Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich beschäftige mich eigentlich lieber mit der Zeit vor dem Tod, aber auch der Tod gehört letzten Endes zum Leben dazu.
Ein Todesfall in der Familie ist nicht nur eine traurige Angelegenheit, sondern zugleich eine organisa
torische Meisterleistung in schwierigen Zeiten und eine hohe finanzielle Belastung. Eine Beerdigung kostet in Deutschland im Durchschnitt 7.000 €. Darin nicht enthalten sind spätere Kosten für einen Grabstein und die Grabpflege. Die Bestattungskosten richten sich nach Bestattungsart, Bestattungsort, Art des Grabes und Umfang der erbrachten Leistungen des Bestatters.
Viele ältere Menschen haben ihre Beisetzung im Vorfeld selbst durch Bestattungsversicherungen geregelt oder haben ihre Wünsche formuliert. Tritt ein plötzlicher Tod, vielleicht schon in jungen Jahren, ein, kommt zur Frage nach dem Warum auch die Frage nach dem Wie; denn in der Regel setzen sich junge Menschen ungern mit dem eigenen Tod auseinander. Neben der Trauer kommt dann die Frage der Verantwortlichkeit hinzu. Wer ist bestattungspflichtig? Wer trägt die Kosten?
Jedes Bundesland hat zwar sein eigenes Bestattungsgesetz, aber die Reihenfolge der Bestattungspflichtigen ist fast überall gleich geregelt. In § 2 des schleswig-holsteinischen Bestattungsgesetzes ist die Reihenfolge formuliert, und Herr Kollege Plambeck hatte es Ihnen vorgelesen. In Rheinland-Pfalz ist abweichend davon der Erbe vorrangig vor den Familienangehörigen bestattungspflichtig. In Hessen sind sogar die Einrichtungen wie Pflegeheime und Krankenhäuser nachrangig bestattungspflichtig.
Normalerweise regelt die Familie die Bestattung untereinander selber. Ist das nicht möglich, reicht die Kommune die Verpflichtung in der genannten Reihenfolge weiter, und nur, wenn keiner der Angehörigen zahlungsfähig ist, trägt die Kommune die Kosten. Das bedeutet, dass zum Beispiel Enkel, die sich vielleicht noch in der Ausbildung befinden, für die Kostenübernahme herangezogen werden können, wenn deren Eltern nicht über die notwendigen Mittel verfügen. Auch können so entfernte Angehörige verpflichtet werden, die den Verstorbenen vielleicht gar nicht oder kaum kennen - auch das soll in den besten Familien vorkommen - oder bei denen es aufgrund von Konflikten, zum Beispiel Kindesmissbrauch, zur totalen Entfremdung gekommen ist. In einigen Bundesländern haben Landessozialgerichte dieses Verfahren schon mehrmals ausgeschlossen. Bedauerlicherweise gibt es in den Kommunen keine einheitliche Handhabe, das hat der Kollege Lars Harms eben beschrieben.
Unsere Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten, Frau Samiah El Samadoni, hat in ihrem Bericht 2017 festgestellt, dass es zunehmend Fragen
Weil wir die aktuelle Praxis ebenfalls für unverhältnismäßig und ungerecht halten, tragen wir den Vorschlag des SSW mit und teilen die Auffassung unserer Bürgerbeauftragten.
Allerdings stellen sich uns auch noch einige Fragen; denn eine Beerdigung hat auch immer etwas mit Würde zu tun. Der Träger der Sozialhilfe übernimmt in einem Todesfall - so ist es formuliert - die erforderlichen Kosten einer würdigen, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechenden einfachen Bestattung.
Im Rahmen meiner kommunalpolitischen Tätigkeit habe ich mir Sozialbestattungen mehrmals angeschaut. Da ist das Wort „einfach“ schon eine Übertreibung, und mit Würde hatte das Ganze sehr wenig zu tun. Da ist es gut, wenn sich die Kommunen auf den Weg machen, die Kosten den reellen Preisen anzupassen. Der SSW möchte, dass bereits nach dem zuerst in Betracht kommenden Hinterbliebenen keine weiteren Angehörigen zur Zahlung herangezogen werden sollen, auch wenn diese eventuell über die nötigen Mittel verfügen würden. Das zuständige Sozialamt hätte damit nur eine einzige Möglichkeit, für die Begleichung der Bestattungskosten auf die Hinterbliebenen zurückzugreifen. Das könnte für Kommunen mit einer hohen Altersstruktur oder Pflegeheimen eine erhebliche finanzielle Belastung werden. All das gilt es zu klären.
Da wir in anderen Bundesländern sehen, wie es funktionieren kann, tragen wir den Gesetzesvorschlag in Gänze mit. Deshalb beantrage ich ebenfalls die Überweisung in den Sozialausschuss. Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Lasse Petersdotter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Wie eben beschrieben, sieht das schleswig-holsteinische Bestattungsgesetz eine gewisse Rangfolge für die Übernahme der Beerdigungskos
ten vor. Aber was ist eigentlich, wenn die Person kein ausreichendes Vermögen besitzt, die finanziellen Mittel nicht hat, um eine sehr kostenintensive Bestattung zu finanzieren. Dann kann die Gemeinschaft oder der nachrangig Hinterbliebene dafür einstehen. Das wird unterschiedlich gehandhabt.
In den einzelnen Bundesländern geht man unterschiedlich damit um. Kollegin Pauls hat es gerade angesprochen. Hier ist interessant, dass das Land die Regelungsmöglichkeiten hat. Deswegen von mir auch der Dank an die Bürgerbeauftragte, die das Thema auf den Tisch gebracht hat, und an den SSW, der das Thema in das Plenum eingebracht hat. Am Ende ist es nämlich die Möglichkeit, hier einem Problem entgegenzuwirken. Es ist daher sinnvoll und gut, dass wir darüber sprechen, damit es Klarheit gibt. Denn wenn man ehrlich ist, stellt man fest, es ist ein Problem, wenn es nach einem Verlust in der Familie auch noch Unklarheiten für die finanzielle Verantwortung gibt. Für einen Verwaltungshickhack haben die Hinterbliebenen in der Regel nicht den Kopf.
In Schleswig-Holstein möchte der SSW gern, dass die Gemeinde die Kosten übernimmt, wenn der nachrangig Hinterbliebene die finanziellen Aufwendungen nicht übernehmen kann. Ich halte das zunächst für einen nachvollziehbaren Gedanken. Auf der anderen Seite habe ich noch einige Fragezeichen, und es besteht bei mir noch Skepsis, wenn der nachrangig Hinterbliebene tatsächlich finanzielle Mittel hat. Häufig ist es ja bei unserem Gerechtigkeitsproblem bedauerlicherweise nicht der Fall, sondern eher vererbbar, dass Menschen die finanziellen Möglichkeiten nicht haben. Aber, sollte der nachrangig Hinterbliebene tatsächlich das Geld haben, müssten wir auch darüber diskutieren, ob er es übernehmen kann.
Gleichzeitig habe ich großes Verständnis dafür, dass es gewisse Härtefälle gibt. Dass ein Kind, dessen Vater sich früh aus der Familie verabschiedet hat, nie Unterhalt gezahlt hat, den Kontakt immer abgebrochen hat, nicht so richtig Lust darauf hat, die Beerdigung zu zahlen, kann ich sehr gut verstehen.
In Schleswig-Holstein ist es bislang so geregelt, dass die Verantwortung bis zum Enkelkind zurückgeht, sodass dieses die Kosten übernehmen müsste. In anderen Bundesländern - das wurde eben angesprochen - ist es anders geregelt. Besonders heftig finde ich die Fälle aus Hamburg und Bayern, wo es
teilweise bis zu den Lebenspartnern der Stiefkinder geht oder gar die Betreuer in die Verantwortung gezogen werden. Ich denke, dass es in Schleswig-Holstein besser geregelt ist, aber wir brauchen eine klare Zuständigkeit, wie mit den Kosten umgegangen werden muss.
Deswegen freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss. Ob wir eine Vergemeinschaftung sinnvoll finden, müssen wir noch diskutieren. Ich freue mich auf die Anhörung; denn hier gibt es wirklich eine Sachfrage zu klären. Ich muss ehrlich sagen, dass ich in diese Diskussion nicht mit einem festen Weltbild hineingehe, sondern mir die Meinungen anhören, mir anschließend meine Meinung bilden und eine Entscheidung treffen möchte. Insofern vielen Dank an den SSW und an die Bürgerbeauftragte. Ich freue mich auf die weitere Diskussion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Wenn ein naher Angehöriger stirbt, sind die Hinterbliebenen in dieser emotionalen Extremsituation in der Regel mit erheblichen bürokratischen Anforderungen konfrontiert. Nicht selten besteht Unsicherheit über die Aufgaben im Rahmen der Nachlassabwicklung. Schlimm ist es jedoch, wenn durch nicht eindeutige Bestimmungen oder unterschiedliches Behördenhandeln innerhalb eines Landes auf Grundlage eines Gesetzes unbillige Härten entstehen. Der nun vorliegende Gesetzentwurf versucht hier anzusetzen.
§ 2 Nummer 12 des Bestattungsgesetzes regelt die Reihenfolge der Verpflichtung bei der Übernahme der Bestattungskosten. Dem vorrangig verpflichteten Ehegatten folgen die Kinder und dann die Eltern. Nachfolgend sind die Geschwister, die Großeltern und letztlich - Sie erwähnten es bereits - die Enkelkinder zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Gemäß vorliegendem Gesetzesentwurf des SSW sollen nachrangig Hinterbliebene nun nicht mehr die Bestattungskosten tragen müssen, sofern ein vorrangig Hinterbliebener nicht leistungsfähig ist. Das bedeutet also, dass die Kinder nicht mehr Schuldner werden können, wenn der überlebende Ehepartner zahlungsunfähig ist.
Doch sorgt die Novellierung des Gesetzes wirklich dafür, dass ein Heranziehen nachrangig Verpflichteter wirksam ausgeschlossen ist, und selbst wenn, wollen wir das auch?
§ 1968 BGB regelt, dass die Erben für die Bestattungskosten aufzukommen haben. Bei Ausschlagung des Erbes ist man jedoch kein Erbe mehr. Entbindet einen dies wirklich von der Pflicht zur Übernahme der Bestattungskosten? Ja, aber auch nein; denn wenn sich alle potenziellen Erben für eine Erbausschlagung entscheiden, geht die Erbschaft vollumfänglich an den Staat. In diesem Fall organisiert die Heimatgemeinde des Erblassers dessen Bestattung und streckt die Kosten vor. Da es sich bei diesen aber um einen Bestandteil der Unterhaltspflicht handelt, kann die Gemeinde das Geld von den potenziellen Erbberechtigten zurückfordern. In diesem Fall greift das Gesetz auf die Unterhaltspflichtigen als Schuldner zurück. Gemäß § 74 SGB XII ist man zur Übernahme der Bestattungskosten nämlich nicht nur als Erbe, sondern im Falle der Erbausschlagung auch als Unterhaltspflichtiger verpflichtet. Unter Heranziehung der §§ 85 ff. SGB XII ist dann die Einkommensgrenze des jeweils Unterhaltspflichtigen maßgeblich.
Lieber Lars, es ist somit fraglich, ob bei Änderung des Bestattungsgesetzes eurem Wunsch auch wirklich entsprochen wird. Es ist zudem auch abzuwägen, ob eine Neuregelung gesellschaftlich wünschenswert wäre. Immerhin sollen hierdurch die Bestattungskosten auf den subsidiär haftenden Sozialstaat umgesetzt werden, sofern vorrangig Verpflichtete nicht leistungsfähig sind.
Vergleichen wir jetzt einmal zwei Fälle: In beiden Fällen verstirbt die verwitwete Großmutter. Im ersten Fall leben die eigenen Kinder nicht mehr, sondern nur noch die Enkel. In dem zweiten Fall hat die Erblasserin eine Tochter, die die Bestattungskosten nicht tragen kann, und es gibt ebenfalls Enkel. Die Enkel in beiden Fällen wären in der Lage, die Bestattungskosten zu übernehmen. Im zweiten Falle würde die Allgemeinheit die Kosten tragen, im ersten Fall weiterhin die Enkel. Wäre das gerecht?
In der Fachausschussberatung gilt es, diese und weitere Fragen zu klären und darüber hinaus zu prüfen, ob wir durch diese Änderungen nicht weitere Ungerechtigkeiten schaffen würden. Ich freue mich auf die Ausschussberatung. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Im Landesbestattungsrecht ist normiert, wer totenfürsorgeberechtigt ist. Das sind regelmäßig Ehegatten, der eingetragene Lebenspartner, leibliche und adoptierte Kinder, Eltern, Geschwister, Großeltern und Enkel; wir hörten es. Dieser Personenkreis hat Sorge dafür zu tragen, dass ein Angehöriger ordnungsgemäß bestattet wird. Grundsätzlich müssen diese Personen dann auch die Beerdigungskosten übernehmen.
Es besteht zudem der Grundsatz, dass die Angehörigen in der entsprechenden Reihenfolge verpflichtet sind, für die Bestattung zu sorgen. Die in der Reihenfolge nachrangig Genannten sind nur dann bestattungspflichtig, wenn die Personen, die vorrangig genannt sind, nicht vorhanden oder aus anderen Gründen daran gehindert sind.
Bei der Bestimmung des Verpflichteten ist also der Grad der Verwandtschaft oder der Schwägerschaft zwingend zu berücksichtigen. Es besteht somit ein grundsätzlicher Vorrang der näheren gegenüber den entfernteren Verwandten. Das ist eine nachvollziehbare Intention des Gesetzgebers.
Die Reihenfolge der Verpflichtung der Hinterbliebenen lehnt sich an die Rangfolge der gesetzlichen Erben nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch an. Seit ewigen Zeiten obliegt die Bestattung Verstorbener in Deutschland den Angehörigen. Dies entspricht einer sittlichen und weit verbreiteten Anschauung in unserer Gesellschaft. Danach ist auch davon auszugehen, dass eine Heranziehung von nachrangig Verpflichteten zu den Kosten nicht unzumutbar ist. Das sieht auch das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in einem Beschluss aus dem Jahre 2003 so.
Soweit jemand bestattungs- und kostenpflichtig ist, aber eben nicht über die notwendigen Mittel verfügt, die Bestattung zu bezahlen, ist es möglich, beim zuständigen Sozialamt einen Antrag auf Zuschuss oder Übernahme der Bestattungskosten zu stellen. Das sind in der Regel die Kosten für eine einfache, würdevolle und ortsübliche Bestattung. Eine unbillige Härte kann somit belegt und dann letztlich auch ausgeschlossen werden.
Die nachrangige Heranziehung von Angehörigen stellt sich auch nicht als verfassungswidrig oder gar willkürlich dar. Jede Verantwortlichkeit drängt sich
von der Natur der Sache her auf; da ändert die Totenfürsorge auch nichts. Es ist schlicht ein Ausfluss der familiären Verhältnisse, welche zu Lebzeiten den Verstorbenen mit den Familienangehörigen verbunden hat. Dieses Verhältnis dauert über den Tod hinaus und steht den nächsten Angehörigen zu.
Die Totenfürsorge begründet indes nicht nur ein Recht, sie hat als öffentlich-rechtliche wie auch als zivilrechtliche Position einen Pflichtencharakter. Dieser Pflichtencharakter wird im Familienrecht als Nachfolger der familienrechtlichen Beziehung wie die Totenfürsorge im Allgemeinen als gewohnheitsrechtlich begründet angesehen.
Die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Bestattung wird der Staat deshalb auf die Angehörigen übertragen, weil nach den tradierten Anschauungen des ganz überwiegenden Teils der Bevölkerung und nach alltäglicher Praxis davon auszugehen ist, dass diese den Verstorbenen eine würdige Erstattung bereiten werde.
Nur wenn Bestattungspflichtige nicht vorhanden oder schlicht nicht erfüllungsfähig sind - und nur dann -, ist die zuständige Gemeinde subsidiär für die Bestattung verantwortlich und wird zum Kostenträger. Diese Praxis entspricht auch billigen Erwägungen, die Allgemeinheit - das sind die Steuerzahler - vor diesen Kosten zu bewahren.
Mit der Bestattungspflicht wird auch keine unzumutbare Belastung auferlegt, denn den Bestattungspflichtigen wird nur das aufgegeben, wozu diese nach der familienrechtlichen Rechtslage ohnehin verpflichtet sind.