Aber das tun wir doch, meine Damen und Herren. Es gibt überhaupt keinen Grund, das, was wir tun, nämlich mehr Unterrichtsstunden in die Gemeinschaftsschulen zu geben - fünf Stunden für die Differenzierung und zukünftig weitere Ressourcen für die Gemeinschaftsschulen -, zu kritisieren. Das tun wir doch, und das tun wir weiterhin.
Das mit dem Bildungsbonus ist eine Dreisatzaufgabe. Natürlich haben in unserem Land Grundschulen den größten Anteil. Wir haben mehr Grundschulen als Gemeinschaftsschulen und weit mehr als Gymnasien oder berufliche Schulen. Deshalb werden die Grundschulen von dem Bildungsbonus stärker profitieren als die Gemeinschaftsschulen. Das ist eine reine Dreisatzaufgabe. Insofern wäre es schön, wenn Sie nicht versuchten, hier künstlich einen Konflikt zu konstruieren.
Bitte lassen Sie uns darüber sprechen, wie wir die Gemeinschaftsschulen im Rahmen ihrer Profilbildung weiter unterstützen können. Darum wird es in den nächsten Jahren gehen. Wir werden das mit der Einführung des Bildungsbonus tun. Wir tun das mit einer besseren Unterrichtsversorgung. Wir achten peinlich darauf, dass nicht etwa die Gymnasien besser behandelt werden als die Gemeinschaftsschulen - aber auch nicht andersrum, das will ich auch betonen.
Es geht darum, bessere Ganztagsangebote zu entwickeln. Es geht darum, die Kooperation zwischen Gemeinschaftsschulen und Gymnasien und berufsbildenden Schulen weiter voranzubringen, denn wir werden aufgrund der demografischen Entwicklung schon darüber nachdenken müssen, was wir eigentlich mit den ganzen kleinen Oberstufen an allen
Schularten im Land machen. Kleine Oberstufen können auf Dauer für die Schülerinnen und Schüler kein attraktives Profilangebot liefern. Das ist das große Problem, das wir haben - nicht das, was Sie hier heute beschrieben haben.
Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir in SchleswigHolstein inzwischen so weit sind, dass wir diesen Schulklassenkampf hinter uns gebracht haben. Ich verstehe nicht, warum Sie sich nicht aktiv an einer inhaltlichen Diskussion beteiligen, und stattdessen so tun, als kehrten wir zu irgendetwas zurück. Das ist objektiv nicht der Fall. Dafür gibt es überhaupt keine Belege. Ich kann Ihnen jedenfalls von meiner Seite und vonseiten der Landesregierung zusichern: Von uns, mit uns wird es keine Schlechterbehandlung einer Schulart geben. Uns liegen die Gymnasien, die Gemeinschaftsschulen und die beruflichen Schulen gleichermaßen am Herzen. Genauso werden wir auch handeln.
Da gibt es jetzt wirklich viel zu tun. Wir müssen jetzt miteinander darüber sprechen, wie wir die Profiloberstufen weiterentwickeln. Wir müssen bei allen Schularten darüber sprechen. Das wird uns beschäftigen.
Wir müssen darüber sprechen, wie wir den Bildungsbonus so ausgestalten, dass wir möglichst viele Kinder und Jugendliche erreichen, die es verdient haben, dass sie mit ihren Talenten auch an prekären Standorten endlich gesehen und entdeckt werden. Das ist die Aufgabe für die nächsten Jahre. Dieser werden wir uns stellen.
Frau Ministerin, bevor Sie in Ihrer Rede weiter fortfahren: Gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Kollegen Habersaat?
Vielen Dank, Frau Prien. - Ich wollte Sie fragen, wie Sie vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen gerade eben unser Gespräch aus einer der ers
ten Bildungsausschusssitzungen beurteilen, in der es darum ging, dass Sie den Gymnasien nach der Rückkehr zu G 9 eine zusätzliche Stunde Unterricht in der Oberstufe zubilligen wollen und den Gemeinschaftsschulen nicht.
- Herr Habersaat, Sie wissen, dass die Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe deutlich mehr Unterrichtsstunden zur Verfügung haben als die Gymnasien. Das wird auch so bleiben. Sie wissen auch, dass wir uns in Jamaika darauf verständigt haben, diese zusätzliche Stunde nicht in die Gymnasien zu geben, sondern dass wir, um den Ganztag in den Klassen 5 bis 7 zu erhalten, stattdessen in den unteren Klassen etwas tun werden. Das ist wichtig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir werden die Gymnasien stattdessen dabei unterstützen, den Übergang besser zu meistern, weil wir als Jamaika-Regierung in diesem Land keine unausgegorenen Schulreformen durchführen wollen und werden. Deshalb wird es keine auch nur irgendwie geartete Schlechterbehandlung der Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe geben.
Es gäbe noch viel zur weiteren inhaltlichen Profilierung der Schularten zu sagen. Ich habe meine Redezeit schon etwas überzogen. Deshalb werde ich es an dieser Stelle bewenden lassen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Die Ministerin hat es schon angedeutet: Sie hat die Redezeit um 1 Minute und 20 Sekunden überschritten. - Ich sehe nicht, dass die Fraktionen davon Gebrauch machen möchten.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/672, abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen kann es nicht geben. Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD gegen die Stimmen der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.
90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/714. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das ist dann einstimmig so beschlossen.
Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, begrüßen Sie mit mir ganz herzlich neue Gäste auf der Besucherinnen- und Besuchertribüne. Das sind Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Herderschule Rendsburg. - Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/708 (neu)
Der Ursprungsantrag mit der Drucksache 19/679 hat durch die Mitantragstellung der Abgeordneten des SSW zum Antrag Drucksache 19/708 (neu) seine Erledigung gefunden.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering für die Abgeordneten des SSW.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, fast alle Eltern kennen das Problem: Die Kinder haben Ferien, aber selbst wenn beide Partner ihren Urlaub aufteilen, reicht es nicht, um immer für sie da zu sein. Meistens gibt es eine Lücke zwischen den langen Ferienzeiten und dem Urlaubsanspruch der Berufstätigen. Das ist Fakt. Noch dazu arbeiten heute immer öfter beide Elternteile. Auch Mütter oder Väter, die alleinerziehend sind, kennen das Problem der fehlenden Betreuung in Ferienzeiten nur allzu gut.
Der SSW setzt sich dafür ein, dass alle Familien verlässliche Betreuungsangebote bekommen. Für uns ist wichtig, dass diese Angebote eben nicht mit den erweiterten Öffnungszeiten der Kita enden. Wir müssen auch über die Bereiche U 3 und Ü 3 hinaus denken. Ziel muss sein, eine echte Wahlfreiheit zu erreichen. Mit unserem gemeinsamen Antrag wollen wir diese Wahlfreiheit nicht nur erhöhen, sondern auch qualitativ absichern.
Wie Sie dem Antrag entnehmen können, fordern wir die Landesregierung auf, ein entsprechendes Konzept zur Ferienbetreuung zu erstellen. Uns geht es hier vor allem um Kinder aus Grundschulen und Förderzentren. Denn die brauchen eine intensivere Betreuung als ältere Schulkinder an den weiterführenden Schulen. Gleichzeitig darf es aber nicht nur um die reine Verwahrung der Kinder gehen.
Über diesen Grundsatz hinaus haben wir mit unserem Antrag aber ganz bewusst keine weiteren inhaltlichen Vorgaben gemacht. An vielen Orten sorgen Schulträger im Rahmen der Ganztagsangebote schon für eine Betreuung in den Ferienzeiten. Das ist gut und muss natürlich weitergeführt werden.
Uns geht es um ein übergeordnetes Konzept, das als Handreichung noch mehr Schulträger dazu bewegen kann, eine Ferienbetreuung auf die Beine zu stellen. Noch dazu erhoffen wir uns hiervon ein Mindestmaß an qualitativen Standards.
Am Ende wäre es für Familien dann eben keine Frage des Wohnorts mehr, ob und in welcher Qualität ihre Kinder in den Ferien betreut werden können. Ob als eigenständiges Konzept oder als Teil des Gesamtkonzepts zur Ganztagsbetreuung, ist dabei zweitrangig. Wichtig ist aber, dass man in dieser Frage nicht nur eng mit den Kommunen, sondern auch mit der Jugendhilfe oder den betroffenen Vereinen und Organisationen zusammenarbeitet.
Ich hoffe, dass die Idee, die Ferienbetreuung auszuweiten, nicht nur aus Gründen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf überzeugt. Das ist ein wichtiges Argument für die flächendeckende Einführung, aber sicher nicht das einzige. Es gibt nämlich auch Fälle, in denen ein Konzept zur Ferienbetreuung zum Beispiel aus sozialen oder pädagogischen Gründen sinnvoll und geboten ist.
Der Aufenthalt in der Familie muss nicht grundsätzlich immer das Beste sein. Kinder sammeln auch außerhalb der Familie wichtige Erfahrungen und können über eine qualitative Ferienbetreuung
wertvolle Eindrücke bekommen. Diese Erlebnisse kann der Schulalltag gar nicht bieten. Als Lehrerin weiß ich, dass Kinder oft noch sehr lange von solchen positiven Erfahrungen, wie etwa einem Besuch im Freizeitpark, zehren.
Es gibt also eine Reihe von Gründen, die für eine Erweiterung der Ferienbetreuungsangebote sprechen - familienpolitische aber auch sozialpolitische. Weil der Bedarf wächst, gibt es außer an ausgewählten Schulen zum Beispiel auch an der CAU oder in Teilen der freien Wirtschaft eine entsprechende Betreuung. Ganz grundsätzlich ist der SSW der klaren Auffassung, dass das Land in diesem Bereich also mehr tun muss.
Wir sollten den Kindern eine echte Alternative bieten, die kein passendes erzieherisches Umfeld haben. Auch und gerade Kinder aus sogenannten bildungsfernen Schichten sollten nicht isoliert zu Hause sitzen müssen. Alle müssen durch sinnstiftende Freizeitangebote die Möglichkeit bekommen, ihr Wissen und ihre Sozialkompetenzen zu steigern. Das darf keine Sache des elterlichen Geldbeutels sein. Deshalb gibt es das Ganze für das Land auch nicht unbedingt zum Nulltarif, aber wir sind fest davon überzeugt, dass sich diese eventuelle Investition wirklich lohnt. - Vielen Dank.