Wir haben Initiativen gestartet, ohne sie ausreichend hinterlegen zu können und in dem Wissen: Wir werden scheitern. - Damit haben wir unser Gewissen bereinigt; aber wir haben effektiv nichts geändert.
Ich will in diesem Punkt, weil ich mit Herzblut dabei bin, eine vernünftige Bundesratsinitiative starten, die Aussicht auf Erfolg hat. Das können wir nur erreichen, wenn wir sie faktisch genau unterfüttern. - Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Anmerkungen, dann zwei Klarstellungen. - Erstens. Den Eifer, den Sie hier bei Ihrem Antrag auf Bundesratsinitiative zeigen, hätten Sie auch in Ihrem Verhältnis zur Bundesregierung zeigen können; an dieser sind Sie immerhin beteiligt.
Ich bin dem Kollegen Peters sehr dankbar, dass er Ihnen noch einmal eindrücklich dargelegt hat, warum unser Weg der richtige ist und Ihrer letztlich nur Stimmungsmache. Ihren Weg gehen wir halt nicht mit. Wir wollen es sachlich und auf einer vernünftigen Entscheidungsgrundlage machen, und das ist auch richtig so.
Liebe Frau Midyatli, wir haben heute mit Genuss Ihre Rede gehört, die vor Süße nur so troff. Aber sie
entspricht eben nicht der bisherigen Debattenkultur. An dieser Stelle möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Protokoll der Plenarsitzung vom 26. September 2018 zitieren. In der damaligen Debatte über die Abschiebehaft haben Sie wörtlich gesagt:
„Aber wissen Sie, was der eigentliche Grund ist, dass ich mich über diesen Gesetzentwurf ärgere? - Das ist, dass unsere bunte, fröhliche und weltoffene Jamaika-Regierung hier einknickt. Dieser Gesetzentwurf ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Kniefall vor den Rechtspopulisten.“
Das haben Sie wörtlich gesagt. Angesichts dessen kann ich nur sagen: Ich bleibe bei meiner Bewertung, dass Ihre Debattenkultur von Unredlichkeit geprägt ist.
Da wir ja bei den Fakten bleiben wollen - dabei, was Sie alles so gesagt haben, Frau Midyatli -, halte ich Ihnen ein weiteres Zitat vor.
„Sie bleiben hart und wollen immer noch Kinder mit ihren Eltern inhaftieren. Das steht so im Gesetz.“
Entschuldigung! Das sind Ihre Worte gewesen. Und Sie fragen sich, warum ich Ihnen diese Debattenkultur vorwerfe,? Das kann nicht Ihr Ernst sein! Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens möchte ich Folgendes feststellen: Diese Debatte war und ist sicherlich schwierig. Wenn man sich aber für Worte, die gefallen sind, hinterher öffentlich entschuldigt hat, ist es nicht angemessen, das hier weiter fortsetzen.
Zweitens. Ich war zwar nicht anwesend, weiß aber, dass es im Ausschuss auch gegen meine Kollegin Aminata Touré herbe Vorwürfe und heftige Angriffe gab. Ich glaube, das liegt einfach daran, dass dieses Thema für uns alle ein sehr emotionales ist, und zwar nicht nur für die SPD, die Grünen und den SSW, die der Abschiebehaft eher kritisch gegenüberstehen, sondern auch für alle anderen, weil natürlich niemand gern Menschen einsperrt, die sich auf die Flucht begeben haben und hier als Geflüchtete sind.
Insofern, meine Damen und Herren, ist die Diskussion natürlich aufgeladen. Den einen wird vorgeworfen, dass sie unmenschliche Politik betrieben und wollten, dass Kinder in den Knast gingen. Den anderen wird vorgeworfen, dass nichts getan werde und alle Flüchtlinge reingelassen würden. Das ist doch im Grunde die Debatte.
Was wir heute hier allerdings bescheinigen werden, unabhängig davon, ob der Antrag der SPD oder der Jamaika-Fraktion eine Mehrheit erhält, ist die klare Aussage, dass wir in Schleswig-Holstein nicht wollen, dass Familien in den Knast gehen.
- In die Haft, Entschuldigung; ich soll nicht „Knast“ sagen. Sie sollen allerdings auch nicht in Abschiebehaft gehen.
Lars Harms hat auf die Probleme hingewiesen, die ein völliger Ausschluss bringt. Diese Probleme haben übrigens auch unsere Koalitionspartner genannt. Was passiert denn, wenn zum Beispiel ein Baby geboren wurde? Wir sagen: Dann soll die Frau mit dem Kind nicht in Haft genommen werden. Andererseits kann man auch sagen: Wenn Familien auseinandergerissen werden, besteht auch ein Problem.
Deshalb, meine Damen und Herren, ist der Vorschlag, die bundesrechtliche Rechtsverordnung zu streichen, aus unserer Sicht genau richtig.
Wie wir da hinkommen, hat Herr Peters, wie ich finde, sehr gut deutlich gemacht: In welchen Fällen wurde die Regelung angewandt? Ist sie notwendig? In welchen Fällen war sie notwendig? Sind das nur die zwei Fälle, die Lars Harms hier nannte? Dann können wir uns dazu entscheiden, anzustoßen, die Regelung zu streichen.
Wir haben uns in der Koalition auf diesen Weg geeinigt. Ich weiß, das war für die Koalitionspartner zum Teil ein sehr schwieriger Weg. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir diese Entscheidung treffen
konnten. Ich hoffe, dass wir uns an dieser Stelle auf einem guten Weg zu einer humanitären Lösung befinden. - Vielen Dank dafür.
Da ich hier ein-, zweimal angesprochen worden bin, möchte ich mich noch zu Wort melden. - Liebe Kollegin Midyatli, wenn ich meine Rede in Ruhe hätte halten können und nicht von den Zwischenrufen Ihrer Kollegen irritiert worden wäre, hätten Sie wahrscheinlich deutlicher wahrgenommen - ich hoffe, das ist angekommen -, dass ich Ihnen zugehört habe.
Ich möchte für heute positiv mitnehmen - wenn ich Sie ernst nehmen darf, wenn Sie das ehrlich meinten -, dass wir - Stand heute - darüber hinweg sind, dass Sie der Jamaika-Koalition vorhalten, sie wolle Minderjährige in Haft nehmen. In Ihrer Rede haben Sie aber gerade gesagt, dass Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir alle das nicht wollten.
Herr Harms hat auch sehr konziliante Worte gewählt. Insoweit können wir doch für heute feststellen, dass die Anhörung uns zumindest so weit gebracht hat, dass wir uns die polemischen, die emotionalen Vorwürfe nicht mehr leisten und wir fast alle Einvernehmen haben, dass wir Minderjährige und Familien mit Minderjährigen, wenn es sich denn vermeiden lässt, nicht in Haft nehmen wollen. Das, finde ich, ist ein gutes Ergebnis der Anhörung, Stand heute.
Es ist ehrlich gemeint gewesen, dass wir uns mit Ihrem Antrag befasst haben, wie mit anderen Anträgen auch. Wenn Kollegen aus Ihren Reihen, Frau Midyatli, schon wieder Lachen und Häme zeigen, zeigt dies auch, dass Sie mit Ihrer Auffassung vielleicht allein sind. Das ist kein einfacher Gang. Wir sagen, wenn sich die Prüfung ergibt, ist das nicht praxisrelevant, stehen wir dazu, eine Bundesratsinitiative mit Argumenten auf den Weg zu bringen. Das zeigt doch, dass wir es ehrlich meinen, uns damit befasst haben und nicht betonkopfmäßig unterwegs sind nach dem Motto: „Oh, wir sind gar nicht bereit, in diese Richtung zu denken“.
Wir denken nicht nur in diese Richtung, weil Sie das sagen, sondern auch weil es in der Anhörung gesagt wurde. Die Art, wie Sie das darstellen, ist
nicht fair; Wir hätten gesagt, wir wollten die Kinder nicht entsprechend unterbringen, und die Frau Kollegin Ostmeier habe so gemacht.