medizinische Produkte kommen nämlich ebenfalls nicht ohne Plastik aus. Das muss man sich ebenfalls stets vergegenwärtigen.

Die Reduktionsideen müssen auch auf ihre finanzielle Umsetzbarkeit hin überprüft werden. Die Initiatoren verweisen selbst bereits darauf, dass eine Wasservorbehandlung an Straßen und Wegen nur mit hohem Aufwand zu betreiben ist und somit nicht verhältnismäßig wäre.

Es darf hierdurch kein Hintertürchen geschaffen werden, um Infrastrukturausbau und -sanierung zu verhindern. Das wurde bei der festen FehmarnbeltQuerung vor Kurzem versucht.

(Zuruf Sandra Redmann [SPD])

- Man muss das alles abwägen, wir haben ja mehrere Politiken zu vereinen. - Das Ausrüsten der Straßen mit Mikroplastikfiltern wäre realitätsfern, und

das trügen wir als FDP nicht mit. Es wird bessere Lösungsansätze geben, finanzierbar und mit größerer Wirkung.

Wir brauchen viele kreative und innovative Ideen, aber stets realitätsnah und ohne Außerachtlassung von anderen wichtigen Themen wie Sicherheit oder Gesundheit der Menschen.

(Beifall FDP)

Zusammenfassend möchte ich bekräftigen, dass wir Freie Demokraten das gemeinsame Ansinnen, wie es in unserem Jamaika-Koalitionsvertrag steht und wie wir es vor eineinhalb Jahren im Parlament bekräftigt haben, die Einschränkung der wissentlichen Verwendung von Mikroplastik und auch Verbote unterstützen.

Gemäß der vorliegenden Drucksache 19/1308 bitten wir die Landesregierung, mit dieser Maßgabe in den Bundesrat zu gehen. Die Diskussion und Ideen im Bundesrat sind breit aufgestellt; ich möchte hier explizit auf die gute Initiative aus Bayern hinweisen. Wir können da einer zielgerichteten, umsetzbaren Agenda entgegensehen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Das Wort hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Weber, vielen Dank für die Erinnerung, dass es sich bei Mikroplastik um ein wichtiges Thema handelt und wir uns darüber alle einig sind. - Das hat auch schon die Debatte im November 2017 erbracht.

Ich möchte in dem Zusammenhang daran erinnern, dass die AfD damals den Antrag Drucksache 19/332 eingebracht hat, in dem es heißt - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums -:

„Darüber hinaus wird die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundes- und EU-Ebene für ein europaweites Verbot von Mikroplastikpartikeln in Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln und sonstigen Verbrauchsmitteln einzusetzen, ferner auf ein EU-Importverbot für derartig belastete Produkte hinzuwirken.“

Der damalige Antrag ging weiter als der vorliegende Antrag. Unser Änderungsantrag wurde damals

(Dennys Bornhöft)

von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Hätten Sie unserem Antrag im November 2017 zugestimmt, wären wir bei diesem Thema heute womöglich ein wenig weiter.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Sehr geehrte Abgeordnete von der SPD, so können Sie sich heute - so kennen wir Sie, besonders freitags - wieder als Kümmerer der Umwelt präsentieren, während Ihre Parteikollegen in Berlin zusammen mit dem Koalitionspartner CDU an einer allenfalls marginalen Veränderung der Düngemittelverordnung und Bioabfallverordnung arbeiten. Da tut sich wirklich wenig.

(Zurufe SPD)

Der GroKo geht es leider nur um das Verbot unwesentlich kleinerer Plastikteilchen als bisher. In Bioabfällen dürfen nicht - wie bisher - 2 mm große Kunststoffteilchen enthalten sein, sondern nur noch 1 mm große Teilchen. Was bitte soll dieses Manöver bringen?

Auch die Beimischung von 0,5 % Kunststoff löst das Problem langfristig nicht. Wenn wir dem Kompost immer wieder 0,5 % Plastikschnipsel beimischen, haben wir auf Äckern und anderen Biosammelplätzen schon bald einen Plastikanteil von 5 % oder gar 10 %, weil sich die Reste akkumulieren, weil sie nicht verwittern, wie wir es uns wünschen.

Warum sollen wir nur Mikroplastik in Kosmetika verbieten? Das ist zu kurz gegriffen. Wir müssen auch über die Verpackung und Entsorgung von Lebensmitteln sprechen. Wir haben es gerade gehört: Kunststoffe zersetzen sich über Jahre; weniger stabile Materialien wie Polypropylen reichern sich zuerst als Makropartikel auf Äckern, in Stadtparks oder Gewässern an - leider - und rutschen dann irgendwann durch mechanische Zerkleinerung oder ultraviolette Zersetzung in den unsichtbaren Bereich. Doch nur weil wir das Plastik nicht mehr sehen, bleibt es doch eine Belastung für die Umwelt. Deswegen ist die Diskussion in der GroKo über eine Erlaubnis von 1 mm großen Schnipseln unserer Meinung nach zu wenig.

Wir wissen aus der Forschung, dass die Sedimente der Tiefsee die letzte Station für unseren Kunststoffabfall sind. Dasselbe gilt leider auch für die Binnengewässer wie die Schlei, deren Faulschlamm auf Jahrhunderte hinaus immer kleiner werdende Plastikreste aufnehmen wird. Was das Umweltamt von Schleswig zusammen mit den fleißigen Helfern aus der Schlei gefischt hat, waren nur die sichtbaren

Plastikteilchen. Sonst hätte der NDR die Schnipsel gar nicht filmen können.

Aber es geht weiter. Das Ökosystem mit all seinen Bewohnern wird von Plastik in allen Größen belastet. Vielleicht haben wir bald keine Miesmuscheln mehr, weil sie die kleinen Plastikteilchen als Nahrung missdeuten und in ihren Verdauungstrakt aufnehmen. Je kleiner das Plastik, desto kleiner die betroffenen und gefährdeten Lebewesen.

Wenn wir heute nur über Mikroplastik sprechen, werden wir schon bald von den Problemen eingeholt, die durch Nanoplastik entstehen. Dann sind wir mit unseren technischen Möglichkeiten einer Aussortierung am Ende.

Nur weil wir Plastik nicht sehen, heißt es nicht, dass es nicht da ist. Dass Plastik nicht in die Umwelt gehört, ist wohl jedem klar. Daher: Wehret den Anfängen! Getrennte Stoffkreisläufe, Plastikvermeidung und eine bessere Stadthygiene sind nur drei Maßnahmen, die hier zu nennen sind.

Die Düngemittel- und Bioabfallverordnung müssen die Toleranzgrenzen für die Vermischung von Kunststoffen und Bioabfällen auf 0 % beziehungsweise 0 mm senken. Das würde wirklich etwas bringen.

Dennoch ist der heutige Antrag wichtig, und auch die AfD stimmt für die Unterstützung der Bundesratsinitiative. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bereits mehrfach hat sich der Landtag mit der Verunreinigung der Gewässer durch Plastik oder Kunststoffanteile in Lebensmittelabfällen befasst. Dabei war die einhellige Meinung, dass es so nicht weitergehen kann und wir Regelungen brauchen, die das unterbinden - so zuletzt in der Debatte über ein europäisches Verbot von Mikroplastik.

Mit dem vorliegenden interfraktionellen Antrag bestätigen wir den Landtagsbeschluss vom November 2017 und fordern die Landesregierung weiter auf, sich den Bundesratsinitiativen anzuschließen. Drei Ziele werden mit dem vorliegenden Antrag verfolgt: erstens die generelle Einschränkung der Verwendung von Mikroplastik, zweitens das Verbot

(Volker Schnurrbusch)

von Mikroplastik in Kosmetika und drittens, sich dafür einzusetzen, dass die von der Kommission angekündigten Maßnahmen zügig umgesetzt werden.

Ich möchte jetzt kein Wasser in den Wein kippen wir wissen längst um die Problematik mit dem Plastikmüll, und wir waren uns im Ziel größtenteils einig, Plastikeinträge zu reduzieren oder - wo es machbar ist - Plastik zu verbieten. Die im Antrag aufgeführten Zielformulierungen machen aber deutlich, dass wir in der Sache bisher kaum weitergekommen sind. Wir fordern immer noch Einschränkungen und Verbote. Das ist ja auch gut und richtig.

Ich finde es gut, dass wir in Schleswig-Holstein mit dem interfraktionellen Antrag ein breites politisches Signal nach Berlin und Brüssel senden. Trotzdem macht das deutlich - und das bedaure ich -, dass wir uns schon so lange mit diesem Thema befassen und bisher kaum konkrete Erfolge verzeichnen können. Politische Mühlen mahlen manchmal sehr langsam, und daran kann man manches Mal verzweifeln. Ehrlich gesagt, bin ich recht gespannt, was aus den Bundesratsinitiativen wird.

Meines Erachtens wäre es dem Problem angemessen, wenn man sich im Vorfeld auf konkrete Formulierungen hätte einigen können. Stattdessen setzt man auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Kosmetikhersteller oder gegebenenfalls auf einen Prüfauftrag für ein nationales Verbot. Das ist nicht das Maximum, das man sich hätte wünschen können, aber es ist anscheinend das, was man derzeit für politisch machbar hält. Immerhin stimmt die Richtung.