Protocol of the Session on September 6, 2018

Aber auch Verarbeitung und Handel müssen hier Verantwortung übernehmen. Sie sollten endlich erkennen, dass sie mit ihrer Politik des Preiskampfes ihre eigenen Erzeuger ans Messer liefern. Es ist schon ein Trauerspiel, wie sich derzeit viele Marktpartner im Bereich der Lebensmittelkette verhalten.

Die Betriebe werden die Herausforderungen aus Umwelt, Klima und wirtschaftlicher Stabilisierung letztlich aus den Erlösen der Erzeugnisse erbringen müssen. Ein ständiges Rufen nach dem Steuerzahler will keiner, wollen Sie insbesondere auch nicht. Denn dies hilft letztlich auch nicht wirklich weiter.

Man könnte jetzt noch sehr viele Punkte aufführen, was in welchen Bereichen alles passieren muss. In allen Punkten kann und muss Politik ansetzen. Die Möglichkeiten der EU-Agrarpolitik der ersten Säule für eine aktive Klimapolitik wurden in den letzten 15 Jahren systematisch konterkariert und sträflich vernachlässig. Hieran war im Grunde auch die deutsche Agrarpolitik maßgeblich beteiligt. Diese

(Kirsten Eickhoff-Weber)

Fehlentwicklungen konnten letztlich durch die Zwei-Säulen-Programme in den Ländern nur wenig ausgeglichen werden. Die Ankündigungen und Perspektiven für die neue EU-Agrarförderperiode sind bisher außer durch Rhetorik und Wortwahl nicht besonders überzeugend.

Was heißt das letztlich für uns im Land für die Gestaltungsmöglichkeiten jenseits der EU- und der Bundesmittel? Betriebe, Beratung, Landwirtschaftskammer und Hochschulen werden intensiv an Fruchtfolgen und Anbausystemen arbeiten. Sorten und Mischungen, die den nicht vorhersehbaren Herausforderungen der Witterung im Jahresablauf gerecht werden, bekommen ein völlig neues Augenmerk. Bodenschutz und Bodenaufbau werden neu in den Fokus kommen. Emissionswertminderungen werden durch wirksames Düngemanagement zügig umgesetzt. Bei der Digitalisierung wird die entscheidende Herausforderung sein, über die Daten und Auswertung der Daten selber zu verfügen. Hierbei sind insbesondere die langjährigen Kenntnisse des Standortes entscheidend.

Wir haben hier vorgelegt - durch den Zugang zum Geoinformationssystem RkT, ebenso durch ein wirksames Wassermanagement -, dass man endlich mit dem Projekt in Meggerdorf in Gang gekommen ist.

35 % der landwirtschaftlichen Fläche SchleswigHolsteins sind Grünland. Grünland ist aus Sicht des Klimaschutzes eine der wesentlichen Kohlenstoffspeicher, die wir haben, quasi unser Regenwald. Es wäre daher ein fatales Signal, wenn der derzeitige gute Schutz des Grünlandes durch das Grünlanderhaltungsgesetz geschwächt würde.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das vergangene Jahr hat uns mit den extremen Wetterbedingungen immer wieder vor Augen geführt, dass die Landwirtschaft ein Wirtschaftszweig ist, der unmittelbar und direkt von den Naturbedingungen abhängig ist. Nass ist nass, und trocken ist eben trocken. Nur bei Anpassung und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen wird die Landwirtschaft eine gute Zukunft haben. Ich glaube, wir sollten dabei alle unterstützend wirken. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky das Wort.

Sehr geehrte, liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, herzlich willkommen und vielen Dank für den Bericht. Ich freue mich ehrlich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Ich meine, wer in der gleichen Stadt geboren ist wie Wolfgang Kubicki - das ist ein so gutes Omen, das kann nur gut werden.

(Heiterkeit - Beifall FDP und Tobias Loose [CDU])

- Der Gag hat jetzt nicht so gezündet.

(Heiterkeit - Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, ich beginne noch einmal von vorn.

(Heiterkeit und Beifall)

Die Landwirtschaft litt in diesem Jahr unter der trockensten Periode seit 1881, also seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. In Kombination mit dem sehr sehr nassen Vorjahr - das sollte man nicht vergessen - ist die Erntebilanz verheerend. Wir haben die Zahlen gehört. Trotzdem ist das ganze Ausmaß der Schäden noch nicht abzusehen, da die Dürre noch nicht vorüber ist. Es bringt auch nichts zu sagen, dass es steigende Preise gibt. Das bringt nichts, weil viele Landwirte Vorkontrakte haben und aus diesem Grund trotz steigender Preise vor sehr großen Problemen stehen.

Die Folgen der Dürre und des Wetters sind nicht allein mit Geld zu bewältigen. Ein großes Problem ist, dass das Futter knapp wird. Daher war es zum Beispiel auch sehr richtig, dass die Regierung von einer Ausnahmeregelung im Nationalen Prämienrecht der Direktzahlungen Gebrauch gemacht und in diesem Jahr die Beweidung und den Schnitt von Stilllegungsflächen ab dem 01.07. erlaubt hat. Ebenso richtig ist, meine Damen und Herren, dass die Landwirte die Möglichkeit erhalten haben, auch ökologische Vorrangflächen für den Anbau von Zwischenfruchtmischungen für Futterzwecke nutzen zu können.

Aber, meine Damen und Herren, Futter kann schließlich auch nicht einfach so zugekauft werden, weil die Dürre nicht nur ganz Deutschland betraf, sondern ganz Europa. Das Problem der Futtermittelknappheit wird dann im Frühjahr 2019 akut; es wird sich zuspitzen, weil dann die Lager leer sind.

Meine Damen und Herren, einige Betriebe - auch das hörten wir schon - werden durch diese Dürreperiode in ihrer Existenz bedroht. Es ist richtig einzu

(Bernd Voß)

wenden, dass das Wetter irgendwo zum Berufsrisiko der Landwirtschaft gehört. Ertragsschwankungen sind in der Landwirtschaft keine Ausnahmen. Das gehört zum klassischen Risiko der Wertbank unter freiem Himmel. Der Landwirt kalkuliert mit dem Wetter. Trotzdem halten wir die Nothilfe für von Dürre in ihrer Existenz bedrohten Betriebe in diesem Fall für gerechtfertigt - aber eben nicht nur aufgrund der extremen Wetterlage aus diesem Jahr und dem Vorjahr.

Meine Damen und Herren, die Gesellschaft hat an die Landwirtschaft immer höhere Ansprüche gestellt, ihr immer mehr auferlegt und ihr immer höhere Kosten aufgebürdet. Gleichzeitig hat es die Politik in den letzten Jahren versäumt, den Landwirten eine eigene Risikovorsorge zu ermöglichen. Wenn außergewöhnlich schlechtes Wetter hinzukommt, ist es für viele Landwirte zu viel.

Aber, meine Damen und Herren, es braucht mehr als Zeit und Geld, es braucht auch einer Politik, die nicht nur auf Ordnungsrecht setzt, sondern die auch zuhört und nachsteuert. Deshalb setzen auch wir uns, Frau Kollegin Eickhoff-Weber, für den Pakt für die Landwirtschaft ein. Ich begrüße es sehr, dass auch auf dem Landesbauerntag darüber so klar und deutlich gesprochen worden ist, und dass der Minister dort eingeschlagen hat.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen einen konstruktiven Dialog zwischen Landwirtschaft und den Akteuren aus Politik, Wissenschaft und Verbänden. Wir müssen aufeinander zugehen und voneinander lernen, und wir müssen miteinander statt übereinander reden. Es ist offensichtlich, dass sich die Landwirtschaft an die gestiegenen Ansprüche der Gesellschaft, aber auch an die Herausforderungen des Klimawandels anpassen muss. Die Landwirtschaft reagiert bereits auf die geänderten Anreize. Landwirte passen ihre Fruchtfolgen an, kaufen neue Maschinen, neues Gerät.

Dieser Prozess wird aber nur gelingen, wenn die Politik nicht weiter in die unternehmerische Freiheit der Landwirte eingreift. Deshalb brauchen wir - wie ich schon sagte - diesen Pakt für die Landwirtschaft. Wir brauchen den konstruktiven Dialog, der von der großen Systemdebatte abrückt. Wir müssen pragmatische Lösungen finden, denn die Betriebsarten sind so unterschiedlich wie die einzelnen Betriebsführer. Große Reformkonzepte werden da nicht funktionieren.

(Zuruf)

Meine Damen und Herren, Landwirte sind freie Unternehmer. Es ist an der Zeit, die Eigenvorsorge der Landwirte angemessen zu honorieren. Vorsorge beginnt vor der Krise. Die Politik sollte durch die Schaffung eines entsprechenden Instrumentes zeigen, dass sie aus der aktuellen Krise gelernt hat. Daher setzen wir uns auch auf Bundesebene dafür ein, die steuerfreie Ansparung einer Risikoausgleichsrücklage in Höhe des Durchschnittsgewinns der vergangenen vier Jahre zu ermöglichen. Negative Auswirkungen künftiger Krisen können so deutlich abgemindert werden! - Ich habe leichtes Murren gehört: Auch der SPD-Minister aus Brandenburg, den Sie erwähnt haben, hat sich schon dafür eingesetzt. Hervorragend. Es gibt auch einen Parteitagsbeschluss dazu.

(Beifall FDP und Johannes Callsen [CDU])

Ich denke, das wäre der bessere Weg als bei jeder neuen Krise den Eindruck zu erwecken, diese mit Finanzspritzen abmildern zu können. - Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Verehrter Herr Minister Albrecht, vielen Dank für Ihren Bericht. Auch von unserer Seite viel Erfolg bei Ihren vielfältigen Aufgaben.

Es gibt bei allen schlechten Nachrichten auch wenige gute. Die dürrebedingten Rückgänge beim Winterweizen konnten teilweise durch einen stärkeren Sommerweizenanbau kompensiert werden. Unsere Landwirte haben sich also zum Teil schon an die Wetterereignisse der letzten zwölf Monate angepasst. Trotz Rückgang der Erntemengen um 30 % ist das zunächst eine gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht ist - das haben wir eben gehört - die finanzielle Situation vieler Betriebe. Für Schleswig-Holstein ist es wichtig, auch eine große Anzahl kleiner Betriebe zu erhalten, denn sie sorgen für biologische Vielfalt und bereichern nicht zuletzt unsere Kulturlandschaft.

Daher befürwortet auch die AfD eine schnelle und unbürokratische Unterstützung der notleidenden

(Oliver Kumbartzky)

Landwirte mit finanziellen Soforthilfen. Ob die Landwirte die Finanzhilfe annehmen, um sich importiertes Grünfutter aus Spanien oder Frankreich zuzukaufen oder um die Notschlachtung ihrer Rinder zu kompensieren - viele Landwirte brauchen diese Hilfen so schnell wie möglich.

Im Moment ist nicht klar, wieviel Liquidität kleinere Betriebe in den nächsten zwei Jahren überhaupt noch aufbringen können. Daher muss jetzt dieser Liquiditätsengpass schnell geschlossen werden. Kurzfristig, das sagen auch wir, sollen die EU-Direkthilfen, die jedes Jahr ausgeschüttet werden, sobald wie möglich ausgezahlt werden. Mittelfristig sollte Betrieben auch ermöglicht werden, eine steuerbefreite Risikoausgleichsrücklage zu bilden.

Mit diesem finanziellen Polster, das die Landwirte sich selbst anlegen können, können die Landwirte erwirtschaftete Gewinne als Krisenvorsorge anlegen und bräuchten nur den so reduzierten Gewinn versteuern. Im Gegensatz zu den Investitionsabzugsbeträgen müsste diese Zulage nicht zweckgebunden gestaltet werden, sodass Landwirte die Rücklage also nicht etwa für den Mähdrescher verwenden müssen, für den man drei Jahre hintereinander Geld beiseitegelegt hat.

Nach EU-Recht dürfen existenzgefährdete Betriebe nicht unterstützt werden. Ein Verzug bei der Auszahlung der Mittel könnte nun aber den einen oder anderen Betrieb zum Aufgeben zwingen. Eine zurückgehaltene Auszahlung in diesem Jahr würde eine Abwärtsspirale in Gang setzen. Das Ministerium rechnet aktuell mit etwa 500 Betrieben in Schleswig-Holstein, die diese Hilfen in Anspruch nehmen könnten.

Wir meinen: Das soll aber nicht heißen, dass diese Mittel, die jetzt von Bund und Land bereitgestellt werden, nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet und am Ende vielleicht auch unrentable Betriebe künstlich am Leben erhalten werden sollen. Denn Landwirte - das haben wir heute auch schon gehört - müssen als selbstständige Unternehmer auch das Risiko tragen. Das ist selbstverständlich.

Aber, sehr geehrter Herr Minister Albrecht, Ihr Vorgänger hat vor zwei Wochen im Umweltausschuss angekündigt, er wolle etwaige Hilfen eben nicht früher auszahlen, um die Programme, die noch anstehen, in einem Schritt abzuhaken. Das kann jedoch für einige Landwirte dramatische Folgen haben. Wir meinen: Die Hilfe kann nicht warten, und es darf nicht am Mangel an Personal in den Behörden scheitern.

Soforthilfe ist das eine, die Zukunft das andere. Wir schlagen vor, dass in Zukunft finanzielle Hilfen mit einer Verpflichtung zur Investition in Bewässerungsanlagen verknüpft werden sollten. Bisher wird das nur in wenigen Gebieten in Schleswig-Holstein angewendet, zum Beispiel in Lauenburg, aber ich meine, aufgrund der Dürresituation und auch der Prognosen für die nächsten Jahre sollten wir das ins Auge fassen.

Noch weiter gedacht - Sie sind ja jetzt neu im Amt; deswegen spreche ich einmal ganz mutig ein Zukunftsprojekt an -: Wir sollten auch daran denken, dass wir zwischen Nord- und Ostsee liegen, und wir sollten über Meerwasserentsalzungsanlagen nachdenken. Das ist ein großes Projekt, das hunderte von Millionen von Euro kostet. Die Stadt Barcelona hat das zum Beispiel mit Hilfe des EU-Kohäsionsfonds angeschafft. Die Kosten betrugen 230 Millionen €, aber die Stadt Barcelona muss nur 60 Millionen € tragen. Das ist eine überschaubare Summe. So konnten immerhin 4,5 Millionen Einwohner im Großraum zu 25 % mit Trinkwasser versorgt werden. Ich meine, so etwas kann man für die Zukunft gern andenken.

Die AfD plädiert also für eine Mischung aus Soforthilfe und Investitionen in die Zukunft. Von Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, wünschen wir uns: Unterstützen Sie unsere Landwirte beim Schaffen von Bewässerungssystemen, prüfen Sie den langfristigen Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen und sichern Sie aktuell die Liquidität der Landwirte, indem die EU-Direktbeihilfen so schnell wie möglich ausgezahlt werden. Die Landwirte werden es Ihnen danken und wir auch. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich dem Abgeordneten Flemming Meyer das Wort.