Protocol of the Session on February 14, 2019

So bin ich in der Anhörung nicht aufgetreten.

Herr Harms, dazu, was in der Anhörung alles gesagt wurde: Die Anhörung war schon emotional. Als ich Fragen gestellt habe beziehungsweise mich persönlich - ich habe ausdrücklich gesagt: nicht als Ausschussvorsitzende - geäußert habe, dass ich als Mutter von vier Kindern nicht zum Ziel habe, Familien mit Kindern in Haft zu nehmen, musste ich mir von Ihnen anhören, die Vorsitzende - sinngemäß, nicht wörtlich - sei hier inquisitorisch unterwegs. Das stellt dar, in was für einer Situation und mit welcher Emotionalität hier gegen eine Vorsitzende argumentiert wurde. Das ist nicht fair gewesen. Das wissen wir.

(Vereinzelt Beifall CDU und FDP)

Wenn wir heute in allen Redebeiträgen - unabhängig von den Zwischenrufen - einen gemeinsamen Stand haben, wenn wir uns auf einem gemeinsamen Weg befinden und noch besser werden können als die letzte Landesregierung, ist das positiv.

Frau Abgeordnete!

Letzter Satz. - Ich fände es schön, wenn es dazu keiner namentlichen Abstimmung bedürfte; denn eine namentliche Abstimmung hat ein ganz bestimmtes Ziel, nämlich einzelne Abgeordnete vorzuführen.

Frau Abgeordnete, Sie müssen nun wirklich zum Ende kommen.

Das wäre nicht nötig gewesen; aber wir machen das selbstbewusst.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Tobias Koch.

(Eka von Kalben)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mich nicht noch einmal zu Wort gemeldet, wenn die Kollegin Midyatli im Rahmen einer sachgerechten Debatte meine Zwischenmeldung zugelassen hätte. Daher möchte ich meinen Gedanken gern an diesem Podium vortragen.

Ich selbst habe an der Anhörung nicht teilgenommen, glaube aber ungesehen, dass alle Rechtsexperten in dieser bestätigt haben, dass wir den § 4 Absatz 2 Abschiebehaftgesetz streichen könnten.

Zu Ihrem Vorschlag, Frau Midyatli: Dieser Absatz könnte gestrichen werden. Das ändert allerdings nichts daran - das hat Herr Kollege Peters hier gerade in wunderbarer Art und Weise ausgeführt -, dass das höherrangige Recht, das Aufenthaltsgesetz, unverändert Gültigkeit besitzt und es dann nach wie vor zu einer Abschiebehaft von Minderjährigen kommen kann.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Ich habe mit meinen Gedanken gerade erst angefangen, aber gerne gestatte ich eine Bemerkung auch zum jetzigen Zeitpunkt.

Verehrte Kollege Koch, ich wollte Ihnen bei Ihrem Gedankengang ein bisschen helfen: Es ging in der Anhörung nicht um die Streichung von § 4 Absatz 2 Abschiebungshaftgesetz, sondern es ging um eine Formulierung der SPD-Fraktion, eine Umformulierung des Gesetzes, die die Unterbringung in Haft wegen Kindeswohlgefährdung faktisch ausschließen würde. Das ist von der Substanz her ein bisschen etwas anderes. Natürlich können Sie den Absatz streichen. Dann gilt das Bundesrecht in voller Schönheit.

Der Antrag der SPD - - Ich weiß genau, was ich gefragt habe. Ich habe mitnichten die Richtervereinigung, den Richterbund gefragt, was bei einer Streichung der entsprechenden Grundlage im Vollzugsgesetz passiert, sondern ich habe gefragt, was bei einer Änderung des Gesetzes, wie im SPD-Antrag vorgesehen, die keine Streichung darstellt, passiert. Diesen Änderungsvorschlag sollten Sie vielleicht noch einmal nachlesen, bevor Sie dazu weiter ausführen.

- Das brauche ich nicht, Herr Dr. Dolgner. Ich habe sehr wohl vor Augen, dass der SPD-Antrag einen Alternativtext vorsieht. Deswegen habe ich auch überhaupt nicht auf den Antrag abgestellt, auch nicht auf Ihren Wortbeitrag. Ich habe auf den Wortbeitrag der Kollegin Midyatli vorhin an diesem Pult abgestellt, die die Streichung des § 4 Absatz 2 in der Fassung des Entwurfs vorsieht. Ausschließlich damit beschäftige ich mich, ausnahmsweise nicht mit Ihnen.

Sie dürfen Ihre Rede weiterführen, Herr Abgeordneter. - Nein, es gibt noch einen weiteren Bemerkungswunsch des Abgeordneten Dr. Dolgner.

Ich lasse die Bemerkung gern zu, bitte.

Sie haben von der Anhörung gesprochen. Meine Frage in der Anhörung bezog sich mitnichten auf die Streichung der besagten Rechtsvorschrift, sondern auf die Änderung im Vollzugsgesetz. Darüber ist diskutiert worden.

Sie können Ihren Redebeitrag gern noch einmal nachlesen; konzedieren Sie, dass Sie in Ihrem Redebeitrag bezüglich der Beschreibung der Anhörung, bei der Sie nicht dabei waren, von einer falschen Fragestellung ausgegangen sind. Das hat so, nach meiner Erinnerung, in der Anhörung auch niemand gefragt.

- Herr Kollege Dr. Dolgner, vielleicht diskutieren Sie darüber noch einmal fraktionsintern. Ich habe mich in meinem Redebeitrag auf die Kollegin Midyatli bezogen, die eben ausgeführt hat, in der Anhörung sei dargestellt worden, der § 4 Absatz 2 könne gestrichen werden. Darauf beziehe ich mich. Klären Sie es bitte untereinander.

(Wortmeldung Dr. Kai Dolgner [SPD])

- Die Frage ist beantwortet; ich glaube, das Zulassen von zwei Fragen ist ausreichend.

Jetzt muss man sich vor Augen führen, was passieren würde, wenn wir § 4 Absatz 2 strichen, das höherrangige Recht aber unverändert bestehen bliebe: Was regelt § 4 Absatz 2? Er regelt, dass wir unbegleitete Minderjährige von Erwachsenen getrennt unterbringen. Das ist im Interesse der Minderjährigen. § 4 Absatz 2 regelt, dass für Minderjährige altersgerechte Spiel- und Erholungsmöglichkeiten vorhanden sein müssen. Das ist im Sinne der Min

derjährigen. Und § 4 Absatz 2 regelt, dass für die Minderjährigen ein Zugang zur Bildung gewährleistet sein muss. Auch das ist im Interesse der Jugendlichen. Das können wir natürlich alles streichen - aber die Jamaika-Koalition hat nichts formuliert, was nicht zugunsten der Jugendlichen wäre, hat den Rechtsrahmen ausgeschöpft, um bestmögliche Bedingungen zu schaffen.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Die Kollegin Midyatli hat vorhin vorgeschlagen, all das zu streichen. Auf dieser Basis, weil wir uns im Gesetz für die Jugendlichen eingesetzt haben, haben Sie uns monatelang vorgeworfen, wir wollten Kinder und Jugendliche inhaftieren. Deswegen bin ich ganz und gar bei meiner Kollegin Barbara Ostmeier.

Diese Polemik kann man sich wirklich sparen; denn wir versuchen, zugunsten von Kindern und Jugendlichen etwas zu tun. Deswegen ist ein Streichungsantrag, Frau Kollegin Midyatli und Herr Kollege Dolgner, das Allerschlechteste, was wir machen können. Das sollten Sie bei sich in der Fraktion klären. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.

(Die Jalousien des Plenarsaals werden auto- matisch abgesenkt - Zuruf: Jetzt verdunkelt sich der Saal! - Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, bevor es hier ganz dunkel wird - jetzt werden die Jalousien wieder hochgefahren -, möchte ich Sie um etwas Ruhe bitten. Vielleicht können wir das Tageslicht zumindest insoweit in den Plenarsaal eindringen lassen, dass es hell genug ist.

(Die abgesenkten Jalousien kommen beim Herauffahren ins Stocken)

Meine Damen und Herren, wir werden das Technische jetzt regeln. Die Jalousien gehen auch wieder hoch. -

(Die Jalousien fahren hoch)

Nachdem die entsprechenden Helligkeitswerte hier wieder gegeben sind, hat der Abgeordnete Dr. Stegner das Recht, seinen Dreiminutenbeitrag vorzutragen. Bitte schön, Herr Dr. Stegner. - Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Aufmerksamkeit.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Haus eine außerordentlich positive Tradition, die humanitären Spielräume zugunsten von Flüchtlingen so weit wie möglich auszudehnen. Das hat weitgehend im Konsens der meisten hier im Haus stattgefunden, außer den Demokratiefeinden, die hier sitzen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Was soll das immer?)

Alle anderen haben das mitgetragen.

Das hat dazu geführt, dass wir uns - zum Teil auch als Minister - mit dem Bundesinnenminister angelegt haben. Auch mir ging es in der damaligen Zeit so, dass wir uns mit den eigenen Parteiführungen darüber gestritten haben, weil wir gesagt haben: Wir wollen humanitär das Bestmögliche für die Menschen tun, die nun hier sind.

Nun ist es der erklärte Wille von allen hier - das akzeptiere ich, und das hat Frau Midyatli vorhin auch gesagt -, dass wir nicht wollen, dass Kinder und Jugendliche in Abschiebehaft kommen. Dann haben wir über Wege diskutiert, wie man das verhindern kann. Zum Beispiel waren wir nicht dafür, in Norddeutschland ein großes Abschiebegefängnis zu machen. Das haben Sie anders gesehen. Wir haben übrigens damals im Koalitionsvertrag gesagt, wir schließen das Gefängnis in Rendsburg, und haben das auch gemacht.

Dann haben wir gesagt: Abschiebehaft soll es nur für diejenigen geben, die Straftäter sind, nicht aber für andere und für Kinder schon gar nicht. Dann haben Sie gesagt, Sie würden ein Gesetz machen.

Dann kam das Gesetz, und unser Vorschlag war daraufhin: Dann trefft doch keine Regelung darüber, wie man mit Kindern umgeht. Schließt es aus, dass die in solche Abschiebegefängnisse kommen. Sie haben gesagt, das gehe entgegen Ihrer Einschätzung nicht. Sie meinten, dann müsse man das Bundesgesetz ändern. Wir haben gesagt: Okay, das ist nicht unsere Auffassung; aber uns allen gemeinsam gehe es ja um den Willen, das umzusetzen. Dann macht mal eine Bundesratsinitiative. Eine Bundesratsinitiative - Herr Kollege Peters, ich schätze Sie sehr - ist mit Verlaub aber nicht eine Übung, bei der man monatelang in Arbeitsgruppen bestimmte Dinge prüft, sondern eine Bundesratsinitiative setzt den politischen Willen dieses Hauses um, dem Bundesrat zu sagen: Wir wollen im Bundesgesetz nicht haben, dass die Ermächtigungsgrundlage da ist.

(Beifall SPD)

(Tobias Koch)

Das kann man selbst dann tun, wenn man nicht der Auffassung von Frau Midyatli folgt, dass es auch noch ein höherrangiges Recht gibt als das Bundesrecht, nämlich die Konvention der Vereinten Nationen.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Dann ist doch klar, was hier passiert. Sie sind in der Koalition nicht in der Lage, sich über den Weg zu verständigen. Das verstehe ich, aber trotzdem sind die Reden, die gehalten worden sind, Reden des schlechten Gewissens. Das kann man auch merken. Die Emotionen gehen auf allen Seiten hoch. Insoweit möchte ich auch nicht ausschließen, dass bei uns mal ein Ton danebengeht. Das ist vielleicht auch der Tatsache geschuldet, dass es sich hier um eine Sache handelt, die sehr ernst zu nehmen ist, für die man sich engagiert einsetzt.

Aber ich frage Sie schon, was uns daran hindert wir machen ja auch ganz andere Bundesratsinitiativen - zu sagen: Wir wünschen nicht, dass Kinder und Jugendliche in Abschiebehaft kommen. Also nehmen wir das aus der Ermächtigungsgrundlage des Bundesgesetzes heraus und kämpfen dafür, dass Entsprechendes passiert. Was hindert Sie daran, uns zu folgen und dem Antrag zuzustimmen?