Wir wissen auch um den Druck, dem vor allem Mütter seitens ihres Arbeitsfeldes ausgeliefert sind: Aha, du bist schwanger, wann kommst du denn wieder? - Ja, das gibt es, nicht in jedem Fall, aber zu häufig.
Was Sie nicht gemerkt haben, sind - das zuletzt Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie, die die Gefahren einer zu frühen und zu langen Fremdbetreuung eindeutig benennen. Es sind solche Fragen, die wir in dem bislang vorliegenden Bericht gar nicht oder nur unzureichend behandelt finden. Dabei machen sich immer mehr Menschen Gedanken über die Auswirkungen von Leistungs- und Konsumdruck, auch die Familien. Diesen wird es auf Dauer nicht reichen, wenn es immer nur - nur! um Kindergarten geht.
Ja, die Kita-Gesetzgebung muss reformiert werden. Entscheidende Wirkung wird sie nur dann entfalten können, wenn sie ein Teil einer umfassenderen, einer neuen Familienpolitik sein wird. In deren Mittelpunkt müssen Familien und Kinder stehen und nicht wirtschaftliche, ideologische oder sonstige Überlegungen.
Wünschenswert wären - um das zusammenzufassen - drei Dinge, die bei der Fortschreibung des Berichts in geeigneter Weise - ich weiß ja, um was es geht - mitgedacht werden müssten, berücksichtigt werden müssten. Erstens die Frage: Können und sollen Krippen und Kita die Lücken, die durch das Wegbrechen familiärer Unterstützungsstrukturen
entstanden sind, tatsächlich kompensieren? Anforderungen an die Erzieher und Erzieherinnen - ja, auf jeden Fall, aber keine Überforderung.
Zweitens. Wie können wir Familien unabhängig von einer Beitragsdeckelung finanziell so entlasten, dass für sie wirklicher Spielraum in der Frage der Kinderbetreuung entsteht? Die AfD - das wiederhole ich an dieser Stelle - wird sich auf Bundesebene für ein steuerliches Familiensplitting einsetzen. Ich weiß, das ist Berliner und keine Kieler Entscheidung. Dennoch können wir über den Bundesrat Einfluss geltend machen.
Drittens. Für die unter Dreijährigen müssen im Vordergrund aller Überlegungen unbedingt qualitative Standards stehen. Hier geht es in erster Linie um den Bindungs- und Gefühlbereich. Dies muss zu einem viel besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel führen, als dies heute der Fall war, was Sie von der SPD zu verantworten haben, denn Sie haben in den letzten Jahren regiert.
Die Erzieher wissen, wie hochemotional das Thema der U-3-Betreuung ist. Deswegen sollten wir auf keinen Fall oberflächlich oder vorschnell agieren.
Ich komme am Ende kurz zu den eingegangenen Anträgen, zunächst zu dem Antrag der SPD. Sie werfen dem Antragsteller vor, dass es nicht konkret genug gewesen sei. Wenn mir ein Antrag pauschal vorkam, dann Ihrer. Sie sprechen von Geldern. Woher sollen sie kommen? - Entweder vom Bund oder vom Land. Das ist zu einfach.
Ich bin aber froh, dass Sie das Thema Beitragsfreiheit angesprochen haben. Wir wollen es allerdings nicht nur für den U3-Bereich, sondern wir als AfD setzen uns dafür ein, dass es ein beitragsfreies letztes Kindergartenjahr gibt. Dieses Jahr könnte durch eine Intensivierung der Vorschularbeit erhöht werden. Dieser Aspekt findet sich auch im Bericht wieder.
Kurz zum Antrag von CDU, Grünen und FDP, der uns in der Mittagspause erreichte. Darin sprechen Sie von Austausch und Dialog. Dem kann man nur zustimmen. Ich drücke damit die Hoffnung aus, dass wir Wege finden, allen Eltern Hilfsangebote und Unterstützungsangebote zukommen zu lassen, eben auch denjenigen, die sich im U3-Bereich dafür entscheiden, ihre Kinder zu Hause zu versorgen. Vielen Dank.
Bevor wir mit der Rednerliste fortfahren, begrüßen Sie bitte mit mir gemeinsam auf unserer Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Stuvenborn. Seien Sie herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Nur weil es schnell wie eine Floskel klingt, ist es ja nicht weniger richtig: Kinder sind unsere Zukunft.
Natürlich brauchen sie unsere Unterstützung. Ich kann sagen, dass dem SSW genau diese Unterstützung immer unheimlich wichtig war - egal ob in Regierungs- oder in Oppositionsrolle. Wir haben uns immer für den fairen Zugang zu allen Bildungsangeboten eingesetzt. Aber auch die Frage der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und ihr Zugang zu Hilfen beispielsweise im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit sind und bleiben uns wichtig, genau wie vermeintlich banale Dinge, wie etwa die Möglichkeit zu haben, einmal mit der Familie Urlaub machen zu können, und zwar auch dann, wenn hierfür das nötige Geld fehlt.
Auch die Debatten zu Kinderrechten in Landesund Bundesverfassung machen eines sehr deutlich: Kinder brauchen nicht nur Schutz und Fürsorge, sie sind auch Träger eigener Rechte. Das verlangt viel mehr als den bloßen Schutz vor Armut, Gewalt und Vernachlässigung.
Kinder sind eigenständige rechtsfähige Menschen. Gleichzeitig sind sie auch auf Unterstützung durch andere angewiesen, um zu ihren Rechten zu kommen. Ihre Entwicklung und die Frage, wie sie sich entfalten können, liegen in der Hand ihrer Erziehungsberechtigten. Auch wir Politiker tragen unmittelbar Verantwortung, denn es ist unsere Aufgabe, möglichst gute Rahmenbedingungen für diese Entwicklung und Entfaltung zu schaffen. Wir müssen diese Rahmenbedingungen natürlich ständig weiterentwickeln und verbessern.
Bei alldem kommt der frühkindlichen Bildung natürlich eine herausragende Rolle zu. Eine ganze Reihe von Langzeitstudien zeigt eindrucksvoll, wie wichtig gerade diese frühen Bildungsangebote für die Entwicklung der Kinder sind. Viele Defizite gegenüber Gleichaltrigen können ausgeglichen werden. Das, was den Kleinen an Grundlagen vermittelt wird, geht im Idealfall weit über die klassischen Lerninhalte der Schule hinaus, denn es geht hier nicht zuletzt um grundlegende soziale Kompetenzen wie etwa Empathie oder die Fähigkeit zur Kommunikation oder zur Kooperation, alles Dinge, die über Erfolg oder Misserfolg im späteren Leben, in der Schule, in der Ausbildung und in der Arbeitswelt entscheiden.
Die Notwendigkeit, hier zu investieren, wird in Bund und Ländern zum Glück schon lange gesehen. Auch wir haben damals frühkindliche Bildung schnell zum Schwerpunkt der Arbeit in der Küstenkoalition gemacht. In den fünf Jahren Regierungszeit haben wir die Gesamtsumme der Förderprogramme im Bereich Kita mehr als verdoppelt. Wir haben fast 10.000 zusätzliche Kitaplätze für Schleswig-Holstein geschaffen, und auch für weiteres Fachpersonal, für Maßnahmen der Qualitätssicherung und für den Bau und den Betrieb von Kitas haben wir viele weitere Millionen Euro investiert.
Gerade weil auch die aktuelle Landesregierung von einem weiter steigenden Bedarf ausgeht, ist diese solide Grundlage sehr wichtig.
Der SSW begrüßt ausdrücklich, dass die JamaikaKoalition diesen Weg fortsetzen und die frühkindliche Bildung weiter stärken will. Uns freut, dass wir uns über einen sehr wichtigen Grundsatz einig sind, und zwar darüber, dass die Voraussetzung für eine gute und letztlich auch kostenfreie frühkindliche Bildung ein faires und transparentes Finanzierungssystem ist. Gleichzeitig wissen alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, dass die Kitafinanzierung vergleichsweise kompliziert ist. Das liegt vor allem am historisch gewachsenen System der Zuwendungsfinanzierung. Wir zahlen an die Kreise und kreisfreien Städte und diese wiederum an die Gemeinden oder Kitaträger. Insgesamt sind also sowohl Land als auch Kreise, Standortgemeinden, Träger und Eltern an der Finanzierung beteiligt. Das macht das Ganze bekanntlich nicht gerade einfach.
Noch dazu weist die SPD in ihrem Antrag darauf hin, dass wir neben rein finanziellen Fragen noch ganz andere Reformbedarfe haben. Wir brauchen
vor allem weitere Fortschritte bei der Qualität. Hier sind mit der dringend nötigen Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels, mit der wichtigen Aufgabe Inklusion und mit dem Ausbau von Familienzentren große Herausforderungen genannt.
Eine Sache ist für mich noch wichtig, und das sind die Ausbildungs-, vor allem aber die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher. Diese müssen deutlich attraktiver werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass sie oft sehr belastet und mitunter auch überlastet sind. Wir müssen sie stärker unterstützen, und zwar durch mehr Personal und weniger Bürokratie. So können wir auch langfristig die nötigen Fachkräfte gewinnen und binden. Der Fachkräftemangel ist ein Thema, mit dem wir uns notgedrungen beschäftigen müssen.
Doch vor allem dem vorliegenden Bericht entnehme ich, dass die Landesregierung auf Qualitätsverbesserungen hinarbeitet. Zu diesem Zweck sollen sogar alle derzeitigen Rechtsgrundlagen überarbeitet und neu gefasst werden. Schon 2020 soll ein neues Gesetz in Kraft treten. Ziel ist - ich zitiere -:
„... eine vereinheitlichte, transparente und dynamisierte Kita-Finanzierung anhand einheitlicher definierter Qualitätsstandards und mit einer verlässlichen, gedeckelten Elternbeteiligung.“
Hier will ich gern zusichern, dass wir vom SSW konstruktiv unterstützen wollen, denn auch wenn dieses Vorhaben sowohl zeitlich als auch inhaltlich sehr ambitioniert wirkt, teilen wir die grundsätzliche Richtung.
Wir sind uns weitgehend darüber einig, dass wir in Sachen Kita zu mehr Effizienz und zu mehr Qualität kommen müssen. Über die unterschiedlichen Ansätze einer Reform haben wir schon öfter diskutiert. Denkbar sind zum Beispiel eine Finanzierung analog zu unseren Schülerkostensätzen oder aber eine Fondslösung. Unabhängig vom gewählten Ansatz muss am Ende aber vor allem eine echte Entlastung der Eltern herauskommen.
Ich gehe jedenfalls davon aus, dass wir alle am Ziel festhalten: Bildung muss grundsätzlich kostenfrei sein. Doch gerade für den Übergang bis zur beitragsfreien Kita ist ein einheitliches Recht der sozialen Ermäßigung wichtig, denn gerade für Eltern mit mittleren und geringen Einkommen stellen diese Beiträge heute oft eine große Belastung dar.
treuung. Je nach Wohnort kann ein Platz gern einmal 5.000 € oder sogar 6.000 € im Jahr kosten. Nicht nur in den benachbarten Bundesländern, sondern auch in manch anderer Gemeinde in Schleswig-Holstein ist die Betreuung wiederum wesentlich günstiger. Wie groß der Unterschied sein kann, habe ich gerade in meiner Familie gemerkt. Mein jüngster Sohn hat Zwillinge, eineinhalb Jahre alt. Sie waren in einer Kinderbetreuung im Kreis Schleswig-Flensburg. Das kostete ihn 700 € im Monat. Jetzt ist er nach Flensburg gezogen, und sieh an, dort bezahlt er für die zeitlich gleiche Betreuung 200 €. Er hat im Monat 500 € gespart, das ist für ihn allerhand Geld.
Die hohen Beiträge stellen viele Eltern vor die ganz konkrete Frage, ob sie sich frühkindliche Bildung für ihr Kind überhaupt leisten wollen oder auch leisten können. Die Entscheidung gegen die Kita kann auch eine Entscheidung gegen gute Startbedingungen und gegen gleichwertige Bildungschancen sein. Aus Sicht des SSW dürfen Eltern nicht vor diese Frage gestellt werden. Wir brauchen gute Bildung für alle. Deshalb müssen wir unbedingt am Ziel festhalten, sie letztendlich kostenfrei anzubieten.