Protocol of the Session on June 15, 2018

Deshalb müssen wir das sehr deutlich sagen: Der Deutsche Bundestag und die Regierung sind in der Pflicht, uns hier in Schleswig-Holstein zu helfen, um auf dieser Bahnstrecke endlich einen vernünftigen Verkehr zu organisieren. Sie haben jahrzehntelang genug Geld an dieser Strecke verdient, um jetzt einen Bahnhof in Stuttgart auszubauen, den niemand haben will. Meine Damen und Herren, das ist die Realität. Hier darf man einmal einfach die Frage stellen und sagen: Hier erwarten wir in der Zukunft das deutliche Engagement des Bundes. Hier müssen wir in Berlin selbstbewusst alle Register ziehen, und zwar über den Bundesrat und über die Kolleginnen und Kollegen Bundestagsabgeordneten, damit wir hier sehr schnell zum Ziel kommen.

Meine großer Respekt gilt übrigens immer dem Kollegen Brackmann, der es immerhin geschafft hat, 850 Millionen € für den Elbe-Lübeck-Kanal bereitzustellen. Ich hätte mir gewünscht, das Geld wäre in andere Projekte geflossen, aber es zeigt, meine Damen und Herren: Wenn man für eine Sache brennt, dann geht das. Herr Dr. Stegner, hier schaue ich auch Sie an. Sie sitzen bei diesen Koalitionsrunden mit am Tisch. Wenn man für eine Sache brennt und sagt, hier müssen wir Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und dies nicht den Vereinfachern überlassen, die sagen: „Ihr kriegt nichts auf die Reihe“, dann müssen wir in dem Moment einmal sagen: Jetzt geht es darum, in Schleswig-Holstein auf dieser Strecke die Probleme zu lösen. Da sind wir alle miteinander gefragt. Da hat niemand mit dem Finger auf irgendjemand anderen zu zeigen. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung in

diesem Haus, in Berlin dafür zu sorgen, dass die Marschbahn endlich in einen modernen Zustand gebracht wird. Das ist unsere Verantwortung hier im Hause. Darüber würde ich gern sprechen und nicht über diese Debatte, die Sie hier angestoßen haben, Herr Vogel. Das führt wirklich nicht weiter.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Jetzt bin ich von meiner Rede abgewichen, meine Damen und Herren, aber Sie sehen: Man ist als Abgeordneter der Westküste wirklich manchmal sprachlos. Wir dürfen aber nicht sprachlos sein. Wir müssen den Menschen zeigen, dass wir auch etwas erreichen können. Deshalb: Bitte lassen Sie uns gemeinsam in Berlin dafür kämpfen, dass diese Situation endlich aufgelöst wird. Die Menschen werden es uns danken, und wir haben eine Verantwortung dafür, dass es auf dieser Strecke endlich vorangeht. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kay Richert das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren! Die SPD hat jetzt also ihr Interesse an den Bahnkunden an der Westküste entdeckt. In dem vorliegenden Antrag fordern die Genossen in drei Aufzählungspunkten höhere Entschädigung im Nahverkehr, den Wegfall der Zugbindung und höhere Entschädigungen im Fernverkehr. Das ist recht einfallslos, und wenn ich das so sagen darf - genau so macht man es eigentlich nicht. Aber tun wir doch mal einen Augenblick so, als wäre Ihr Antrag gut und wir würden dem so folgen. Was wäre das Resultat?

(Christopher Vogt [FDP]: Das fällt schwer!)

- Ja, aber tun wir trotzdem einmal so. - Im ersten Punkt wollen Sie, dass das Land Schleswig-Holstein die Pendlerinnen und Pendler in Höhe von drei Vierteln des Kartenpreises entschädigt. Das Land Schleswig-Holstein? Ist denn das Land Vertragspartner der Zugkunden? Nein, das ist die DB. Hat denn das Land die Malaise auf der Marschbahn schuldhaft verursacht? Nein, das war auch die DB. Wenn die Züge also nicht wie vereinbart fahren, dann ist die DB in der Pflicht. Diesen Verhand

(Dr. Andreas Tietze)

lungsdruck brauchen wir für unsere Bemühungen, die Bahn zu Verbesserungen anzuspornen.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Herr Abgeordneter, ich sehe, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogel?

Ja, gern, wenn es der Sache zuträglich ist.

Sehr geehrter Herr Kollege, vielen Dank. - Wenn Sie anregen, dass es die DB sei, die entsprechende Entschädigungen zahlen müsse, dann frage ich: Warum fühlt sich denn der Minister berufen, seinerseits tätig zu werden, um von Landesseite Entschädigungen für die Pendlerinnen und Pendler auf den Weg zu bringen? Sie suggerieren gerade, dass das in keiner Weise sinnvoll wäre, und zwar exakt das, was wir auch fordern, nur mit einer höheren Summe, als Sie diese im Augenblick auf den Weg gebracht haben.

- Nein, da muss ich Sie leider korrigieren. Das ist nicht exakt das, was Sie fordern. Wenn Sie Ihren Antrag einmal richtig lesen, dann sehen Sie, dass Sie fordern, dass das Land sich verpflichtet, diese Entschädigungen zu zahlen. Das ist zurzeit aber mitnichten der Fall. Zurzeit ist es so, dass eine freiwillige Zahlung ohne Verpflichtung geleistet wird, und das ist deshalb ein ganz großer Unterschied, weil dies die Drucksituation in der Verhandlung verändert. Aber ich komme noch einmal darauf zurück und erkläre das.

(Zuruf Kai Vogel [SPD])

- Ja, das ist natürlich schwierig, wenn man das nicht versteht.

Also, wie ich eben gesagt habe, Ihr Vorschlag nähme den Druck von der Bahn und verschlechterte unsere Position.

In einem zweiten Punkt wollen Sie, dass die Landesregierung den Kunden des Regionalverkehrs die zusatzkostenfreie und uneingeschränkte Nutzung der Fernverkehrszüge ermöglicht. Wie soll die Landesregierung das denn machen? Noch einmal: Vertragspartner der Zugkunden ist die DB und nicht das Land. Die Aufhebung der Zugbindung kann also nur zwischen der DB und ihren Kunden vereinbart werden. Würden wir Ihrem Vorschlag folgen, dann würden wir doch nur zeigen, dass wir selbst

diese einfachsten rechtlichen Zusammenhänge nicht verstehen, und auch das würde unsere Position schwächen und die Situation für die Leute um keinen Deut verbessern.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihren letzten Punkt finde ich ehrlicherweise etwas kryptisch. Dem ersten Halbsatz kann ich ja noch zustimmen: Die Zumutungen für Tourismus und Handel - und ich möchte hinzufügen, auch für die Anwohnerinnen und Anwohner und Pendler - sind wirklich massiv. Aber dann: Die Landesregierung soll eine Erhöhung gesetzlicher Entschädigungsleistungen mit der DB vereinbaren?

Insgesamt hilft uns Schleswig-Holsteinern Ihr Antrag nicht. Er schwächt im Gegenteil unsere Position. Was mich als FDP-Mann aber darüber hinaus noch stört: Ihr Antrag besteht eigentlich nur aus Jammern und Klagen, er enthält keine Lösungsansätze.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei wollten Sie doch ausdrücklich mehr als warme Worte für die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner. Da lobe ich mir, wie der Verkehrsminister die Probleme dynamisch und lösungsorientiert anpackt. Die andauernde Schlechtleistung der DB sanktioniert der Minister mit einem angemessenen Sondermalus. Monatlich wurden erst 350.000 €, jetzt 500.000 € der Vertragssumme einbehalten. Das ist angemessen, und das beweist Rückgrat. Vor Bernd Buchholz hat sich noch keiner getraut, sich so für die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner einzusetzen. Schade eigentlich, andernfalls könnten wir schon viel weiter sein.

(Beifall FDP - Zuruf FDP: Genau! - Wider- spruch SPD)

Die Pendlerinnen und Pendler erhalten aus den einbehaltenen Geldern eine Zahlung; Kollege Vogel, freiwillig, und nur so kann es laufen, wenn man den Verhandlungsdruck gegenüber der Bahn aufrechterhalten will. Reparaturen werden jetzt zügig erledigt. Natürlich ist das schwer, wenn man es mit einer jahrzehntelang vernachlässigten Trasse zu tun hat. Aber nun wird plötzlich auch nachts und am Wochenende gearbeitet, und die Weiche in Klanxbüll ist seit heute Morgen wieder intakt. Das sind Erfolgsmeldungen, auf die wir lange warten mussten, aber so muss das laufen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

(Kay Richert)

Schließlich setzen wir uns massiv für die notwendigen Ausbauten an der Strecke ein; vor Ort und natürlich auch bei den Verantwortlichen, beim Bund und bei der Bahn. Für die Zweigleisigkeit zwischen Niebüll und Klanxbüll hat Minister Buchholz schon zugesagt, mit den Planungskosten in Vorleistung zu gehen. Ja, Kollege Vogel, das dauert. Umso bedauerlicher ist es, dass erst jetzt ein Minister das Rückgrat hat, die Sache so anzupacken. Sie haben im Rahmen des Koalitionsvertrags der Großen Koalition ja die Möglichkeit, sich dort einzusetzen. Da gibt es fünf Projekte für ein beschleunigtes Planungsverfahren. Sorgen Sie doch dafür, dass dies eines davon wird.

Sehr geehrter Herr Minister Buchholz, wir danken Ihnen für Ihren Einsatz in der Sache, für den es immer viel Schelte und wenig Applaus gibt. Das wird wahrscheinlich auch so bleiben. Sie packen die Probleme an. Genau das möchte ich sehen, das möchten wir alle sehen. Machen Sie weiter so! - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Die Probleme auf der Marschbahnstrecke verfolgen uns seit Monaten, und eine Lösung zeichnet sich nicht ab. Wir haben es gehört; ich muss es nicht noch einmal aufzählen.

Im vergangenen Mai hatten wir eine Pünktlichkeitsquote von nur 63,9 %. Im Vergleich zu den Vormonaten war das ein neuer Tiefpunkt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. 6,5 % der Züge fielen sogar aus. Vor wenigen Tagen wurde der Abschluss von Reparaturarbeiten an Gleisanlagen in Dithmarschen gemeldet. Ob dadurch aber die Züge wieder pünktlicher werden, bezweifelt offenbar sogar die Unternehmensleitung der Bahn.

Wegen dieser eklatanten Schlechtleistung hat die Landesregierung für Februar bis April Strafzahlungen von 350.000 € monatlich gegenüber DB Regio verhängt. Für Mai erfolgte erstmals eine erhöhte Festsetzung, auf 500.000 €. Das Chaos auf der Strecke nach Sylt hat die Deutsche Bahn damit bereits 1,5 Millionen € zusätzlich gekostet, und das zu Recht.

Sehr geehrter Herr Kollege Vogel, die Bestandsaufnahme, die Sie in Ihrer Antragsbegründung vornehmen, ist korrekt. Die seit vielen Monaten andauernde Ausfallsituation auf der Marschbahn strapaziert nicht nur die Nerven der Berufspendler und der Touristen, sondern schädigt auch die Insel Sylt insgesamt. Viele Feriengäste werden in Zukunft möglicherweise ein anderes Reiseziel auswählen, um stundenlangen Verzögerungen auf der Fahrt zur Insel zu entgehen. Wer wird sich in Zukunft noch dazu entschließen, als Pendler auf Sylt zu arbeiten, wenn sich die tägliche An- und Abreise zu einem Dauerärgernis entwickelt?

Was aber ist - um auf Ihren Antrag zurückzukommen - eine „angemessene Entschädigung“? Ab wann ist eine Entschädigung angemessen? Sollen Entschädigungen pauschal oder prozentual erfolgen? Können immaterielle Beeinträchtigungen Zeitverlust, beruflicher und privater Ärger - überhaupt angemessen entschädigt werden? Bei Entschädigungen geht es um den Ausgleich erlittener Nachteile. Gerade im vorliegenden Fall hat ein solcher Ausgleich in erster Linie symbolische Funktion. Regelmäßiges, stundenlanges Warten über Wochen und Monate, die verlorene Zeit, der persönliche Ärger, nicht pünktlich zur Arbeit kommen - das kann nicht direkt finanziell bewertet, schon gar nicht ausgeglichen werden.

Wir sollten deshalb hier und heute nicht um die Höhe von Entschädigungszahlungen wetteifern; das ist nicht der Punkt. Allein die schrittweise Behebung der derzeit eklatant vorhandenen Mängel auf der Marschbahnstrecke wird die Bahnkunden auf Dauer wieder zufriedenstellen. Finanzielle Entschädigungen sind lediglich eine begleitende Maßnahme auf dem Weg dorthin.

Gleichwohl reicht es in Anbetracht der Problemlage nicht aus, wenn sich die Jamaika-Koalition in ihrem Alternativantrag darauf beschränkt, das aktuelle Engagement der Landesregierung zu begrüßen und um weiteren Einsatz für die Problemlösung zu bitten. Deutlicher und eindringlicher, als der Wirtschafts- und Verkehrsminister die Vertreter der Deutschen Bahn „gebeten“ hat, ist es für mich kaum noch vorstellbar. Da ist keine Luft mehr nach oben.

Auch die Ausschüttung der um 150.000 € monatlich erhöhten Strafzahlung an die Fahrgäste hat Minister Dr. Buchholz bereits angekündigt. Insofern: Alles gut! Ungefähr 2.600 Berufspendler haben inzwischen die monatliche Entschädigung beantragt. Natürlich haben die Bahnkunden Anspruch

(Kay Richert)

darauf, unmittelbar von den erhöhten Strafzahlungen zu profitieren. Das sollte aber nicht genug sein.

Die Vorschläge, die Herr Vogel in seinem Antrag macht, halten wir für richtig. Sie stellen nicht nur ein Trostpflaster dar, das den vergangenen Verdruss ohnehin nicht heilen kann, sondern sie zeigen auch in die Zukunft. Die Nutzung aller Züge des Fernverkehrs sollte ohne zusätzliche Kosten erfolgen dürfen. Wir haben zu der rechtlichen Problematik von Ihnen einiges gehört, Herr Richert; das ist richtig. Aber über den Antrag soll ja diskutiert werden. Selbstverständlich sollen die Fahrgäste alle Züge des Fernverkehrs nutzen dürfen, wenn die Bahn einmal mehr auf den Regionalstrecken versagt. Daher stimmen wir ausnahmsweise einem Antrag der SPD-Fraktion zu. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Dr. Frank Brodehl [AfD]: Es ist keine Freude bei der SPD zu sehen!)

Für die Abgeordneten des SSW hat Herr Abgeordneter Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Über die unzumutbare Situation auf der Marschbahn wurde in den letzten Monaten bereits häufig im Landtag diskutiert. Wir waren uns fraktionsübergreifend einig: Das, was den Pendlern und den anderen Bahnkunden auf dieser Strecke zugemutet wird, geht auf keine Kuhhaut mehr.

(Beifall SSW, Kai Vogel [SPD] und Dennys Bornhöft [FDP])

Zugegeben - das, was wir dort in den letzten Monaten erlebt haben, ist mehr als eine Verkettung unglücklicher Umstände. Defekte Kupplungen und Triebwagen, eine schadhafte Infrastruktur, Sturmschäden, eine Entgleisung auf der Strecke - mehr geht kaum noch. Leidtragende sind die Bahnkunden. Nach dem, was ihnen dort immer wieder abverlangt wurde, ist es ihnen zu Recht egal, warum die Züge nur unregelmäßig, verspätet oder gar nicht fahren. Sie sind betroffen und haben ein Recht auf Entschädigung.