Protocol of the Session on September 6, 2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass ich als Sportpolitikerin heute zu dem Antrag reden darf, wie wir in SchleswigHolstein zukünftig E-Sport weiter fördern können, ist auf der einen Seite ein Zeichen dafür, dass Sport der Türöffner für vieles und Sport auf der anderen Seite - wie ich immer sage - eine große Querschnittsaufgabe ist. Insofern finde ich es richtig, dass die Sportpolitiker dazu reden. Wir werden allerdings noch darüber zu reden haben, wie viel Sport in E-Sport überhaupt noch steckt. Das ist eine rein sportpolitische Aufgabe, aber der Sport ist ja

auch nur ein Teilaspekt dessen, was wir prüfen wollen.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Am 25. August 2018 ist die diesjährige Gamescom in Köln zu Ende gegangen. Es war bereits die zehnte Ausgabe, und zum wiederholten Male konnten Besucherrekorde erzielt werden. Der Kollege Rasmus Andresen hat uns immer wieder teilhaben lassen und darauf aufmerksam gemacht, dass das sehr viel Spaß macht und wie viele junge Menschen ihn da umgeben. Rasmus kann sicherlich berichten, wie es da war. Heute startet in Husum die nächste Gaming Convention. Auch dort werden Rekordzahlen erwartet.

Wir sind uns alle einig: Es handelt sich hier um einen boomenden Markt in Deutschland, der weiter Fahrt aufnimmt, und um eine neue Art der Eventkultur, die für junge Menschen überaus attraktiv ist. Dem haben wir als Jamaika-Koalition in unserem Koalitionsvertrag bereits Rechnung getragen. Mit dem heutigen Prüfauftrag wollen wir den Startschuss geben, uns mit diesem Thema aktiv zu beschäftigen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Eines muss klar sein: Wenn wir uns als Staat konkret mit den Chancen und Herausforderungen dieser Branche befassen wollen, wenn wir über Unterstützung und Förderung nachdenken, dann sind wir auch in der Verantwortung, die Debatte fachlich zu begleiten und uns sachkritisch mit dem Thema ESport auseinanderzusetzen, um am Ende für uns klar zu definieren, wie wir die Gaming-Bewegung in allen Bereichen - Bildung, Jugend und Sport fördern wollen. Ohne Frage stellt die fortschreitende Digitalisierung auch den klassischen Sport vor neue Herausforderungen. Als Sportpolitikerin erlebe ich, dass die Debatte über die Anerkennung des E-Sports als eingetragene Sportart in vollem Gang ist.

Im Übrigen bin ich Mutter von vier Kindern, davon drei Söhnen, die inzwischen erwachsen sind. Die haben das alle intensiv gespielt. Das sind tolle Jungs. Wenn ich heute das Zitat des jungen Menschen in der Zeitung lese, wo die Eltern auch gesagt haben: „Lass den Scheiß!“, und er ihnen den Wind aus den Segeln genommen hat, weil er damit Geld verdienen kann, ist das super. Auch ich finde es toll, wenn meine Jungs Geld verdienen. Ob ich das jetzt Sport nennen würde oder mich mehr gefreut hätte, wenn sie sich mehr draußen bewegt hätten, ist eine andere Frage.

(Marlies Fritzen)

(Beifall CDU und FDP)

Ich will damit sagen: Ich bin weit davon entfernt, das zu verteufeln, aber als Sportpolitiker, wo wir immer diskutieren, wie wir unsere Jugendlichen mehr zu Sport und Bewegung bekommen, müssen wir schon ein bisschen aufpassen, dass das nicht kontraproduktiv wird.

(Beifall Claus Christian Claussen [CDU] und Kay Richert [FDP])

Aber ich bin bereit, diese Herausforderung gemeinsam mit meinen Söhnen und Ihnen allen anzunehmen.

(Beifall Hans-Jörn Arp [CDU])

Es sind ja auch nicht die klassischen Spiele, die Sportarten simulieren. Zur Wahrheit gehört, dass zum E-Gaming Counter-Strike, League of Legends, Dota 2 und eben nicht E-Sailing, E-Soccer und solche Sportarten gehören. Mein lieber Hans-Jörn, da wird das Geld verdient und nicht mit E-Sailing. Das muss man wissen.

(Beifall Hans-Jörn Arp [CDU] und Kay Ri- chert [FDP])

Als Sportpolitikerin freue ich mich, dass es mit dem Antrag gelungen ist, dass wir diese Diskussion in enger Abstimmung mit dem traditionellen Sport führen. Auch die Staatssekretärin hat deutlich gemacht, dass wir den Landessportverband bei dieser Debatte unbedingt mitnehmen müssen. Denn „Das habe ich beim Sport gelernt!“ ist eine tolle Kampagne. Ich finde gut, wenn am Ende alle mit vollem Stolz sagen: Auch E-Sport habe ich beim Sport gelernt.

Für die Frage, wie wir E-Sport oder E-Gaming zukünftig zum Beispiel bei der Vermittlung von mehr Medienkompetenz, Englischkenntnissen oder Stressbelastbarkeit einbinden können, ist es wichtig, dass wir neben unseren Kommunen auch Sportjugend und Landesjugend beteiligen. Das sind doch unsere stärksten Jugendbewegungen, die sich aktuell auch mit diesem Thema aktiv auseinandersetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen und vor allem liebe E-Sportler: Nicht zuletzt auch mit der Gründung einer E-Sports-Akademie in Heide geben wir mit dem heutigen Antrag den Startschuss für eine konstruktive, sachlich fundierte politische Auseinandersetzung gemeinsam auf Augenhöhe, um am Ende gute Ziele für Schleswig-Holstein zu erreichen, damit E-Sport auch in Schleswig-Holstein eine Heimat finden kann. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war eine bemerkenswerte Rede der Kollegin. Vielleicht sollte erst einmal die Koalition intern prüfen, ob sie E-Sport anerkennen möchte oder nicht, bevor sie solche Anträge schreibt.

(Tobias Loose [CDU]: Da haben Sie nicht zugehört!)

- Doch, ich habe sehr genau zugehört.

E-Sport: Für die einen ist das Neuland, für die anderen gehört er seit über 20 Jahren zum Alltag. Die Anerkennung von E-Sport als Sport ist übrigens auf Betreiben der SPD ein Ziel der Großen Koalition und steht schon längst im Koalitionsvertrag drin.

(Beifall SPD - Zurufe CDU und FDP)

Wenn es einen Grund geben sollte, diese Landesregierung nach Berlin zu schicken, dann wäre es der, auch die CDU-Minister endlich davon zu überzeugen, respektive den CSU-Minister Horst Seehofer, der das immer noch blockiert. Herr Ministerpräsident, vielleicht sagen Sie ihm, wenn Sie wieder einmal da sind, dass es noch andere Themen neben dem Thema Flüchtlinge und dass die Flüchtlinge an allem Schuld seien, gibt und dass er sich ganz klar in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage gegen den Koalitionsvertrag geäußert hat. Da haben Sie unsere volle Unterstützung. Fahren Sie nach Berlin!

Aber auch hier ist natürlich die Debatte sinnvoll, um ein paar Vorurteile abzubauen. Denn was hört man so? - E-Sport sei doch gar kein Sport. Das sei irgendetwas Ominöses, was Jugendliche unter Kopfhörern sitzend in abgedunkelten Räumen treiben, dabei eine geordnete und gesunde Nahrungsaufnahme verweigern und sonst auch nur wenig bis gar nicht mehr ansprechbar sind - zumindest für die Eltern.

(Heiterkeit - Sandra Redmann [SPD]: Das ist bei allen Jugendliche ganz normal!)

Abgesehen davon, dass es bisher immer der besondere Reiz einer jeden Jugendkultur war, etwas in abgedunkelten Räumen zu tun, was die Eltern nicht verstehen,

(Barbara Ostmeier)

(Vereinzelte Heiterkeit und Beifall)

ist das natürlich auch ein grobes Zerrbild.

E-Sport ist aus dem Bedürfnis des Wettbewerbs mit anderen Menschen entstanden. Computer als Gegner sind nämlich meistens doof oder besitzen ihre Spielstärke nur durch reines Betrügen durch die Programmierung. Schon Kong, der Urvater aller Videospiele, führte 1972 sofort zu den entsprechenden Wettbewerben an den Hochschulen. Mit Nullmodem-Kabel, Token Ring, Ethernet und Internet nahm die Entwicklung von 1990 bis 2000 einen rasanten Verlauf, bis hin zur Entwicklung einer internationalen Turnierszene.

Glauben Sie mir, zum Thema Sportlichkeit - Einen Moment mal, glauben Sie mir vor allen Dingen, dass ich jetzt die Reihenfolge meiner Papiere vertauscht habe.

(Heiterkeit)

Sport ist es nur, wenn man dabei schwitzt - das tue ich jetzt allerdings auch ein bisschen -, auf diese einfache Formel lässt sich die Abwehr der Anerkennung des E-Sports reduzieren. Okay, zugegebenermaßen, als ich für eine LAN-Party noch 40-kg-schwere 24-Zoll-Röhrenmonitore fünf Stockwerke zu den Kollegen hochschleppen musste, war der kraftsportliche Aspekt deutlich höher.

(Beifall und Heiterkeit SPD, vereinzelt CDU, FDP und SSW)

Aber lässt sich Sport nur durch Kraft und Ausdauer definieren? Das ist doch die Frage. Was ist denn mit Curling oder bei diversen Schießsportarten? Billard ist übrigens sogar olympisch, nur nicht im Programm. So richtig schwitzen sehe ich die Jungs und Mädels da auch nicht.

(Zurufe)

Der Bundesfinanzgerichtshof findet 1997 schon eine andere Definition: Eine Körperbeherrschung, zum Beispiel hinsichtlich des Wahrnehmungsvermögens, der Reaktionsgeschwindigkeit und der Feinmotorik, die in der Regel nur im Training erlangt und aufrecht erhalten werden kann, reicht für eine steuerliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit als Sportart aus.

Glauben Sie mir: Genauso wenig wie es eine gute Idee ist, mit dem eigenen Kind Memory zu spielen, ist es in meinem Alter auch keine gute Idee, einen trainierten 20-Jährigen zu einem Echtzeitstrategiespiel herauszufordern. So mit 30 fängt man an, sich für die rundenbasierten Spiele zu erwärmen.

(Beifall und Heiterkeit SPD, vereinzelt CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber Professor Froböse von der Deutschen Sporthochschule hat festgestellt, dass trainierte Wettbewerbsspieler des E-Sports viermal so viele Bewegungen pro Minute wie wir schaffen - und das auch noch asynchron. Die notwendige Hand-Auge-Koordination liegt über denen von Profitischtennisspielern, und die Herzfrequenz erhöht sich auf bis zu 180 Schläge/Minute.

Der sich anbahnende Siegeszug von Augmented Reality und die Kombination von VR-Brillen mit omnidirektionalen Laufbändern werden auch die Unterschiede weiter verwischen. Schon der Pokémon-Go-Hype hat nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei dem einen oder anderen Kollegen zu der einen oder anderen ungewohnten Bewegungsfreude an der frischen Luft geführt.

(Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Klar gibt es auch kritische Entwicklungen. In Südkorea sind die physischen und psychischen Anforderungen an Profispieler so hoch, dass sie bereits nach zwei bis fünf Jahren ausgebrannt sind. Als Ausgleichssport für Schulstunden ist E-Sport sicher auch nicht geeignet. Vielmehr brauchen E-Sportler selbst einen Ausgleichssport.

Ja, es gibt sie, die Gamer, die keine vernünftige Balance beim E-Sport finden. Aber ist es eine Lösung, sie deshalb lieber in den besagten dunklen Zimmern zu belassen, oder sollte es nicht besser Angebote in örtlichen Sportvereinen geben, das hobby-, trainings- und ernährungstechnisch vernünftig zu betreiben?

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Zudem bringt das Gamer dann auch mit dem klassischen Sport in Berührung. Das ist eindeutig eine Zugangsmöglichkeit.

In Asien ist das alles viel entspannter. In ganz Asien ist E-Sport ab 2022 olympisch und bei den Asian Games zugelassen.