Protocol of the Session on February 13, 2019

(Hans-Jörn Arp)

Wir sind nicht mehr allein; das haben Sie auch gesagt. Vor sechs Jahren standen wir allein da. Sie wissen ja, wie es ist, wenn man allein kämpft - derzeit gegen den Rest des Hauses. Sie können einmal in den Spiegel gucken.

Wir wissen von anderen Bundesländern, die den Weg mit uns gehen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: 3 von 16!)

Unter den B-Ländern besteht inzwischen eine geschlossene Front. Das ist die Situation. Unter den A-Ländern herrscht bislang noch keine Vernunft.

(Lachen SPD)

Sie, Herr Dr. Stegner, waren derjenige, der immer wieder gegen die Sportwetten gewettert hat: „Unmöglich! Geht überhaupt nicht!“ Alle anderen Bundesländer sagen heute: „Wir brauchen Sportwetten nach dem schleswig-holsteinischen Modell. Schleswig-Holstein darf diesen Weg nicht blockieren.“

Wir blockieren auch nicht. Wissen Sie, warum wir nicht blockieren? Diesen Weg wollten wir bereits vor sieben Jahren gehen. Jetzt gehen andere Bundesländer diesen Weg. Jetzt können wir nicht sagen: „Jetzt machen wir nicht mit.“ Natürlich unterstützen wir das. Das unterstützen wir, weil auch ODDSET, weil der Deutsche Lotto- und Totoblock das will.

Wie ist denn die Situation beim Lotto-Spiel? Sie müssen sich mal erkundigen: In allen europäischen Ländern außer Deutschland ist der Umsatz in den letzten Jahren um 30 % gestiegen. Warum hier nicht? Weil Sie immer behaupten, Lotto mache süchtig.

Nennen Sie mir einen Lottospieler, der durch das Lottospielen süchtig wurde! Das, was Sie, Herr Dr. Stegner, machen, ist doch nicht glaubwürdig.

Die Frage ist: Wie gehen wir weiter vor? Am 21. März 2019 findet die Ministerpräsidentenkonferenz statt. Dann wird sich entscheiden, ob es einen Sonderweg Schleswig-Holstein gibt. Es wäre schön, wenn zumindest diejenigen Online-Anbieter, die sich an unsere Spielregeln gehalten haben, auch zukünftig über unseren Server laufen, wir also eine sogenannte White List erstellen. Das könnten wir genehmigen; diese Anbieter können wir weiter kontrollieren.

Wenn das nicht der Fall ist, werden wir zusammen mit einigen anderen Bundesländern - Sie nannten diese - sagen: „Wir wollen diesen Markt kontrollieren, wir werden ihn legalisieren.“ Wenn wir ihn legalisieren, behalten wir dafür das System mit den

Lizenzen. Wir sind ganz intensiv im Gespräch - das kann ich auch deutlich sagen - mit Hessen. Aber auch Nordrhein-Westfalen versucht, mit uns einen gemeinsamen Weg zu gehen. Diese Bundesländer versuchen so wie wir, Herr Dr. Stegner, alle mitzunehmen. Unser Ziel ist, alle 16 Bundesländer auf den Weg zu bringen, den wir 2012 schon mal gegangen sind, etwa nach dem Muster von Dänemark: In Dänemark ist es gelungen, 90 % des Marktes zu legalisieren. Das ist der Weg, den wir in Zukunft gehen werden.

Ich glaube, irgendwann, Herr Dr. Stegner - wenn Sie Ihre interne Brille abnehmen, sich öffnen und fragen, wie die Welt um Sie herum aussieht, was um Sie herum stattfindet - , werden Sie merken, dass wir hier in Schleswig-Holstein Arbeitsplätze schaffen und damit den Spielerschutz, aber auch den Jugendschutz garantieren. Mit Ihrem Modell wird das nicht kommen. Das sage ich Ihnen schon heute. Das ist die Zukunft, in die wir gehen wollen.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Verlassen Sie Ihren ideologischen Kampf! Sagen Sie auch den A-Ländern, dass sie sich in Schleswig-Holstein umschauen sollen, um zu sehen, wie das funktioniert. Wir wollen auch diese überzeugen. Wir wollen sie gern mitnehmen. Aber ich sage Ihnen auch: Wenn diese Länder nicht mit uns gehen, dann gehen wir den Weg allein. Die SPD steht dann bundesweit wieder einmal allein da. Sie werden die Leute mit Ihren Argumenten nicht erreichen. Hoffentlich habe ich Sie heute erreicht. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Rasmus Andresen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Stegner, wir haben, glaube ich, sehr viele politische Übereinstimmungen in sehr vielen Fragen. Das haben wir schon oft festgestellt.

Aber beim Thema Glücksspielpolitik frage ich mich sehr oft: Was ist eigentlich mit diesem Mann los? Ich verstehe es nicht. Ich verstehe es nicht, weil Sie scheinbar die Haltung haben, alles solle so bleiben, wie es ist. Aber wenn alles so bleibt, wie es ist, ist nicht alles gut. Das hat mein Kollege Arp ge

(Hans-Jörn Arp)

rade schon beschrieben; darauf will ich gleich noch eingehen. Denn eines ist auch klar: Wenn man die Augen vor Problemen verschließt, dann verschwinden sie nicht. Dann sind sie immer noch da. Man wird es spätestens dann feststellen, wenn man die Augen wieder aufmacht. Das ist nicht unser Politikkonzept. Wir probieren, in der Glücksspielpolitik einen Weg zu gehen, der Lösungen schafft. Da sind wir uns ja in der Koalition einig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Ganz kurz zum Thema Online-Lizenzen: Die Online-Lizenzen laufen aus. In der Küstenkoalition hatten wir damals spannende Beratungen dazu. Jetzt sind die Lizenzen ausgelaufen. Wir, die Grünen, sehen keine Möglichkeiten, diese auf jetziger Grundlage zu verlängern. Wir gehen davon aus, dass das Innenministerium dementsprechend handelt.

Sie haben uns allerdings in Ihrer Pressemitteilung vergangene Woche aufgefordert, darüber zu sprechen, was für eine Glücksspielpolitik wir uns für die Zukunft vorstellen. Dazu möchte ich einige Sätze sagen.

Zum einen wächst - Herr Kollege Arp hat es gerade schon erklärt; man kann es nicht oft genug und deutlich sagen - der Online-Markt trotz der Verbotspolitik der anderen Bundesländer. Allein 2017 gab es 36 % Wachstum; seit 2014 sind es plus 80 %. Wir reden von einem Markt mit 50 Milliarden € Umsatz. Wir reden davon, dass viele der Anbieter beziehungsweise alle Anbieter ins Ausland gedrängt werden. Wir in der deutschen Politik, als Parlament haben dann überhaupt keinen Einfluss mehr darauf, wie das Online-Glücksspiel bei uns ausgestaltet ist. Das hilft niemandem. Das hilft vor allem nicht den Menschen, die unsere Hilfe benötigen, weil sie spielsüchtig geworden sind. Gerade um diese müssen wir uns doch kümmern. Gerade für diese müssen wir Glücksspielpolitik machen. Deswegen brauchen wir eine Regulierung und sollten nicht an einem Totalverbot festhalten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Denn dass Totalverbote nicht wirken, sollten wir in Deutschland eigentlich gelernt haben. Wir haben bei der Prohibition des Alkohols erlebt, dass so etwas nicht funktioniert. Wir haben die Debatte um das Thema Cannabis; liebe Grüße an die CDU: Das, was ihr beim Glücksspiel macht, dürft ihr gern bei Cannabis nachholen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Prohibitionspolitik funktioniert nicht. Das sollten wir eigentlich wissen.

Sie haben das Thema Cannabis, Herr Kollege Dr. Stegner, in Ihrer Rede erwähnt; ich möchte Sie bitten, auch beim Thema Glücksspielpolitik zu einer realitätsorientierten Politik zu kommen, die bedeutet, dass wir uns darüber unterhalten: Was kann man konkret tun, um vor Spielsucht zu schützen, um Anbieter zu regulieren, wie wir es gern wollen?

Gerade deshalb wollen wir einen neuen Anlauf wagen. Gerade deshalb unterstützen wir unsere Landesregierung bei der Ministerpräsidentenkonferenz im März dabei, diesen Weg einzuschlagen. Wir machen das nicht, weil es uns egal ist und wir, wie Sie sagen, die Zockerfreunde nach Schleswig-Holstein holen beziehungsweise sie hier halten wollen. Nein, wir wollen einen gesetzlichen Rahmen, der wirkt. Wir wollen nicht dabei zuschauen, dass das Ausland diktiert, wie es hier mit der Glücksspielpolitik weitergeht.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Ziel ist es, den Staatsvertrag zu öffnen. Das Ziel muss auch weiter sein, das gemeinsam mit anderen Ländern zu machen. Ich persönlich bin optimistisch, dass das gelingen kann, weil sehr viele Bundesländer - mein Kollege Arp hat in diesem Punkt recht - inzwischen sehen, dass die Debatte weitergelaufen ist, dass der Online-Markt wächst, dass alle Länder vor demselben Regulierungsproblem stehen wie Schleswig-Holstein.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Deswegen bewegen sich einige Länder, Herr Kollege Dr. Stegner. Deshalb wollen wir mit diesen Ländern gemeinsam daran arbeiten.

Neben dieser inhaltlichen Dimension gibt es noch eine rechtliche Dimension. Ich möchte gern daran erinnern, dass wir mit der Glücksspielpolitik in Deutschland immer wieder mit dem EU-Recht in Konflikt gekommen sind; auch das sollte uns zu denken geben. Auch das ist Anlass, um bei der Ministerpräsidentenkonferenz im März einen Vorstoß zu wagen.

Wir wollen keinen schleswig-holsteinischen Sonderweg, sondern wir glauben, dass es in der EU einen deutschen Sonderweg braucht. Das zeigt uns beispielsweise auch die Glücksspielpolitik in unse

(Rasmus Andresen)

rem Nachbarland, in Dänemark. In letzter Zeit kritisiere ich hier sehr oft mit starken Worten die dänische Politik - von Wildschweinzaun bis Asylpolitik. Aber beim Glücksspiel gibt es eine große parteiübergreifende Einigkeit darüber, dass der Weg, den sie gehen, erfolgreicher ist.

Jetzt bin ich sehr gespannt, von Ihnen in der weiteren Debatte zu hören, Herr Kollege Stegner, ob Sie wirklich meinen, dass Dänemark ein Land ist, das Casino-Unternehmen anzieht, nur um schnell Kasse zu machen, oder ob das nicht ein Modell ist, bei dem auch sehr viel auf Schutz, auf Prävention geachtet wird, und ob das nicht ein Modell sein könnte, das auch für uns in Deutschland vorbildlich sein könnte. Wir Grüne glauben, dass wir in dieser Richtung weiterarbeiten sollten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Lars Harms [SSW])

Der nächste Schritt ist die Ministerpräsidentenkonferenz. Wir wünschen unserem Ministerpräsidenten sehr viel Glück und sehr viel Erfolg bei den Verhandlungen; denn diese werden sehr kompliziert sein. Es gibt sehr unterschiedliche Positionen im Kreise der Ministerpräsidenten der unterschiedlichen Bundesländer. Aber es ist richtig, diesen Weg zu gehen. Es ist auch wichtig zu probieren, dort Veränderungen anzustoßen.

Wenn wir mit einer Änderung des Staatsvertrags nicht erfolgreich sein sollten, dann müssen wir überlegen, wie wir damit umgehen, und dann müssen wir auch gucken, ob und wie wir zusammen mit anderen Ländern darauf reagieren und handeln. Das, finde ich, ist nur folgerichtig und sollte zumindest eine Option sein, die wir jetzt nicht vom Tisch wischen sollten.

Wir Grüne freuen uns auf diese Debatte, weil wir glauben, dass es der erfolgreichere, der realistischere und der bessere Weg ist gerade für die Leute, die darauf angewiesen sind, dass wir uns hier im Parlament mit dem Glücksspiel auseinandersetzen.

Ich freue mich auf die weitere Debatte und möchte Sie dazu auffordern, als SPD-Fraktion in der weiteren Ausgestaltung auch Ihre Vorschläge einzubringen; denn eines ist auch immer klar: Sie nutzen so etwas immer für polemische Reden - heute etwas weniger als noch vor einigen Jahren; das gebe ich gern zu -, aber Sie haben bisher immer nur die gleichen Vorschläge vorgelegt. Deshalb gehe ich davon aus, dass Ihre Position die ist: Es soll alles so bleiben, wie es ist. Das wäre jedoch grob fahrlässig. Wir gehen einen anderen Weg, und das ist auch gut so. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Lars Harms [SSW])

Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, Herr Abgeordneter Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich sehr auf diese Aktuelle Stunde gefreut. Deshalb bin ich der SPD-Fraktion dankbar dafür, dass sie diese Aktuelle Stunde angemeldet hat. Der Titel ist durchaus bemerkenswert, Herr Stegner. Aber der Herr Oppositionsführer hat die Regierung aufgefordert, hier heute noch einmal zu erklären, welche Glücksspielpolitik sie in Zukunft eigentlich betreiben will. Dem kommt die Regierung sicherlich gern nach. Ich komme auf jeden Fall gern der Aufforderung nach, als regierungstragende Fraktion noch einmal zu erklären, was wir eigentlich wollen.

Wir haben ja bereits in unserem Koalitionsvertrag sehr deutlich gemacht, wohin die Reise gehen wird, und haben auch schon sehr früh nach der Regierungsübernahme im Parlament mit großer Mehrheit einen entsprechenden Beschluss gefasst. Das war im September 2017. Wir haben damals eine Annahme des damaligen Glücksspieländerungsstaatsvertrags ausgeschlossen und die Leitplanken für eine neue Glücksspielpolitik definiert. Deshalb ist der Vorwurf lächerlich, es sei skandalös, dass die Regierung dem Parlament das nicht vorgelegt habe. Das Parlament hat die Regierung beauftragt, das nicht mitzuzeichnen und das dem Parlament nicht vorzulegen. Das sind nun einmal die Tatsachen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)