Protocol of the Session on July 20, 2017

Warum? - Weil wir für diese Förderung gesamtgesellschaftliche Akzeptanz benötigen. Diese Leistun

gen werden schließlich von allen Steuerzahlern aufgebracht. Für uns gilt der Grundsatz, dass die, die in der Gesellschaft mehr leisten können, auch mehr leisten sollen. Bei jungen Menschen mit prinzipiell kostenlosem Hochschulabschluss kann man erwarten, dass sie ihren gesamtgesellschaftlichen Beitrag danach leisten, zumal die Rückzahlmodalitäten schon jetzt sehr entgegenkommend sind. Nur die Hälfte muss zurückgezahlt werden, es gibt eine Obergrenze von 10.000 €, erstmalige Rückzahlung spätestens fünf Jahre nach Studienabschluss - man kann also zwischenzeitlich etwas anderes machen oder arbeiten -, Streckung der Rückzahlung auf bis zu 20 Jahre verteilt. Sonderregelungen, zum Beispiel für Studierende mit Kind, gibt es auch noch.

Im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz halten wir bei derzeitiger Rechtslage die geltende Regelung bezüglich der BAföG-Teilrückzahlung für vernünftig und vertretbar.

Falls der SSW an einem Modell in Anlehnung an ein Vollstipendium festhalten möchte, empfehle ich einen weiteren Blick in unseren Koalitionsvertrag. Es wird ein Zukunftslabor geben, in dem wir zum Beispiel über liberales Bürgergeld sowie generell Grundeinkommen und staatliche Transferleistungen sprechen werden. Da wäre das ein idealer Ansatz.

Der Antrag der Koalition ist gesamtgesellschaftlich ausgewogener und sollte daher vom Hohen Haus beschlossen werden. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die AfD-Fraktion hat uns mitgeteilt, dass sie zu diesem Tagesordnungspunkt auf einen Redebeitrag verzichtet. - Nun erteile ich zu einem Dreiminutenbeitrag der Kollegin Jette Waldinger-Thiering vom SSW das Wort.

Vielen Dank, Herr Vizelandtagspräsident! Dem SSW geht es nicht darum, jungen Menschen Geschenke zu machen. Es sind und bleiben unsere Kinder, es geht um die jungen Menschen, die wir in die Selbstständigkeit entlassen wollen und die mit ihrem Studium eine Zukunft planen sollen, nicht nur für sich. Wir diskutieren immer wieder: Wo bleiben unsere klugen Köpfe ab, und was erwarten wir von diesen klugen Köpfen?

Wir gehen davon aus, dass ein elternunabhängiges BAföG nicht die Kinder reicher macht, sondern die

(Dennys Bornhöft)

jungen Menschen fangen an und bekommen ein Einkommen, um ein Studium beginnen zu können, um in eine Zukunft zu starten, die unerwartet ist. Lasse Petersdotter hat es gerade gesagt: Viele junge Menschen, die keinen Akademiker zu Hause haben, wissen gar nicht, was auf sie zukommt. Sie haben große Bedenken, mit der Ausbildung anzufangen. Es kann sich keiner leisten, kluge Köpfe zu Hause zu lassen, weil sie nicht wissen, wie sie ihre Zukunft und ihr Studium finanzieren sollen.

Als wir über die HSG-Novelle diskutiert haben, habe ich gesagt: Solange wir kein elternunabhängiges BAföG haben, ist die Anwesenheitspflicht ein Teilinstrument, um eine Möglichkeit zu geben, Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen. Die Steuererleichterungen, die vom Bund angestrebt werden, sind ein kleines Gießkannenprinzip. Wir werden einigen mehr geben, aber die, die das tatsächlich benötigen, werden es nicht kriegen.

Die Verwaltungskosten sind schon angesprochen worden.

Ich appelliere noch einmal an die Jamaika-Koalition: Lassen Sie uns beide Anträge in den Finanzund in den Bildungsausschuss überweisen, damit wir gemeinsam

(Die Abstimmungsglocke ertönt)

- ich habe hier noch Zeit - etwas Kluges zum Wohle der jungen Menschen in Schleswig-Holstein und als Inspiration für die Bundesrepublik Deutschland auf den Weg bringen können. Ich appelliere, dass wir beide Anträge in den Bildungs- und den Finanzausschuss überweisen. Wir wollen die jungen Menschen nicht in Euros reicher machen, aber reicher mit guten Ideen, und wir wollen kluge Köpfe auf den Weg bringen.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Entschuldigen Sie diese kleine Störung, wir probieren die Technik hier noch aus.

(Heiterkeit)

Ich erteile nun für die Landesregierung der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Frau Karin Prien, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Zunächst einmal vielen Dank für diese Debatte, die sehr deutlich zeigt, dass jedenfalls der überwiegende Teil hier im Haus das Thema Chancengerechtigkeit in der Bildung sehr ernst nimmt und dass wir in diesem Zusammenhang das Thema elternunabhängiges BAföG miteinander diskutieren können. Es ist bereits mehrfach erwähnt worden, dass sich auch die Koalition im Koalitionsvertrag mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Wir haben das Thema elternunabhängiges BAföG auf der Agenda und haben uns gemeinsam dazu entschlossen, hierzu eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen.

Allerdings - auch das wurde bereits gesagt - ist unser Ansatz etwas weitergehend. Uns geht es auch sehr um die Teilzeitstudierenden und jene, die sich ehrenamtlich engagieren. Insgesamt, meine Damen und Herren vom SSW, rennen Sie damit bei uns ein offenes Scheunentor ein.

Das Ganze ist kein Selbstgänger, darüber müssen wir uns im Klaren sein. Wir müssen uns starke Verbündete suchen, sonst werden wir im Bund damit keinen Erfolg haben.

Richtig ist aber auch, dass das Thema elternabhängiges BAföG, das wir jetzt haben, an vielen Stellen bereits durchbrochen ist und es in Teilbereichen bereits eine BAföG-Regelung gibt, die Studierenden, Schülern und Auszubildenden BAföG gewährt, das unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern ist. Ich verzichte darauf, das im Einzelnen auszuführen. Die Ausnahmetatbestände gibt es. Sie sind hier bereits genannt worden.

Trotzdem haben auch wir in der Koalition - das will ich freimütig einräumen - in einem durchaus schwierigen Abwägungsprozess darüber gesprochen, wie man erreichen kann, Bildungserfolg, der in Deutschland leider in der Realität immer noch stark von der sozialen Herkunft abhängig ist, zu erreichen. Da muss etwas passieren. Es gibt viele Stellschrauben, wie man das erreichen kann. Das ist eine solche, an die man aus unserer aller Sicht herangehen sollte. Dennoch ist es ein schwieriger Abwägungsprozess, Herr Bornhöft, denn man muss draußen schon erklären, warum ein Chefarztkind elternunabhängiges BAföG erhalten soll. Das ist zunächst einmal, wenn man soziale Gerechtigkeit ernst nimmt, zumindest erklärungsbedürftig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Jette Waldinger-Thiering)

Deshalb dieser schwierige Abwägungsprozess. Dennoch sagen auch wir als Jamaika-Koalition: Ja, es ist richtig, da heranzugehen, weil wir das Ziel, mehr Kinder aus Familien, die es nun einmal schwerer haben, in eine akademische Ausbildung zu bringen, erreichen müssen. Deshalb haben wir uns am Ende gemeinsam dazu entschieden.

Daran, dass Sie, Herr Harms, mit Ihrer Zahl, den genannten 3 Milliarden €, die das angeblich kosten soll, richtig liegen, habe ich erhebliche Zweifel. Möglicherweise ist es deutlich mehr. Man würde nämlich einen Anreiz dafür schaffen, dass im Grunde jeder, der studieren will, das unter Inanspruchnahme von BAföG tun könnte. Das heißt, dass es nicht nur diejenigen sind, die jetzt elternabhängig BAföG bekommen, sondern darüber hinaus sehr viele mehr. Da reden wir möglicherweise von einer Verfünffachung der Anzahl derjenigen, die BAföG beantragen würden. Dann sind es vielleicht nicht 3 Milliarden € mehr, sondern eher 9 oder 12 Milliarden €. Dann kommen wir langsam in eine Dimension, in der wir uns sehr ernsthaft über Prioritätensetzungen unterhalten müssen. Sie haben recht, dann ist es ein finanzpolitisches Thema. Das Geld kann man eben nur einmal ausgeben. Das gilt nicht nur für die schwäbische Hausfrau, sondern das gilt auch sonst.

Der zweite Punkt, mit dem Sie sich beschäftigt haben, ist die Frage: Ist es richtig, dass BAföG zurückgezahlt werden muss? Ja, dieser Auffassung sind wir nach wie vor, auch nach der Beratung dieses Antrags. Die Frage ist: Was passiert, wenn man das einführen würde, mit unserer gesamten Unterhaltssystematik? Sie würden quasi die Unterhaltssystematik bei den Eltern verändern. Dann muss man auch darüber sprechen, was man eigentlich mit der Unterhaltsverpflichtung der Kinder gegenüber den Eltern im Alter macht. Das wären Dinge, die man im Gesamtzusammenhang diskutieren müsste, denn das Ganze ist aus meiner Sicht also keineswegs trivial.

Eine weitere Frage ist: Ist es eigentlich richtig, in der Pyramide der Bildungsfinanzierung gerade an dieser Stelle anzusetzen? Oder müsste man es nicht eigentlich etwa im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kita-Beitrages diskutieren? Ist es nicht viel wichtiger, unten anzusetzen und die Mittel, die zur Verfügung stehen, erst einmal im Bereich der Kostenfreistellung des Kita-Besuches einzusetzen?

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Deshalb finde ich, dieser Antrag ist eine wichtige Anregung zur Diskussion über die Bildungsfinanzierung, greift aus unserer Sicht aber noch nicht weit genug. Ich freue mich über eine umfassendere und tiefgreifendere Debatte zu diesem Thema und bedanke mich für den Antrag.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/13 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/97 dem Bildungsausschuss

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Und Fi- nanzausschuss!)

- und dem Finanzausschuss - zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Die sehe ich nicht. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Antrag der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/13, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen kann es nicht mehr geben. Damit ist der Antrag des SSW, Drucksache 19/13, mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen von SPD, SSW und AfD abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/97, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Dann ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW gegen die Stimmen der AfD bei Stimmenthaltung der SPD so beschlossen.

Wir kommen zu einem weiteren Tagesordnungspunkt. Das ist der Tagesordnungspunkt 5:

Wahl der Mitglieder des Medienrates der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH)

(Ministerin Karin Prien)

Wahlvorschlag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/72

Eine Aussprache dazu ist nicht vorgesehen.

Ich lasse über den Wahlvorschlag abstimmen und schlage Ihnen hierfür eine offene Abstimmung vor. - Widerspruch höre ich nicht. Dann werden wir so verfahren.

Ich weise noch darauf hin, dass für die Wahl die Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages, also 49 Abgeordnete, erforderlich sind.

Wer dem Antrag Drucksache 19/72 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Damit ist der Wahlvorschlag Drucksache 19/72 mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW gegen die Stimmen der AfD-Fraktion angenommen. Ich stelle fest, dass damit die erforderliche Zweidrittelmehrheit für die Annahme erreicht ist. Damit sind die vorgeschlagenen Mitglieder des Medienrates gewählt. - Herzlichen Glückwünsch!

Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis 15 Uhr und wünsche allen eine angenehme Mittagspause.

(Unterbrechung: 13:00 bis 15:33 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne wieder die Sitzung. Bevor wir mit der Tagesordnung fortfahren, rufe ich einen Punkt außerhalb der Tagesordnung auf: