Protocol of the Session on September 6, 2018

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt AfD)

Warum sich das als schwierig darstellt, habe ich erwähnt. Aber, Herr Minister, wir wollten darüber nachdenken, ob wir tatsächlich auf Antrag denjenigen, die in Not sind, auch die Prämie früher auszahlen. Das ist wichtig. Die EU-Prämie sichert Liquidität und zeigt den Banken, dass wir gewillt sind, die

Landwirte zu unterstützen. Die zweite Maßnahme, da gebe ich Ihnen recht, wurde vom Bund nicht hundertprozentig durchdacht. Hier wird vorgeschlagen, dass wir anteilig auf Antrag mit einer Sondergenehmigung in Liquiditätskrisen, in Existenznöte geratenen Landwirten vielleicht ein Stück weit die Landesprämie, die wir zur Verfügung stellen wollen - auch da sind wir uns einig -, auf Antrag vorziehen und ihnen auszahlen, auch wenn es nur ein Abschlag sein sollte. Die Bauern sind heute so gut aufgestellt und beraten, dass sie abschätzen können, ob sie am Ende das Geld zu Recht bekommen oder es mit einem riesigen Aufwand zurückzahlen müssen.

Wenn wir das alles gemeinsam gestalten und so auf den Weg bringen, dann sind wir gut aufgestellt. Das sind wir unserem Berufsstand und der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein schuldig. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt AfD)

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich danke Ihnen für Ihren Bericht und sage ein herzliches Willkommen in Schleswig-Holstein!

(Beifall SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Am 22. August 2018 stellte die Bundesministerin für Landwirtschaft fest, dass es sich bei dieser Trockenheit um ein nationales Ereignis handelt. Schleswig-Holstein ist besonders betroffen, Details haben wir gehört. Die Verhältnisse in SchleswigHolstein sind sehr unterschiedlich. Da wir keine Förderung mit der Gießkanne wollen, muss es darum gehen, nach der Feststellung der Betroffenheit und der Bedürftigkeit die Betriebe zu unterstützen; denn sie brauchen jetzt unsere Solidarität.

(Beifall SPD und SSW)

Gerade bei den notleidenden tierhaltenden Betrieben muss die Hilfe jetzt ankommen und nicht, wie der Minister im Ausschuss erklärte, irgendwann 2019 oder gar 2020. Sie haben gerade auch die Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten auf der

(Heiner Rickers)

NORLA angesprochen: keine Zahlen, nichts Detailliertes, nichts Konkretes. So geht es nicht!

(Beifall SPD)

In Mecklenburg-Vorpommern hat der Finanzausschuss bereits 25 Millionen € für die Förderung bereitgestellt. Und in Brandenburg ist extra ein Landesprogramm in Höhe von 5 Millionen € auf den Weg gegangen, insbesondere zur Unterstützung der tierhaltenden Betriebe. Offensichtlich sind sozialdemokratische Landwirtschaftsminister näher an der Not der Bauern, als wir das hier sind.

(Beifall SPD - Zurufe CDU: Oh!)

Es bleibt doch die Tatsache: Wer weiterhin regional produzierte Lebensmittel konsumieren will, wer Wert auf eine vielfältige heimische Kulturlandschaft legt, der darf die Bauern nach der Trockenheit jetzt nicht im Regen stehen lassen. Sie alle wissen: Die großen Betriebe sind schon auf dem Weg, sind auf Einkaufstour, und die kleinen Betriebe werden Land verkaufen müssen, um ihre Liquidität zu erhalten. Das gilt es zu verhindern. Strukturbrüche dürfen nicht provoziert werden.

Entscheidend ist doch aber, und das hat dieser Sommer gezeigt: Neben der schnellen Hilfe für die betroffenen Betriebe brauchen wir eine zukunftsfeste Aufstellung der Landwirtschaft. Es muss ein Maßnahmenpaket geschnürt werden, in dem die dringend benötigten Ackerbau- und Nutztierstrategien ebenso enthalten sind wie eine gemeinsame europäische Agrarpolitik, die so zu gestalten ist, dass nachhaltiges Wirtschaften und die Anpassung an den Klimawandel gefördert werden. Wir brauchen eine klare Umweltorientierung der europäischen Agrarpolitik.

(Beifall SPD und SSW)

Herr Minister, Digitalisierung wird dabei eine Rolle spielen. Aber mit Digitalisierung allein wird uns die Zukunftsausrichtung der Agrarpolitik nicht gelingen.

Dankbar bin ich für den Hinweis - und ich bin auch dankbar für Ihre Formulierung -: Der Bauerntag hat tatsächlich gezeigt, dass jetzt Bewegung in der Agrarpolitik ist. Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes fordert einen Pakt ich zitiere -, um gemeinsam festzulegen, was wir brauchen, um eine nachhaltige ökonomisch tragfähige sowie ökologische und sozialverträgliche - mit anderen Worten: eine zukunftsfähige Landwirtschaft - zu erhalten. Dabei haben die Bauern die SPD an ihrer Seite. Sie wissen, dass ich hier seit Jahren eine nachhaltige Agrarpolitik fordere, sozial

gerecht, ökologisch verträglich und ökonomisch rentabel.

(Heiner Rickers [CDU]: Das haben wir alles schon einmal gehört!)

Das tue ich hier als agrarpolitische Sprecherin, das tue ich für die Landtagsfraktion; aber wir haben auch einen Landesparteitagbeschluss und einen Parteitagsbeschluss der SPD in Wiesbaden dazu gefasst.

(Beifall SPD)

Das also ist die Position der SPD. Ich freue mich, Herr Minister, dass auch Sie genau dieselben Worte benutzt haben. Sie haben auf diesen Pakt hingewiesen und auf den Pakt, auf den die Politik bei der NORLA so gern eingegangen ist. Sie haben es aufgezählt. Sie haben die Verbraucherinnen und Verbraucher mit dazu genommen. Genau diese müssen bei dem Pakt dabei sein; denn ohne Verbraucher die sind auf der NORLA nicht genannt worden wird eine Neuausrichtung nicht gelingen.

Die Gewerkschaften müssen ebenfalls dabei sein; denn wir wissen doch, wie katastrophal die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie zum Teil sind. Der gesamte Bildungsbereich muss auch dabei sein; denn ohne Bewusstsein wird uns die Neuausrichtung der Landwirtschaft nicht gelingen.

(Beifall SPD)

Und dennoch: Zur Verantwortung gezogen werden müssen die Ernährungswirtschaft und der Lebensmitteleinzelhandel. Bauern sind die Lieferanten unserer Lebensmittelrohstoffe. Deshalb müssen diese auch über die Lieferbedingungen und die Preise mitentscheiden; denn nur faire Preise ermöglichen ein Einkommen, von dem man für schlechte Zeiten Rücklagen bilden kann. Die Bauern brauchen mehr Mitbestimmung.

(Beifall SPD)

Alle diese Partner müssen mit an den Tisch; denn sonst fehlt die soziale Säule der Nachhaltigkeit. Sonst erleben wir genau das, was wir hier in der Runde bei Jamaika immer erleben; ein Ausgleich von Ökologie und Ökonomie. Aber wo ist das Soziale? Das ist ihr Credo. Offensichtlich haben Sie das alles über Bord geworfen. Diesen Fehler dürfen wir nicht machen. Bei einer Neuausrichtung der Agrarpolitik geht es darum, ökologisch verträglich, ökonomisch rentabel und sozial gerecht zu sein. Das ist die Herausforderung, meine Damen und Herren.

(Kirsten Eickhoff-Weber)

(Beifall SPD und Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Bauern in Schleswig-Holstein wissen die SPD an ihrer Seite. - Danke.

(Lebhafter Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Abgeordneten Bernd Voß das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, herzlich willkommen hier im Haus. Ich hatte erwartet, dass Sie hier eine viel längere Rede halten würden. Deshalb muss ich meine Rede jetzt ein bisschen kürzen.

(Heiterkeit und Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Ich bedanke mich bei der Landesregierung für den Bericht und auch für ihren Einsatz in Bund und Land in den letzten Monaten der Dürre hier. Heiner hat es ganz klar gesagt: Trocken ist trocken. Die Standorte sind unterschiedlich betroffen. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass sich jedes Land ein eigenes Hilfsprogramm strickt.

Heiner Rickers hat es nicht gemacht und deshalb werde ich es auch nicht machen, hier alle Parteitagsbeschlüsse der letzten Jahre in Bund, Land und Kreis aufzuführen. Ich glaube, das hilft hier überhaupt nicht weiter,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

genauso wenig wie es weiterhilft, wenn Sie uns jetzt vorhalten, was irgendwo in den neuen Bundesländern beschlossen worden ist. Ich weiß, der Landwirt ist „bodengebunden“. Deshalb kann ich nicht sagen: „Geh doch rüber!“

(Heiterkeit CDU)

Aber ich halte es einfach für wichtig, im Auge zu behalten, dass wir einheitliche Programme im Bund und im Land anstreben, dass wir insoweit zusammenstehen.

Auch wenn Sie nicht gerade glücklich darüber sind, was das Bundeskabinett bisher an Nothilfeprogramm vorgelegt hat, wird es schwierig sein, ein Programm zu bekommen, das nicht mit Hilfe einer Gießkanne verteilt wird. Das wollen inzwischen im Grunde ja alle nicht mehr. Die von der Dürre be

troffenen und in ihrer Existenz bedrohten Betriebe müssen gezielt mit den vom Land und vom Bund bereitgestellten Mitteln in Höhe von etwa 20 Millionen € abgesichert werden. Das ist eine Herausforderung für Beratung, Verwaltung und Banken.

Von daher bin ich auch vorsichtig bei vorweggezogenen Zahlungen. Ich bin einfach deshalb vorsichtig, weil das letztlich auch eine Doppelbelastung der Verwaltung bedeutet. Die Betriebe sind fit und können gut einschätzen, wo sie liegen; die Banken sind fit und können das ebenfalls gut einschätzen; die Beratung ebenfalls. Von daher bin ich sehr vorsichtig mit vorweggezogenen Zahlungen, wenn dadurch die Verwaltung mit anderen Zahlungen ins Stolpern kommt.

Zurzeit sind wesentliche Fragen der Umsetzung allerdings bei Weitem noch nicht geklärt. Die Situation vieler Betriebe ist trotz der vielen Sonne bedrückend, ja. Die Situation ist aber auch deswegen bedrückend, weil sie wirtschaftlich ohnehin schon angespannt war durch eine ruinöse Preissituation bei vielen landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Eine ruinöse Marktsituation, Preise weit unter Gestehungskosten, führen eben zu Substanzverlust und haben die Betriebe destabilisiert und erst anfällig gemacht für derartige Krisen.

Die Antwort kann nur sein, dass im Rahmen der EU-Agrarpolitik endlich faire Marktregeln umgesetzt werden, die Marktversagen und Dumpingpreise verhindern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch Verarbeitung und Handel müssen hier Verantwortung übernehmen. Sie sollten endlich erkennen, dass sie mit ihrer Politik des Preiskampfes ihre eigenen Erzeuger ans Messer liefern. Es ist schon ein Trauerspiel, wie sich derzeit viele Marktpartner im Bereich der Lebensmittelkette verhalten.