Protocol of the Session on June 15, 2018

Mit einer Deklaration von vier Kategorien, beispielsweise ökologischer Erzeugung, Freilandhaltung, deutlich mehr Auslauf und Platzangebot sowie Tierhaltung nach gesetzlichem Mindeststandard, hätte der Verbraucher eine bessere Entscheidungsgrundlage. Wir sind der Auffassung, dass eine solche Kennzeichnungsform dazu beiträgt, das Bewusstsein für eine artgerechte Tierhaltung und das Tierwohl weiter zu stärken.

Ferner stärken wir die Verbraucherrechte mit einer solchen Haltungskennzeichnung. Der SSW hat sich immer dafür ausgesprochen, einfache Deklarationen zu verwenden, die dem Verbraucher deutlich machen, wo das Produkt herkommt, wie es produziert wurde und was beispielsweise im Produkt enthalten ist. Nur wenn das vorhanden ist, kann sich der Verbraucher bewusst für oder gegen bestimmte Haltungsformen entscheiden. Wenn wir heute wissen, dass Verbraucher etwas über die Haltungsform erfahren wollen, dann sollten wir ihm diese Informationen auch geben. Wir wollen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzt werden, ihre Entscheidung verantwortlich treffen zu können. Dafür brauchen wir solche Herkunftskennzeichnungen.

Dass solche Herkunftskennzeichnungen kein Hexenwerk sind, sehen wir am Beispiel der Eier, die im Übrigen dafür im Antrag beispielhaft erwähnt werden. Die Deklaration auf den Eiern gibt Auskunft über die Haltungsform, das Land, aus dem das Ei stammt, und die Identifizierung des Betriebs, wobei die Haltungsform in vier Kategorien unterteilt ist. Eine solche Einteilung sollte nach Auffassung des SSW künftig auch für Fleisch- und Milchprodukte gelten, denn wir sehen hierin die Möglichkeit, den heimischen Markt zu stärken. Der Verbraucher kann sich dann bewusst dafür entscheiden, ein Produkt aus dem eigenen Land oder der eigenen Region zu kaufen. Daher sehen wir darin eine Chance, die heimische Wirtschaft zu stärken. Gleichwohl sehen wir dies nur als positiven Nebeneffekt.

Die Umsetzung einer solchen Haltungskennzeichnung ist, wie wir wissen, nicht so einfach. Dafür muss sich Schleswig-Holstein auf Bundesebene starkmachen und den Kollegen der anderen Bun

desländern klarmachen, dass Verbraucherwünsche nicht nur in Schleswig-Holstein existieren. Das ist der eine Punkt. Das wird schon schwer genug. Was die EU-Ebene angeht, wissen wir, dass es ein aufwendiger Prozess wird, eine solche EU-Kennzeichnungspflicht einzuführen. Daher sollten wir nicht den Fehler begehen und die Einführung einer Haltungskennzeichnung einzig und allein von einer EU-Entscheidung abhängig machen. - Jo tak.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Dr. Robert Habeck, das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Ähnlich wie in der vorherigen Debatte bedanke ich mich für diese Debatte. Ähnlich wie bei der vorherigen Debatte begrüße ich die große Einigkeit hier im Haus, die nicht selbstverständlich ist, weil die bundespolitische Debatte - ähnlich wie bei der Debatte zuvor eine viel konfusere ist. Über den Nutzen für die Verbraucher brauchen wir nicht lange zu reden. Es ist auf die Umfragen hingewiesen worden. 85 % der Verbraucher erklären, sie wollen eine klare Haltungskennzeichnung. Wir alle kennen von unserem Nutzungsverhalten im Supermarkt: Man hat gute Vorsätze, man steht ratlos - wie Heiner Rickers gesagt hat - vor den Regalen; nach drei, vier, fünf Sekunden wird man weggeschoben, und der nächste will Butter, Milch, Hack nehmen, und man nimmt irgendetwas im Vertrauen darauf, dass die bunten Bilder, die Fachwerkhäuser, die Apfelbäume schon dafür sorgen, dass die Schweine in Fachwerkhäusern gehalten worden sind, was klarerweise nicht der Fall ist.

Weiter gibt es einen Nutzen hinsichtlich der Bezahlung der Landwirte. Das ist das Neue in dieser Debatte. Deshalb glaube ich, dass die Haltungskennzeichnungen exakt in die Lücke hineingehen, die wir in so vielen agrarpolitischen Debatten hier in diesem Landtag miteinander gefochten und diskutiert haben. Dies ist ein Mittel, andere Standards, bessere Tierhaltung für die Landwirte bezahlbar zu machen. Deswegen hat sich die Diskussion gedreht. Es sind jetzt häufig die Bauernverbände, die weiter sind als ihre Landesregierungen oder die Bundesregierung. Sie sagen: Wir brauchen eine klare, ver

(Flemming Meyer)

bindliche, obligatorische Haltungskennzeichnung. Selbst der Deutsche Bauernverband fordert das inzwischen.

Die Bundesregierung aber redet von einem freiwilligen Label. Insofern hat dieser Antrag durchaus eine politische Komponente. Ein freiwilliges Label nützt gar nichts. Es wäre nur ein weiteres Label im Markt der Label, das übergangen oder nicht übergangen wird. Was wir brauchen, ist Planbarkeit und Sicherheit für die Landwirte, denn die Investitionen in die Ställe und die Tierhaltung haben lange Amortisationszeiten. Trifft man jetzt die falsche Entscheidung, ist man auf 20, 30 Jahre an diese falsche Entscheidung gebunden. Die Landwirte müssen wissen, wohin die Reise geht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir brauchen - ich glaube, das können wir auch mit der Haltungskennzeichnung erreichen - eine Auflösung des gesellschaftlichen Konflikts, Transparenz über die Art der Tierhaltung und ein Anheben der Standards für die Bezahlung der Landwirte. Eben dies wird mit dieser Haltungskennzeichnung erreicht.

Ist das Voodoo? - Nein, das ist es nicht. Sie wissen vielleicht, dass ein großer deutscher Discounter - er fängt mit „L“ an - seit einigen Monaten den sogenannten Haltungskompass herausgegeben hat. Auf allen Fleischprodukten steht jetzt eine vierstufige Labelung. In der Regel kann man nur Produkte der Stufe 1 bekommen. Dieser Discounter sagt klar, dass es nur sehr wenige andere Produkte am Markt gibt. Die Nachfrage im Supermarkt aber ist: Warum erhalte ich nur Produkte der Stufe 1 und nicht der Stufe 2, 3 oder 4?

Die Stufen sind die, die Bernd Voß genannt hat. Stufe 4 ist Ökolandbau, 3 sind Außenställe, 2 ist erweiterte Stallhaltung mit Beschäftigungsmaterialien für die Schweine, und 1 ist die konventionelle Stallhaltung, die wir kennen.

Ist das Voodoo? - Nein. Die Discounter machen es - mit dem negativen Effekt, dass jetzt die Discounter Label vorgeben und die Landwirte, wenn sie für diese Discounter produzieren, in die Abhängigkeit der Discounter geraten, wie Frau Eickhoff-Weber das gesagt hat. Man nennt das vertikale Integration. Es gibt also keinen horizontalen Markt, sondern eine Abhängigkeit von den großen Discountern über die großen Schlachthöfe direkt auf die Betriebe, die mit Markt und Einfluss den Landwirten vorschreiben, wie in dieser Säule jeweils zu produzieren ist. Die Freiheit der Landwirte, sich anders zu entschei

den, möglicherweise in der Preisgestaltung in einer starken Position zu sein, wird dadurch völlig weggenommen.

Jetzt ist die große Frage: Will sich die Bundesregierung von dem großen Discounter zeigen lassen, wie es geht? Will sie die Landwirte in die Abhängigkeit der wirtschaftlichen Migration treiben? Die Antwort darauf kann doch nur Nein sein. Ich wäre jeden Morgen schweißgebadet, wenn ich aufwachen und sagen würde: Oh je, die Discounter machen mir vor, wie es geht.

Machen wir also der politischen Diskussion Beine, verabschieden diesen Antrag und sorgen für eine bessere Tierhaltung in Deutschland und eine bessere Bezahlbarkeit der Landwirte. - Danke schön.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und vereinzelt AfD)

Die vereinbarte Redezeit wurde mehr als eingehalten.

(Heiterkeit)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/676 in den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Damit ist die beantragte Überweisung mit den Stimmen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SPD, SSW und AfD abgelehnt.

Es ist beantragt, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen will, bitte ich das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag Drucksache 19/676 mit den Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP, CDU und AfD bei Enthaltung der Abgeordneten der SPD angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 31 auf:

Bahnkunden auf der Marschbahn endlich angemessen entschädigen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/762

(Minister Dr. Robert Habeck)

Fortführung des Engagements der Landesregierung zur Verbesserung der Marschbahn-Situation

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/799

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne somit die Aussprache. Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Kai Vogel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe verbliebene Gäste! Wer sich die Entwicklung auf der Strecke der Marschbahn anschaut, kann nur verzweifeln. Ich kenne keine Strecke in Deutschland, die ihren Fahrgästen mittlerweile eine so absolut schlechte Leistung zumutet: defekte Kupplungen, Flachstellen an den Rädern, Probleme mit den Motoren der Betriebsfahrzeuge, schadhafte Schienen, blockierte Weichen und so weiter - und das seit vielen, vielen Wochen. Würde jemand ein Auto mit einer solchen Pannenserie produzieren, wäre ein solcher Autobauer vom Kunden schon längst in die Wüste geschickt worden.

Anders bei der Bahn: Ankündigungen von besseren Leistungen und einen bei uns in Kiel großartig angekündigten Sieben-Punkte-Plan. Immer nur heiße Luft und fast nie kluge Taten, die den Bahnkunden irgendwie helfen könnten. Der Minister sagt sogar öffentlich, dass sich seit seinem Amtsantritt die Lage im Schienenverkehr verschlechtert habe. Daher verlangen wir, dass den Bahnkunden mehr als immer nur warme Worte geboten werden.

(Beifall SPD)

Die Aufgabe von Politik ist es, das Leben der Menschen besser zu machen. Daher haben wir diesen Antrag gestellt. Entschädigungen helfen natürlich nicht akut für die Probleme, wenn sich die Bahnkunden in übervolle Züge quetschen oder die Züge wieder einmal nicht fahren. Doch Geld heilt zumindest den Frust ein bisschen.

Deutlich erhöhte Regionalisierungsmittel in Millionenhöhe hat unser ehemaliger Verkehrsminister Reinhard Meyer für das Land Schleswig-Holstein ausgehandelt. Hier liegen aktuell viele Millionen bereit, die der NAH.SH zur Verfügung stehen und zurzeit überhaupt nicht angetastet werden. Mir ist

es peinlich, wenn eine Landesregierung Millionen für die Fahrleistungen im Nahverkehr zwischenparkt und den Bahnkunden dieses Desaster auf der Marschbahn zumutet.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Viele Bahnkunden haben uns nach der Veröffentlichung des Antrags angeschrieben und ihre Hoffnungen ausgedrückt. Viele Bahnkunden haben uns ihre täglichen Erfahrungen von anderen Streckenabschnitten mitgeteilt, sodass wir in der kommenden Ausschusssitzung die Zugverbindungen Richtung Flensburg aufrufen werden.

Mir ist auch schon klar, wie sich der Minister hier gleich wieder darstellen wird. Er wird sagen: „Ach, Herr Vogel, die Probleme sind bekannt. Ich habe mit den Pendlern gesprochen, ich habe mich aufgemacht und habe in Berlin mit der Bahnzentrale gesprochen. Und wir haben vereinbart, alles daranzusetzen, dass sich schnell - endlich, endlich, endlich - etwas ändert.“ Ankündigungen, Ankündigungen, Ankündigungen! Das können Sie wirklich gut.

(Beifall SPD - Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Aber so falsch können wir mit unseren Forderungen ja nicht gelegen haben; denn zwei Tage nachdem wir unseren Antrag öffentlich gemacht haben, begibt sich der Minister ebenfalls in die Presse und kündigt höhere Entschädigungen an. Unser Druck scheint zu wirken.

(Beifall SPD - Lachen CDU, FDP und SSW)

Seit Februar hat es bei den Zahlungen an die Bahn einen Malus gegeben, und nur dieser einen geringeren Zahlung im Februar wurde vonseiten der Bahn zugestimmt.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja!)

Herr Buchholz verkündet aber treu jeden Monat wieder über die Zeitungen, dass es einen neuen Malus an die Bahn geben wird. Und die Bahn verkündet jedes Mal wieder, dass dieser abgelehnt wird. Der Minister hat selbst in der letzten Ausschusssitzung zugegeben, dass das im Augenblick nicht mehr als heiße Luft ist, bedingt dadurch, dass er nur ankündigen kann und die Bahn keinen einzigen dieser Malusse akzeptiert hat.

Der Alternativantrag - das muss ich ganz ehrlich sagen - ist erstaunlich inhaltsleer. Wer nur noch einen Minister verbal unterstützt und gar keine eigenen Forderungen mehr erhebt, der steckt wahrscheinlich selbst in einer absoluten Ideenlosigkeit. Ihr Antrag das gebe ich zu - tut wirklich keinem weh, nutzen

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

tut er den Pendlerinnen und Pendlern aber überhaupt nicht.