Protocol of the Session on December 13, 2018

Lieber Herr Kollege Vogel, besuchen Sie mal meine alte Schule, die Duborg-Skolen in Flensburg. Die ist zurzeit digitaltechnisch so schlecht ausge

(Rasmus Andresen)

stattet wie zu meiner eigenen Schulzeit nicht. Das ist also auch an den dänischen Schulen eine große Baustelle. Wir wollen eine gemeinsame Lösung finden, und bei all dem, was wir hören, sieht es danach aus, dass es auch für die freien und die dänischen Schulen eine Lösung geben wird. Deshalb gibt uns der Antrag des SSW Rückendeckung. Wir würden ihn trotzdem gern in den Ausschuss überweisen nicht aus Trickserei, sondern weil die Ausgestaltung des Digitalpakts uns noch sehr beschäftigen wird.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Genau!)

Darüber sollten wir gemeinsam im Bildungsausschuss reden. Ich verweise auf die Kleine Anfrage des Kollegen Habersaat. Er hat viele spannende Fragen aufgegriffen, über die man im Ausschuss gut weiter diskutieren kann. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Stephan Holowaty das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich glaube, in Sachen Digitalpakt sind wir uns alle einig. Alle Schulen und Schüler müssen die digitale Schule umsetzen können und das schnell. Dazu gehört es selbstverständlich, dass das Geld aus dem hoffentlich einmal kommenden Digitalpakt allen Schulen und allen Schülern und Schülerinnen im Land über ihre Schulträger zur Verfügung steht.

(Beifall FDP, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die grundsätzlichen Themen rund um die Finanzierung dänischer und auch freier Schulen durch Gelder aus dem Digitalpakt im Bildungsausschuss gern eingehender diskutieren. Die dänischen Schulen und die freien Schulträger im Land sollen und müssen wissen: Moderne Bildung darf und wird nicht ohne sie stattfinden.

(Beifall FDP, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Beim WLAN an den Schulen verstehe ich aber offen gesagt nicht, warum es eines SPD-Antrags bedarf. Die SPD sagt: Wir wollen WLAN bis 2021 an allen Schulen. Nun, die Koalition macht das doch

gerade. Wir haben ein Konzept entworfen. Wir diskutieren dieses Konzept mit den Schulträgern. Das klare Ziel lautet: WLAN an allen Schulen bis 2021.

(Kay Richert [FDP]: So ist es!)

Der SPD-Antrag ist doch, meine Damen und Herren, als ob sie beantragten, dass morgen über Kiel die Sonne aufgehen soll.

(Vereinzelter Beifall FDP - Volker Schnurr- busch [AfD]: Toll!)

Die Sonne wird aufgehen. Dafür braucht es keinen Antrag von Ihnen. Dazu braucht es übrigens morgens um 8:34 Uhr, nachdem die Sonne um 8:33 Uhr aufgegangen ist, auch kein Eigenlob, als wäre sie ohne Ihren Antrag nicht aufgegangen.

In Wahrheit haben drei Viertel unserer Schulen bereits WLAN. Glasfaser und WLAN müssen flächendeckend in die Schulen. Wir brauchen eine vernünftige Endgeräteausstattung für jeden Schüler und ein vernünftiges Servicekonzept; aber tun wir doch bitte nicht so, als wären gemanagte Endgeräte oder unternehmensweites offenes WLAN Rocket Science! Das ist in der Wirtschaft seit zehn, 15 Jahren gang und gäbe. Die Konzepte gibt es. Mir soll bitte niemand erzählen, dass wir das Rad neu erfinden müssen. Wir müssen nur das, was heute in der Realität schon gemacht wird, auch in den Schulen im Land umsetzen. Private Clouds, Public Clouds, Endgerätemanagement und mobile Geräte sind gang und gäbe. Ich frage mich, was so manch ein Bildungsminister der letzten zehn, 15 Jahren eigentlich seinen Tag über gemacht hat.

(Beifall Kay Richert [FDP] - Zuruf FDP: Ja- wohl!)

Wir müssen eines tun: die vorhandenen Erfahrungen nutzen, richtig Gas geben, umsetzen. Wir müssen die letzten WLANs aufbauen und nicht nur Bedenken wägen und Zweifel haben. Das gilt auch für die Ausstattung mit Endgeräten. Wir brauchen hier Pragmatismus, keine Rocket Science. Das eigene Gerät muss in den Schulen genauso funktionieren, wie sichergestellt werden muss, dass jeder Schüler und jede Schülerin ein ausreichend leistungsfähiges Endgerät zur Verfügung gestellt bekommen kann.

Ein weiterer Punkt ist die zentrale Infrastruktur, in Kurzform: die Schulcloud mit all ihren Angeboten, auf die die einzelne Schule zugreifen kann. Unsere Bildungsministerin ist mit der Schulcloud schon sehr gut dabei. Es gibt übrigens genügend Vorbilder, wie Clouds technisch implementiert und Cloud-Dienste inhaltlich und organisatorisch umgestellt werden. Auch da gilt: Wir müssen nicht alles

(Rasmus Andresen)

neu erfinden. Das Rad ist schon da; wir müssen es nur zum Laufen bringen.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Zum nächsten Schritt: digitale Lerninhalte und digitalunterstütztes Lernen. Schauen wir wieder in die Wirtschaft, da gibt es seit zehn, 15 Jahren eine Vielzahl von Unternehmen mit entsprechenden Modellen und Erfahrungen. Ein Whiteboard, meine Damen und Herren, ist doch keine digitale Bildung. Das ist nichts weiter als ein Endgerät. Ohne dass auf dem Whiteboard irgendetwas angezeigt wird, ist es noch keine Bildung.

(Beifall FDP und SSW)

Wer nur Texte als PDF auf einem Bildschirm zeigt, kann gleich beim Papier bleiben. Ich will, dass Schulen in Kiel und San Francisco gemeinsam Kurse und Projekte anbieten. Ich will, dass jede Schule im Land Nischen- und Spezialkurse als E-Learning oder Distant-Learning-Kurse auch dann anbieten kann, wenn sie sich an nur wenige Schüler im Land richten. Selbst das ist nur der Anfang: Ich will, dass wir Mechanik und Kunst, Architektur und Chemie, Biologie und Physik durch Augmented-Realityund Virtual-Reality-Anwendungen dreidimensional anfassbar und erlebbar machen können.

(Martin Habersaat [SPD]: Ich gucke mal nach drei Jahren nach, was Sie geschafft ha- ben!)

Ich will, dass wir endlich aus der Zweidimensionalität der Kreidetafel herauskommen.

(Kay Richert [FDP]: Dazu hätten wir ein bisschen Vorarbeit gebraucht!)

Meine Damen und Herren: Content is King. Ohne Infrastruktur und Endgeräte wird Content nutzlos; aber ohne Content bleiben Endgeräte und Infrastruktur nutzlos. An dieser Stelle liegen die wirklich großen Herausforderungen. Wir werden mit der Zeit nicht nur ein neues Verständnis des Lehrerberufs brauchen; wir brauchen vor allem auch Content-Macher. Hier entstehen große Chancen für spezialisierte Unternehmen, die wir heute im Übrigen Schulbuchverlage nennen - das wird sich in Zukunft erheblich ändern müssen.

Wenn wir endlich Infrastruktur und Endgeräte in den Schulen bereitstellen, wird es nicht lange dauern, bis die Unternehmen Hunderte und Tausende von guten und passgenauen Inhaltsangeboten zur Verfügung stellen und um den Kunden - die Schulen - wetteifern. Die App-Stores für Android

und I-Phone weisen den Weg: Der Inhalt folgt da dem Gerät.

Damit sind wir wieder ganz am Anfang: bei Glasfaser, WLAN und den Endgeräten. Je schneller es kommt, desto schneller lösen wir den Entwicklungsschub beim Lehr- und Lerncontent - den digitalen Schulbüchern des 21. Jahrhunderts - aus. Flächendeckendes WLAN ist also eine Notwendigkeit. Wir brauchen einen funktionierenden Digitalpakt. Wir brauchen ihn schnell. Sonst verschläft unser Land wieder einmal seine Zukunft. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Dr. Frank Brodehl das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste auf der Tribüne! Liebe Schüler! Wenn man die Meldungen der Landesregierung zur IT-Ausstattung und Digitalisierung unserer Schulen verfolgt, könnte man denken, wir seien technisch richtig auf der Höhe der Zeit oder befänden uns zumindest kurz davor. So wie es aber häufig ist, kann man die Zahlen so oder so interpretieren.

51 % der Schulen verfügen bereits über schnelle Internetanschlüsse. Dass diese Zahl sich gesteigert hat, stimmt; aber klar ist eben auch, dass sich für die andere Hälfte die Internetseiten langsam, vielleicht sogar im Zeitlupentempo aufbauen.

Zur IT-Ausstattung an unseren Schulen: Ja, nahezu alle Schulen verfügen über unterrichtliche Netzwerke. Das hört sich gut an. Entscheidend ist aber nicht die Existenz eines Computerraums - das wäre so ein Netzwerk -, sondern die Relation zwischen den Zahlen der Schüler und der Endgeräte. Im Schnitt teilen sich 17 Schüler einen stationären Computer. Bei den wirklich modernen Geräten sieht das ganz anders aus: Rein rechnerisch teilen sich 60 Schüler einen Laptop oder gar 70 Schüler ein Tablet.

Ich erspare Ihnen erst einmal weitere Zahlen, denn wenn rund 80 % aller befragten Schulleiter angeben, dass die Mediennutzung an ihrer Schule nicht zeitgemäß ist, spricht das Bände. Wenn hierzu vom Bildungsministerium vor allem zu hören ist, dass es positive Trends gebe, man aber mehr Gelder aus dem Digitalpakt brauche, ist das aus unserer Sicht zu wenig. Wir reden hier nicht über einen Bonus

(Stephan Holowaty)

oder eine wer weiß wie exklusive Ausstattung. Wir reden über zeitgemäße Angebote und Lernmittel und eine zeitgemäße digitale Infrastruktur.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Petersdotter?

Ja, gern.

Vielen Dank. - Herr Kollege Brodehl, Sie sind gerade darauf eingegangen, dass viele Schülerinnen und Schüler sich ein Gerät teilen müssen. Es ist aber mit Sicherheit so, dass die Schülerinnen und Schüler sich auch in anderen Bereichen Geräte teilen müssen. 400 Schülerinnen und Schüler teilen sich beispielsweise eine Turnhalle. Es nutzen ja nicht alle alles gleichzeitig. Ist Ihnen auch bewusst, dass viele - gerade bei den digitalen Endgeräten - auf ihre eigenen Geräte, die sie mitbringen, zurückgreifen? Das heißt: Bring Your Own Device. Etwa 68 % der Schülerinnen und Schüler sind nicht auf das Inventar der Schule angewiesen. Es gibt immer noch welche, die das brauchen, aber eben auch einen anderen Teil, der zur Versorgung beiträgt.

- Ja, das ist mir bewusst. Das sind Rechenbeispiele. Natürlich teilen sich in der Realität nicht 70 Schüler einen Computer. Mit der Meldung, die aus dem Bericht hervorgegangen und in der Zeitung kommuniziert worden ist, wird klar: Wir haben ein Problem bei der Zahl der Endgeräte, da es zu wenige gibt. Dahinter, ob „Bring Your Own Device“ die Lösung ist, mache ich ein ganz großes Fragezeichen. Meine Fraktion stellt sich klar dagegen. Wir haben den Vergleich zu anderen Ländern, die das erheblich besser geregelt haben. Es ist eine rechnerische Größe, die ich eben genannt habe, und ein Hinweis darauf, dass noch sehr viel Arbeit vor uns liegt.

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Haus schon des Öfteren über Digitalisierung gesprochen. Das Thema ist wichtig, keine Frage. Ich habe aber auch immer wieder einmal den Eindruck, dass sich einige von uns in der Rolle, den Eltern zu vermitteln, dass der Bildungserfolg ihrer Kinder davon abhängig ist, wie hoch die PC-Anzahl an der Schule ihrer Kinder ist, richtig gefallen. Tatsächlich aber korrespondiert der Grad der Digitalisierung einer Schule überhaupt nicht mit dem Lernerfolg ei

nes einzelnen Schülers. Hierzu Thies Raabe, Bildungssenator in Hamburg. Er erklärt, dass durch den Einsatz von Laptops - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis - „im Vergleich zu anderen Schulklassen keine klaren negativeren, aber auch keine eindeutig positiveren Entwicklungen beim Lernstand der Schüler“ zu erkennen seien.

Um das zu verdeutlichen: Bei einigen Kulturtechniken kann man den Lernerfolg - also: was kommt dabei herum? - eindeutig messen. So prägen sich etwa Inhalte, die handschriftlich gemacht werden, besser ein als Inhalte, die nur abgetippt werden. Der Computereinsatz wäre hier aus lernpädagogischer Sicht kontraproduktiv.

In den USA und in Australien hat man längst die Konsequenzen gezogen und Laptops und PCs weitgehend aus dem Unterricht abgezogen. Hier wurden vor allen Dingen drei Dinge erkannt. Einige davon klangen jetzt auch schon an.

Erstens. Bildung an sich lässt sich gar nicht digitalisieren, höchstens die Lerninhalte. Mehr Zeit am Computer bedeutet eben nicht automatisch mehr Lernkompetenz.