Protocol of the Session on July 20, 2017

Ich will auch das noch einmal sagen: Wo der Ingenieur sitzt und den Plan bearbeitet, ist doch letztlich egal. Er sitzt an einem PC und macht seine Arbeit nach fachlichen Erwägungen. Er buddelt nicht selbst und schaut nach, ob gerade gebaut worden ist. Es gibt professionelle Unternehmen, die die Bauaufsicht übernehmen. Ich finde, wir müssen an dieser Stelle die Kirche im Dorf lassen.

Die Bundesautobahnverwaltung wird bundeseinheitlich geregelt. Ich finde, das sollte auch für die Verwaltung der Bundesstraßen gelten. Das ist meine politische Auffassung. Wir werden das noch prüfen. Dennoch kann ich meine Auffassung haben. Diese habe ich in allen Gesprächen eingebracht, weil es für mich gute Gründe gibt, die Bundesinfrastruktur aus einer Hand zu planen und zu gestalten. Für meine Position habe ich eine ganze Reihe von fachlichen Gründen.

Bitte lassen Sie uns diese Frage fachlich noch einmal erörtern und nicht in Polemik verfallen, wie es in dieser Debatte zeitweilig geschehen ist. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, vereinzelt CDU und Beifall Volker Schnur- busch [AfD])

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meines Beitrags in dieser Debatte einige Behauptungen richtigstellen; das ist notwendig. - Ja, wir haben die Möglichkeit, neben der zwingenden Übertragung der Kompetenzen für die Bundesautobahnen der Frage nachzugehen, ob wir auch die Bundesstraßen in die bundesunmittelbare Verwaltung übergeben wollen. Herr Kollege Vogel, warum entscheiden wir diese Frage nicht heute, das heißt ganz schnell? Weil es zum einen - natürlich! - die Interessen der Beschäftigten gibt, aber weil auch andere Interessen zu berücksichtigen sind. Die Interessen wollen miteinander abgewogen sein.

Ein Hinweis gehört dazu: Allein durch die Übertragung der Kompetenzen, was die Bundesautobahnen angeht, steht dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr einer der größten Umstrukturierungsprozesse bevor; denn er ist nicht so strukturiert, dass an einer Stelle Leute sitzen, die ausschließlich Bundesautobahnen planen, an anderer Stelle Leute, die ausschließlich Bundesstraßen planen, und wiederum anderswo Leute, die ausschließlich für die Landesstraßen zuständig sind. Über alle Niederlassungen hinweg sitzen in allen Strängen Leute, die für unterschiedliche Aspekte zuständig sind. Allein der Umstrukturierungsprozess, den wir jetzt vornehmen müssen, um die Übertragung der Zuständigkeit für die Bundesautobahnen zu realisieren, sorgt dafür, dass wir oben abschichten müssen. Wir müssen quasi horizontal durch die Organisation hindurchgehen. Es ist nicht schlau - wenn ich keine Zielorganisation im Kopf habe -, sich vorher festzulegen, wie die Organisation dann aussehen soll. Es hat keinen Sinn, Einzelmaßnahmen vorwegzunehmen.

Es geht natürlich um die Interessen der Beschäftigten.

(Kai Vogel [SPD]: Also eine weitere Hänge- partie von drei Jahren?)

- Nein, Herr Vogel, die Hängepartie wird nicht um drei Jahre verlängert. Wir müssen im Zusammenhang mit den Bundesautobahnen sowieso eine Umstrukturierung des Betriebes vornehmen. Der Frage, wie die Umstrukturierung vorgenommen werden soll, müssen auch Sie sich innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre klärend stellen. Dabei gilt es zum einen, die Interessen der Beschäftigten sicherzustellen. Zum anderen gilt - auch diesen Punkt möchte ich in die Debatte einbringen -: Verwaltung hat auch eine dienende Funktion. So habe ich es einmal gelernt. Es geht bei alledem nicht nur darum, die Interessen der Beschäftigten zu sichern, sondern es geht auch darum - das sehen die beim LBV Beschäftigten sicherlich genauso -, die bestmögliche Geschwindigkeit für den Bau der Straßen im Land zu erreichen. Das muss doch die oberste Zielsetzung sein.

(Beifall CDU und FDP)

Folgende Aufgaben verbleiben:

Erstens. Wir wollen bei den Bundesautobahnen besser und schneller werden. Die Zuständigkeit geht irgendwann an den Bund über. Schon dadurch werden wir rund 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich des LBV auf die Infrastrukturgesellschaft des Bundes übertragen müssen.

Zweitens stehen wir vor der Frage: Gewinnen wir, wenn wir dort die Planungskapazitäten haben und dorthin weitere Kompetenzen übertragen, Zeit und Möglichkeiten im Sinne eines schnelleren Ausbaus der Bundesstraßen? Wenn wir Zeit und Geld sparen, dann könnte dies ein Argument für die Übertragung sein. Dabei sind auch die Planungskosten zu berücksichtigen. Wenn diese 18 % ausmachen, wir vom Bund aber nur 3 % erstattet bekommen, dann verbliebe nach einer Übertragung mehr Geld bei uns. Darüber können wir mit dem Bund auch anderweitig verhandeln; das werden wir noch tun müssen. Aber es ist ein gewichtiges Argument auf der Finanzseite.

Herr Vogel, es gibt aber auch gute Argumente dafür, die Kompetenz im Land zu behalten. Beim ersten Argument bin ich ganz auf der Seite des Kollegen Vogt.

(Christopher Vogt [FDP]: Vielen Dank!)

- Sehr gern! - Es ist gut, wenn man im Land die Kompetenz hat, wenn es um die Frage geht, welche Straße wir ausbauen wollen. Das sollte uns auch etwas wert sein; denn ich mag nicht immer am Fliegenfänger einer Bundesbehörde sitzen, die hier möglicherweise nicht einmal Regionalbüros hat.

Ein zweites Argument spricht für die Beibehaltung der Kompetenz auf Landesebene: Beim Ausbau einer Bundesstraße geht es nicht nur um die Straße selbst, sondern auch um begleitende Maßnahmen rechts und links, um den langsameren Verkehr, um die Radwege. Dabei geht es auch um die Frage: Zerstören wir hier gegebenenfalls Synergien, wenn wir die Straße als solche nach Berlin beziehungsweise zu der Infrastrukturgesellschaft des Bundes geben, die Kompetenz für die begleitenden Maßnahmen aber beim Land verbleiben?

(Thomas Rother [SPD]: Genau!)

- Wer schon am Beginn eines Abwägungsprozesses ohne ausreichende Informationsgrundlage weiß, wie zu entscheiden ist, der begeht im Verwaltungsrecht einen Ermessensfehlgebrauch. Diesen Fehler wollen wir nicht begehen. Wir wollen die Argumente sauber miteinander abwägen.

Meine Damen und Herren, ich bin dafür, dass wir in aller Seelenruhe, aber auch mit der gebotenen Geschwindigkeit, um für die Beschäftigten Sicherheit herzustellen, die Argumente miteinander austauschen und die Abwägung vornehmen. Ich wäre dankbar, wenn wir das gemeinsam im Ausschuss erörtern könnten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

In der Debatte gab es sowohl den Hinweis auf Ausschussüberweisung als auch auf Abstimmung in der Sache. Wie wollen wir verfahren?

(Zurufe: Ausschussüberweisung!)

- Also Ausschussüberweisung. - Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/66 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/95 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Planungsverfahren für die Infrastruktur beschleunigen

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/14

Effizientes Planungsrecht in Schleswig-Holstein ermöglichen

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/94

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten des SSW Flemming Meyer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Deutschland hat ein Riesenproblem: einen enormen Infrastrukturersatzbedarf, und das bundesweit. Das Problem ist so groß, dass wir inzwischen massive Probleme bei der Mobilität bekommen: Speditionen können Termine nicht mehr einhalten, Pendler verlieren Lebenszeit, und Urlauber sind genervt.

Man könnte jetzt meinen: Gefahr erkannt - Gefahr gebannt! Doch eine Behebung dieses Problems ist nicht in Sicht, wie uns wieder schmerzlich bei der Planung für die Trasse der A 20 in Schleswig-Hol

stein vor Augen geführt wurde. Vor dem Bau einer Autobahnbrücke, einer neuen Zufahrt oder der Weiterführung einer Trasse steht nämlich die Planung. Genau hier erweisen sich die komplizierten Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland als ein Hemmschuh.

Wir fordern darum: Die Planung muss vereinfacht werden.

(Beifall SSW und Wolfgang Kubicki [FDP])

Das kann unseres Erachtens geschehen, ohne dass Beteiligungsrechte zurückgeschnitten oder sachliche Belange vernachlässigt werden.

Ich bin davon überzeugt, dass es zur Beschleunigung des Verfahrens kommt, wenn die Bürger und auch Interessengruppen frühzeitig an Planungsverfahren beteiligt werden. Voraussetzung dafür ist allerdings eine frühzeitige Einbindung, also bereits zu dem Zeitpunkt, wenn es um die grundsätzliche Entscheidung geht, ähnlich, wie es in Dänemark gehandhabt wird. Erst den Konsens finden und dann auf dieser Grundlage zu planen, erscheint mir der beste Weg zu sein. In Dänemark geht man diesen Weg. Zugegeben, man ist in der dänischen Gesellschaft sowieso mehr auf Konsens ausgerichtet als bei uns. Die Infrastrukturprojekte, wie die Autobahn nach Sønderborg, zeigen aber, dass man etwas sehr schnell umsetzen kann, wenn die Menschen das Projekt gutheißen.

Zwischen Planung und dem ersten Auto auf der Autobahn müssen eben nicht unbedingt Jahrzehnte liegen. Das Vorhaben der Autobahn nach Sønderborg wurde in gut fünf Jahren abgewickelt. Das alles entsprach auch europäischem Recht. Es geht also durchaus schneller als bei uns.

Unser Vorschlag ist deshalb, dass wir uns stärker an Dänemark oder ähnlichen Ländern orientieren. Nach der Idee für ein Infrastrukturprojekt muss eine Planung erfolgen und sich ein Beteiligungsverfahren anschließen. Wenn man die grundsätzliche Entscheidung für ein Projekt getroffen hat, dann muss die Planungsgrundlage unantastbar sein.

(Beifall SSW)

Das heißt, die Grundsatzentscheidung muss stehen und, ähnlich wie in Dänemark, Gesetzeskraft haben. Es geht dann eben nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie. Nachdem das Projekt feststeht, darf die weitere Beteiligung der Bürger und Verbände dann nur noch dazu genutzt werden, schon feststehende Projekt so schonend wie möglich umzusetzen. Eine Blockade des Gesamtprojektes wäre dann nicht mehr möglich.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

(Beifall SSW)

Eine solche Vorgehensweise würde wahrscheinlich dazu führen, dass sogar die Verwaltungsgerichte stark entlastet würden.

Ein anderes Nadelöhr ist die Kompetenzaufteilung. Raumordnung und Planfeststellung liegen in den seltensten Fällen in einer Hand. Immer noch geht sehr viel Zeit für die Koordinierung der unterschiedlichen Planungsebenen drauf. Nicht nur die Fachleute fordern darum seit Jahren eine Reform der Planungskompetenzen.

Diese Aufgaben müssen endlich ernsthaft angegangen werden. Planung aus einer Hand ist in Deutschland aber derzeit nicht möglich. Projektmanager werden bei vielen Infrastrukturmaßnahmen erst nach Abschluss der Planung tätig, wenn die meisten Untiefen schon umsegelt sind. Auch hier fordern wir eine Nachbesserung. Hier besteht sogar die Möglichkeit, im Rahmen des heutigen Planungsrechts zu einer schnelleren Bearbeitung und Umsetzung von Projekten zu kommen. Das hat auch schon Verkehrsminister Dobrindt erkannt, mit dem wir in dieser Frage einig sind.

Es gibt also genügend Möglichkeiten, die Planungen zu beschleunigen. Man muss nur den ehrlichen Willen dazu haben. - Wir haben den Willen und bitten um Überweisung unseres Antrages in den Wirtschaftsausschuss.