Protocol of the Session on June 15, 2018

Wir bevorzugen freiwillige Ausreisen, und wenn das nicht geht, sind Rückführungen erforderlich. Aber für die wenigen Ausnahmefälle - da reden wir gewiss nicht über Familien mit Kindern - braucht es maßgeschneiderte -

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rossa?

Wenn Sie meine Uhr anhalten, sehr gern.

Das machen wir immer, wie Sie wissen.

Vielen Dank. Herr Dr. Stegner, Sie haben gerade eben ausgeführt, dass nur in Haft genommen werden dürfe, wer eine Straftat begangen hat. Ihnen ist schon klar, dass die deutsche Rechtsordnung auch für andere Tatbestände die Möglichkeit der Haftanordnung vorsieht?

- Sehr verehrter Herr Abgeordneter, was ich versucht habe, deutlich zu machen - Sie haben ja an den Debatten in der letzten Legislaturperiode nicht teilnehmen können, deswegen ist es mir eine Freude, Ihnen das hier darzulegen -, ist, dass wir der Auffassung sind, das Haft für diejenigen da ist, die kriminell sind und nicht für diejenigen, die eigentlich aus dem einzigen Grund da sind, weil sie zum Beispiel einen Antrag auf Asyl gestellt haben.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Untersuchungs- haft?)

Wir glauben, dass auch die Abschiebehaft nur in absoluten Ausnahmefällen verhängt werden soll. Das ist die Position der Sozialdemokratie. Wir reden aber über einen Gesetzentwurf, bei dem wir nicht über die absolute Ausnahme reden, sondern bei dem wir über eine Rieseneinrichtung in Norddeutschland für ganz viele Menschen reden, auch für Familien mit Kindern. Das ist der Unterschied, Herr Kollege Rossa, gegenüber dem, was Sie hier sagen.

(Beifall SPD und SSW)

Herr Kollege Dr. Stegner, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rossa?

Das tue ich sehr gern.

Herr Kollege Dr. Stegner, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie auch die Zivilprozessordnung ändern möchten?

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

- Wir reden im Augenblick über den Kontext von Asylverfahren. Darüber reden wir.

(Jan Marcus Rossa [FDP]: Nein!)

- Ich habe darüber geredet, Herr Kollege. Ich bin kein Jurist. Wir können gern über die Zivilprozessordnung und solche Dinge reden, aber ich will Ihnen sagen: Der Kontext, über den wir hier miteinander sprechen und um den es mir geht, ist Folgender: Es gibt einen Kontext, da heißt es, dass Menschen, die Verbrechen begehen, im Zweifelsfall in Haft genommen werden müssen. Untersuchungshaft ist übrigens auch etwas ganz anderes als Haft, wie Sie wissen. Dafür gelten ganz andere Bedingungen, wenn jemand verdächtigt und das angeordnet wird.

(Jan Marcus Rossa [FDP]: Die ist aber nicht in der StPO geregelt! - Christopher Vogt [FDP]: Deshalb machen wir das Gesetz!)

Hier reden wir aber über das Thema Abschiebung, und da sage ich es noch einmal. Da ist die Auffassung der Sozialdemokratie, jedenfalls der in Schleswig-Holstein: Erstens. Wir wollen in allererster Linie die freiwillige Rückkehr und keine Abschiebungen.

Zweitens. In den Fällen, in denen wir Abschiebungen brauchen und jemand in Abschiebehaft genommen werden muss, ist die Abschiebehaft die absolute Ausnahme und nicht der Regelfall, für den wir riesige Einrichtungen bauen müssen. Darüber habe ich gesprochen.

(Beifall SPD und SSW)

Herr Kollege, bevor Sie Ihre Rede fortsetzen, gestatten Sie ebenfalls eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Peters?

Das Vergnügen steigert sich. - Herr Kollege, bitte schön!

Herr Kollege Dr. Stegner, ist Ihnen bekannt, dass es auch im Ordnungswidrigkeitenrecht eine Erzwingungshaft gibt, wenn man seinen Bußgeldbescheid nicht bezahlt hat? Wollen Sie das auch abschaffen?

(Martin Habersaat [SPD]: Für Kinder?)

- Das ist mir sehr bewusst, Herr Abgeordneter, aber wollen wir allen Ernstes die Debatte hier durch sol

che Spitzfindigkeiten bezogen auf andere Fragen führen? Ich habe über all das nicht gesprochen. Wir reden hier über eine humanitäre Flüchtlingspolitik und ob dafür große Abschiebehaftanstalten die richtige Maßnahme sind. Darüber reden wir hier, Herr Kollege Peters, und nicht über andere Fälle, in denen Menschen in Haft genommen werden.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Sehr geehrter Kollege Dr. Stegner, es gibt weiteren Frage- und Debattenbedarf mit Ihnen.

Ich glaube, ich kann es lassen mit meinem Manuskript. Ich beantworte gern Ihre Fragen. Bitte schön!

Sie gestatten eine Zwischenfrage des Abgeordneten Claussen?

Aber klar.

Das ist sehr schön. Dann hat der Abgeordnete das Wort.

Bitte schön!

Wenn Sie davon sprechen, dass Abschiebehaft in Ausnahmefällen notwendig sei, bitte ich Sie, mir zu erklären, wie Sie das vollziehen wollen, wenn Sie keine Einrichtung dafür haben, die getrennt ist von jeder Art von Strafhaftunterbringung. In welcher Einrichtung wollen Sie das vollziehen?

- Ich bin der festen Überzeugung, dass die Anstrengungen, die wir brauchen, um möglichst dafür zu sorgen, dass Menschen, die nicht hierbleiben können - und es können nicht alle hierbleiben -, freiwillig zurückkehren, die erste Priorität haben. In den anderen Fällen müssen wir versuchen, Menschen davon zu überzeugen, dass sie nicht hierbleiben können und einen Weg finden, dass sie das Land wieder verlassen.

(Dr. Ralf Stegner)

Aber natürlich gibt es auch Einzelfälle, in denen das nicht geht. Für diese Einzelfälle haben wir zum Beispiel Absprachen mit Hamburg gehabt, über den Abschiebegewahrsam am Flughafen HamburgFuhlsbüttel.

(Zurufe)

- Ja, auch ich weiß das mit Eisenhüttenstadt. Das ist weit weg. Man braucht an der einen oder anderen Stelle in der Tat solche Plätze.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Seien Sie doch nicht so aufgeregt! Das habe ich gar nicht bestritten.

Wir reden hier aber über etwas ganz anderes. Die neue Koalition in Schleswig-Holstein mit den Grünen meldet sich und sagt: Wir brauchen nicht nur ein paar Plätze, sondern wir wollen gemeinsam eine riesige Abschiebehaftanstalt für Norddeutschland in Schleswig-Holstein errichten. Über diese Frage reden wir hier miteinander, und nur darüber spreche ich im Augenblick. Die brauchen wir in der Tat nicht.

(Beifall SPD)

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Claussen?

Sehr gern.

Bitte schön.

Wir haben in Hamburg eine gemeinsame Einrichtung für den Abschiebegewahrsam. Das ist etwas anderes als Abschiebehaft. Abschiebehaft dauert länger. Wo wollen Sie die Abschiebehaft vollziehen, wenn wir hierfür keine Einrichtung schaffen? Halten Sie es für schlecht, wenn wir in Zusammenarbeit mit Hamburg - SPD-regiert, soweit ich weiß und Mecklenburg-Vorpommern eine Einrichtung schaffen und das im norddeutschen Verbund gemeinsam machen?

Lieber Herr Kollege Claussen, erstens habe ich selbst auf den Unterschied hingewiesen, indem ich das Beispiel Hamburg Fuhlsbüttel und Abschiebe

gewahrsam auf der einen und Eisenhüttenstadt auf der anderen Seite erwähnt habe. Insofern bedurfte es keiner Belehrung, weil ich das selbst gesagt habe.

Zweitens habe ich überhaupt nicht bestritten, und keine der Nachfragen bringt mich in die Richtung, hier zu bestreiten, dass wir in Einzelfällen solche Plätze brauchen.