So etwas kann man tatsächlich beschreiben. Man kann sich auch durch politische Erklärungen noch einmal in den Nuancen verständigen. Was aber überhaupt nicht geht, ist, mit einem Interview eine Gemeinsamkeit herzustellen, wie wir es heute in der „Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung“ auf Seite 2 finden. Was dort von Wolfgang Kubicki, der hier ja auch mal Verantwortung getragen hat, in Bezug auf die Person meines Fraktionsvorsitzenden gesagt worden ist - keine Ahnung vom Bankgeschäft im Untersuchungsausschuss -, soll er tatsächlich mal nachweisen. Das ist nicht so. Wir haben die Protokolle und haben es nachgelesen: Es ist einfach eine schlichte Lüge. Eine Verbindung mit dem Straftatbestand der Untreue sowie mit dem Gefäng
nis herzustellen, ist nicht nur vollkommen falsch, sondern unverschämt und unerträglich. Es macht deutlich, dass es an dieser Stelle leider keine Gemeinsamkeit geben kann.
Ich appelliere an Sie, dass wir diese Gemeinschaftlichkeit in der Sacharbeit wiederherstellen, wenn wir uns tatsächlich mit den Sachthemen beschäftigen - beispielsweise bei dem Schuldentilgungsplan, mit dem wir uns jetzt befassen müssen, weil der Schuldenstand des Landes steigt -, weil wir sie für eine vernünftige Politik im Interesse unseres Landes brauchen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Blicken wir zurück ins Jahr 2003. Während ich - 13 Jahre alt - gerade an der Realschule sitzenbleibe und nichts davon ahne, 15 Jahre später in diesem Hause einmal die Rede zum Verkauf der HSH Nordbank zu halten, feiern in Hamburg 4.500 ausgewählte Gäste, Bankerinnen und Banker die Fusion zweier Landesbanken. Exklusiv geladen: Bon Jovi. Was heute absurd klingt, war es auch damals schon.
Das Kapitel HSH Nordbank ist hinlänglich diskutiert worden. Es strotzt vor Skandalen und Fehleinschätzungen und ist mit Arroganz und Gier geschrieben. Mit dem Börsengang und dem damit einhergehenden Ziel, durch internationale Geschäfte satte Gewinne zu erzielen, begann eine Zäsur der schleswig-holsteinischen Finanzpolitik.
Dabei darf man nicht außer Augen lassen, dass der Plan zunächst aufging. Die Bank expandierte und warf Gewinne ab, die auch der Staat nur allzu gern abnahm. Grundlage dieser Gewinne waren allerdings auch die immer höheren und langfristigeren Sicherheiten, mit denen die Länder der Bank den Rücken stärkten. Das war eine Entscheidung, die bis heute nachwirkt. Eins ist allerdings sicher: Die HSH Nordbank wird unser Land mehr kosten, als sie uns eingebracht hat.
Die Doktrin der Profitmaximierung ist ein schlechter politischer Ratgeber, denn jeder ökonomische Gewinn ist an ein ökonomisches Risiko gebunden. Dieses Risiko wurde in der HSH Nordbank nicht adäquat bewertet. Eine verantwortungsbewusste Risikokultur war kaum erkennbar. Darüber hinaus wurden viele Fehleinschätzungen getroffen. Diese Erkenntnis schließt allerdings nicht nur auf ein Scheitern der Politik. Das Kapitel der HSH Nordbank auf die Überschrift „Die Politiker sind nicht die besseren Unternehmer“ zu verkürzen, wäre ein Fehler. Zur Wahrheit gehört auch, dass die Wirtschaftsprüfer bis zur Lehman-Brothers-Pleite der Bank stets Werthaltigkeit, Kapitalmarktfähigkeit und Börsenfähigkeit bestätigt hatten. Auch ein Blick in die Aufsichtsräte lohnt sich immer wieder: Da saßen nicht nur Politikerinnen und Politiker.
(Beifall CDU, SPD, FDP und SSW - Werner Kalinka [CDU]: Richtig! Sehr richtig! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das!)
Ebenso wurden die operativen Geschäfte nicht von der operativen Politik geführt - auch wenn sie von ihr mitgetragen wurden.
Ja: Politik ist gescheitert - Expertinnen und Experten allerdings auch, wie es viele zu dieser Zeit taten. Wer sich pauschal davon freizusprechen versucht, begibt sich auf dünnes Eis.
Die HSH Nordbank war im Übrigen nicht die einzige Bank, die im Zuge der Weltfinanzkrise in ihrer Existenz bedroht und mit öffentlichen Geldern gerettet wurde. Ebenso wie andere Banken - öffentliche wie private - war die HSH nicht Opfer der Finanzkrise, sondern Teil der Krise.
Das muss uns dazu veranlassen, grundlegendere Fragen zu stellen. Wie sehr sind die Ansprüche an eine Landesbank mit den Strukturen des internationalen Kapitalmarktes zu vereinbaren? - Die große Distanz zwischen Markt und Marktfolge wird immer dazu führen, dass marktunabhängige Entscheidungen und Bewertungen nur sehr schwer zu gewährleisten sind. Dass eine internationale Bank nicht mit den Ansprüchen einer politischen Kontrolle kompatibel ist, sollte ein Alarmsignal sein, lässt es doch durchaus Rückschlüsse auf die Demokratiefähigkeit des Kapitalmarktes zu.
Checks and Balances werden als marktfremde Mechanismen nur politisch durchsetzbar sein. Sie werden in diesem Umfeld niemals aus sich selbst heraus entstehen. Der unregulierte Kapitalmarkt giert vielmehr nach einem anarchieähnlichen Schutzraum, um sich zu entfalten.
Auch wenn die HSH Nordbank versuchte, sich mit aller damit einhergehenden Schäbigkeit diesen anarchistischen Schutzräumen anzupassen, gelang es ihr nicht, darin zu bestehen. Es ist zu bezweifeln, ob das überhaupt möglich, geschweige denn erstrebenswert ist. Das sollte das System der international ausgerichteten Landesbanken als solches infrage stellen. Die Lehre aus der HSH Nordbank darf nicht nur eine landespolitische sein. Sie muss die Zusammenhänge berücksichtigen und Argument dafür sein, dass sich der internationale Kapitalmarkt nicht aus sich selbst heraus regulieren wird.
Im Sinne der Menschen und des Planeten diese Leitplanken sinnvoll zu setzen, ist Aufgabe der Finanzpolitik - nicht das Betreiben einer internationalen Geschäftsbank. Insofern ist es gut, dass wir heute unseren Teil dazu beitragen werden und die Beteiligung an der HSH Nordbank enden wird.
Selbstverständlich ist auch diese letzte Entscheidung zwischen den Alternativen Abwicklung und Privatisierung keine einfache. Wir haben in den vergangenen Wochen den Kaufvertrag intensiv durcharbeiten und diskutieren können. Nach allen uns zur Verfügung stehenden Informationen werde ich nach bestem Wissen und Gewissen der Privatisierung der HSH Nordbank zustimmen. An dieser Stelle komme ich - wie alle Vorredner auch - nicht umhin, mich beim Finanzministerium für die gute Informationspolitik und für die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Finanzausschuss zu bedanken. Vielen Dank.
Zwar werden wir die exakten Kosten der HSH Nordbank frühestens im Jahr 2042 kennen, denn erst dann laufen die letzten Gewährträgerhaftungen aus, aber der Abwicklung steht stets im Mindesten der Kaufpreis gegenüber.
Aktuell können wir von rund 5,4 Milliarden € ausgehen, die sich in unserem Landeshaushalt niederschlagen und die Gestaltungsmöglichkeiten von uns und kommenden Generationen spürbar einschränken werden.
Natürlich gab es in den vergangenen Wochen auch Stimmen, die sich für eine Abwicklung ausgesprochen haben. Eine These lautet, dass der Markt in diesem Sektor bereits übersättigt sei und daher der Wegfall der HSH dem System guttun würde. Ungeachtet dessen, ob man dieser These inhaltlich folgen möchte, bin ich nicht bereit, an dieser Stelle ein Modellexperiment durchzuführen und dafür höhere Schäden im Landeshaushalt in Kauf zu nehmen.
Eine andere These für eine Abwicklung ist die wohl nie erschöpfende Hoffnung, dass doch noch alles besser werden wird.
Natürlich steht die Frage im Raum, warum sich die Käufer für etwas interessieren, was wir gern loswerden wollen. Das ist ein Logik, die nachvollziehbar ist, ist das doch der Gedanke, den man von jedem Gebrauchtwagenhandel kennt. Daher möchte ich kurz darauf eingehen. Die Käufer sind sicherlich nicht das, was ich unter einem sympathischen Geschäftspartner verstehen würde. Aber sie sind ein Produkt ihres Geschäfts, in dem nur die aggressivsten Akteure an die Spitze geschwemmt werden. Zudem geht es hier nicht um den Verkauf des Tafelsilbers des Landes Schleswig-Holstein, sondern es geht um den Verkauf der HSH Nordbank. Die Käufer allerdings sind auf diese Geschäfte - etwa mit notleidenden Krediten umzugehen - spezialisiert. Sicherlich werden sie einen Gewinn sehen, den Hamburg und Schleswig-Holstein so nicht erreichen können oder wollen.
Auch die sogenannte geordnete Abwicklung klingt in der Theorie einfacher, als sie es in der Praxis wäre. Abgesehen davon, dass es dafür kein wirkliches Rechtsregime gibt und ein langer rechtlicher Prozess darüber beginnen müsste, wer nun tatsächlich für die Gewährträgerhaftung in welcher Art haften und geradestehen müsste, bräuchte eine geordnete Abwicklung immer neues Kapital. Und da niemand vor unseren Türen mit Koffern voller Geld steht und sagt: „Dieses Kapital nutzt doch bitte für eine geordnete Abwicklung!“, bliebe kein anderer Weg, als dass dieses Kapital vom Land selber kommt. Genau hier widerspricht das dem wichtigsten Grundsatz, den wir mit der Privatisierung hingegen
Eine Abwicklung würde zudem auch heute noch die Sparkassen im Land in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Immerhin haften sie mit 18 % für die Gewährträgerhaftung, zwar nicht mehr für die zitierten 165 Milliarden € aus dem Jahr 2005, aber immer noch in einer schlagenden Größe.
Niemand hätte vor wenigen Jahren für möglich gehalten, dass ein Kaufpreis von 1 Milliarde € erreicht werden könnte. Einen Anlass zur Jubelstimmung gibt es trotzdem nicht. Das gebührt auch der Respekt vor den Beschäftigten in Kiel, die in den letzten Jahren maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die Bank auf einem Konsolidierungsstand ist, dass sie verkaufsfähig ist. Dafür gebührt ihnen Dank.
Zwar können wir zuversichtlich sein - und die Rede des Ministerpräsidenten hat das bestärkt -, dass die Standortvorteile auch die Käufer überzeugen werden, nichtsdestotrotz müssen wir eingestehen, dass die Entscheidungsbefugnis nach der Privatisierung nicht mehr beim Land, sondern ausschließlich bei den neuen Eigentümern liegen wird. Die Arbeitsplätze zu sichern, ist trotzdem ein wichtiges Anliegen, und die Argumente stehen auf unserer Seite. Davon müssen wir weiter Gebrauch machen, das müssen wir erzählen, und wir müssen vor allen Dingen auch vertreten und immer wieder betonen, wie wichtig der Standort Kiel für die gesamte Region Kiel und die Unternehmen ist, die daran angegliedert sind, für die Holstenstraße und alles, was darüber hinaus besteht.
Die Maxime, unter der wir die Privatisierung betrachten, ist der Schutz des Landeshaushalts. Durch die Zustimmung in diesem Hohen Haus werden wir diesem Ziel einen großen Schritt näherkommen.
Der heutige Tag allerdings markiert einen Punkt in der schleswig-holsteinischen Geschichte. Und ein neuer Satz wird entstehen, der ohne die Lehren aus dem Vorangegangenen banal und ignorant wäre. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um Sätze gegen Arroganz und Gier und für Bescheidenheit und Gerechtigkeit zu schreiben. - Vielen Dank.