Protocol of the Session on April 27, 2018

(Beifall SSW, FDP, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Tobias Loose das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, dass wir während dieses Plenums sehr intensiv bildungspolitische Themen in ganz vielen verschiedenen Facetten diskutieren. Das ist arbeitsintensiv, aber ich habe viel Freude daran, da man auch sieht, wie bedeutsam Bildungsund Schulpolitik für unser Land ist.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ja, das kann man auch einmal unterstreichen. Danke, Frau von Kalben. - Jetzt geht es um die Ferienbetreuung in schleswig-holsteinischen Schulen. Der SSW schlägt vor, schrittweise ein für ganz Schleswig-Holstein geltendes Ferienbetreuungskonzept einzuführen. Wir sind auch dafür, dass Schulen, die bereits über ein Ganztagsangebot ver

fügen, dieses auf die Ferienzeiten ausweiten. Eltern brauchen auch in Ferienzeiten eine Betreuung ihrer Kinder. Aktuell ist das so geregelt, dass sowohl die Organisation als auch die Finanzierung von Ferienbetreuung durch die jeweiligen Kommunen erfolgt. Diese Angebote unterliegen der organisatorischen und pädagogischen Verantwortung von Kommunen oder auch Schulträgern. Ich will hier aber sagen: Ein landesweiter - nennen wir es mal - Einheitsplan macht aus unserer Sicht wenig Sinn. Wir sollten genau abwägen, wo wir an diesen Stellen Veränderungen anstreben.

Wir haben bereits jetzt gute Ferienprogramme an Ganztagsschulen, die in Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Trägern funktionieren. Die Finanzierung wird heute in erster Linie durch Eltern, aber auch die Kommunen selbst gesichert. Wir kennen die Herausforderung aus der Einführung von Ganztagsangeboten und wissen, dass es oft eine Konkurrenzsituation aus schulischen und nicht schulischen Angeboten gibt. Man muss da sehr behutsam vorgehen, damit man etablierte Strukturen nicht zerstört. Ich glaube, den allermeisten sind die Ferienpassprogramme bekannt, die sehr erfolgreich sind. Da ist schon die Frage, wie sich das verändert, wenn ich das schulisch organisiere.

Ganztagsschulen verzeichnen einen steigenden Bedarf. Deshalb haben wir uns als Koalition im Koalitionsvertrag für das wichtige Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausgesprochen. Bis 2022 sollen auch die letzten 33 Grundschulen in Schleswig-Holstein, die noch kein Ganztagsangebot anbieten, entsprechend ausgebaut werden. Dies muss unser erstes Ziel sein. Denn bereits diese Schritte das ist wichtig - sind große finanzielle Brocken, bei denen wir auch die Unterstützung des Bundes brauchen. Zusätzlich haben wir ja durch die Große Koalition in Berlin die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsangebote an der Grundschule vor der Brust. Das ist eine neue Aufgabe in diesem Bereich, bei der wir wahrscheinlich an den entsprechenden Stellen auch über Finanzierung sprechen müssen.

Im Schuljahr 2017/18 sind elf weitere öffentliche Grundschulen zur offenen Ganztagsschule geworden. In Schleswig-Holstein gibt es damit aktuell 363 Grundschulen mit einem Ganztags- und Betreuungsangebot. Insgesamt gibt es in SchleswigHolstein ab diesem Schuljahr 517 offene Ganztagsschulen. Ich will mit diesen Zahlen deutlich machen, dass das Bildungsministerium - wir als Koalition unterstützen das - gerade für das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ sehr viel tut.

(Jette Waldinger-Thiering)

Ich nenne die Zahlen auch, damit klar ist, wie groß die Herausforderung ist, wenn wir über Ferienangebote sprechen. Angenommen, wir würden als Land, ähnlich wie wir das im Ganztagsbereich machen, Ferienangebote unterstützen, entstünde da ein Kostenblock von ungefähr 3 Millionen €, die wir aufbringen müssten. Ich warne davor, dass wir uns verzetteln. Deswegen sollten wir bestimmte Schwerpunkte festlegen und uns erst einmal auf die Einrichtung von weiteren Ganztagsschulen konzentrieren, so dringend der Bedarf an dieser Stelle auch ist.

Trotzdem - ich freue mich, dass wir jetzt einen gemeinsamen Antrag mit dem SSW auf den Weg bringen - wollen wir nicht untätig sein. Wir wünschen uns, dass die Landesregierung bei der Entwicklung eines Konzeptes für Ganztagsbetreuung das Thema Ferienbetreuung explizit aufnimmt und dies mit den Kommunen, aber auch mit möglichen Leistungsträgern bespricht. Da Finanzen immer eine Rolle spielen, finde ich es auch sehr richtig, dass wir, wenn es zu Gesprächen darüber kommt, wie wir die Bundesmittel für den Rechtsanspruch auf Ganztagseinrichtungen einsetzen, Ferienangebote einschließen. Das wäre ein möglicher Weg, wie man das Problem der Finanzierbarkeit angehen kann. Ich habe es gerade eben dargestellt.

Wir unterstreichen mit dem Antrag, den wir jetzt gemeinsam beschließen, dass wir uns darum kümmern wollen und sinnvolle Maßnahmen auf dem Gebiet der Ferienbetreuung auf den Weg bringen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat nun für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Kai Vogel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Lieber Herr Loose, ich vermute, in dem Moment, in dem Sie vielleicht auch einmal Kinder haben, werden Sie Dinge, was die Ferienbetreuung angeht, deutlich anders beurteilen, als Sie es in Ihrer jetzigen Situation tun, einer Situation, in der ich es seinerzeit auch noch anders gesehen habe.

Eigentlich sollte die Ferienzeit eine Zeit sein, auf die sich alle freuen. Leider ist dem in vielen Familien nicht so; denn viele Eltern wissen definitiv nicht,

wie sie in den Schulferien die Betreuung der eigenen Kinder gewährleisten sollen. Mit durchschnittlich 27 Urlaubstagen sind viele Eltern definitiv überfordert, an den 65 Ferientagen ihrer Kinder eine Betreuung zu gewährleisten. Zwingend erforderlich dafür wäre ohnehin, dass den Eltern überhaupt Urlaub in den Ferienzeiten der Kinder ermöglicht wird. Auch das ist für viele Eltern leider nicht so. Wenn keine Verwandten oder Freunde aushelfen können, müssen viele Kinder die Zeit in den Ferien ohne Betreuung verbringen, was gerade bei jüngeren Kindern eine unbefriedigende Lösung ist.

Wenn das Kind nur bei einem Elternteil lebt, arten große Teile der eigentlich schönen Ferienzeit in absoluten Betreuungsstress aus. Ein noch höherer Betreuungsaufwand kommt auf Eltern der Schülerinnen und Schüler von Förderzentren zu. Insofern begrüßen wir, dass der SSW diese immer wiederkehrende Bredouille vieler Schülerinnen und Schüler sowie Eltern hier im Landtag thematisiert.

In diesem Zusammenhang ist es gut, dass auf Bundesebene mit dem Koalitionsvertrag die Diskussion über die Ganztagsschulen und den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung losgetreten wurde. Die Ganztagsbetreuung löst natürlich nicht das Problem der Ferienbetreuung, doch der Zusammenhang ist schnell erläutert. An den Schulstandorten, die ein funktionierendes Ganztagsangebot haben, gibt es auch eine Ferienbetreuung. In den Grundschulen sind neben den offenen Ganztagsangeboten zusätzliche Betreuungsangebote in den Ferien Bestandteil der Schulkindbetreuung, die nach dem Unterrichtsende vorgehalten werden.

Der Nachteil an fast allen Schulen in SchleswigHolstein ist, dass diese Angebote immer Geld kosten. Bei den Schritten, die Schleswig-Holstein in den letzten Jahren hin zur Ganztagsschule gemacht hat, ist das Problem der Ferienbetreuung nicht ausgeblendet worden. Der Erlass über die Kindertagesbetreuung vom Februar 2017 benennt unter den Bedingungen, die für die Bezuschussung von Betreuungsangeboten genannt werden, ausdrücklich die Bereitstellung einer Ferienbetreuung mit maximalen Schließzeiten von vier Wochen pro Jahr.

Ein Blick ins Internet zeigt, dass viele Schulen, besonders Grundschulen, in unserem Land ein Betreuungsangebot in den Ferien als wesentliches Merkmal ihrer Attraktivität anführen. Das muss nicht immer so organisiert werden, dass die Schule die alleinige Verantwortung übernimmt. Es gibt unterschiedlichste Formen. So können benachbarte Schulen die Ferienbetreuung an einem Standort bündeln. Noch wichtiger ist die Zusammenarbeit

(Tobias Loose)

mit den Wohlfahrtsverbänden. Der Flickenteppich der Modelle vor Ort ist kaum überschaubar. Es ist deshalb auf jeden Fall wünschenswert, einen verbindlichen rechtlichen Rahmen zu finden, der landesweit vergleichbare Modalitäten und Standards setzt und damit den Eltern mehr Sicherheit gibt.

Wir sind nicht der Auffassung, dass hier das Land vorrangig gefragt ist, die finanziellen Belastungen einer erweiterten Ferienbetreuung selbst zu übernehmen. Das muss, so wie der SSW es fordert, im Zusammenwirken zwischen dem Land, den kommunalen Schulträgern und den Trägern der Jugendhilfe und sonstigen Verbänden geschehen.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wichtig ist aus unserer Sicht, dass die Betreuungsangebote im Idealfall kostenfrei zur Verfügung stehen. Falls Gebühren erhoben werden müssen, müssen diese hinsichtlich ihrer Höhe und der Ausnahmetatbestände so gestaltet sein, dass kein Kind von einem solchen Betreuungsangebot ausgeschlossen wird, nur weil sich die Eltern die Gebühren nicht leisten können.

(Beifall SPD, Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Dr. Frank Brodehl [AfD] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Der Bildungsausschuss ist in der vergangenen Woche in Hamburg gewesen und hat dort gezeigt bekommen, wie kostenfreie Ganztagsbetreuung ein guter Weg für Integration, ein guter Weg für Unterstützung aller Schülerinnen und Schülerinnen in Bezug auf den Lernerfolg sein kann. Aus diesem Grund unterstützen wir den Antrag des SSW.

Der Alternativantrag der Koalition und des SSW geht in eine fast identische Richtung. Erstaunlich finde ich allerdings, dass uns am Mittwoch bei der Debatte um das WLAN an Schulen vom Kollegen Holowaty vorgehalten wurde, in unserem Antrag nur ein Konzept zu fordern, ohne für dieses exakte weitere Unterpunkte zu benennen - dies ist heftig von Ihnen beklatscht worden -, und zwei Tage später fordern Sie ebenfalls nur ein Konzept. Hier ist Ihre eigene Argumentation mit Ihrem Antrag nicht konsistent. Beide Anträge fordern aber etwas Richtiges, und somit stimmen wir beiden Anträgen zu. Vielen Dank.

(Beifall SPD, vereinzelt AfD, Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Vielen Dank. - Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Ines Strehlau.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über die Einigkeit bei diesem Punkt. Das zeigt, dass wir im Bildungsbereich doch nicht immer weit auseinander sind. Vielleicht kriegen wir es denn hin, wenn wir weiterhin viele Gespräche miteinander führen, was wir hier im Landtag ja tun, dass wir das, was wir beim Besuch des Schulausschusses in Hamburg gesehen haben, erreichen, dass wir nämlich doch zu einem Schulstrukturfrieden kommen, wie Jette Waldinger-Thiering es gesagt hat, damit wir uns dann wirklich auf die Inhalte konzentrieren können.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Jette Waldinger-Thier- ing [SSW])

Ganztagsschulen haben sich in unserem Schulsystem fest etabliert. Wir wären nicht so weit, wenn es nicht das 4-Milliarden-€-Investitionsprogramm des Bundes, das damals „Zukunft Bildung und Betreuung“ hieß, gegeben hätte, aus dem Schleswig-Holstein in den Jahren 2003 bis 2007 insgesamt 135 Millionen € bekam. Mit dem Geld für Investitionen in Ganztagsschulen wurden Bau- und Ausstattungsinvestitionen an vielen Schulen SchleswigHolsteins gefördert. Der Eigenanteil der Kommunen betrug nur 10 %. Dieses Programm, das nach dem PISA-Schock aufgelegt wurde, hat den Ganztagsschulen enormen Schub gegeben. 10 % Kofinanzierung konnten sich sehr viele Kommunen leisten. Es wurden Mensen, Sporthallen und Ganztagsräume gebaut. Das Konzept, dass Kinder und Jugendliche auch am Nachmittag in der Schule sind, wurde salonfähig.

Dass Ganztagsschulen inzwischen fester Bestandteil unseres Bildungssystems sind, zeigt sich auch an der wachsenden Zahl der Schulen Ganztagsschulen.

„Im Jahr 2002 gab es in Schleswig-Holstein lediglich 24 (überwiegend teilweise) gebundene Ganztagsschulen, und zwar vorrangig an Gesamtschulen. Im Schuljahr 2017/18 bestehen insgesamt 517 Offene Ganztagsschulen und 30 gebundene Ganztagsschulen. So haben mehr als zwei Drittel aller Schulen, den Unterricht ergänzende Bildungs-, Be

(Kai Vogel)

treuungs- und Förderangebote. Neben den Ganztagsschulen werden an 173 Schulen mit Primarstufe Betreuungsangebote vorgehalten.“

So steht es auf der Seite des Bildungsministeriums. - So weit, so gut.

In den vergangenen Jahren ist der Bedarf an Ganztagsbetreuung stetig gestiegen. Das sehen wir an den Zahlen von Ganztagsplätzen im Kita-Bereich, aber auch an den Schulen, vor allem an den Grundschulen.

Es ist wichtig, dass Eltern auch mit Beginn der Schulzeit verlässliche Betreuungsstrukturen vorfinden, um Familie und Beruf unter einen Hut bringen zu können. Auch Nachmittagsbetreuung an den Förderzentren ist ein wichtiger Teil. Dazu gehören natürlich auch die Ferien. Viele Kommunen bieten auch Betreuung in den Ferien an. Die Eltern fordern es ein, und die Kommunalpolitik reagiert. So soll es sein.

Der Bedarf ist auch an den weiterführenden Schulen vor allem in Klasse 5 und 6 vorhanden, weil die Schülerinnen und Schüler auch in diesem Alter noch nicht mehrere Stunden allein auf sich gestellt sein sollen. Deshalb gibt es offene Ganztagsschul- und Betreuungsangebote oder Horte auch an weiterführenden Schulen. Das finden wir gut und richtig.

Gleichzeitig werden aber an einem Drittel der Schulen weder ein Ganztags- noch ein Ferienangebot vorgehalten. Das ist vor allem für berufstätige Familien schlecht. Auch gibt es Diskussionen über die Höhe der Elternbeiträge. Eine Teilnahme an einem Ganztagsprogramm darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir halten es für schwierig, die Landesregierung aufzufordern, so, wie es mit dem ursprünglichen SSW-Antrag der Fall war, ein Konzept zur Ferienbetreuung für Grundschulen und Förderzentren zu erstellen und die Ganztagsschulangebote Schritt für Schritt auf die Ferien auszuweiten. Betreuungsangebote und Ganztagsangebote sind Sache der Schulträger. Wenn das Land ein Konzept erarbeitet und die Kommunen zur Umsetzung verpflichtet, dann greift Konnexität, das heißt, das Land muss auch zahlen.

Wir als Koalitionsfraktionen sehen gemeinsam mit dem SSW und auch mit der SPD den Ganztag als wichtig an. Deshalb hat die Jamaika-Koalition die

Ausweitung und Weiterentwicklung des Ganztages auch in ihren Koalitionsvertrag geschrieben.

(Beifall Tobias Loose [CDU] und Anita Klahn [FDP])

Ohne die Kommunen läuft dabei nichts. Deshalb wollen wir sie und natürlich auch andere verantwortliche für den Ganztag einbinden.

Außerdem ist es uns wichtig, dass die Förderung des vom Bund vereinbarten Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz auch Ferienzeiten umfasst. Allerdings muss der Bund noch deutlich mehr Geld zur Verfügung stellen. 2 Milliarden € für ganz Deutschland reichen dafür nicht aus.