Herr Koch, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann rechnen Sie jetzt die Tariferhöhung gegen das Weihnachtsgeld auf. Das ist ja nun wirklich an den Haaren herbeigezogen. Das heißt, die Beamtinnen und Beamten erhalten für drei Jahre eine Erhöhung, und damit ist alles abgegolten? Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein.
Sie führen die Beamtinnen und Beamten in diesem Land mit solch einer Aussage erneut hinter die Fichte. Dabei ist uns doch allen bewusst: Eine Anpassung der Besoldungsstruktur in Schleswig-Holstein ist nötig, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Unsere Beschäftigten brauchen endlich die Wertschätzung, die sie verdient haben. Schließlich halten Sie das Land am Laufen, auf Polizeistationen und in Krankenhäusern, in Gerichten und Kitas, in Straßenbau- und Finanzämtern, in Justizvollzugsanstalten, beim Küstenschutz, bei der Müllabfuhr, und, und, und. Ich habe gewiss unzählige Bereiche vergessen.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Wertschätzung hat nicht nur etwas mit Geld zu tun, aber auch. Nicht umsonst haben die Gewerkschaften ihre Tarifkampagne in diesem Jahr unter das Motto gestellt: „Wir sind es wert!“. Unsere Bediensteten haben es verdient, dass man ihre Anliegen endlich ernst nimmt. Herumgeschnackt hat Jamaika jetzt genug. Jetzt ist Zeit zum Anpacken. Dann mal los!
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Raudies, Sie sagen, wir sollten jetzt endlich loslegen, anpacken, nicht rumschnacken. Ich würde sagen: So schnell, wie die Ministerin auf das Ergebnis der Tarifverhandlung reagiert hat - - Sie hat deutlich gemacht, dass wir sofort und komplett den Abschluss hinbe
kommen haben; das ist erst am Wochenende passiert, und am Wochenende hat Frau Heinold darauf reagiert. Wenn dann noch jemand sagt, wir würden zu lange schnacken und nicht anpacken, dann kann ich das nicht nachvollziehen. Vielen Dank; das war mal prompt.
Meine Damen und Herren, es ist gar keine Frage, dass wir den Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes unglaublich viel verdanken, aber auch abverlangen. Egal, ob sie als Polizistinnen und Polizisten, Erzieherinnen und Erzieher oder Lehrerinnen und Lehrer arbeiten, ob sie in der Verwaltung tätig sind oder wo auch immer: Das ist für uns die Säule und das Rückgrat. Wir brauchen den öffentlichen Dienst, und dieser muss stark sein. Darin sind wir uns hier, glaube ich, vollkommen einig.
Natürlich ist es nicht nur eine Frage der Bezahlung, wenn es darum geht, die Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen; vielmehr gibt es ganz verschiedene Formen dafür: Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und so weiter. Selbstverständlich ist Geld dabei auch super wichtig. Aber, liebe Frau Raudies, diese Bediensteten sind auch Bürgerinnen und Bürger. Das heißt, dass diese auch eine gute Infrastruktur wünschen, dass sie, bevor sie zur Arbeit gehen, ihre Kinder in eine Kita bringen möchten, dass es ihnen wichtig ist, dass ihre Kinder eine gute Schule besuchen. Sie möchten sich an ihrem Arbeitsplatz selbst auch sicher fühlen. Diese Menschen wollen also, dass wir das Geld so ausgeben, dass dieses Land gut funktioniert; wichtig ist ihnen eben nicht nur die Höhe ihres Gehalts.
Deshalb, meine Damen und Herren, ist es eben nicht alternativlos, zu sagen: Wir übernehmen den vollen Betrag und legen noch einmal das Doppelte drauf, damit wir konkurrenzfähig bleiben. Natürlich müssen wir konkurrenzfähig bleiben; und das ist schwierig. - Ich teile übrigens ausdrücklich Ihre Einschätzung, dass eine bundeseinheitliche Besoldung wesentlich sinnvoller wäre. Aber dafür haben wir offensichtlich keine Mehrheiten im Land; sonst wäre es ja so. Deshalb stehen wir zurzeit -
- Das können wir morgen beschließen. Dann haben wir aber die Bayern immer noch nicht mit drin in unserer Besoldungsstruktur - was ja vielleicht auch Vorteile hat; aber egal.
Wir haben den Konkurrenzdruck nicht nur innerhalb des öffentlichen Dienstes, sondern wir stehen auch mit der freien Wirtschaft in Konkurrenz. Wir sind uns wohl ziemlich einig darin, dass es zumindest dort schwierig wäre, regulatorisch einzugreifen. Deshalb müssen wir mithalten; das ist klar.
Dennoch können wir den Euro nur einmal ausgeben. Unsere Ministerin hat, übrigens im Gegensatz zu unserem Nachbarbundesland, eine auskömmliche Vorsorge im Haushalt eingeplant. Hamburg hat jetzt Probleme, dies umzusetzen - Schleswig-Holstein nicht.
- Ja, auch da ist eine Grüne beteiligt. Aber unabhängig davon hat unsere Ministerin in diesem Fall deutlich stärker vorgesorgt als der Finanzsenator in Hamburg. Insofern ist das eben nicht alternativlos.
Wir sagen, wir nehmen keine Vorsorgebeträge aus dem Haushalt, um Dinge zu finanzieren, die wir uns vielleicht wünschen. Kein Mensch hat etwas gegen beitragsfreie Kitas oder gegen die Wiedereinführung des Weihnachtsgelds. Dagegen kann man ja gar nichts haben. Aber wir müssen eben vernünftig haushalten, weil wir die Verantwortung für unseren Haushalt tragen. Diese Vernunft ist in diesem Fall wahrlich deutlich geworden. Vielen Dank dafür, Frau Heinold.
8 % - meine Damen und Herren, das klingt viel. Angesichts der Belastungen jedoch, die die Menschen im öffentlichen Dienst haben - ich habe die Punkte genannt; immer wieder sprechen wir über das Thema Pflege, über den Pflegenotstand und über die Frage der Attraktivität der sogenannten Care-Berufe -, ist das über die Laufzeit gesehen eben doch nicht so viel. Trotzdem beschneidet dies unsere Kapazitäten. Es ist ein Kraftakt, dies im Haushalt darzustellen. Zudem wird der Spielraum für die kommende Besoldungsstruktur dadurch nun kleiner. Ich finde es sehr ehrlich von Herrn Koch und Herrn Vogt, dies deutlich gemacht zu haben. Das heißt doch aber nicht, dass wir diesen Schritt nun deshalb nicht machen wollen. Das Gespräch hierzu ist mit den Gewerkschaften doch schon ter
Sie sagen, wir hätten dies damit nun abgefrühstückt oder uns falle nichts mehr ein, weil wir schon so viel gemacht hätten. Es ist gut, dass wir schon so viel gemacht haben, dass sich das offensichtlich auszahlt. Aber für mich umfasst eine Reform der Besoldungsstruktur viel mehr, als nur auf der einen Seite eine Erschwerniszulage zu geben und auf der anderen Seite eine Anhebung der Einstiegsgehälter vorzunehmen.
Liebe Frau Raudies, was mich wirklich wundert: Wenn wir den Schwerpunkt auf die unteren Besoldungsstufen setzen - das ist etwas, was mir immer sehr am Herzen liegt -, dann ist es verwunderlich, dass ausgerechnet Sie als Sozialdemokraten dies kritisieren. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich habe dies schon in der letzten Legislaturperiode überhaupt nicht verstanden - null!
- Ja, Sie haben auf das Abstandsgebot hingewiesen. Ich weise darauf hin, dass man im öffentlichen Dienst in bestimmten Berufen teilweise kaum genug verdient, um den Lebensunterhalt zu sichern. Um diesen Punkt müssen wir uns kümmern; das ist von noch größerer Bedeutung als das Abstandsgebot zu höheren Besoldungsstufen.
Ein letzter Punkt, meine Damen und Herren: Ich glaube, niemand hier im Haus hat gesagt, Streiks seien nicht legitim oder Streiks seien nicht sinnvoll. Wir haben hier im Haus in letzter Zeit ja auch über politisch motivierte Streiks gesprochen, etwa, wenn die Schülerinnen und Schüler streiken. Natürlich sind Streiks ein ganz wichtiges Mittel auch bei Tarifauseinandersetzungen. Aber Sie können doch nicht behaupten, es sei für die Bevölkerung gut, wenn sich die Tarifpartner erst möglichst spät einigen und dadurch die Streiks möglichst lange dauern. Darauf hat Herr Koch hingewiesen; er hat gesagt, es ist gut, dass es zu einer relativ schnellen Einigung mit einem guten Abschluss gekommen ist, ohne dass es zuvor langwierige Streiks gegeben hat. Denn es kann sich doch niemand wünschen, dass Kitas geschlossen bleiben oder dass das Personal noch länger für einen guten Tarifabschluss kämpfen muss.
Insofern danke ich allen, die daran beteiligt waren und die sich nun um die Umsetzung kümmern. Ich freue mich für den öffentlichen Dienst, dass es nun einen wirklich guten Abschluss gegeben hat. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der nun erzielte Tarifabschluss ist ein sehr ordentlicher Kompromiss. Auch ich finde es gut, dass es keine langen Streiks gab. Daraus muss man ja nicht gleich schlussfolgern, dass das Instrument für schlecht gehalten wird - ganz im Gegenteil -, aber es ist doch gut, dass man lange Streiks vermeiden konnte. Zehntausende Menschen mit ihren Familien profitieren in Schleswig-Holstein direkt von diesem Tarifabschluss.
Dieser Tarifabschluss ist einer der höchsten in vielen Jahren. Kollege Koch hat darauf hingewiesen: Das konnte ja eigentlich auch niemanden wirklich überraschen. Die öffentlichen Kassen standen in ihrer Gesamtheit schon einmal deutlich schlechter da. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und die Beamten im Land machen einen guten Job. Das verdient nicht nur Anerkennung in Form von verbalem Schulterklopfen, sondern das verdient auch eine entsprechende Bezahlung.
Es ist schlichtweg auch eine Notwendigkeit geworden, dass das Land Schleswig-Holstein als attraktiver Arbeitgeber konkurrenzfähig auf dem immer härter umkämpften Arbeitsmarkt bleibt. In vielen Bereichen ist es in den letzten Jahren ja nicht gerade einfacher geworden, junge Menschen für eine Tätigkeit im Landesdienst zu gewinnen. Da hilft uns dieser Abschluss, der auch deshalb dringend notwendig ist, da die altersbedingten Abgänge gerade im Landesdienst in den nächsten Jahren enorme Ausmaße annehmen werden. Die Herausforderung, die ausscheidenden Staatsdiener bei uns im Land adäquat durch jüngere Menschen zu ersetzen, wird immer größer. Es geht also um eine sehr elementare Sache, nämlich um die Leistungsfähigkeit unseres Staatswesens.
Die SPD - ich bin manchmal fassungslos, wenn ich das höre - beklagt hier in epischer Breite einmal wieder die Ergebnisse der eigenen Politik und weist darauf hin, wie schlecht in Schleswig-Holstein doch alles sei. Sie haben doch jahrzehntelang regiert. Bei wem beschweren Sie sich eigentlich?
Meine Damen und Herren, wir haben sehr frühzeitig deutlich gemacht, dass wir als Jamaika-Koalition die Einigung zeit- und wirkungsgleich auf die Landesbeamten übertragen werden. Das werden wir entsprechend zügig auf den Weg bringen. Dass diese Übertragung keine Selbstverständlichkeit ist, haben wir doch in den letzten Jahren auch immer wieder erlebt. Dort gab es zum Teil heftige Auseinandersetzungen - die Finanzministerin nickt und erinnert sich -;
insofern ist es in der Tat keine Selbstverständlichkeit - vor allem dann nicht, wenn man auf die Höhe schaut. Wir können jetzt so vorgehen, weil wir eine entsprechende Vorsorge im Haushalt beziehungsweise in der Finanzplanung mit dreimal 3 % getroffen haben; vorher waren es jeweils 2 % oder auch einmal weniger. Die hohe Vorsorge war eine kluge Entscheidung, weil wir dadurch nun beim Haushalt nicht mehr großartig nachsteuern müssen.
Wir beobachten jetzt, dass in anderen Bundesländern, auch in unserer direkten Nachbarschaft, in Hamburg - Hamburg wird dies aber im Zweifel wohl noch hinbekommen -, aber auch in Niedersachsen - Länder, die mal eben beitragsfreie Kitas beschlossen und gleichzeitig eine sehr geringe Vorsorge getroffen haben -, richtig Probleme auftreten. Diese Länder müssen auf jeden Fall entsprechend nachsteuern. Ein Prozentpunkt entspricht bei uns schließlich einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag; es sind circa 40 Millionen €. Das ist also nichts, was man mal so eben im Vorbeigehen aufbringen könnte.
Es ist sehr gut, dass die Finanzministerin noch in dieser Woche Gespräche mit den Gewerkschaften über die konkrete Umsetzung führen wird. Für dieses Jahr ist ja auch die schon viel diskutierte Besoldungsstrukturreform angekündigt worden, über die man nun ebenfalls vertiefende Gespräche führen wird. Ich kann viele Forderungen der Gewerkschaften verstehen. Darüber wird man jetzt seriöse Gespräche führen müssen, und ich gehe davon aus, dass man auch da zu guten Ergebnissen kommen wird.
Klar ist, Frau Kollegin Raudies, dass die Spielräume im Haushalt durch diesen hohen Tarifabschluss nicht größer geworden sind. Und klar ist auch, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so sprudeln werden, wie das in den letzten Jahren der Fall war, was wir fast wie selbstverständlich hingenommen haben.
- Ich habe die Realität beschrieben, Herr Kollege Dolgner. Ich weiß, es fällt der SPD manchmal schwer, die Realität wahrzunehmen. Aber das, was ich beschrieben habe, ist einfach Fakt, nichts anderes.
Meine Damen und Herren, ich weiß, wir alle hätten uns an ewig sprudelnde Steuereinnahmen gewöhnen können; aber die konjunkturellen Risikofaktoren machen sich langsam, aber sicher bemerkbar.
Ich finde, es muss das gemeinsame Ziel dieses Hohen Hauses sein, weiterhin an einem leistungsfähigen öffentlichen Dienst zu arbeiten, besondere Herausforderungen gemeinsam mit den Gewerkschaften zu identifizieren und anzupacken - ich denke da beispielsweise an den Justizvollzugsbereich -; aber das Ganze muss auch dauerhaft finanzierbar sein. Wir müssen eben auch an die Pensionslasten und die dauerhafte Finanzierung der Pensionen denken.