Meine Damen und Herren, die Flüchtlingsfrage ist bereits mehrfach angesprochen worden. Unsere Haltung dazu kennen Sie. Wir finden es sehr gut, dass wir nicht nur über Flüchtlinge reden, sondern über Einwanderung allgemein. Sprich: Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz. Ich habe es so verstanden, dass es nicht nur darum geht, ein Einwanderungsgesetz zu unterstützen, sondern dass Sie als Jamaika-Koalition sich darauf verständigt haben, ein eigenes Gesetz in den Bundesrat einzubringen. Das finde ich richtig und vernünftig, auch wenn man manchmal merkt, dass man auf Bundesebene nicht schnell arbeiten kann.
Ich muss aber schon sagen: Bitte nicht das Integrationsgesetz der CDU-Fraktion der letzten Wahlperiode. Das wäre nicht so prickelnd. Ich glaube, das will auch keiner haben. Es ist dringend notwendig, dass insbesondere Flüchtlinge einen legalen Weg, einen Sonderweg bekommen, um sich hier integrieren zu dürfen.
Und das heißt eben auch, dass solche Menschen, eine solche Person oder eine Familie, die schon fünf oder zehn Jahre hier waren, die sich nichts zuschulden kommen haben lassen, irgendwelche formalen Asylkriterien vielleicht nicht erfüllen, aber trotzdem in der Gesellschaft angekommen sind, die Chance haben, unbürokratisch einfach hierbleiben zu können. Es muss also ein Bleibegesetz sein.
Nun steht im Koalitionsvertrag: immer konsequent zurückführen. Aber gleichzeitig steht dort: humanitär sein. Wie das ausgestaltet wird, das werden wir noch sehen. Darauf werden wir sehr kritisch gucken. Ich glaube allerdings, dass es schwierig wird, eine Einzelfallprüfung immer nur dem Innenminister zu überlassen. Vor ihm habe ich großen Respekt, wir kennen uns schon. Das ist also nicht das Ding. Ich glaube aber, wir müssen darauf achten, dass wir hier formale Kriterien einhalten. Wenn die politischen Kriterien nicht so sind, wie wir sie uns vorstellen, dann ist es unsere Pflicht, die formalen Kriterien zu ändern oder es zumindest zu versuchen oder im Rahmen der Gesetze so weit zu gehen, dass unsere politische Auffassung erfüllt wird.
Das sage ich ganz deutlich auch vor dem Hintergrund der Afghanistan-Flüchtlinge. Ich will nur diese ansprechen und nicht alle anderen. Das mache ich nicht, weil ich sie vor allen anderen Flüchtlingen bevorzugen will, aber die Tatsache, dass wir
hier von knapp 70 Leuten in einem Bundesland mit 2,8 Millionen Einwohnern reden, sollte eigentlich automatisch dazu führen, dass man dreizehn gerade sein lässt und alle Hebel in Bewegung setzt, damit diese 70 Einzelpersonen hier bei uns bleiben können. Das wäre zumindest das, was wir uns als SSW wünschen würden.
Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt: Sport spielt bei Ihnen inzwischen auch eine größere Rolle. Das ist wichtig und richtig, und zwar nicht nur für den Breitensport, sondern auch für den Leistungssport, denn der Leistungssport ist der Bereich, an dem sich junge Menschen orientieren. Sie finden ihren Weg in den Sport erst, wenn sie Vorbilder finden, denen sie nacheifern können. Vor diesem Hintergrund werden wir - finde ich auch hier viel machen müssen. Die Küstenkoalition hat in diesem Bereich viel angefangen.
Sie sehen schon, ich habe mich mit knallharter Kritik sehr zurückgehalten, sondern mir wirklich das Werk angeguckt und gefragt: Gibt es in irgendeiner Art und Weise Übereinstimmung mit dem, was wir uns vorstellen können? Sie haben auch gemerkt: Es gibt bestimmte Bereiche, bei denen wir sicherlich nicht mitmachen können. Wir werden über viele einzelne Punkte in den nächsten Jahren debattieren können. Wir sind bereit, wirklich konstruktiv zusammenzuarbeiten und dieses Angebot von den Koalitionsfraktionen und der Landesregierung anzunehmen. Wir werden nicht auf Teufel komm raus alles von Ihnen kritisieren, sondern nur das, was zu kritisieren ist. Das, was gut ist, werden wir unterstützen. Darauf können Sie sich verlassen.
Den Fraktionen stehen jetzt noch Redezeiten zur Verfügung. Ich trage diese kurz vor: Für die CDU wären es 7 Minuten, für die SPD 3 Minuten, für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4 Minuten, für die FDP 5 Minuten und für die AfD-Fraktion 22 Minuten. Für den SSW sind es 0 Minuten. Wird seitens der Fraktionen davon Gebrauch gemacht? - Ich habe eine Wortmeldung der AfD-Fraktion. Zu seiner ersten Rede hier im Hause hat der Abgeordnete der AfD-Fraktion Claus Schaffer das Wort.
Herr Präsident! Herr Ministerpräsident! Liebe Abgeordneten hier im Plenum! Liebe Zuschauer! Liebe Schleswig-Holsteiner! In der Regierungserklärung ist sehr viel enthalten, und im Koalitionsvertrag ist auch eine ganze Menge enthalten. Das liest sich auf den ersten Blick sehr schön. Für meinen Teil, den innenpolitischen Bereich, war ich erst einmal begeistert. Da ist viel drin, was ich mittragen kann. Wenn ich aber genauer nachlese, dann stelle ich fest, dass wir doch mit einigen Gemeinplätzen und einigen Lücken zu kämpfen haben werden.
Es ist vorhin schon angeklungen, dass es im Bereich der inneren Sicherheit das Ziel ist, dafür zu sorgen, dass die Schleswig-Holsteiner wieder ein Gefühl der inneren Sicherheit bekommen sollen. Ich möchte das gern konkretisieren. Es geht hier nicht um das Gefühl der inneren Sicherheit. Wir brauchen mehr innere Sicherheit, denn diese ist, so haben die Kriminalstatistik und auch die Erhebung des Verfassungsschutzes deutlich gezeigt, so, dass wir hier Lücken und Löcher haben.
Der Koalitionsvertrag weist auf dem Feld der inneren Sicherheit sehr viele Worthülsen auf. Ich nehme einmal einen Begriff heraus: polizeipolitische Initiativen, die getroffen werden sollen, ohne dass den Bürgern oder auch den betroffenen Polizeibeamten klar erklärt wird, worum es geht. Ich will einige Sachen exemplarisch aufgreifen. So ist unter anderem davon die Rede, dass der Polizeiberuf angesehener und attraktiver werden soll. Es ist aber kein Wort davon, dass zahlreiche Angriffe gegen Polizeibeamte konsequent zu verfolgen und hart zu bestrafen sind.
Meine Damen und Herren, Polizeibeamte sind Repräsentanten dieses Staates und müssen als solche einen besonderen Schutz genießen. Die bisherigen rechtlichen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel nach § 113 StGB, Widerstand gegen Strafvollstreckungsbeamte, greifen nicht weit genug. Die CDU hat dies noch im Wahlkampf richtig erkannt und in ihrem Wahlprogramm den § 115 gefordert, der bundesweit als Initiative einzubringen ist. Im Koalitionsvertrag ist davon keine Rede mehr.
Im Koalitionsvertrag ist von einer leistungsfähigen Polizei die Rede. Der angestrebte Personalaufbau von genau 500 Stellen bis 2023 greift viel zu kurz. Die geplante Schaffung einer zweiten Einsatzhundertschaft der Polizei begrüße ich sehr. Das ist eine sehr gute Idee. Sie steht auch im Einklang mit gewerkschaftlichen Betrachtungen. Aber ich habe die
Befürchtung, dass der Personalansatz für diese zweite Einsatzhundertschaft den Personalaufbau nahezu vollständig auffressen wird.
Interessant ist an dieser Stelle, dass sich die Küstenkoalition heute - ich sage einmal in einer Art paralleler Regierungserklärung - damit brüstet, den Personalaufbau bereits massiv vorangetrieben zu haben. Meine Damen und Herren, noch 2015 haben Sie zu den besehenden Defiziten in der Landespolizei einen weiteren Personalabbau beschlossen. Erst im darauffolgenden Jahr haben Sie sich dann endlich durch die politische Situation und den Druck der Gewerkschaften zu einer Umorientierung entschieden.
Ein weiterer großer Teil des Koalitionsvertrags ist der Bekämpfung des Extremismus gewidmet. Das ist gut und richtig so. Der Extremismus, auch das sagt der Verfassungsschutzbericht, ist in allen Bereichen auf dem Vormarsch. Er muss in diesem Land konsequent bekämpft werden. In diesem Punkt können wir von der AfD-Fraktion Ihnen unsere Unterstützung zusagen.
Wir hätten uns allerdings eine ausgewogene Betrachtung und eine ausgewogene Schilderung auch im Koalitionsvertrag gewünscht. Liest man nämlich Ihren Koalitionsvertrag, meine Damen und Herren, so bekommt man den Eindruck, als habe die CDU in diesem Punkt durch Abwesenheit geglänzt. Das Feld ist hier offensichtlich der bereits bekannten, doch deutlich linksgerichteten Politik der Grünen überlassen worden. Sie beschreiben zu Recht und sehr ausführlich den gebotenen Kampf gegen den Rechtsextremismus. Da sind wir hundertprozentig bei Ihnen. In all seinen Formen und Farben ist Rechtsextremismus widerlich und muss bekämpft werden.
Eine weitere Spielart des politischen Extremismus blenden Sie nahezu komplett aus. Der Begriff des Linksextremismus taucht lediglich in einem Nebensatz einmal auf und findet danach keine weitere Erwähnung. Vielleicht mögen Sie den Bürgern gern erklären, dass Ihnen brennende Polizeifahrzeuge der Bundespolizei in Flensburg jetzt im Vorfeld des G-20-Gipfels egal sind? Vielleicht mögen Sie auch erklären, dass Brandanschläge auf Anlagen der Bahn in Hamburg und Schleswig-Holstein nicht in Ihrer politischen Agenda berücksichtigt werden? Und vielleicht mögen Sie auch den Polizeibeamten in Hamburg und Schleswig-Holstein erklären, dass zerstochene Reifen und gelöste Radmuttern an ihren Privatfahrzeugen, in denen auch die Familien mitfahren, für Sie kein Thema sind? Gerade die jüngsten Veröffentlichungen in linksextremisti
schen Quellen zeigen deutliche und starke Ankündigungen weiterer Angriffe auf Polizeibeamte, immer im Vorfeld des G-20-Gipfels. Für Sie ist das keine Rede wert. Das ist wirklich unfassbar.
Meine Damen und Herren, Linksextremismus ist kein aufgebauschtes Problem. Linksextremisten sind keine politischen Aktivisten, sie sind politische Straftäter. Linksextremismus bedroht unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.
- Es wird nicht einmal erwähnt. Das ist genau das, was ich hier kritisiere. Der gerade veröffentlichte Verfassungsschutzbericht sagt dazu einiges aus, und das wird hier nicht thematisiert. Wir erleben es heute den ganzen Tag: Sie erwähnen Linksextremismus nicht.
Der Koalitionsvertrag und auch die heute gehörten Reden lassen klar erkennen, dass diese Regierung auf dem linken Auge weiterhin blind bleiben wird.
Beim Thema Asyl- und Flüchtlingspolitik sind die Verhandlungsführer der CDU offensichtlich ebenfalls abwesend gewesen, denn die Fragen zu sicheren Drittstaaten und den konsequenten Abschiebungen - wir haben es gerade ansatzweise gehört - sind offensichtlich nicht durch die CDU bestückt worden. Es fand abermals keine Einigung hinsichtlich der sogenannten Maghreb-Staaten und dahin gehend statt, eine Aufnahme in die Liste der sicheren Herkunftsländer auf Bundesebene durchzusetzen.
Die Stimme Schleswig-Holsteins wird auch hier fehlen. Deutsche Urlauber in Tunesien und Marokko wird das sicherlich freuen, in diesen Ländern weiterhin Urlaub zu machen. Länder übrigens, in die wir abgelehnte Asylsuchende nicht zurückschicken können, weil es dort angeblich nicht sicher ist.
Auch die Frage der konsequenten Abschiebung bei abgelehnten Asyl- und Aufenthaltsverfahren bleibt mit der Hintertür der humanitären Aspekte unbeantwortet. Schleswig-Holstein wird sich auch in dieser Hinsicht in Zukunft entgegen einer bundeseinheitlichen Regelung isolieren. Auch in der Frage des Familiennachzugs weist der Koalitionsvertrag eine klare grüne Handschrift auf, nicht einmal mehr Nuancen von Schwarz sind darin zu erkennen.
ab. Bundesweit und bundeseinheitlich gibt es dort Bestrebungen, diese Frist aufzunehmen, sogar unbefristet anzusetzen. Die Grünen sind hier auf Bundesebene bereits gescheitert, und das aus gutem Grund und im Übrigen in Übereinstimmung mit Völkerrechtlern. In Schleswig-Holstein ist nun zum erklärten Regierungsziel geworden, den Familiennachzug - ich sage einmal - barrierefrei zu ermöglichen.
Schon jetzt steigen die Flüchtlingsströme spürbar an, Tausende junge Flüchtlinge kehren aus Schweden nach Deutschland zurück. Der Flüchtlingspakt mit der Türkei entpuppt sich als Mogelpackung. Das Fünffache der tatsächlichen Aufnahmezahl an Flüchtlingen ist bittere Realität. Die nächste Flüchtlingswelle rollt direkt nach der Bundestagswahl auf uns zu
und die Koalition der Möglichmacher und Schattenspringer ist hier grün gefärbt, und das ist wenig sexy, meine Damen und Herren. Die AfD ist im Kieler Landtag offenbar dringend nötiger, als ich es befürchtet habe. Wir werden hier auch unseren konstruktiven Beitrag leisten, um Schleswig-Holstein wieder auf den Weg der Rechtsstaatlichkeit zurückzuführen. Herr Kubicki, Sie haben vorhin die Rechtsstaatlichkeit angeführt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich habe noch überhaupt nicht das Gefühl, dass ich als Politiker vor Ihnen stehe, denn ich habe die letzten 20 Jahre als Lehrer für Hörgeschädigte gearbeitet. Heute Morgen, als ich aufgestanden bin, habe ich erst einmal überlegt, in welche Klasse ich heute fahren werde. Ich habe die Kurve dann noch bekommen, sonst wäre ich ja nicht hier.
Ich stehe also hier vor Ihnen als Mann der Praxis, der durchaus weiß, wie sich bildungspolitische Gesetze in den letzten Jahren tatsächlich ausgewirkt
haben. Dabei bin ich fast 20 Jahre lang jeden Tag gerne zur Schule oder zur Hochschule gefahren, habe aber eben auch hautnah erlebt, wie es ist, wenn Eltern beispielsweise mit einem stark entwicklungsverzögerten Kind verzweifeln, weil sie keinen adäquaten Förderort finden. Ich habe miterlebt, wie das Leistungsniveau an vielen unserer Schulen trotz immer neuer Kompetenzraster abgesackt ist. Ich weiß tatsächlich, wie so manches Schulklo duftet, und ich kenne viele Sporthallen von innen, die noch so aussehen wie in unserer Kindheit. Ich habe miterlebt - und das ist mir das Wichtigste -, wie sich durchaus idealistische und für mich in jeder Hinsicht vorbildliche Kollegen in Richtung Burn-out bewegt haben. Die Bedürfnisse und Wünsche von Schülern, Eltern und Lehrern kenne ich aus nächster Nähe. Ich möchte ihnen künftig dadurch gerecht werden, dass ich hier in diesem Haus zur Verabschiedung von praxis- und zukunftsorientierten Lösungen beitrage.
Der Koalitionsvertrag zeigt in bildungspolitischer Hinsicht tatsächlich in einigen Punkten genau dorthin. Das Begriffspaar Bildung und Erziehung taucht wieder auf. Schüler erlernen wieder eine zusammenhängende Schreibschrift, richtige Rechtschreibung von Anfang an. Dass wir das noch erleben dürfen!
Notenzeugnisse, Schulübergangsempfehlungen für Viertklässler, die Möglichkeit, auch eine Klasse wiederholen zu können oder wiederholen zu müssen, sind kein Weltuntergang. Mir ist besonders der Erhalt von Förderzentren wichtig genauso wie die Möglichkeit getrennter Leistungsgruppen an den Gemeinschaftsschulen und nicht zuletzt das klare Bekenntnis zum Gymnasium und zum Meisterbrief. All dies, meine Damen und Herren, ist ohne Wenn und Aber gut für unsere Landeskinder und gut für Schleswig-Holstein. Bemerkenswert ist für mich als Neuling aber, dass sich fast - jetzt können Sie gleich wieder lachen - jeder Punkt, den ich gerade genannt habe, eins zu eins im AfD-Programm wiederfindet.