Protocol of the Session on April 27, 2018

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Fürstin von Sayn-Wittgenstein.

(Zurufe)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ich wende mich hier noch einmal an Frau von Kalben. Ich muss mich nicht von Rechts und Rassismus distanzieren, weil ich da nicht stehe.

(Lachen)

Wer mich in diese Richtung bringt, sind Sie. Sie behaupten, ich hätte am 28. Januar 2018 in Kandel an einer Demo teilgenommen, bei der auch die NPD gewesen sei. Ich habe Sie hier nach den Fakten gefragt, Sie haben es nicht berichtigt. Es ist falsch. Es ist eine Lüge, was Sie im Netz verbreiten, und es steht noch immer im Netz.

Dann stellen Sie sich hier hin, tun ganz anständig und gut und lassen den Eindruck aufkommen, als ob wir selber schuld seien, wenn wir in den Fokus von Angriffen und Beleidigungen kommen, die Sie herbeireden. - Vielen Dank.

(Beifall Jörg Nobis [AfD] - Unruhe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe diese Debatte - auch mit dieser Wortmeldung - jetzt zugelassen. Sie hat sich ausgeweitet. Da wir jetzt keine weiteren Wortmeldungen haben, erspare ich mir - auch zu dem letzten Beitrag - weitere geschäftsleitende Bemerkungen.

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die AfD zielt mit diesem Antrag darauf ab, es Bewerberinnen und Bewerbern zu ermöglichen,

(Eka von Kalben)

der Bekanntgabe ihrer Anschrift im Zusammenhang mit der Einreichung von Wahlvorschlägen zu widersprechen. Sie führen dabei aus, dass es vorrangig datenschutzrechtliche Bedenken gebe, und stellen auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ab; unter dieser Überschrift steht es momentan noch. Sie argumentieren, dass diese personenbezogenen Daten für die Wahl nicht erheblich seien. Ich muss Ihnen sagen: Diese Auffassung teile ich nicht.

Öffentlich bekannt gemacht werden die Namen der Bewerberinnen und Bewerber mit ihren Personalangaben aus den Wahlvorschlägen und mit ihrer Parteizugehörigkeit. Damit können die Wahlberechtigten die Bewerberinnen und Bewerber verlässlich identifizieren und eine Wahlentscheidung in Kenntnis der Person und ihrer politischen und tatsächlichen Heimat treffen.

Die öffentliche Bekanntgabe der Privatadresse ermöglicht es den Wahlberechtigten, sich vor der Wahl an die Bewerberinnen oder Bewerber zu wenden, um ihn oder sie zur Bewerbung zu befragen. Anders als im Antrag dargestellt, kann es für die Wahlentscheidung durchaus interessant sein, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber in meinem Stadtteil wohnt oder aus einem anders strukturierten Viertel kommt. Ich halte es für wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen dürfen, wer ihre Interessen im Rat oder im Kreistag vertreten möchte.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt SPD)

Mit der Einreichung der Bewerbung und der Zulassung durch den Wahlausschuss treten die Bewerberinnen und Bewerber in das Licht der Öffentlichkeit. Sie akzeptieren dabei bewusst auch Einschränkungen ihrer Privatsphäre - wohlgemerkt: in einem gewissen Maße. Der Anspruch der Wählerinnen und Wähler kann natürlich nicht schrankenlos sein. Wir haben es heute wiederholt gehört: Von der Bekanntgabe der Anschrift kann im Einzelfall schon heute abgesehen werden, wenn die Bewerberin oder der Bewerber glaubhaft macht, dass ihm oder ihr durch die Veröffentlichung eine konkrete Gefahr für Leben, Gesundheit oder ähnlich schutzwürdige Belange erwüchse. Für eine weitergehende Regelung im Sinne des AfD-Antrages sehe ich derzeit keinen Bedarf.

In der anschließenden Diskussion haben wir es gehört: Es geht dabei um die Frage nach der Toleranz in unserer Gesellschaft. Vor allen Dingen geht es um die Akzeptanz demokratischer Grunderwartungen und Gepflogenheiten. Meine Damen und Her

ren von der AfD: Wir würden mit Ihrem Antrag nicht das wirklich zugrunde liegende Problem lösen. Ich bitte daher, Ihren Antrag abzulehnen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/692, sowie den Alternativantrag, Drucksache 19/715, dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Können wir einzeln abstimmen?)

- Herr Abgeordneter, ich kann zunächst nur das zur Abstimmung bringen, was beantragt worden ist. Die AfD-Fraktion hat für beide Anträge Ausschussüberweisung beantragt. Insofern muss ich das auch zuerst aufrufen, weil es der weitestgehende Antrag ist.

Wer beide Anträge an den Innen- und Rechtsausschuss überweisen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist die Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? - Das ist der Rest des Hauses. Damit ist die Überweisung beider Anträge abgelehnt worden.

Gibt es jetzt nur den Wunsch nach Abstimmung in der Sache, oder gibt es weitere Anträge? - Es gibt jetzt nur den Wunsch nach Abstimmung in der Sache.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/692, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Abgeordneten der AfD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/715, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

(Jörg Nobis [AfD]: Geht doch! So macht man Politik! - Lars Harms [SSW]: Da hat sich die Rechtslage nicht geändert!)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

(Minister Hans-Joachim Grote)

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 19/429

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses. Drucksache 19/664

Ich sehe, dass das Wort zur Begründung nicht gewünscht wird. Ich erteile zunächst der Frau Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Abgeordneten Barbara Ostmeier, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Mit Plenarbeschluss vom 26. Januar 2018 wurde die entsprechende Drucksache dem Innen- und Rechtsausschuss überwiesen.

Der Innen- und Rechtsausschuss hat schriftliche Stellungnahmen zu der Vorlage eingeholt und die Vorlage auch mit Vertretern des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz beraten. Im Rahmen der Ausschussberatung wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD abgelehnt, ein Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP angenommen und redaktionelle Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen. Der Ausschuss schloss die Beratung des Gesetzentwurfs in seiner Sitzung am 25. April 2018 ab.

Mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD gegen die Stimmen der SPD bei Enthaltung des SSW empfiehlt der Ausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf in der in der Anlage beigefügten Fassung der Beschlussempfehlung anzunehmen. Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf der Landesregierung sind durch Fettdruck kenntlich gemacht.

Herzlichen Dank, Frau Berichterstatterin. - Meine Damen und Herren, da die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung ohne Aussprache erfolgte, erteile ich nunmehr einem Vertreter der Landesregierung das Wort. Das Wort hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Gelingen von Digitalisierung ist ein modernes Datenschutzrecht unerlässlich, das dem Schutz der Grundfreiheiten und Grundrechte, aber auch dem freien Datenverkehr dient. Ein europäischer Binnenmarkt braucht gemeinsame und möglichst einheitliche Datenschutzregeln. Die Europäische Union hat daher das europäische Datenschutzrecht von 1995 novelliert. Deshalb wurde 2016 die Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO, und die Richtlinie zum Datenschutz im Bereich Inneres und Justiz erlassen. Ziel ist ein unionsweit gleichmäßiges Schutzniveau bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Beide Rechtsakte treten im Mai dieses Jahres in Kraft.

Datenschutz ist für Schleswig-Holstein kein Neuland. Wir haben hier im Land ein etabliertes und angesehenes Datenschutzniveau. Trotzdem ergibt sich aus diesen Rechtsakten ein erheblicher gesetzgeberischer Anpassungsbedarf. Wer in der Europäischen Union personenbezogene Daten verarbeitet ob private Unternehmen oder öffentliche Stellen -, wird künftig fast immer die Datenschutz-Grundverordnung oder die Regelungen der Datenschutzrichtlinie beachten müssen. Das trifft Großkonzerne wie Facebook oder Google, aber auch die Dorfapotheke oder den kleinen Handwerksbetrieb, die nur Kundendaten verwalten wollen, und genauso die Behörden und sonstige öffentliche Stellen unseres Landes Schleswig-Holstein.

Auf Landesebene wird künftig das neue Landesdatenschutzgesetz als Stammgesetz für die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes Schleswig-Holstein gelten. Das Landesdatenschutzgesetz ist eines der größten Gesetzespakete der vergangenen Jahre, mit dem die wichtigsten gesetzlichen Anpassungen an die neue europäische Rechtslage erfolgen. Es wird auch noch weitergehende Änderungen auf unterschiedlichen Ebenen geben. In Teilen dient das neue Landesdatenschutzgesetz der Anpassung an die Datenschutz-Grundverordnung und in Teilen der Umsetzung der Datenschutzrichtlinie.

Deshalb mussten auch diverse Fachgesetze geprüft und angepasst werden. Dazu gehören beispielsweise das Landesbeamtengesetz, das Schulgesetz oder das Landesarchivgesetz. Allerdings hat sich das bisherige Datenschutzrecht Schleswig-Holsteins bewährt. Wichtiger Ausgangspunkt des vorliegenden Artikelgesetzes war es daher, bestehende Regelungen und Institute wenn möglich fortzuführen. Es

(Präsident Klaus Schlie)

galt, das gleiche oder zumindest ein vergleichbares Datenschutzniveau aufrechtzuerhalten.

Eine der wesentlichen Neuerungen ergibt sich aus der Rechtsquelle. Bisher bildete das Landesrecht die wichtigste Quelle für den Datenschutz, den öffentliche Stellen anzuwenden haben. Künftig wird mit der Datenschutz-Grundverordnung unmittelbar geltendes Europäisches Recht anzuwenden sein. Das Landesdatenschutzgesetz sowie das bereichsspezifische Datenschutzrecht müssen dann jeweils ergänzend berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass in der alltäglichen Anwendung des Datenschutzrechts stets mehrere Rechtsakte in ihrem Zusammenspiel, ihrer Verzahnung zugrunde gelegt werden müssen. Damit wird das Datenschutzrecht für alle Rechtsanwender - das sind grundsätzlich alle Behörden und öffentlichen Stellen des Landes in Zukunft anspruchsvoller werden.

Das neue Landesdatenschutzgesetz zieht somit Folgendes nach sich:

Erstens. In Zukunft müssen neue Rechtsinstrumente angewendet werden.

Zweitens. Informationspflichten und Auskunftsrechte der Bürgerinnen und Bürger werden deutlich gestärkt.

Drittens. Ansprechpartner wie die Datenschutzbeauftragten sind zu benennen.

Ich bin zuversichtlich, dass dieser Schritt in die Zukunft mit der Beratung durch das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz gelingt.

Die Koalitionäre haben uns unterschiedliche Wünsche zur Ergänzung der vorgelegten Regelwerke mitgegeben. Ich bin sicher, das wird uns bei der Arbeit in Zukunft unterstützen und ein gutes Fundament für den praktischen wirklichen Datenschutz sein.