Protocol of the Session on March 7, 2019

(Heiterkeit)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Doris von SaynWittgenstein.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Liebe Gäste! Es ist hier schon viel Wichtiges und Richtiges gesagt worden. Deshalb möchte ich mich kurzfassen. Die Historikerin Beate Herget überschreibt einen Fachartikel im Jahr 2002 mit der Abwandlung eines bekannten Zitates Wilhelm von Humboldts:

„Nur wer seine Heimat und ihre Vergangenheit kennt, kann ihre Zukunft verstehen.“

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Zum Beispiel den Holocaust! - Ras- mus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sehr gut!)

Platt- und Niederdeutsch, Friesisch und auch Dänisch verweisen auf die Geschichte SchleswigHolsteins, aber auch das stammesgeschichtliche Erbe von Angeln, Jüten, Sachsen, Wikingern und Slawen gehört zu Schleswig-Holstein.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Und auch der Nationalsozialismus!)

Sprache, aber auch Kultur und Brauchtum der in Schleswig-Holstein ansässigen Minderheiten müssen in ihrer Vielseitigkeit bewahrt und unterstützt werden. So ist es nur konsequent, dass das Land Dänisch, Friesisch und Niederdeutsch in Kitas mit 500.000 € fördert.

Sprache, Kultur und Brauchtum geben Halt und Rückbindung in einer Gesellschaft, in der Heimat und Identität oftmals nur noch leere Floskeln sind.

(Jette Waldinger-Thiering)

In diesem Sinne unterstütze ich den Antrag der Regierungsparteien, der den Erhalt und die Förderung der historisch gewachsenen Eigen- und Besonderheiten der heimischen Minderheiten auch auf europäischer Ebene zum Ziel hat. Sie erfahren dort die gebotene Bedeutung, die sie auch für Europa haben. Dies steht nicht im Widerspruch zu einem nationalen Schutz dieser Minderheiten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, begrüßen Sie mit mir gemeinsam auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Seniorinnen und Senioren der Volkshochschule Rendsburg. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Lukas Kilian.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist ein extrem wichtiges Thema, über das wir heute sprechen, Minderheitenschutz in der Europäischen Union fest zu verankern. Eigentlich sollte das Zeichen aus dem Haus auch sein, dass alle demokratischen Fraktionen hier einen geeinten Antrag zu diesem Thema auf den Weg bringen, um dieses starke Signal aus dem Schleswig-Holsteinischen Landtag zu senden.

(Beifall CDU)

Frau Pauls, ich finde es schade, dass Sie Ihre Rede die haben Sie inzwischen auch in der Presse veröffentlicht - mit einem Angriff beginnen und sagen, vier Mitglieder aus dem Landesvorstand der Jungen Union hätten ein Verfahren gegen den SSW angestrengt, da würde man sehen, wie schnell der Minderheitenschutz einem nicht mehr passen würde, und dann nahtlos auf das Thema Angriffe auf Sinti und Roma übergehen. - Frau Pauls, ich weiß nicht, ob Sie das Verfahren damals in irgendeiner Weise verfolgt haben.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sehr genau! - Bernd Heinemann [SPD]: Sehr genau!)

Ich weiß zumindest eins: Dass Sie offensichtlich überhaupt keine juristischen Sachkenntnisse haben

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Aber politische, Herr Kollege!)

und überhaupt nicht wissen, worum es ging.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Wenn Sie sagen, dass hier Minderheitenrechte zum Spielball von Politik geworden sind und dass das die Diskriminierung von Minderheiten et cetera Jugendsünden seien, dann müssten Sie sich einmal hinterfragen. Das Votum des Landesverfassungsgerichts ging in einer sehr entscheidenden Frage zum Thema Erfolgswertgleichheit und Chancengleichheit der Wahl 4:3 aus.

Das heißt, Sie unterstellen damit auch den Richtern des Landesverfassungsgerichts, dass man hier - je nach Couleur, nach Wohlwollen oder nach politischer Auffassung - Minderheitenschutz en passé einfach über Bord werfen würde, nur weil es politisch so passt.

Sie haben überhaupt nicht verstanden, worum es in diesem Verfahren ging. Es ging um das Wahlrecht. Das Wahlrecht ist eine ziemlich heilige Kuh in einer Demokratie, und auch die Wahlprüfungsbeschwerde ist eine ziemlich heilige Kuh in einer Demokratie. Wenn Sie meinen, das mit Angriffen auf Sinti und Roma vergleichen zu müssen, dann tun Sie das, bitte. Jeder hat das Recht, sich an diesem Rednerpult zu entblöden. Sie haben es getan. Machen Sie so weiter, aber so schwächen Sie das Thema, über das wir heute eigentlich reden, nämlich ein starkes Signal zum Thema Minderheitenschutz aus diesem Landtag heraus zu senden. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und Kay Richert [FDP])

Ich möchte doch darum bitten, dass wir wieder zu einer etwas gepflegteren Wortwahl zurückkommen. Danke schön. - Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Martin Habersaat. Lars, du noch nicht.

(Lars Harms [SSW]: Guckt mich an und spricht über Habersaat!)

- Tja, so was. - Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Kern ging es bei diesem Verfahren um Zweifel daran, ob die SSW-Mandate verfassungsgemäß seien. Das hat Frau Pauls, so glaube ich, auch nicht in Abrede gestellt. Dazu wurde geklagt, und das wurde orchestriert mit einer öffentlichen Kampagne gegen die Dänenampel, und es wurde orchestriert mit Aussagen wie: Der SSW sei nur Steigbügelhalter für ein linkes Bündnis. Es war ganz offensichtlich, dass man die Probleme mit dem SSW nicht gehabt hätte, wenn der SSW sich nicht an dieser Koalition beteiligt hätte, nach dem

(Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein)

Motto: Solange sich die Dänen wohlverhalten, ist das in Ordnung; wenn sie sich nicht wohlverhalten, dann müssen wir klagen.

Das ist aber nicht der Punkt, aufgrund dessen ich mich gemeldet habe. Ich hatte mich wegen Herrn Richert und des Hinweises gemeldet, auch autochthone Minderheiten müssten sich an Recht und Gesetz halten. Das ist völlig unstrittig, aber es ist etwas anderes zu sagen: „Meine Damen und Herren, alle hier im Saal müssen sich an Recht und Gesetz halten“, als zu sagen: „Alle müssen sich an Recht und Gesetz halten, auch Sie, Herr Richert.“ Das ist etwas anderes. Diese andere Konnotation kenne ich sonst nur von einer anderen Seite des Hauses. Das wollte ich deshalb gern klargestellt haben. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich insbesondere aufgrund von zwei Dingen gemeldet: Der Streit über die Verfassungsklage ist gar nicht mal mehr unser Streit. Das, was unsere Minderheitenpolitik über die letzten Jahrzehnte ausgemacht hat, ist, dass es in der Tat manchmal Streitereien gegeben hat, dass diese möglicherweise wirklich hart waren, dass sie auch hart für uns waren, dass man aber immer wieder versucht hat, aufeinander zuzugehen, wenn irgendwann einmal eine Entscheidung getroffen war. Wir haben in diesem Bereich eine Entscheidung bekommen, und wir haben uns aufeinander zubewegt. Wir versuchen, jetzt wieder gut miteinander auszukommen, und mein Eindruck ist, dass das auch sehr gut gelungen ist mit allen demokratischen Parteien in diesem Hohen Haus. Ich finde, auch das ist ein Zeichen dafür, dass Minderheitenpolitik hier im Land Schleswig-Holstein vorbildlich vorgelebt wird.

(Beifall SSW, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wollte aber zumindest eine Kleinigkeit aus der Rede der Kollegin von Sayn-Wittgenstein korrigieren. Sie haben mit Recht gesagt: Dänisch, Friesisch, Plattdeutsch und auch die slawische Vergangenheit unseres Landes, die es gegeben hat, seien ein Teil unserer Kultur. Das stimmt, Sie haben aber die Sinti und Roma vergessen. Auch Romanes ist ein Teil

unserer schleswig-holsteinischen Kultur, auch die Minderheit der Sinti und Roma ist ein Teil der Kultur. Sie ist vor allem ein ganz wichtiger Teil der Kultur,

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

weil uns die Sinti und Roma gerade in der Politik etwas wiedergeben. Sie bilden nämlich die Brückenfunktion zu den osteuropäischen Roma-Minderheiten. Wie es die Dänen an der Grenze zu Dänemark machen, wie es die Friesen mit den Niederlanden machen, so machen das die Sinti und Roma in Richtung Osteuropa. Sie helfen uns dabei, soziale Projekte auf die Beine zu stellen, und ich finde, das ist eine großartige Leistung unseres Landesverbands hier in diesem Bereich.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Warum ist nun diese Initiative, die wir hier gemeinsam starten wollen und die auch von den Minderheiten immer wieder gestartet wird, so wichtig in Europa? Ich glaube, sie ist wichtig, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Minderheiten relativ gut existieren können, wenn sie einen Bezugsstaat haben: dänische Minderheit und Dänemark, deutsche Minderheit und Deutschland, deutsche Minderheit in Polen und Deutschland. Die Österreicher gucken ein bisschen darauf, was in Südtirol passiert. In diesen Fällen funktioniert das relativ gut, weil immer noch ein Großer da ist, der der kleinen Minderheit helfen kann.

Probleme in Europa merken wir immer dann, wenn dieses System entweder nicht mehr funktioniert oder wenn es besonders große Minderheiten gibt, die keinen eigenen Bezugsstaat haben, zum Beispiel die Katalanen oder die Schotten. Egal wie man dazu steht, aber wenn ich sehe, dass Leute in Spanien tatsächlich in den Knast wandern, dann ist mir das zu viel. Ich brauche einen großen Bruder, der vielleicht ein bisschen genauer darauf schaut. Dieser große Bruder kann die EU sein. Deswegen ist es so wichtig, dass die EU hier eine Verantwortung übernimmt. Das ist minderheitenpolitisch wichtig, das ist aber auch friedenspolitisch wichtig, gerade in den Regionen.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Kay Richert.

(Martin Habersaat)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe gerade gehört, ich hätte gesagt: Auch autochthone Minderheiten müssen sich an Recht und Gesetz halten. Das habe ich so nicht gesagt. Vielleicht hören Sie sich einfach die Rede noch einmal genauer an, bevor Sie irgendwelche Dinge behaupten, Herr Habersaat. Ich weiß nicht, ob das ein absichtliches Missverstehen war. Das könnte man durchaus denken, wenn man an die unsympathische Schlussbemerkung denkt. Vielleicht habe ich mich aber auch einfach zu kompliziert ausgedrückt. Ich möchte das deshalb noch einmal klarstellen, für den Fall, dass dies auch andere außer Ihnen missverstanden haben sollten.

Worum es mir ging, war, dass zu einem gedeihlichen Miteinander, zu einem gedeihlichen Zusammenleben und zu einem vernünftigen Bauen an einer Gesellschaft ein gemeinsamer Wertekanon notwendig ist, und das halte ich nach wie vor für richtig. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)