Protocol of the Session on July 5, 2018

(Anhaltender Beifall - Präsente werden über- reicht - Die Fraktionsvorsitzenden verab- schieden sich persönlich von Herrn Minister Dr. Robert Habeck)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die CDUFraktion hat das Wort der Abgeordnete Andreas Hein. Ich weise darauf hin, dass nach Abzug der persönlichen Worte der Minister die vorgesehene Redezeit um 2 Minuten überschritten hat. Das heißt, diese Redezeit steht den Abgeordneten der Fraktionen auch zu. Nunmehr startet für die CDUFraktion der Abgeordnete Andreas Hein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bis zum Jahr 2025 wird Schleswig-Holstein 250 % seines Bruttostromverbrauchs aus der Stromerzeugung der erneuerbaren Energien gewinnen können. Wir werden dann mehr Energie aus den Erneuerbaren in Schleswig-Holstein und Hamburg zusammen haben, als wir selber benötigen. Damit werden wir zum Energielieferanten für andere Bundesländer. Wir werden weiterhin auch enorme Ausgleichszahlungen für Abschaltstrom und für die Anpassung der Leistungseinspeisungen von Kraftwerken haben. Wie können wir dort gegensteuern? - Wir müssen weiterhin in den Netzausbau, in die Netzertüchtigung, aber ebenso in die Forschung und Entwicklung und in die Demonstration von Projekten investieren, die das Ziel haben, die Energie hier in Schleswig-Holstein zu nutzen.

Wir erwarten von der Bundesregierung eine zügige Überarbeitung des regulatorischen Rahmens des EEG, damit die Energiewende weiter voranschreitet. Es bedarf weiter großer Anstrengungen, um mit dem Einsatz von Fördermöglichkeiten des Bundes,

(Minister Dr. Robert Habeck)

der EU und des Landes die Nutzbarmachung der erneuerbaren Energien bei uns in Schleswig-Holstein größtmöglich umzusetzen. Wir müssen weitere Unternehmen in Schleswig-Holstein ansiedeln, damit die Energie hier vor Ort zur Herstellung von Produkten genutzt wird. Das sichert bestehende und schafft neue Arbeitsplätze, und die dadurch entstehende größere Kaufkraft sichert unsere Zukunft auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Die Leistungsfähigkeit unserer Stromnetze unter dem Erhalt der hohen Systemsicherheit zu steigern, ist neben dem Ausbau eine weitere Notwendigkeit. Wir wollen außerdem, dass unser Energiesystem eines der zuverlässigsten und sichersten der Welt bleibt. Die Entwicklung hin zum hohen Anteil volatiler zentral und dezentral eingespeister erneuerbarer Energien erfordert daher eine Entwicklung neuer Lösungen und intelligenter Netze - und das bald.

Da die Übertragungskapazität von Freileitungen durch die maximale Betriebstemperatur des Leiters begrenzt wird, kann die Überwachung mittels Sensoren und Speziallegierungen für die Leitungen eine Lösung sein, um die nutzbare Übertragungskapazität bis zu 50 % zu erhöhen.

Um die größtmögliche Nutzung der erneuerbaren Energien weiter voranzutreiben, ist es daher erforderlich, die Kapazität der Übertragungsnetze weiter zu erhöhen. Dies kann unter Umständen sogar helfen, den Neubau von Trassen zu vermeiden und mehr Energie zu transportieren. Das wollen wir voranbringen.

Der Antrag „Smarte und sichere Digitalisierung der Energiewende“ befasst sich mit den neuen Messsystemen. Ein neues Messstellenbetriebsgesetz regelt technische Anforderungen, die Dokumentation und legt damit die Grundlagen zur Einführung der Messsysteme. Bei Kunden mit einem Jahresstromverbrauch von 6.000 kW/h - das ist der weit überwiegende Teil der Haushaltskunden sprechen wir von einem modernen digitalen Messzähler, einer digitalen Messeinrichtung als Ersatz für den klassischen Stromzähler. Wer derzeit über einem Verbrauch von 6.000 kWh liegt, bekommt ein intelligentes Messsystem. Dieses kann den Verbrauch elektronisch übermitteln. Man kann den Verbrauch damit entsprechend darstellen. Es gibt also eine einfache und eine aufwendige Variante, wenn man so will. Da es sich um ein Bausteinelement handelt, kann man die normale Messeinrichtung auch aufrüsten.

Mit dem intelligenten Messsystem können Kunden dann einfach ihre Energieverbräuche darstellen. Sie

können sich darüber informieren, sie können an ihrem PC oder an ihrem Smartphone abrufen, wie der Energieverbrauch ist. Das kann helfen, die Geräte einzutaxieren. Das kann helfen, zu gucken, wie viel Energie man verbraucht, und es hilft, Einsparpotentiale zu erkennen und Maßnahmen abzuleiten.

Haushalte, vor allem aber Unternehmen können dann durch intelligente Messsysteme ein Teil des Netzspeichers und eines Flexibilitätsmarktes werden. Besondere Bedeutung hat allerdings die gesellschaftliche Akzeptanz von diesen intelligenten Netzen. Datenschutz und Datensicherheit sind dabei immens wichtige Voraussetzungen.

Daher bitten wir die Landesregierung, den Rollout der neuen Messeinrichtungen konstruktiv und kommunikativ zu begleiten.

Für die Tagesordnungspunkte 19 und 40 bitte ich um Zustimmung, für den Tagesordnungspunkt 13 um Ausschussüberweisung.

Ich wünsche Ihnen sonnige Tage und ein energiegeladenes Wiederkommen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Hölck das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Energiewende- und Klimaschutzbericht 2018 legt eine Landesregierung den mittlerweile sechsen Bericht über den Stand der Energiewende- und Klimaschutzpolitik in Schleswig-Holstein vor. Die gute Gesamtentwicklung von 2013 bis heute hat sehr viel mit der guten alten Küstenkoalition und nur ganz, ganz wenig bis gar nichts mit der amtierenden Jamaika-Koalition zu tun.

(Beifall SPD)

Im Gegenteil! Auf meine Kleine Anfrage, wie viele Genehmigungen zum Bau von Windkraftanlagen an Land seit Jahresbeginn in Schleswig-Holstein erteilt wurden, antwortete die Landesregierung knapp und bescheiden: drei. - Besser kann man Politikversagen von Jamaika beim konkreten und für Schleswig-Holstein wohl wichtigsten Ausbau der erneuerbaren Energien nicht dokumentieren.

(Beifall SPD)

(Andreas Hein)

Das ist so desaströs, dass schon die schlichte Inaussichtstellung von Ausnahmegenehmigungen von der Landesregierung als Erfolg verkauft wird. Das ist ein politisches Armutszeugnis. Ein Jahr wurde vergeudet, und nichts ist passiert. Der einzige Grund dafür ist, dass Daniel Günther versucht, seine Wahlversprechen zu kaschieren, von denen er schon vor der Landtagswahl wusste, dass er sie nicht einhalten kann.

(Beifall SPD - Oliver Kumbartzky [FDP]: Das ist immer das Gleiche!)

Die Grünen - das muss man konstatieren - haben sich halt mit dem falschen Koalitionspartner eingelassen

(Zurufe CDU und FDP: Ah!)

und gefährden damit langfristig die Einhaltung der im Energiewende- und Klimaschutzbericht beschriebenen Zielszenarien. Es ist schon auffällig, dass die Ziele im Bereich Ausbau der Stromversorgung und Anteil der Wärmeversorgung, je aus Quellen der erneuerbaren Energien, abweichend zum Bericht von 2017 angegeben werden.

Im Energiewendebericht 2017 werden für 2030 die Ziele 44 TWh Anteil Strom und 25-%-Anteil der Wärmeenergieversorgung aus erneuerbaren Energien vorgegeben. Diese Ziele enthält der heutige Bericht nicht mehr. Nachtigall, ick hör dir trapsen.

Hat diese Landesregierung das 44-TWh-Ziel und damit den Anspruch, in 2030 zirka 300 % des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, aufgegeben? Das wäre ein Fiasko für grüne Energiewendepolitik.

Da nützt Minister Robert Habeck, der zum 1. September 2018, acht Monate nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden der Grünen, die Landesregierung verlassen wird, dann auch die sagenumwobene Berliner Luft nicht zur Entspannung. Der Öko-Engel schwebt aus dem Land in Richtung Berlin und hinterlässt Stillstand und Unsicherheit beim Ausbau der Windenergie an Land.

(Zurufe CDU: Oh!)

Was am meisten ärgert, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist - dass finde ich gerade in diesen Tagen mehr als ärgerlich -, dass durch die monatelange Diskussion in den Hinterzimmern der Jamaika-Koalition um die Regionalplanung die große Linie, warum wir eigentlich die Energiewende brauchen, aus den Augen verloren wird.

(Beifall SPD - Zurufe CDU)

Da helfen auch Ihre heutigen kleinteiligen Schaufensteranträge zur Digitalisierung und zum Netzausbau nicht viel weiter. Wir wollen hier unseren Beitrag dazu leisten, dass die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens 2050 erreicht werden. Wir wollen das national vormachen; wir wollen, dass Energiewende funktioniert. Dass können wir hier in Schleswig-Holstein vormachen und werden es in die Welt hineintragen.

Das Bundesland zwischen den Meeren hat ein ureigenes Interesse daran, die Erderwärmung und damit den Anstieg des Meeresspiegels zu begrenzen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gern.

Herr Kollege, Sie sagten gerade, dass wir kleinteilige Schaufensteranträge zur Digitalisierung stellen würden. Das ist zwar jetzt nicht der aktuelle Tagesordnungsunkt; nichtdestotrotz möchte ich gern wissen, warum nur zwei oder drei Abgeordnete Ihrer Fraktion eben dafür gestimmt haben, während der Rest der Abgeordneten gar nicht abgestimmt hat. Haben Sie ein Problem damit, dass wir uns als Modellregion für 5 G bewerben?

- Es geht um den von Ihnen gestellten Antrag zur sicheren Digitalisierung der Energiewende. Darüber werden wir gleich erst abstimmen.

- Und den Antrag halten Sie für Schaufensterpolitik?

- Der ist Schaufensterpolitik, in der Tat.

- Aus welchen Gründen?

(Heiterkeit)

Entschuldigung! Weitere Zwischenfragen bitte ich dann doch, vorher anzumelden. Das sind die Regeln.

Lassen Sie mich fortfahren und hören Sie meiner Rede zu. Das ist besser für Sie. - Danke schön.

(Thomas Hölck)

Wir wollen unseren Beitrag leisten, damit in der Dritten Welt die Gegenden, in denen Landwirtschaft und damit die Versorgung der Menschen noch möglich ist, nicht aufgrund des veränderten Klimas noch weniger werden. Damit bleiben die Energiewende und der Klimaschutz auch ein wesentlicher Beitrag, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Das muss immer im Vordergrund stehen, wenn es darum geht, warum wir diesen Weg gehen. Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen, und wir wollen, dass der Meeresspiegel nicht weiter ansteigt, weil wir sonst unser Land nicht schützen können.

(Beifall SPD - Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sehr geehrter Herr Minister Habeck, lieber Robert Habeck, trotz der Kritik bedanke ich mich für die Zusammenarbeit mit Ihnen in gemeinsamer Regierungsverantwortung für die Energiewende und nun in unterschiedlichen Rollen, Regierung und parlamentarische Opposition. Ich will gern für mich konstatieren, das Positive überwiegt am Ende. Ich wünsche Ihnen im Namen meiner Fraktion alles Gute in Berlin. Genießen Sie auch einmal die gute Luft in Berlin, die sagenumwobene Berliner Luft. Genießen Sie einmal eine Berliner Weiße oder eine Berliner Currywurst. Ich wünsche Ihnen nochmals alles Gute in Berlin. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)