Protocol of the Session on September 26, 2018

Ganz ehrlich, ich verstehe nicht, was an meinen Ausführungen falsch gewesen ist. Nichtsdestotrotz möchte ich noch zwei Sachen einbringen.

Sie haben mehrfach gefragt: Welcher ist denn Ihr Vorschlag? Wir haben hier schon oft über effizientere Asylverfahren, über schnellere Asylverfahren, darüber, dass Dublin III nicht funktioniert, diskutiert. Lassen Sie uns doch gemeinsam überlegen, wie wir das Dublin-Problem lösen können.

Ich war in Holland und habe dort mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der größten Einrichtung und auch mit Menschen aus der Regierung gesprochen. Die haben gesagt: Frau Midyatli, wir könnten uns als Holland Folgendes sehr gut vorstellen: Wir haben einen Eurodac-Fall, das heißt, jemand ist schon registriert worden und es wurde erkannt, dass er schon in einem anderen Land registriert ist. - Übrigens: Die allermeisten Dublin-III-Fälle kommen aus Deutschland, und Deutschland nimmt in den allermeisten Fällen auch nicht sofort zurück. Diese Länder haben mit Deutschland die gleiche Problematik die wir mit anderen Ländern haben. - Lasst uns doch dann diese Menschen hierbehalten, und

wenn sie schon ein Asylverfahren durchlaufen haben, dann schieben wir sie aus den Ländern ab, in denen sie sind.

Oder die Passersatzgeschichten. Wie lange wird auf Bundesebene schon darüber gesprochen? Es gibt Möglichkeiten, miteinander bessere Wege zu finden. Ich glaube, Herr Innenminister, diese Abschiebungshaftanstalt wird die Probleme, die Sie jetzt schon bei den Abschiebungen haben - Sie haben sie jetzt schon -, auch nicht lösen. Deswegen möchte ich den Menschen auch nicht von irgendetwas sagen, dass es die größte Lösung wäre, und am Ende machen wir einen Strich darunter und stellen fest, das war keine Lösung. Das ist mein Problem mit diesem Abschiebungshaftgesetz.

Frau Midyatli, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Ja, aber ich möchte eigentlich noch zwei andere Punkte ansprechen. - Aber okay. Komm, Christopher, mach!

Frau Kollegin, die Zeit wird ja angehalten.

- Ja, aber -

Wenn Sie die Sprechgeschwindigkeit beibehalten, werden Sie das schaffen.

(Heiterkeit FDP)

Sie haben wichtige Punkte angesprochen.

Über dies alles muss man reden. Dass man keine europäischen Lösungen hat und all diese Sachen, ist ja richtig. Darüber muss man sprechen. Vor allem auch auf der Bundesebene muss man darüber sprechen.

Wir haben ja Gesetze, die wir anwenden sollten. Es ist zumindest die Auffassung meiner Partei, dass man bestehende Gesetze anwendet. Die spannende Frage ist: Wie wollen Sie denn mit den Menschen umgehen, die sich konsequent einer Rückführung entziehen, die eben nicht freiwillig ausreisen, die sich konsequent entziehen, richterlichen Beschlüssen entziehen? Wie kommunizieren Sie das gegenüber den Menschen, die freiwillig ausrei

(Barbara Ostmeier)

sen? Da kann man ja auch sagen: Mein Gott, andere machen es doch auch. - Wenn man keine Lösung hat, dann hat man das Problem, dass eben der Rechtsstaat nicht durchgesetzt wird, und an allen Ecken und Enden geht Akzeptanz verloren.

Das ist das Problem, das ich habe, und ich frage mich: Wie wollen Sie das Problem lösen? Dazu haben Sie noch nichts gesagt. Sie lenken eigentlich mit anderen Debatten ab, die auch geführt werden müssen, aber nicht an dieser Stelle.

- Das stimmt nicht, Herr Kollege Vogt. Unsere Lösung war die Einigung. Ja, Ministerpräsident Torsten Albig hat 2017 auch mitgestimmt. Aber, liebe Eka, was war das Ergebnis aus unseren Diskussionen? Wir haben gesagt, trotz dieser Einigung machen wir keinen Abschiebeknast. Wir haben gesagt, wir machen das Flughafengewahrsam. Maximal fünf Plätze, maximal zehn Tage. Und, liebe Eka, wir haben gesagt: Wenn Familien dort untergebracht werden, dann sind wir beide die ersten, die dort hinfahren und überprüfen, ob eine vernünftige Überführung stattfindet, die unseren humanitären Grundwerten entspricht. - Das, liebe Grüne, ist die Vereinbarung, die wir gemeinsam getroffen hatten. Das ist das, was wir vereinbart hatten.

(Beifall SPD)

Erzählt nicht, wir hätten keine Lösung gefunden. Wir haben uns, obwohl es damals auch schon eine Große Koalition gab, regelmäßig mit dem damaligen Innenminister de Maizière angelegt - regelmäßig! Ich und genauso Ralf Stegner mussten uns von den Bundestagskolleginnen und -kollegen der SPDFraktion regelmäßig anhören: Was macht ihr da eigentlich in Schleswig-Holstein? Seht einmal zu, dass die Abschiebefahnen hochgehen!

Wir haben uns dagegen gewehrt, weil wir gesagt haben, wir machen hier die Politik, die wir für richtig halten. Liebe Eka, ich finde, es ist nicht in Ordnung, wenn man sich hier hinstellt und sagt: Ja, die SPD habe es auch mitbeschlossen. Fünf Jahre SPDRegierung, null Knast. Ein Jahr Jamaika, ein Knast. Sorry, Leute, das ist sozusagen die Rechnung, die ich hier aufmache.

(Beifall SPD - Widerspruch CDU)

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Barbara Ostmeier und im Anschluss -

Erst einmal Frau Ostmeier, bitte.

Ach so! Entschuldigung! Dich habe ich gar nicht gesehen! Sorry!

Macht nichts. Kein Problem. Damit kann ich leben. - Können Sie mir erklären, verehrte Kollegin, da Sie gerade den Ausreisegewahrsam in Hamburg erwähnten, warum die SPD-geführte Stadt Hamburg an dieser Einrichtung beteiligt ist und warum das SPD-geführte Mecklenburg-Vorpommern auch Teil dieser Einrichtung sein wird?

- Das kann ich Ihnen sehr wohl erklären, liebe Kollegin Frau Ostmeier. Es wäre nicht das erste Mal, dass die schleswig-holsteinische SPD eine grundsätzlich andere Auffassung hat als die Hamburger Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall SPD)

Sie alle können sich mit Sicherheit noch an die Bilder in den 90er-Jahren erinnern, als Menschen nachts aus den Häusern abgeholt worden sind. Das ist auch etwas gewesen, was wir hier in SchleswigHolstein nicht toll gefunden haben. Ich muss mich auch nicht jedes Mal hinstellen und erst einmal alle Bundesländer daraufhin durchgehen, welche Auffassung man dort hat. Ich könnte auch jedes Mal Auffassungen anderer CDU-Abgeordneten hier vorlesen und sagen, was Kolleginnen und Kollegen anderer Bundesländer machen.

(Zuruf: Oder gar in Bayern!)

Erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage oder -bemerkung?

Bitte schön.

Mir reicht schon Ihre Feststellung, dass Sie nicht allein in Schleswig-Holstein unterwegs sind, sondern offensichtlich bundesweit ein Alleinstellungsmerkmal haben. Das ist schwierig,

(Serpil Midyatli)

wenn man sich im Bund konstruktiv einbringen möchte.

- Ich glaube, der Sinn meiner Rede ist nicht erkannt worden. Mein Problem ist: Es wird hier suggeriert, wir lösten das Problem mit den Abschiebungen durch ein Abschiebegefängnis. Das werden Sie aber durch dieses Gefängnis nicht tun.

(Zurufe FDP)

Sie werden die Abschiebehindernisse, die jetzt schon vorhanden sind, nicht ausräumen.

Lieber Lars, ein Blick in den neuen Haushalt sagt, es sind nicht 1,35 Millionen €, es sind sage und schreibe satte 15 Millionen €. Das ist mehr als eine Tasse Tee, lieber Kollege Lars Harms.

(Beifall SPD)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat jetzt der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum einen ist mir komplett neu, dass der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern oder der Bundestag den Landtag hier überflüssig machen würden. Und natürlich haben wir unterschiedliche Auffassungen auch innerhalb einer Partei. So normal, so richtig.

Übrigens: Der Ausländerteil war schlicht und ergreifend mein Grund, die GroKo abzulehnen. Das können Sie auch in der Presse nachlesen. Deshalb werde ich mich hier trotzdem nicht verbiegen. Das habe ich weder in Koalition noch in Opposition gemacht, auch nicht innerhalb meiner Partei. Deshalb finde ich einiges merkwürdig.

Nur einmal zur Erinnerung und Ergänzung: Die Ablehnung der Abschiebungshaft als inhuman befand sich bereits 2012 im SPD-Wahlprogramm. Das scheint irgendwie noch nicht ganz gesackt zu sein. 2015 haben wir auf dem Landesparteitag beschlossen: Abschiebungshaft muss bundesweit abgeschafft werden, keine Einführung eines Abschiebegewahrsams und weg mit Dublin III. Das ist nach wie vor Beschlusslage der SPD Schleswig-Holstein.

Wir haben uns auf Bundesparteiebene genauso nicht durchgesetzt, wie zum Beispiel Sie sich nicht beim Polizeigesetz in Hessen durchgesetzt haben. Ich könnte dazu auch einige Dinge aus BadenWürttemberg erzählen. Das schenke ich mir aber,

weil es an der Stelle zur Debatte überhaupt nichts beiträgt.

Glauben Sie mir, als Rendsburger Abgeordneter, der schon im Juso-Alter vor der Abschiebungshaft Rendsburg stand, weiß ich sehr wohl, wovon ich rede, und ich habe auch eine entsprechende Geschichte. Ich bin froh, dass wir uns durchgesetzt haben. - Die Formulierung im damaligen Wahlprogramm stammt nämlich von mir.

Das gilt übrigens auch für den Koalitionsvertrag. Deshalb lasse ich mir nicht irgendwelche Heuchelei unterstellen und mich fragen: Was hättet ihr gemacht? Ja, Stefan Studt hat drei Tage vor der Wahl gesagt - ich weiß ja auch, dass das Innenministerium immer diese Auffassung hatte; hat es übrigens schon 2012 in der Koalitionsverhandlung gehabt -, dass wir rechtlich verpflichtet sind, eine eigene Abschiebungshaft vorzuhalten. Ich kenne diese Argumentation, die im Hintergrund läuft.