Protocol of the Session on September 7, 2018

(Beifall SPD)

Wir als SPD-Fraktion sagen ausdrücklich: Wir wollen erstens keine finanzielle Beteiligung der Verbraucherinnen und Verbraucher an der Umrüstung von Dieselfahrzeugen. Darin unterscheiden wir uns von Herrn Buchholz, und wie wir seit dem Alternativantrag wissen, unterscheiden wir uns da auch von der gesamten Koalition, inklusive der Grünen.

Niemand der hier Anwesenden ist dafür verantwortlich, dass die Autohersteller betrogen oder unzureichende Autos gebaut haben, aber es ist die Regierungskoalition, die bei diesem Thema auf voller Linie versagt. Das will ich deutlich sagen. Sie mögen sich das ja vielleicht leisten können, Herr Buchholz, oder Leute vertreten, die sich das leisten können. Aber was sollen die anderen Menschen davon halten, wenn Sie sagen, sie müssten sich auch noch an den Kosten beteiligen? Das ist Politik von oben herab, die gegen das Interesse der Verbraucher ist.

(Beifall SPD)

Zweitens brauchen die Kommunen unsere Unterstützung beim Kampf für saubere Luft. Stattdessen haben Sie vor der Sommerpause in der Koalition Ihre lähmende Uneinigkeit zur Schau getragen und tausende Pendlerinnen und Pendler mit Ihrer Androhung von Fahrverboten verunsichert. Jetzt gibt es auch schon Gerichtsurteile in Frankfurt und anderswo. Der Ministerpräsident hat gesagt, er habe das nicht so gemeint. Der Umweltminister war schon halb weg. Es war völlig unklar, was eigentlich die Position der Landesregierung ist; jedenfalls hat sie den Städten nicht geholfen, die Aussagen zu den Kosten brauchen. Der Wirtschaftsminister ist

bundesweiter Vorkämpfer für eine Kostenbeteiligung, den Städten aber wird nicht geholfen.

Deshalb haben wir einen Antrag vorgelegt. Wir haben ihn heute noch einmal mit Blick auf die Bundesratsinitiative konkretisiert. Am Ende geht es um drei Dinge: Verbraucherschutz, Umweltschutz und Millionen Arbeitsplätze in Deutschland. Das muss zusammengebracht werden, und zwar nicht, indem man die Autofahrer belastet, nicht, indem man die Städte hängenlässt, und das geht auch nicht, indem man über die Gefährdung von Arbeitsplätzen schwadroniert, obwohl man sie sichern könnte, wenn man eine aktive und gute Industriepolitik macht, die Klimaschutz und Arbeitsplätze nicht gegeneinander ausspielt.

(Beifall SPD)

Insofern ist unser Antrag ein Angebot, genau diese Punkte miteinander zu vereinen. Da könnten Sie doch einmal zeigen, was Sie in Ihrer Koalition aus Schwarz, Gelb und Grün können, dass Sie den Städten helfen, dass Sie den Verbrauchern helfen, dass Sie etwas für die Arbeitsplätze tun. - Aber genau das tun Sie nicht, sondern Sie schwurbeln herum. Am Ende wird es übrigens die Fahrverbote geben, weil sich die Gerichte durchsetzen werden. Herr Kämpfer, der Oberbürgermeister von Kiel, hat Einblicke in das Ressort gehabt, über das wir reden, was das so taugt, was wir an Gutachtenentwürfen bekommen. Ich kann nur sagen: Die Koalition schwurbelt nur rum und leistet nichts. Ich finde, wir sollten uns an die Seite der Verbraucher, des Umweltschutzes und der Arbeitsplätze stellen. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Inzwischen liegt es ein halbes Jahr zurück, dass das Bundesverwaltungsgericht Fahrverbote für bestimmte Dieselfahrzeuge auf kommunaler Ebene für grundsätzlich zulässig erklärt hat. Konkrete Fahrverbote blieben bislang die Ausnahme, aber es werden wahrscheinlich mehr werden. Allerdings können wir in Hamburg derzeit lesen, zu welch kuriosen Entwicklungen eine ideologiegetriebene Verkehrspolitik führt. In Altona wurden zwei Straßenabschnitte von etwa 2 km Län

(Dr. Ralf Stegner)

ge für Dieselfahrzeuge gesperrt: Symbolpolitik einerseits, andererseits aber auch eine Politik mit der Brechstange - wie die Hamburger CDU dem grünen Umweltsenator Kerstan zu Recht vorgeworfen hat.

Der Nutzen solcher Fahrverbote ist höchst fraglich. In Hamburg will man sich hierzu noch nicht festlegen und verweist auf den kurzen Beobachtungszeitraum. Aber auch wenn diese Daten vorliegen werden, wird wohl trotzdem nicht klar sein, wie viel diese überhasteten Fahrverbote zur Reduzierung von Stickoxiden wirklich beigetragen haben. Zum einen sind die Strecken viel zu kurz, zum anderen wird sich wohl nicht erkennen lassen, wie viel mehr Schadstoffe durch die erzwungenen Umwege in die Luft geraten sind.

Die Anti-Diesel-Lobby im Land, angeführt von einem dubiosen, 250 Mitglieder umfassenden Abmahnverein, der sogenannten Deutschen Umwelthilfe, führt weitere Prozesse zur Durchsetzung von Fahrverboten in Deutschlands Metropolen. Als nächstes sind wahrscheinlich Stuttgart und Frankfurt an der Reihe.

Um Fahrverbote zu vermeiden, sollen nun auch nach dem Willen einiger Politiker Hardware-Umrüstungen erfolgen. Eine davon ist die Bundesumweltministerin. Bundesverkehrsminister Scheuer jedoch hält weiter dagegen und bezeichnet HardwareNachrüstungen als Verschwendung von Steuergeldern sowie als technisch, rechtlich und finanziell bedenklich. Es ist die Frage, wie lange dieses Duell in der Bundesregierung noch anhalten wird. Tatsache ist auf jeden Fall, dass durch diese Diskussion der Verbraucher massiv verunsichert wird.

Jetzt kommen aus diesem Haus hier Vorschläge für eine unmittelbare Kostenbeteiligung der Bürger an dieser Umrüstung. Der Herr Wirtschaftsminister Dr. Buchholz hielt im August ein Drittelbeteiligung der Autobesitzer für vermittelbar, so sagte er, obwohl diese Kosten nach zwei vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebenen Gutachten zwischen 3.000 und 5.000 € je Fahrzeug betragen. Das ist wahrlich kein Pappenstiel, gerade wenn man bedenkt, dass ältere Dieselfahrzeuge oft von Menschen mit geringem Einkommen genutzt werden. Darauf hat der ADAC, der Allgemeine Deutsche Automobilclub, ganz aktuell hingewiesen.

Doch auch der Antrag der Jamaika-Koalition greift diese unsoziale Idee wieder auf. Man ist wohl selbst nicht davon überzeugt, wenn man gleich wieder einschränkt, dass Hersteller und Halter mit einer Drittelung der Kosten einverstanden sein müssten. Ich frage Sie: Wie wahrscheinlich ist es, dass

Hersteller ihr Einverständnis zur aufwendigen und langjährigen Hardwareumrüstung geben, nachdem sie sich monatelang aus guten Gründen dagegen ausgesprochen haben? Und wie wahrscheinlich ist es, dass Dieselbesitzer 3.000 bis 5.000 € aus eigener Tasche hinblättern, nur weil die Politik sie im Regen stehen lässt?

Denn unverändert gilt: Ob Hardware-Nachrüstungen überhaupt sinnvoll sind, ist nach wie vor umstritten. Eine hierzu aktuell betriebene Testreihe des Landes Baden-Württemberg und des ADAC, bei der Diesel-Pkw und Nutzfahrzeuge der Euro-5Norm mit einem SCR-Reinigungssystem ausgerüstet werden und auf ihre Dauerhaltbarkeit hin überprüft werden, wird mindestens 50.000 km umfassen und läuft noch bis 2019.

Die von der Industrie derzeit durchgeführten Software-Updates werden bei Fahrzeugen mit Euro-5-Norm den Stickoxidausstoß bereits um 25 % bis 30 % senken. Durch die starke Verbreitung von Fahrzeugen der Euro-6-d-Gruppe durch Neufahrzeuge der Euro-6-d-TEMP-Norm ist mit einer noch schnelleren Stickoxidabsenkung zu rechnen. So schnell können ganze Baugruppen und Fahrzeugflotten nicht umgerüstet werden. Das ist einfach Fakt.

Es spricht deshalb sehr viel dafür, dass sich die Fahrverbote auf Dauer wieder von selbst erledigen, denn die Stickstoffdioxidbelastung sinkt hierzulande seit Jahren auch deshalb, weil sich der Autobestand permanent erneuert und in den Städten alte Fahrzeuge des Nahverkehrs kontinuierlich aussortiert werden.

Daher gilt für uns: Die politischen Planspiele über die Beteiligung von Dieselfahrern an den Kosten für Hardware-Nachrüstungen sind sofort zu beenden - auch in diesem Haus. Wir bitten um Abstimmung in der Sache. - Danke.

(Beifall AfD)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Reden hier von Ihnen, Herr Dr. Stegner, und von Ihnen, Herr Schnurrbusch, anhört, muss man sagen: Manchmal ist es, glaube ich, ganz nett in der Opposition.

(Volker Schnurrbusch)

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Ja!)

Man kann so mit einer gewissen Unschärfe unsauber argumentieren, und man kriegt eine schöne Schlagzeile.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Wir nicht!)

Das klingt alles irgendwie nett: Verbraucher schützen, Dieselumrüstung auf keinen Fall vom Verbraucher bezahlen lassen. Dann streut man vielleicht noch ein Zitat vom Umweltamt ein und sagt: „Da hat auch mal jemand etwas gesagt“, eine angeblich Autorität, auf die man sich berufen kann.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Überlegen Sie sich Ihren Hochmut, Herr Kilian! - Zuruf: Was soll dieser Hochmut?)

- Hören Sie zu, dann können Sie vielleicht folgen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Da muss man ehrlich sagen: In solchen Punkten muss es sehr schön sein, in der Opposition zu sein, weil man eben nicht präzise arbeiten muss. Man kann einfach mal in den Saal hineinrufen und hoffen, dass es im Blätterwald rauscht.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Sehr konkret! - Beate Raudies [SPD]: Ist das ein Rückblick auf die eigene Oppositionsarbeit oder was?)

Wenn man sich dann anguckt, was in diesen Anträgen drinsteht, muss man sagen, Herr Dr. Stegner: Ihnen fehlt schon in Ihrer Facebook-Nachricht die Präzision. Sie machen vor Beginn der Plenarwoche immer so ein schönes Video. Da haben Sie behauptet, der Minister möchte, dass die Verbraucher an der Nachrüstung manipulierter Dieselfahrzeuge beteiligt werden. Das wurde nie gesagt.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Dr. Ralf Steg- ner [SPD])

Ganz im Gegenteil: Wir haben - auch im Änderungsantrag unter Punkt 1 - klipp und klar dargestellt: Manipulierte Fahrzeuge müssen von den Herstellern in Ordnung gebracht werden; die sind juristisch in der Verantwortung. Wer betrogen hat, muss dafür geradestehen.

(Beifall CDU und FDP)

Wir haben aber auch eine große Anzahl von Dieselfahrzeugen, die nicht manipuliert sind. Die sind zugelassen worden - haben die Umweltstandards damals eingehalten - und sind weiterhin am Markt. Jetzt kann man sich überlegen: Was macht man damit? Juristisch kann man die Hersteller nicht zwingen, sich an den Kosten einer Nachrüstung zu betei

ligen, weil die Fahrzeuge damals nach geltendem Recht zugelassen wurden, also eine entsprechende Zulassung haben, die ihnen im Nachgang nicht entzogen werden kann.

(Zuruf: Das ist so!)

Wir wollen aber etwas tun, um die Luftreinheit zu verbessern. Also schlagen wir vor: Wir machen ein Förderprogramm. Wir als Landesregierung sagen: Wir wollen, dass der Bund sich beteiligt, weil der Bund den Käufern damals gesagt hat: Kauft den Diesel; das ist wichtig für den Klimaschutz, weil die CO2-Werte beim Diesel besser sind. - Also sagen wir: Der Bund soll sich mit einem Drittel beteiligen, und die Automobilindustrie soll sich mit einem Drittel beteiligen, weil sie natürlich moralisch auch in der Verpflichtung ist, unsere Luftreinhaltung mit zu gewährleisten.

(Beifall CDU und FDP)

Tatsächlich sagen wir auch: Bei diesem Förderprogramm muss der Nutzer eines älteren Dieselfahrzeuges ein Drittel übernehmen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Das ist nicht in Ordnung!)

- Ein Drittel von dem Umrüstungskosten sind bei weitem nicht 5.000 €, Herr Schnurrbusch.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Das habe ich nicht gesagt!)

Das muss man im Zweifel durch drei teilen.