Protocol of the Session on July 5, 2018

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir erhoffen uns, dass die Bundesregierung eben nicht nur an die großen Metropolen denkt und Regionen so definiert, dass wir nicht nur bei den größeren Städten des Landes landen werden. Das ist eine Gefahr, die besteht. Deshalb sollten wir alle gemeinsam mit den unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten, die wir in Berlin haben, dafür sorgen, dass das nicht der Fall sein wird, sondern man sagt: Gerade wenn man Deutschland digital fit machen will, muss die Digitalisierung auch in Regionen wie Schleswig-Holstein funktionieren und darf nicht auf München, Hamburg oder Berlin beschränkt bleiben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Wir Grüne können uns auch gut vorstellen, das noch stärker mit dem Bereich der erneuerbaren Energien zu verbinden. Der Kollege Holowaty hat erwähnt, dass es natürlich auch eine Frage von Energie und Energieverbrauch ist, wenn wir stärker digitalisieren. Das gilt auch für Mobilfunk und für 5 G. Da haben wir ein weiteres Argument auf unserer Seite, denn mit unserer nachhaltigen Energie

(Lukas Kilian)

versorgung, mit der Energiepolitik, die wir hier parteiübergreifend seit Jahren machen, haben wir auch ein ganz gutes Argument gegenüber Regionen, in denen die Energiegewinnung weniger nachhaltig ist. Das könnte man bei dieser Frage vielleicht noch hineinnehmen.

Uns Grünen ist - als letzter Punkt und als Ergänzung - noch eine Sache sehr wichtig, und das ist das Thema diskriminierungsfreier Zugang. Wir wollen nicht, dass wir beim 5-G-Ausbau allein von den großen Mobilfunkkonzernen wie der Telekom abhängig sind. Uns ist das Thema Netzneutralität und diskriminierungsfreier Zugang auch für andere Akteure auf dem Markt sehr wichtig. Ich möchte als Beispiel - der Innenminister ist nicht da - wilhelm.tel aus Norderstedt als ein Unternehmen nennen, das in dem Bereich sehr stark unterwegs sein könnte und in Norderstedt auch bereits sehr stark unterwegs ist.

(Beifall Peer Knöfler [CDU])

Wir haben ein großes Interesse daran, dass solche regionalen Akteure in unsere Strategien einbezogen werden und wir nicht von der Telekom oder von Vodafone abhängig sind. Auch das ist uns wichtig.

Wir freuen uns auf die weitere Debatte; das ist ja heute nur ein Startschuss für die Diskussion im Parlament. Wir sollten da weiter dranbleiben. - Ich bedanke mich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich habe mich über den Antrag der sogenannten Nerds sehr gefreut. Ich glaube, es ist überhaupt kein nerdiger Antrag, besonders weil ich zu den vielen Bürgern in Schleswig-Holstein gehöre, die in einem Gebiet wohnen, das weder ein Glasfasernetz noch ein vernünftiges Mobilfunknetz hat. Ich muss immer aufs Feld gehen, um zu telefonieren.

Auch die AfD erkennt die Digitalisierung als zentrale Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte natürlich an. Zu ihrer Bewältigung ist die Einführung von 5 G eine elementare Voraussetzung. 5 G erhöht nicht nur die Datenrate um ein

Vielfaches und senkt die benötigte Energie auf einen Bruchteil, sodass schon dadurch neue Einsatzzwecke möglich werden, sondern 5 G verringert auch erheblich die Latenzzeiten. Das heißt: Ein Datenpaket kann schon in weniger als einer Millisekunde beim Empfänger sein. - Genau hier kann es aber schnell zu Konflikten mit der im Antrag geforderten Netzneutralität kommen.

Für die AfD steht natürlich auch fest, dass alle Bürger die Möglichkeit haben müssen, über die Datennetze Informationen frei empfangen zu können und ihre Meinung frei zu verbreiten. Das muss jederzeit sichergestellt sein. Neue Anbieter von Dienstleistungen im Netz dürfen nicht schlechter als die großen Telekomanbieter gestellt werden. Das muss das Wettbewerbsrecht garantieren. Warum aber soll zum Beispiel ein Datenpaket, das ein Auto vor einer Gefahr warnt, im Netz nicht prioritär transportiert werden? - Das müssen Sie den Bürgern auch erklären, denn genau das passierte, forderten Sie Netzneutralität ein.

Dazu kommt, dass die Telekommunikationsunternehmen den Netzausbau finanzieren müssen. Gerade wurde schon gesagt, dass das eine sehr teure Angelegenheit werden wird. Irgendwie müssen die Unternehmen ja wieder zu Einnahmen kommen. Das Angebot von Premiumdiensten ist ein Weg dorthin. Den sollte der Gesetzgeber nicht verbauen, so wie es die EU derzeit tut.

Schleswig-Holstein hat leider in der Vergangenheit viel zu wenig getan und muss jetzt dringend aufholen. Es wird etliche Testfelder für 5 G in Deutschland geben - das haben wir gehört -, aber keines davon liegt hier im Lande. Wir bitten den Minister daher dringend darum, sich für ein solches Testfeld auch hier im Norden zu bewerben.

Die Landesregierung ist auch aufgefordert, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Mit 5 G werden erstmals Frequenzen im Bereich von 26 GHz für den Mobilfunk genutzt. Auf diesem Band sind die Durchsatzraten sehr hoch, aber die Reichweiten gering. Die Störung durch Gebäude ist bei dieser Frequenz stark. Daher sind im Bereich von 26 GHz viele Basisstationen erforderlich. Um die hohe Zahl von Geräten installieren zu können, ist es notwendig, bestehende Trägerinfrastrukturen zu nutzen. Dazu gehören zum Beispiel Ampeln, Laternenmasten, vielleicht sogar Gullydeckel. Gebäude müssen für die Montage genutzt werden.

Damit sind wir wieder bei Genehmigungsverfahren. Das ist wieder eines der Probleme der Infrastruktur, wie wir sie immer wieder haben. Aber auch hier hat

(Rasmus Andresen)

die Landesregierung Einfluss auf die Schnelligkeit von Genehmigungsverfahren. Wir möchten sie daher dringend bitten, sich schon jetzt um die Beschleunigung solcher Verfahren zu kümmern, damit wir hier den Anschluss nicht verlieren.

(Beifall AfD)

Schnellere Verfahren bedeuten schnellere Netze, schnellere Netze bedeuten schnelle und wettbewerbsfähige Infrastruktur. So lautet hier die einfache Gleichung.

In Industrie und Gewerbe kursiert seit Jahren das Schlagwort vom Internet der Dinge. Wir haben es heute auch schon zweimal gehört. Viele verwenden es, ohne zu wissen, was es eigentlich ist. Diese M2M-Communication, also die Vernetzung von Maschine zu Maschine, ist auch nur möglich, wenn es stabile und superschnelle Netze gibt, von stabilen Stromnetzen, zu denen wir heute auch noch kommen, ganz zu schweigen.

Hier kann Schleswig-Holstein in einzelnen Feldern zu den großen Innovationstreibern aufschließen, die es im Bundesgebiet schon gibt, sofern die Voraussetzungen dafür vorhanden sind. Ich denke insoweit an automatisierte Produktionsabläufe und Lieferketten just in time. - Der Hamburger Hafen wurde hier von Herrn Weber schon genannt. Dort funktioniert das ganz gut. - Daher begrüßen wir auch das Kompetenzzentrum „Mittelstand 4.0“, dem der Wirtschaftsminister heute Mittag einen Förderbescheid überreichen wird.

Was wir auch brauchen, sind ausreichend Basisstationen. Dafür ist eine Kartierung der Infrastruktur notwendig. Hier gilt es, die Kommunen bei der Erfassung der Standorte und Eigenschaften in einem zentralen System zu unterstützen. Die Seite www.govdata.de ist die zentrale Stelle für offene Daten aller Verwaltungsebenen in Deutschland. Dort hat Schleswig-Holstein bisher kaum Daten bereitgestellt, anders als der Bund und andere Länder. Ich kann nicht erkennen, wo Schleswig-Holstein eine Führungsrolle in der Digitalisierung innehat. Das sehe ich noch lange nicht. Aber die Landesregierung kann auch hier helfen, diesen Zustand zu verbessern und den Rückstand aufzuholen, damit wir in Schleswig-Holstein nicht noch eine ganze Generation auf 5G warten müssen.

Wir unterstützen den Antrag aus vollem Herzen und freuen uns auf den Anschluss an die moderne Welt.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten den SSW erteile ich dem Vorsitzenden Lars Harms das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! „Schleswig-Holstein - Land der Funklöcher“, titelte der SchleswigHolsteinische Zeitungsverlag. Das ist zwar schon ein paar Jahre her, gilt aber nach wie vor. Wer von den Kolleginnen und Kollegen, die so wie ich regelmäßig im Land herumfahren, kennt das nicht: ,,Nachrichten können zurzeit nicht abgerufen werden“? Zwischen Nordfriesland und dem Landkreis Schleswig-Flensburg passiert mir das ständig. Das ist ärgerlich. Das kann aber auch zu einem schlimmen Problem werden, wenn nämlich bei einem Unfall die Feuerwehr alarmiert werden muss. Wenn man 112 anrufen will und es nicht funktioniert, können Menschenleben in Gefahr kommen. Es ist alarmierend, wenn der Handyempfang ausfällt. Das passiert bei uns immer noch viel zu oft.

5 G verspricht das Ende der Funklöcher. Genau das benötigt Schleswig-Holstein aber nicht erst in ein paar Jahren, sondern jetzt schon. Schulen, zum Beispiel bei mir auf Eiderstedt, sind noch unzureichend vernetzt. Betriebe klagen über unzureichende Übertragungsraten. Erst müssen diese Probleme gelöst werden, und dann kann man sich sicherlich auch größeren Dingen zuwenden.

In Finnland erreicht 4 G 99,9 % der Nutzerinnen und Nutzer. In Skandinavien gibt es kaum Funklöcher, aber in Schleswig-Holstein sind sie zum Beispiel auch im Zug zwischen Eckernförde und Flensburg traurige Realität.

Die Regierungsfraktionen fordern den Aufbau eines neuen Netzes, obwohl noch nicht einmal das alte flächendeckend funktioniert. Sie schicken einen Lamborghini also auf einen Feldweg. Vielleicht wollen sie vom Fehlen eines flächendeckenden Netzes auch ablenken - das mag sein - oder sich eine bessere Wirklichkeit herbeireden. Über die Motive kann ich natürlich nur spekulieren. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen beides tun, 5G ausbauen und uns natürlich auch um das bestehende Netz kümmern.

5 G verspricht die Verarbeitung großer Datenmengen in Echtzeit, um zum Beispiel Industrieanlagen ferngesteuert zu fahren oder autonome Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Zehnmal schneller und mehr als LTE, verspricht uns die Branche. 1,25 Gbit/s sollen auf jeden Fall möglich sein. Ein

(Volker Schnurrbusch)

anderer Vorteil: 5 G benötigt nicht so viel Strom, ist also auch ökologischer. Kein Wunder also, dass sich die Wirtschaft vom neuen Standard wirklich viel verspricht.

Doch ich bleibe skeptisch und möchte dies an zwei Problemlagen auch erläutern.

Erstens. Monopole. Bislang gibt es mit Telekom, Vodafone und Telefónica faktisch nur drei große Netzbetreiber. Deren Lizenzen laufen in zwei Jahren aus und damit auch die Dienstanbieter-Verpflichtung, wonach andere Betreiber das Netz mitnutzen können müssen. Wir wissen jetzt schon, dass nur Telefónica sein Netz noch bis 2025 für andere offenhalten wird. Die anderen werden wohl die Discounter und andere Anbieter, zum Beispiel auch wilhelm.tel, aus dem Netz werfen. Ich fürchte, dass wir uns dann auf teure Zeiten einstellen müssen.

Darum, dass weiterhin Zugang für alle Anbieter zu den bestehenden Netzen besteht, muss man sich aber auch kümmern. Denn die bestehenden Netze werden wohl noch einige Jahre genutzt werden müssen. Daran kommen wir nicht vorbei. Deswegen müssen wir uns auch dieses Problems annehmen.

Niemand geht in Deutschland davon aus, dass bis 2020 auch nur eine annähernde Abdeckung mit 5 G erreicht sein könnte. Dies ist ein weiterer Grund, sich um die derzeitigen Netze entsprechend zu kümmern.

Zweitens. Investitionen. Wer 5 G empfangen möchte, muss sich ein neues Handy kaufen, muss sich neue Gerätschaften kaufen; ansonsten bleibt er oder sie außen vor und kann den neuen Standard nicht nutzen. Die Investitionen der Betriebe sind derzeit noch nicht einmal im Ansatz abschätzbar. Viele Experten beurteilen die Folgekosten der Umstellung als krass unterschätzt.

Der SSW kann dem Antrag insoweit zustimmen, als der neue Mobilfunkstandard viele Standortnachteile in Schleswig-Holstein ausgleichen kann, weil sich mittels 5 G das Know-how in Echtzeit global vernetzten kann. Das ist richtig; das wünschen wir uns natürlich auch. Aber der Wunsch nach dem Aufbau flächendeckender und leistungsstarker 5-GNetze ist angesichts des lückenhaften derzeitigen Netzes eine Farce, weil die Unternehmen unter dem Netzzustand, den wir jetzt haben, leiden, weil auch die Leute in ihrer Kommunikation darunter leiden, weil Freiberufler darunter leiden. Also müssen wir uns eben auch um unser bestehendes Netz kümmern. Das dürfen wir nicht liegenlassen, meine Da

men und Herren. Ein Flächenland hat nun einmal andere Strukturen als eine Großstadt wie Hamburg oder Berlin, wo die 5-G-Pläne jetzt schon Gestalt annehmen.

Deshalb müssen wir uns um die Einführung des 5-G-Standards kümmern, gerne auch an einer Testphase teilnehmen, wenn wir denn ausgewählt werden, aber wir müssen gleichzeitig die bestehenden Netze ausbauen und Funklöcher abschaffen. Sonst haben wir die elendigen Zustände, die wir jetzt haben, noch für die nächsten 20 Jahre, und das braucht kein Mensch.

(Beifall SSW und Stefan Weber [SPD])

Für die Landesregierung erteile ich dem Herrn Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst herzlich danken für diese breite Form der Übereinstimmung darin, dass wir sagen: Jawohl, wir wollen in diesem Land eine 5-G-Abdeckung erreichen, und zwar so zügig wie möglich. Das hat aber auch Konsequenzen, die man sich - Kollege Weber, ich habe nicht verstanden, warum das ins Sommerloch gehört - auch klarmachen muss. Also keiner der hier Anwesenden ist anschließend bei irgendeiner Elektrosmog-Bürgerinitiative dabei und hat vor Ort etwas dagegen, dass die entsprechenden Funkmasten aufgestellt werden? - Das ist, bitte schön, auch klar.

(Beifall CDU, FDP, SSW und Volker Schnurrbusch [AfD])

Denn, meine Damen und Herren, beim Thema 5-GAusbau geht es darum, dass man sich klarmacht, warum Schleswig-Holstein tatsächlich eine ganz besondere Rolle spielen kann und warum wir im Bundesvergleich tatsächlich beste Voraussetzungen mitbringen und tatsächlich auch diesen Vorteil nach vorn nutzen können. Denn in diesem Bundesland sind 35 % aller Haushalte schon heute ans Glasfasernetz anschließbar.

Kollege Andresen, das ist bundesweit nicht etwa ganz gutes Mittelfeld, sondern das ist bundesweit mit weitem Abstand vorn. In Nordrhein-Westfalen sind 11,9 % und im Bundesdurchschnitt 8 % der Haushalte an Glasfaser anschließbar.