Dann müssen wir einmal darüber reden: Wer hat denn die Briten dazu gebracht Ja zu Nigel Farage zu sagen? Es hat eine Debatte stattgefunden; aber vielleicht hat ja auch Angela Merkel ihren Anteil daran, dass die Briten diese Entscheidung getroffen haben - mit ihrer völlig unkontrollierten Zuwanderungspolitik. - Vielen Dank.
(Beifall AfD - Widerspruch CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Zurufe CDU: Das sind auch Bürger! Lächerlich!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niemand zweifelt an, dass das Referendum in Großbritannien nach rechtsstaatlichen Prinzipien
abgehalten worden ist. Das wird von niemandem in Zweifel gezogen, sonst hätte es die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien nicht gegeben. Hier hat das nie jemand in Zweifel gezogen, sondern es ist hier infrage gestellt worden - insbesondere durch den Kollegen Hamerich -, wie eine Abstimmung zustande kommt, wer auf welcher Seite mit welchen Argumenten daherkommt, Herr Nobis. Der Kollege Hamerich hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Argumente der Befürworter einiger derjenigen zumindest, die dort als Befürworter aufgetreten sind - wirklich an den Haaren herbeigezogen sind. Ich finde, das darf man hier auch sagen.
Wir müssen uns immer überlegen: Was bedeutet das für uns alle, für Briten, die hier sind und von heute auf morgen einen unsicheren Status haben? Wir müssen Gesetze machen, damit Menschen, die hier seit vielleicht 20, 30 Jahren Beamte sind, Beamte bleiben können und nicht morgen arbeitslos sind.
Übrigens, meine Damen und Herren - das Argument hilft vielleicht auch bei Ihnen ein bisschen -, trifft das Deutsche in Großbritannien genauso. Auch die müssen um ihren Job fürchten, und dort gibt es solche Gesetze nicht, weil die politische Lage so ist, wie sie ist. Ein deutscher Staatsbürger Sie sind ja so für Deutsche - hat, wenn er sich derzeit noch vernünftig in Großbritannien aufhält, massive Nachteile dadurch, dass Großbritannien aus der EU austritt. Das ist doch nicht in Ordnung! Das sind aber die konkreten Auswirkungen, die solch ein Unsinn hat. Um das zu erkennen, muss man einmal die Augen öffnen. Das tun Sie in Ihrem Nationalismus aber nicht, weil Sie immer nur an Klein-Deutschland und nicht auch an alle anderen denken. Das ist ein Fehler.
Ich will Ihnen ein zweites Beispiel aus meiner nahen Bekanntschaft nennen: Ein Jugendlicher, der richtig schlau ist und an der Universität Oxford studiert, hat jetzt sein Studium abgebrochen, weil er weiß, dass seine Studienabschlüsse möglicherweise nicht anerkannt werden.
Der geht dann woandershin. Das kann es doch nicht sein, dass Leute in ihren Entscheidungen, die sie treffen, junge Leute, einfach ausgegrenzt werden und keine Chance mehr haben, das zu tun, was sie wollen.
Die EU bietet ihnen diese Chance innerhalb der EU-Grenzen. Diese Chance wollen wir den Menschen erhalten. Sie wollen Chancen nehmen! Wir wollen aber die Chancen erhalten!
Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und allen anderen demokratischen Parteien in diesem Parlament.
Ein Letztes: Am besten schauen Sie sich einmal an, was gerade die Ministerpräsidentin Schottlands, Frau Sturgeon, heute in ihrem Parlament gesagt hat. Die SNP, die Scottish National Party, ist eine Schwesterpartei des SSW, also durchaus auch nationalbewusst.
Zusammenarbeit ist, das wollen wir nicht dulden. Sie laden immer noch jeden EU-Bürger ein: Herzlich willkommen, wir werden alles auf die Beine stellen, damit ihr hierbleiben könnt, damit ihr eine Zukunft in Schottland habt! - Meine einzige Sorge ist - die hat der Kollege Hamerich auch schon einmal geäußert -, dass die Schotten irgendwann einmal sagen: Diesen Mist machen wir nicht mit, wir treten aus Großbritannien aus, machen wieder unser eigenes Ding und versuchen, in die EU zurückzukommen. - Wenn das der Effekt ist, dann kann ich sagen: Das war richtig großer Quatsch, das hätte man auch leichter haben können, indem man in der EU bleibt.
- Um Gottes Willen! Das wollte ich jetzt nicht! Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung, Dr. Sabine Sütterlin-Waack, das Wort. Entschuldigen Sie bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den jüngsten Entwicklungen in Großbritannien ist es völlig offen, wie es mit dem Brexit weitergeht. Die Entscheidung des Unterhauses in der vergangenen Woche, das Austrittsabkommen abzulehnen, kam für uns alle nicht völlig überraschend. Die Vorbehalte waren hinlänglich bekannt. Gleichwohl hat uns, so glaube ich, die Deutlichkeit des Votums überrascht. Zweifellos ist damit die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexits, also des ungeregelten Austritts aus der EU, am 29. März 2019 gestiegen.
Daher ist es natürlich umso wichtiger, dass wir uns als Landesregierung rechtzeitig auf den Brexit vorbereitet haben, dass wir Vorkehrungen auch für den Fall des Scheiterns getroffen haben. Bereits unmittelbar nach dem britischen Referendum, also seit Ende Juni 2016, befinden wir uns hierzu gemeinsam mit allen anderen Bundesländern und dem Bund in engem Austausch. Im Juli 2017 wurde auf Betreiben der Europaministerkonferenz eine BundLänder-Arbeitsgruppe eingerichtet, um ein koordiniertes Vorgehen auf Bundes- und Länderebene zu ermöglichen. Schleswig-Holstein ist dabei natürlich durch unser Haus vertreten.
Lassen Sie mich kurz die wesentlichen Schritte noch einmal skizzieren, die wir unternommen haben: Erstens haben wir im Gleichklang mit dem Bund und den anderen Ländern einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht für den Fall, dass es zu einem geordneten Austritt kommt. Den Entwurf des schleswig-holsteinischen Brexit-Übergangsgesetzes hat das Kabinett am 15. Januar 2019 beschlossen. Mit dem Gesetz soll klargestellt werden, dass das Vereinigte Königreich auch im Landesrecht während der im Austrittsabkommen vorgesehenen Übergangsphase, also mindestens bis Ende 2020, weiterhin wie ein Mitgliedstaat der EU zu behandeln ist. Das heißt insbesondere, dass die Rechte der bei uns lebenden britischen Staatsbürgerinnen
und Staatsbürger im Wesentlichen unverändert bleiben. Eine Ausnahme davon, so sieht das Austrittsabkommen das vor, gilt lediglich für das aktive und passive Kommunalwahlrecht, also sollen britische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die in Schleswig-Holstein leben, bereits nach dem 30. März 2019 nicht mehr an den Kommunalwahlen teilnehmen können. Den Gesetzentwurf habe ich dem Landtag jetzt zugeleitet.
Zweitens - das ist wahrscheinlicher und wichtiger haben wir natürlich auch das Szenario eines ungeregelten Brexits - wir haben eben schon viel darüber gehört - in den Blick genommen. Alle Ministerien das ist aber vielleicht doch noch interessant - haben das Landesrecht nach einem eventuellen Anpassungsbedarf für diesen Fall durchforstet. Nach unserer bisherigen Prüfung ist jedenfalls bislang kein zwingender Änderungsbedarf erkennbar. Dies entspricht im Übrigen auch den Rückmeldungen aus allen anderen Bundesländern, auch aus den großen.
Das ist nicht verwunderlich, denn für zahlreiche Handlungsfelder, die auch in den Anträgen genannt worden sind, wie Aufenthaltsrecht, Verbraucherschutz, Agrarwirtschaft, Fischerei, Umwelt, Klima und Energie liegt die Gesetzgebungskompetenz gar nicht bei uns, nicht bei den Ländern. Der größere Handlungsbedarf liegt dabei in Berlin und natürlich in Brüssel beziehungsweise in Straßburg. So hat das Bundeskabinett auch im vergangenen Dezember mehrere Gesetzentwürfe zur Vorbereitung auf den harten Brexit beschlossen. Diese betreffen sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Anpassungen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass unlängst der Mittelstandsbeirat unter Vorsitz meines Kollegen, des Wirtschaftsministers Dr. Bernd Buchholz, die Einrichtung der Taskforce beschlossen hat. Dazu haben wir auch schon viel gehört, dass das Ziel ist, betroffene Unternehmen bei etwaigen Problemen im Fall des ungeregelten Austritts zu informieren und zu unterstützen. Wir haben also bereits geliefert.
Das alles zeigt: Der Landesregierung ist es gelungen, unter Nutzung der bestehenden Strukturen die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um auf alle Brexit-Szenarien vorbereitet zu sein, und wir sind gut vorbereitet. Deshalb brauchen wir nach unserer Ansicht keinen richtigen Brexit-Beauftragten. Ich würde mich allerdings auch freuen, wenn wir in den weiteren Beratungen dazu kommen könnten, vielleicht innerhalb der Taskforce, vielleicht bei einer der beteiligten IHK eine Art Vorsitzenden zu finden, damit alle hier heute angesprochenen Themen
Erlauben Sie mir abschließend noch eine Bemerkung: Der Antrag der SPD-Fraktion ist für mich ein erneuter Beleg dafür, wie stark der Brexit seit nunmehr über zwei Jahren die europapolitische Debatte dominiert. Bei allem Bedauern über einen möglichen Austritt Großbritanniens sollten wir doch den Blick vielleicht etwas mehr darauf lenken, was eigentlich im politischen Fokus steht, nämlich die Weiterentwicklung der Europäischen Union. Ein wichtiges Datum dafür wird der 9. Mai 2019 sein. Beim Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Rumänien wird es ausschließlich um die Zukunft des europäischen Projekts gehen. In diesem Sinne sollten wir den möglichen Brexit auch als Chance begreifen, als Chance für einen Neustart der EU. - Vielen Dank.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1071 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/1202 federführend dem Europaausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dies ist somit nahezu einstimmig gegen die Stimmen der AfD beschlossen.
Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, begrüßen Sie bitte mit mir gemeinsam auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Schülerinnen und Schüler der Polizeistation Eutin. - Seien Sie uns herzlich willkommen!