Protocol of the Session on September 26, 2018

(Unruhe)

Wenn wir über Inklusion reden, wollen wir eine ehrliche und ernsthafte Debatte. Weder Polemik noch politische Schaumschlägerei sind hier angebracht.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Thema wäre vielmehr geeignet gewesen für einen politischen Konsens über die Parteigrenzen hinweg.

(Vereinzelter Beifall CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP)

Es wäre wünschenswert, wenn sich auch die Opposition und so erfahrene Bildungspolitiker wie Sie, Herr Habersaat, an dieser Stelle konstruktiv in den Prozess einbrächten.

(Anette Röttger)

(Vereinzelter Beifall CDU - Martin Haber- saat [SPD]: Der Antrag liegt auf dem Tisch!)

Wir brauchen passgenaue Angebote, damit Kinder und Jugendliche gemäß ihren Fähigkeiten und Begabungen möglichst optimal gefordert und gefördert werden können.

Da es auch bei Anträgen auf die Qualität ankommt, lehnen wir diesen Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Ines Strehlau.

(Martin Habersaat [SPD]: Der Schlusssatz war witzig, Respekt! - Weitere Zurufe)

- Nun hat die Abgeordnete Ines Strehlau das Wort.

Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe SPD! Natürlich bleibt inklusive Bildung auch für uns ein wichtiges Ziel der Landespolitik. Es ist klar, dass auch für uns natürlich die UNBehindertenrechtskonvention gilt. Wir wollen - wie es in der Konvention steht -, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben.

Dieses Recht auf inklusive Bildung ist aber eine riesige Aufgabe, bei der wir noch lange nicht am Ziel sind. Wir arbeiten seit vielen Jahren an diesem Prozess. Das werden wir auch zuverlässig weiter tun. Wir haben unter Jamaika die Inklusion nicht zurückgedreht, wie die SPD uns unterstellt. Es gibt keine zusätzlichen Förderzentren und keine neuen Erlasse oder Verordnungen, die die inklusive Beschulung beschneiden.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Hört, hört!)

Wir haben keine sinkende Inklusionsquote; wir sind mit 68 bis 70 % weiter in der Spitzengruppe bei den inklusiv beschulten Kindern. Neben den inklusiv arbeitenden Schulen wird es weiterhin Förderzentren geben, zum Beispiel für Kinder, die aufgrund ihres Handicaps die besondere Förderung in einer kleineren Gruppe benötigen, oder als Schule ohne Schülerinnen und Schüler, als Stützpunkte für den

fachlichen Austausch und für die Koordination der Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, die an Regelschulen arbeiten.

Trotzdem ist es wichtig, die Rahmenbedingungen der Inklusion zu verbessern. Da sind wir uns doch einig. Das hören wir von Schulen, von Eltern, von den Gewerkschaften und natürlich auch vom Landesrechnungshof. An der Verbesserung arbeiten wir weiter.

Wir haben schon in der Küstenkoalition damit begonnen: Wir haben die Schulsozialarbeit verstetigt, wir haben die Zahl der Schulpsychologen deutlich erhöht, wir haben eine weitere Professur für Sonderpädagogik eingerichtet und die Schulassistenz an den Grundschulen eingeführt. Wir legen uns bei Jamaika weiter ordentlich ins Zeug: Wir haben die Professur in Flensburg verstetigt, wir haben die Zahl der Studienplätze für Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen von 120 auf 160 aufgestockt, wir stellen jedes Jahr 70 neue Sonderpädagoginnen oder Sonderpädagogen ein. Darauf haben wir uns im Koalitionsvertrag festgelegt. Eine so konkrete Festlegung zeigt, wie wichtig das Thema für unsere Koalition ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Außerdem machen wir weitere Mittel für die Bildung frei. Auch das verbessert die Bedingungen für Inklusion an den Schulen. Wir starten im kommenden Jahr mit dem Bildungsbonus. 2019 fangen wir an, 2020 stehen 8 Millionen € zur Verfügung, und wir steigern den Betrag auf 9 Millionen € und dann auf 10 Millionen € in den Folgejahren. An den Bildungsbonus-Schulen profitieren alle Lehrkräfte und alle Schülerinnen und Schüler, ob mit oder ohne Förderbedarf. Wir haben die Einführung des Bildungsbonus um ein Jahr auf 2019 vorgezogen, und wir erhöhen die Zahl der Lehrkräfte insgesamt; in diesem Schuljahr gibt es 871 Stellen mehr an den Schulen als ursprünglich geplant.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU - Marlies Fritzen [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört, hört!)

Es gab außerdem die Erhebung zur Arbeitsbelastung der Lehrkräfte. Wir werden reagieren und die Lehrkräfte gezielt unterstützen. Das Bildungsministerium arbeitet daran.

Wir haben die Lehrkräfteausbildung in den letzten Jahren im Bereich der Inklusion verbessert. Alle Lehrkräfte beschäftigen sich während ihres Studiums mit Inklusion, Heterogenität und pädagogi

(Anette Röttger)

scher Diagnostik. Das ersetzt keine Sonderpädagoginnen oder Sonderpädagogen, aber die Regelschullehrkräfte werden besser auf ihre Aufgabe vorbereitet.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe SPD und lieber SSW, diesen Antrag hätten Sie sich schenken können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Der Antrag zitiert nur einen Halbsatz als vermeintlichen Beleg für die Inklusionsfeindlichkeit der Bildungsministerin, und er konstruiert einen Gegensatz zwischen den regierungstragenden Fraktionen und der SPD, der gar nicht da ist. In der Zeitung stand gestern ein Kommentar, der den Antrag als „Schaumschlägerei“ bezeichnete, und es hieß, er diene nicht der Sache der Inklusion.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Der Journalist hat leider recht. Außerdem werden Ängste geschürt, dass sich für die Kinder und die betroffenen Familien etwas ändern werde, und das stimmt auf keinen Fall.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen gute Inklusion mit einer hohen Zufriedenheit bei Eltern, Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften. Das bleibt eine Herausforderung. Wir nehmen sie an und werden in den kommenden Jahren die Rahmenbedingungen weiter verbessern. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, der Abgeordnete Christopher Vogt.

(Martin Habersaat [SPD]: Kommt jetzt die Position aus der FördeRunde oder etwas Neues?)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um den ersten Arbeitsnachweis des Kollegen Habersaat zu würdigen, habe ich mich selbst zu Wort gemeldet. Mein Eindruck ist, dass die Unterschiede zwischen der Koalition und der Opposition bei der Inklusion in Wahrheit gar nicht so groß sind, wie das hier vom Kollegen Habersaat teilwei

se suggeriert wurde. Das lässt auch bereits der Antrag von SPD und jetzt auch SSW vermuten. Darin wird gar keine inhaltliche Kritik an der Inklusionspolitik der Landesregierung oder der Koalition geübt, es werden auch keine konstruktiven Verbesserungsvorschläge formuliert, der Oppositionsantrag erschöpft sich allein in Stilkritik. Man muss wohl Deutschlehrer sein, um ihn nachvollziehen zu können.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die vorgetragene Empörung scheint mir alles andere als authentisch zu sein. Dass die SPD unter Themenarmut leidet, ist ja hinlänglich bekannt, dass der SSW da jetzt mitmacht, hat mich ein bisschen überrascht, Lars Harms. Das nehmen wir einfach einmal zur Kenntnis.

Eine erfolgreiche Inklusion ist uns sehr wichtig. Weil dies so ist, handeln wir als Koalition in diesem wichtigen und sensiblen Bereich etwas anders als in den vergangenen Jahren, weil da bei Weitem nicht alles gut gelaufen ist. Wer dies behauptet, spricht entweder nicht mit den Menschen, die täglich Inklusionsarbeit in den Schulen leisten, oder ignoriert, dass die Ausstattung der Schulen allzu oft leider nicht so ist, wie es optimal wäre.

Anstatt in Sachen Inklusion weiter vor allem auf Quantität zu schauen, müssen wir erst einmal an der Qualität arbeiten. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass das das gemeinsame Ziel der Koalition ist. Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir Inklusion konkret ausgestalten. Im Bereich der Inklusion gibt es sehr viele Erfolge, auch und gerade in Schleswig-Holstein; das steht außer Frage. Man sollte aber auch sehen, dass es oftmals nicht so läuft wie gewünscht, weil die Ausstattung unzureichend ist. Damit meine ich vor allem das fehlende Personal an vielen Schulen.

Wir dürfen die Schulen, genauer gesagt die Lehrer, die Eltern und - am wichtigsten - die Kinder, nicht mit den Problemen alleinlassen; Überforderung wäre kontraproduktiv. Die Schulen haben auch im Bereich der Integration sehr viel zu leisten. Es ist deshalb richtig, dass wir insgesamt viele neue Lehrerstelle schaffen, auch mit dem nächsten Landeshaushalt, um die Bildungsqualität zu verbessern.

Derzeit läuft eine Erhebung, die Aufschluss über die jetzige Situation hinsichtlich der Inklusion liefern wird. Erst wenn wir die genauen Fakten besser kennen, kann das Bildungsministerium ein wirklich durchdachtes und tragfähiges Inklusionskonzept er

(Ines Strehlau)

arbeiten. Das halte ich für dringend erforderlich und für genau den richtigen Weg.

In der Zwischenzeit sind wir allerdings nicht untätig. Es wurde schon gesagt: Wir schaffen kontinuierlich zusätzliche Stellen für Sonderpädagogen. Wir bilden in Flensburg deutlich mehr aus, und auch das Qualitätsmanagement wird verbessert. Für eine qualitativ bessere Inklusion brauchen wir eben mehr dieser Profis an unseren Schulen.