Protocol of the Session on June 15, 2018

Was Sie hier fordern, ist in Bezug auf eine Verbesserung des Zustandes auf der Strecke auch noch kontraproduktiv. Sie müssen sich bitte mit mir noch einmal in diesen Gedanken hineinversetzen: Ich habe festgelegt, dass Entschädigungen für Pendler aus Strafzahlungen gegen die Deutsche Bahn gezahlt werden. Der Kern liegt in der Strafzahlung gegen die Deutsche Bahn, denn die soll endlich handeln. Wenn ich jetzt Ihrem Antrag folge und einfach aus Landesmitteln Entschädigungen an die Pendler zahle, welchen Druck übe ich damit auf die Deutsche Bahn aus?

(Zuruf FDP: Gar keinen!)

Null Druck würde ich auf die Deutsche Bahn ausüben. Im Gegenteil: Ich nehme den Druck von der Deutschen Bahn, denn die Pendler sagen: Bis zu 75 % des Preises meiner Karte bekomme ich erstattet, das ist schon einmal gut, da bin ich ein bisschen

(Beate Raudies)

ruhiger. - Sie nehmen mit so einem Antrag also den Druck.

Lieber Herr Vogel, die Pendler und die Menschen, die da leiden, hätten es verdient, dass Sie sich vorher wenigstens ein bisschen mit der Materie beschäftigen, bevor Sie solche Anträge stellen.

(Beifall FDP, CDU und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ihrem Antrag zufolge sollen wir über die gesetzliche Regelung hinaus Entschädigungen zahlen. Haben Sie schon einmal nachgesehen, was die gesetzliche Regelung ist? - Die gesetzliche Regelung ist nach EU-Verordnung für die Fahrgastrechte - Verordnung 1371/2007 - bei einer 60-minütigen Verspätung eine 25-prozentige Entschädigung, bei einer 120-minütigen Verspätung 50 %.

Das ist die gesetzliche Regelung. Dann gibt es eine NAH.SH-Garantie, vielleicht haben Sie das schon einmal gehört. Die NAH.SH-Garantie wird aus Mitteln, die wir selbst geben, finanziert und sagt: Bei einer 20-minütigen Verspätung im Regionalverkehr zahlen wir schon 50 % des gesamten Fahrpreises. Das hat nichts mit einer gesetzlichen Regelung zu tun, das macht die NAH.SH aus diesen Mitteln.

Was ich zusätzlich als Entschädigung ausgerufen habe, ist schlicht und ergreifend etwas völlig anderes obendrauf. Es geht darum, angesichts dieser Einzigartigkeit der Streckenverbindung, die so malträtiert ist, einerseits den Druck auf die Bahn zu erhöhen und andererseits dieses Geld nicht zu nehmen und einfach in den Sack zu stecken, sondern es denjenigen zukommen zu lassen, die am meisten darunter leiden.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

All das haben Sie leider nicht verstanden, Herr Vogel, das tut mir leid. Wir diskutieren eigentlich schon lang genug darüber. Jetzt geht es darum, in dieser Sache einmal den einen oder anderen zusätzlichen Vorschlag zu machen. Ich hätte verstanden, wenn die SPD gesagt hätte: Der von uns so miserabel ausgehandelte Verkehrsvertrag gehört jetzt aus besonderem Grund gekündigt - das wäre ein Punkt gewesen

(Beifall FDP und CDU)

nach dem Motto: Wir sehen ja, wie schlecht wir es da gemacht haben. Denn nach Ihrem Verkehrsvertrag betragen alle möglichen Maluszahlungen für die Bahn bei einer Verfehlung der Pünktlichkeit

höchstens 6 % des Gesamtvolumens im Jahresdurchschnitt. Das ist ihr Vertrag.

(Zurufe)

Dann bewegt sich Herr Vogel hierher und sagt: alles Luftbuchungen, alles nur Ankündigungen. - Die Ankündigung vom Februar, eine Entschädigungszahlung zu leisten, hat die Bahn in der Tat mitgemacht und gesagt: Das ist okay. Jetzt sagen Sie, das seien Luftbuchungen, weil die Bahn sagt, sie sei damit nicht einverstanden, dass ich, Buchholz, sage: Strafzahlungen auch für März und April.

Die Pendler dürfen ab der nächsten oder übernächsten Woche selbstverständlich ihre Entschädigungen auch für März, April und dann auch für Mai abrechnen. Das ist so, weil ich selbstverständlich davon ausgehe, dass wir dieses Geld von der Deutschen Bahn einbehalten werden. Wenn wir dann einen Rechtsstreit mit der Deutschen Bahn verlieren, müssen wir es in der Tat aus Regionalisierungsmitteln nehmen. Dann haben wir aber zumindest den Versuch unternommen, Druck auszuüben, damit sich tatsächlich etwas ändert. Das ist der Unterschied.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch ganz kurz die Dinge ansprechen, auf die es wirklich ankommt. Die Deutsche Bahn hat noch immer ein unzureichendes Wartungs- und Instandhaltungskonzept auf der Strecke. Nach wie vor gibt es keinen Materialliefervertrag mit Bombardier darüber, damit man für die Loks, die im Wesentlichen das Problem bei Zugausfällen sind, schneller an Material kommen. Das ist ein erster wichtiger Punkt, der letzte Woche auf dem Gipfel in Berlin mit der Bahn besprochen wurde. Die Bahn verspricht Besserung. Was soll ich jetzt machen? Soll ich hingehen und den Wartungsvertrag mit Bombardier selbst abschließen? - Es ist der höchstmögliche Druck, den Vorstand von DB Regio da zu haben und zu sagen: Jetzt machen Sie es endlich.

Zweites Thema: ausreichende Anzahl von Reserveloks. Zurzeit haben wir 15 Paribus-Loks auf der Strecke. Zwei Reserveloks stellt die Deutsche Bahn, und sie nimmt zukünftig Zugriff auf die Loks aus dem Sylt-Shuttle-Kontingent. Das sind für zwölf Umläufe insgesamt 18 Loks. Die Bahn sagt: Das reicht. - Wenn man dann morgens wach wird und hört: Lokausfall auf der Strecke, was soll ich an der Stelle jetzt machen? - Hier gilt es: Die Bahn hat sicherzustellen, genügend Kapazitäten an Loks dort auf der Strecke zu haben.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Personalkonzept: Ich habe seit letztem Jahr im Herbst gesagt, dass das Personal kein Engpassfaktor auf der Strecke sein darf. Die Bahn hat am letzten Freitag gesagt, dass Personalthema sei jetzt behoben.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir schaffen das!)

Montagfrüh hatten wir drei Zugausfälle wegen Personalmangel - drei Zugausfälle wegen Personalmangel!

Deshalb geht von dieser Stelle ein ganz klares Signal aus: Wenn die Deutsche Bahn dieses Thema auf dieser Strecke in den nächsten Monaten so absolut nicht in den Griff bekommt, dann werden wir die Sanktionen gegenüber der Bahn gegebenenfalls bis hin zu Teilkündigungen des Verkehrsvertrages weiterführen. Ich sage dies hier ganz ausdrücklich.

(Beifall FDP, CDU, Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. An- dreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es geht um Infrastruktur, es geht um die permanente Weiterarbeit an der Infrastruktur, damit nicht Weichenschäden zum Problem werden. Oder ich nenne die Instandhaltung von Entwässerungsgräben, über die man sagt: Leute, die Entwässerungsgräben laufen an der Stelle über, das unterspült die Schienen und führt zu den Langsamfahrstellen. Dann kommt einer von DB Netz und erklärt einem: Ne, die Entwässerungsgräbensanierungsarbeiten haben wir erst für 2021 eingeplant. - Da fragt man: Geht ihr davon aus, dass es bis dahin nicht mehr regnet, oder was?

(Heiterkeit FDP)

Es kann doch nicht wahr sein, dass ein solches Unternehmen, das auch noch in Eigentumsverhältnissen der Bundesrepublik Deutschland steht, so agiert. Deshalb sage ich: Die Deutsche Bahn muss hier auch mit den entsprechenden Maßnahmen rangehen.

Letztlich wird nur die Zweigleisigkeit helfen. Meine Damen und Herren, da können Sie gegebenenfalls mithelfen. Lassen Sie uns über den Vorschlag, den ich in Berlin gemacht habe, nachdenken, tatsächlich dieses Stück Niebüll-Klanxbüll in die Legalplanung des Deutschen Bundestages zu nehmen, also einen Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages, der das Planfeststellungsverfahren ersetzen würde, aber auch mit der kalkulierten Risikoseite; denn das ist rechtlich nicht unumstritten. Neben Themen wie Naturschutz, Lärmschutz und anderen Themen, über die mit Eigentümern immer

Streit bei solchen Planfeststellungsverfahren entsteht, würde dadurch ein zusätzliches rechtliches Risiko entstünde. Es könnte aber dazu führen, dass wir unsere Planungszeit für die Zweigleisigkeit von zehn auf fünf Jahre reduzieren könnten. Lassen Sie uns darüber diskutieren.

Lassen Sie uns in diesem Hause darüber diskutieren, wie wir die Situation für die Menschen vor Ort tatsächlich verbessern, und lassen Sie uns nicht über Ihre Show-Anträge diskutieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Herr Minister hat die vorgesehene Redezeit recht großzügig ausgelegt und um gut 4 Minuten erweitert. Diese Zeit würde jetzt gegebenenfalls auch den anderen Fraktionen noch zur Verfügung stehen. - Ich sehe, dass kein Bedarf dafür besteht.

Es ist beantragt worden, in der Sache abzustimmen. Ich lasse somit zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/762, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der CDU gegen die Stimmen der Abgeordneten des SSW und der Fraktionen von SPD und AfD abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/799, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, CDU, SPD bei Enthaltung der Abgeordneten des SSW und der Fraktion der AfD angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 32 auf:

Abschiebehaft ist keine humane Flüchtlingspolitik!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/763

Humane Flüchtlingspolitik im Rechtsstaat

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/796

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Dr. Ralf Stegner.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal reibt man sich verwundert die Augen: Dieselbe Partei, die noch vor zwei Jahren die Schweinefleischpflicht und das Abschiebe-TV forderte, gibt sich teilweise heute als Speerspitze der humanitären Flüchtlingspolitik.

Herr Ministerpräsident, gerade in den letzten Tagen haben wir das beobachten können. Sehr glaubwürdig fanden wir das in Teilen schon allein deswegen nicht, weil der Wechsel erfolgt ist, als nur ein Bündnis mit den Grünen eine Mehrheitsfähigkeit ermöglicht hat. Aber in der Tat blitzt Ihre alte oder eigentliche Haltung immer wieder auf, und es gelingt sogar, das zur gemeinsamen Position der Koalition zu machen. Das zeigt sich bei der Diskussion über die Abschiebehaft.

Zur Erinnerung: Es war 2014, als die SPD-geführte Küstenkoalition, die im Konsens der drei Koalitionspartner nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Zulässigkeit der Abschiebungshaft in Deutschland die damalige Abschiebehaftanstalt in Rendsburg geschlossen hat - aus einem einfachen Grund: Wer keine Verbrechen begangen hat oder keines Verbrechens verdächtigt wird, gehört nicht in Haft. Punkt.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Für die Wenigen, die nicht unseren Schutz verdienen, weil sie sich kriminell betätigen oder gar unsere Gesellschaft gefährden, müssen die Mittel unseres Rechtsstaates konsequent angewandt werden, das sage ich auch. Das war damals unsere Position, und für die SPD-Landtagsfraktion gilt das auch heute noch.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Wir bevorzugen freiwillige Ausreisen, und wenn das nicht geht, sind Rückführungen erforderlich. Aber für die wenigen Ausnahmefälle - da reden wir gewiss nicht über Familien mit Kindern - braucht es maßgeschneiderte -