Das ist für den evangelischen und den katholischen Religionsunterricht bei uns in Schleswig-Holstein sichergestellt, umfassend erprobt und etabliert.
Ich finde es bei dieser Frage viel wichtiger, dass wir darüber sprechen, wie es sich beispielsweise mit dem islamischen Religionsunterricht verhält. Das ist ein Thema, das mich bewegt, weil es viele unterschiedliche Glaubensgemeinschaften gibt, auch islamische Verbände. Es ist schwierig, für dieses Unterrichtsfach alle Verbände unter einen Hut zu bekommen. Sie wissen, dass es ganz unterschiedliche Bemühungen gab, dieses Thema in umfassenden Dialogen mit den islamischen Verbänden, vielleicht sogar mit einem Staatsvertrag irgendwann einmal zu lösen.
Wir haben das als Jamaika-Koalition in unserem Koalitionsvertrag besprochen und halten auch an diesem Ziel fest. Dort heißt es, dass wir uns einen vergleichbaren Staatsvertrag wie mit den Kirchen und den jüdischen Gemeinden für die muslimischen Vertretungen wünschen. Wie schwierig es ist, ein solches Ziel zu erreichen, um mit den Religionsgemeinschaften am Ende einen Religionsunterricht aufzubauen, hat die Vergangenheit gezeigt. Gerade das Thema Ditib, das wir dieser Tage sehr intensiv besprochen haben, bei dem man ganz eindeutig sagen muss, dass diese Organisation mit unseren Staatszielen wenig zu tun hat, was eine Voraussetzung für einen Staatsvertrag ist, macht es sehr schwierig, am Ende für diesen Bereich einen konfessionsgebundenen islamischen Religionsunterricht anzubieten.
Ich denke, dass dies für das Thema Integration wichtig ist; denn nur, wenn ich weiß, wo ich herkomme, kann ich am Ende auch mit anderen darüber sprechen, wohin ich möchte und in welcher Gesellschaft ich leben möchte. Das halte ich für ein ganz tragendes Element. Das andere ist, dass ich, wenn ich in dem Bereich ein staatliches Angebot schaffe, vielleicht verhindern kann, dass andere, von denen wir es vielleicht nicht möchten, einen Religionsunterricht für sich selber anbieten. Ich
kann daher eine gewisse Kontrolle durch die Schule gemeinsam mit den Religionsgemeinschaften sicherstellen.
Das ist mir wichtig: Wir wollen weiterhin konfessionsgebundenen Religionsunterricht für möglichst alle Religionsgemeinschaften anbieten. Es sind ja auch andere angesprochen worden, zum Beispiel die Jüdische Gemeinschaft oder die Aleviten. Dies ist für uns das grundlegende Element, wenn es um die Religionsfreiheit geht.
Daneben haben wir das Thema „Ersatzfach“. In Schleswig-Holstein wird dieser Unterricht als Philosophieunterricht angeboten. Was viele wahrscheinlich gar nicht wissen: Schleswig-Holstein hat mit diesem Angebot eine Vorreiterrolle im gesamten Bundesgebiet eingenommen. Das ist den meisten wahrscheinlich nicht bekannt.
Die Anfrage ist hier erwähnt worden. Die Antwort darauf ist, wenn man es im bundesweiten Vergleich sieht, dass an 314 öffentlichen Schulen und für insgesamt über 45.000 Schüler gleichwertiger Unterricht angeboten wird. Das ist eine sehr, sehr große Zahl. Eine sehr große Herausforderung - das ist sicher auch deutlich geworden - ist die kleine Gruppengröße von Schülern. Man versucht, gegebenenfalls jahrgangsübergreifend zu arbeiten. Allerdings finde ich es richtig, dass es eine Richtgröße, eine Mindestanzahl für Klassengrößen gibt, die meines Erachtens bei 12 Schülern liegt. Wir werden es nicht garantieren können, für jeden einzelnen Schüler ein solches Angebot vorzuhalten. Das macht auch deshalb keinen Sinn, weil wir bei der Unterrichtsversorgung eine sehr große Herausforderung haben. Hinzu kommt, dass das Thema „Ausbildung“ in diesem Bereich sehr komplex ist. Für die Gymnasien ist das sicherzustellen, aber gerade für andere Schularten ist es am Ende nicht einfach, eine Fachlichkeit für das Fach Philosophie vorzuhalten.
Ich finde es wichtig festzuhalten, dass das Schulgesetz erst einmal einen solchen Ersatzunterricht festlegt und dass wir uns als Land Schleswig-Holstein gegenüber anderen Ländern nicht verstecken müssen.
Ich habe jetzt etwas gelernt; denn ich wusste ja nicht, wohin der Antrag geht. Dementsprechend macht es Sinn, diesen Antrag nicht direkt abzustimmen, sondern ihn zu überweisen. Ich würde mich freuen, wenn dieses Thema im Bildungsausschuss aufgerufen wird, um noch einmal darüber zu sprechen. - Danke sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der privilegierten Stellung des Religionsunterrichts - in Artikel 7 des Grundgesetzes festgehalten; die einschlägige Formulierung findet sich fast wortgleich im Schulgesetz - geht es - das hat der Vorredner bereits herausgearbeitet - nicht um Religionskunde, sondern um Glaubensvermittlung. Ich halte das vor dem Hintergrund der Schulpflicht und des Kalenders - wir schreiben immerhin das Jahr 2018 - für falsch. Ich musste allerdings in der letzten Legislaturperiode erkennen, dass die Beharrungskräfte stark sind. Zu denen gehört auch der Kollege Loose; das hat er eben als Reaktion auf den SSW-Antrag vorgetragen. Das war aber gar nicht Inhalt des SSW-Antrags.
Liebe Kolleginnen und Kollegen vom SSW, beim nächsten Mal schreiben Sie doch bitte einfach einmal in ihren Antrag hinein, was Sie beantragen wollen.
Die Eltern beziehungsweise ab 14 die Jugendlichen haben das Recht, die Teilnahme am Religionsunterricht zu verweigern, eben weil es Glaubenskunde ist. Die Kirche hat das Recht, gute Christen zu erziehen. Es geht im Religionsunterricht nicht darum, über das Christentum zu informieren. Deswegen darf ich es als Eltern verweigern, dass mein Kind daran teilnimmt. § 7 Absatz 2 des Schulgesetzes schreibt dann verpflichtend vor, dass in diesem Fall die Schülerinnen und Schüler einen anderen gleichwertigen Unterricht erhalten sollen.
Darüber, was das ist, hat sich das Oberverwaltungsgericht in Schleswig im Jahr 2001 Gedanken gemacht und hat gesagt, das könne nicht irgendein beliebiger Unterricht sein, sondern das müsse ein gleichwertiger Ethikunterricht sein. Deswegen, Herr Kollege Loose, ist das Land Schleswig-Holstein - vielleicht nicht ganz freiwillig, aber immerhin - Vorreiter.
Allerdings scheitert diese Verpflichtung oft an den Realitäten der Schule, die einen entsprechenden Unterricht mangels Ressourcen nicht anbieten kann. Und an der Stelle setzt der Antrag des SSW an.
Der Kommentar zum Schulgesetz stellt auch etwas resignierend fest: Lässt sich ein entsprechender Unterricht nicht organisieren, wird den Schulen nur der Weg bleiben, bei Randstunden Freizeit zu gewähren oder sich auf eine bloße Aufsicht zu beschränken.
Der SSW hält diese Alternativen zu Recht für wenig befriedigend. Die Fallzahlen sind auch nicht ganz so gering. Schon im Jahr 2007 hat die Landesregierung auf eine Große Anfrage zum Stand des Religionsunterrichts geantwortet, dass ein Teil von rund 5 % der Schülerinnen und Schüler an einem Philosophieunterricht und etwa 1 % an einem sonstigen Ersatzunterricht teilnehmen würden. Daten darüber, wie viele vom Religionsunterricht abgemeldete Schülerinnen und Schüler gar keinen Unterricht erhielten, lagen damals nicht vor. Seit diesen Zahlen, die sich auf den Zeitraum vom 1997 bis 2002 bezogen haben, hat sich offenbar sehr viel verbessert. Denn die Anfrage des Kollegen Harms erbrachte ja, dass nunmehr etwa 15 % der Schülerinnen und Schüler in den Genuss des gleichwertigen Ersatzunterrichts kommen. Das ist immerhin ein Schritt nach vorn.
Wir sehen aber wohl auch, dass in den vergangenen Jahren die immer häufiger genutzte Möglichkeit, das Fach Religion abzuwählen, Einfluss auf die Konzeption des Faches Religion hatte. Diesen Eindruck hatte zumindest ich nach mehreren Gesprächen mit Religionslehrkräften in der vergangenen Legislaturperiode, als wir das System eigentlich ein bisschen umstellen wollten. Heute nehmen philosophische, ethische und interreligiöse Fragen einen breiten Raum ein - aus meiner Sicht gegen die eigentliche Intention des Grundgesetzes, aber ebenfalls aus meiner Sicht auch zu Recht.
Mir persönlich wurde beispielsweise im Religionsunterricht der Oberstufe eine intensive Beschäftigung mit Dietrich Bonhoeffer und mit der Bekennenden Kirche zuteil. Vielleicht sind das auch diese zwei Jahre Religionsunterricht gewesen, die mir heute das Entsetzen ins Gesicht bringen, wenn ich sehe, dass Faschisten und Rassisten sich in Landtagen breitmachen und in unserer Gesellschaft auszubreiten versuchen, meine Damen und Herren.
Wir sollten allerdings den Auftrag tradierter Erziehung nicht gleichsetzen mit der Teilnahme am Religions- oder Philosophieunterricht. Werteerziehung muss ausnahmslos erste Aufgabe aller Fächer sein. In allen Fächern haben wir es aber nun - damit komme ich wieder zum SSW-Antrag - mit einem vorhandenen oder drohenden Lehrermangel zu tun. Da bildet auch der Philosophieunterricht keine Ausnahme. Nun haben wir das auf der einen Seite und die Verpflichtung nach § 7 des Schulgesetzes auf der anderen Seite. Mein Vorschlag wäre deshalb, auch um den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen die Möglichkeit zu geben, den Antrag noch einmal zu lesen, den Antrag in den Bildungsausschuss zu überweisen und uns über die Schere zwischen Angebot und Nachfrage und über mögliche Wege zu unterhalten, um diese Schere kleiner zu machen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen, dass in unseren Schulen Toleranz und Vielfalt gelebt, gelehrt und gelernt werden. Wir wollen, dass alle Kinder in unserem Land lernen, dass jeder Mensch gleich viel wert ist. Wir wollen auch, dass sie lernen, dass Diversität nichts ist, wovor man sich fürchten muss.
Ganz besonders geeignet ist dafür natürlich der Religions- und Philosophieunterricht. Hier findet Wertevermittlung statt, und hier kann auch der Ort sein, etwas über die unterschiedlichen Religionen zu lernen. Denn bekanntlich ist die Angst vor dem am größten, was wir am wenigsten kennen, auch wenn sie meist unbegründet ist.
Unser Schulgesetz und der Lehrplan sehen vor, dass Kinder alle Möglichkeiten haben sollen, verschiedene Religionen kennenzulernen, und sie sollen die Möglichkeit haben, konfessionsfreien Unterricht zu bekommen. Doch leider wissen wir, dass das nicht die Realität ist. Wir haben weder genug Fachlehrkräfte für Philosophie noch für alle Religionen, die wir als konfessionsgebundenen Unterricht anbieten müssten. Selbst in der evangelischen Religion, wo wir noch relativ viele Fachlehrer haben, ist es noch lange nicht so, dass an jeder Grund
schule eine ausgebildete Fachkraft tätig ist, sodass auch evangelische Religion häufig von Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet wird, die nicht dafür ausgebildet sind.
Das ist nicht nur eine Frage der fehlenden Stellen, sondern auch der fehlenden Köpfe. Insofern, lieber Martin Habersaat, wenn wir im Ausschuss - was ich begrüße - über diese Lücke zwischen Angebot und Nachfrage und Realität und Anspruch reden, dann hat das eben auch etwas mit Menschen und nicht nur mit Geld zu tun.
In Flensburg studieren aktuell gerade acht Studierende den Master-Studiengang Grundschullehramt mit der Fachrichtung Philosophie. Das IQSH, also die Fortbildungseinrichtung für Lehrerinnen und Lehrer, hat bisher 188 Grundschullehrkräfte mit anderen Fachrichtungen für den Philosophieunterricht weitergebildet. Das ist erstaunlich viel, vor allem dann, wenn man überlegt, in welchen Bereichen im Moment überall Fortbildung angeboten wird: Gastlehrerinnen, Unterricht mit Traumata, Schwimmlehrerausbildung und dergleichen mehr. Es gibt ganz viel, und da ist es schon ein großartiges Zeichen, dass so viele Lehrerinnen und Lehrer neben ihrer sonstigen Belastung noch die Fortbildung auf sich nehmen. Ich finde, auch das ist mal einen Dank und einen Applaus wert.
Trotzdem fehlen laut der zuständigen Studienleiterin noch weitere 200 Pädagoginnen und Pädagogen, die wenigstens eine Basis-Qualifikation haben.
Ich frage mich im Übrigen auch - und da bin ich anderer Meinung als der Kollege Tobias Loose, man staune -, ob es überhaupt zielführend ist, den Klassenverband immer weiter aufzuteilen, angesichts dessen, was dieser Unterricht gerade vermitteln soll.
Wenn es offensichtlich schon zu viel Spaltung in unserer Gesellschaft gibt, sollten wir in der Schule dann nicht lieber mehr Gewicht auf gemeinsames Lernen im Klassenverband mit unterschiedlichen religiösen Erfahrungen und Wertvorstellungen legen? Ich mache keinen Hehl daraus, dass wir Grüne am liebsten einen religions- und philosophiewissenschaftlichen Unterricht für die ganze Klasse hätten und dass generell ein Ethikunterricht im Klassen
Doch wir wissen auch, dass das unsere Verfassung nicht zulässt. Deshalb bin ich der evangelischen Kirche in Schleswig-Holstein, die ja die Oberhoheit über den richtigen evangelischen Religionsunterricht hat, auch sehr dankbar dafür, dass sie - ähnlich wie in Hamburg - ihren Religionsunterricht sehr interreligiös ausrichtet. Dazu wurde ja ein Gutachten in Auftrag gegeben, wie wir es schaffen können, ähnlich wie in Hamburg verschiedene Konfessionen in den Unterricht stärker mit einzubinden. Die Umsetzung steht noch aus. Aber ich finde, das ist ein sehr guter Schritt. Ich erlebe unsere evangelische Kirche insoweit auch als sehr kooperativ und gesprächsbereit.
Euer Antrag, lieber SSW, fordert im Grunde das, was schon Recht und Gesetz ist: Eltern sollen über die Wahlfreiheit informiert werden. Wo dies nicht geschieht - und ich kenne persönlich auch solche Schulen, wo das nicht geschieht -, ist es gegen die Verordnung. Man kann dann noch einmal anmahnen. Das wird sicherlich auch passieren, aber es ist Recht. Schulen sollen gleichwertigen Unterricht anbieten. Wo das nicht geschieht, liegt das an den Engpässen.
Lieber SSW, das war in unserer Regierungszeit so, und das ist zum Teil leider auch heute noch so. Insofern ist der Antrag eine typische Oppositionsmahnung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Vielen Dank.