Protocol of the Session on April 25, 2018

„... dass zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine konkreten Ergebnisse vorgelegt werden...“

Also geben Sie selbst zu, dass es noch keine Eckpunkte gibt.

Was haben Sie in den letzten Monaten gemacht? Ja, es wurde ein Arbeitskreis gegründet. Das ist aber eine Projektgruppe, und es ist nicht nur eine Projektgruppe, sondern es sind zwei. Es wurden alle bereits bekannten Probleme aufgelistet, welche in den nächsten zwei Jahren bearbeitet werden sollen. Das ist auch nicht zu kritisieren, das möchte ich ausdrücklich sagen.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Koalitionspartnerinnen und -partner diesen Zeitplan vorgegeben und somit - wie ich finde - unnötigerweise Druck gemacht haben. Der Prozess ist schwierig, das wissen wir alle. Er ist sehr zeitaufwendig, und am Ende werden wir noch mehr Finanzmittel benötigen, als Sie, liebe Jamaikaner und Jamaikanerinnen, bisher und auch in den nächsten Jahren zur

(Minister Dr. Heiner Garg)

Verfügung stellen werden. Einen Teil davon haben Sie bereits ausgegeben.

Warum sage ich das? Schauen wir uns nur einen Bruchteil der Vorankündigungen an, die umgesetzt werden sollen. Frau Präsidentin, ich zitiere erneut von Seite 35:

„Als Vorbereitung auf die Neustrukturierung der Kita-Gesetzgebung in Schleswig-Holstein hat das Familienministerium neben dem aktuellen Finanzierungssystem auch die aktuell geltenden Qualitätsstandards grundlegend analysiert und dabei eine Reihe von Schwachstellen identifiziert.“

Das bedeutet einen erheblichen Mitteleinsatz. Hier geht es um nicht weniger als um die Gruppengrößen. In der Bertelsmann-Studie können Sie das nachlesen. Nach den Vorgaben, die dort als Qualitätsstandards für die Gruppengrößen gesetzt werden, ergeben sich allein dafür 100 Millionen € pro Jahr. Es geht aber auch um die Personalausstattung und die räumliche Ausstattung.

Neben der Kita-Finanzierung haben auch das KitaGesetz und die Kita-Verordnung einen erheblichen Reformbedarf. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde alle diese Überlegungen gut und werde Sie dabei unterstützen. Aber uns allen muss klar sein: Es wird eine enorme Kraft erfordern. Mit diesem Bericht ist die Wunschliste nun öffentlich, und hinter diese können Sie nicht mehr zurückfallen. Wenn doch, dann seien Sie gewiss, nicht nur ich, sondern auch Herr Potten und Herr Selck, aber auch die kommunalen Landesverbände und die Landeselternvertretungen werden Sie daran erinnern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist die Kita die erste Bildungseinrichtung. Hier wird die Basis für die Entwicklung eines Kindes mit gelegt. Daher sind uns die Rahmenbedingungen der Kinderbetreuung sehr wichtig und eine Herzensangelegenheit. Herr Minister Garg, Sie haben das schon ausgeführt. Daher haben wir uns bereits in der Küstenkoalition für die Qualität eingesetzt. Wir haben viel für die Eltern, aber auch für die Kommunen getan. Das möchten wir gern weiter machen.

Eine Grundlage ist somit gelegt. Ich finde aber, dass wir weiter in den Ausbau investieren müssen. In Ihrem Bericht gibt es Ausführungen dazu, vielleicht haben Sie diese eben nur überlesen. Die Realität zeigt, dass wir mehr Kita- und Krippenplätze benötigen. Viele Eltern möchten nicht nur die Kleinsten betreuen lassen, sondern sie möchten auch längere Betreuungszeiten haben. Das bedeutet,

dass die Ausbaubemühungen der letzten Jahre nicht aufhören dürfen und dass wir noch mehr Betreuungsplätze brauchen. Diese brauchen wir im ganzen Bundesland. Dazu gehört aber auch, dass sich die Eltern teilweise - wie ich es schon sagte - längere und flexiblere Öffnungszeiten wünschen.

Liebe Monika Heinold, ich hoffe, du hast mitgeschrieben, denn das alles wird weitere Finanzmittel erfordern. Wichtig und gut ist, dass dieser gesamte Reformprozess in der Kindertagespflege hier nun breit diskutiert wurde und dass vieles mit einbezogen wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr Kita-Plätze, längere Öffnungszeiten und mehr Qualität in den Kitas bedeuten auch mehr Personal. Das ist der einzige Kritikpunkt, den ich an Ihrer Bestandsanalyse habe. In dem Bericht kommt nichts zum Thema Fachkräftemangel vor. Wenn wir aber mehr Kitas und längere Öffnungszeiten benötigen, dann werden wir auch mehr Personal brauchen. Bereits jetzt haben wir nicht nur einen fühlbaren, sondern einen tatsächlichen Fachkräftemangel. Ich weiß von den Vertreterinnen und Vertretern der Träger, dass sie keine weiteren Gruppen öffnen können, obwohl sie Raumkapazitäten zur Verfügung haben.

Lieber Minister Garg, dieses Problem müssen wir in den Griff bekommen. Wie gesagt, dazu steht leider nichts in Ihrem Bericht, aber in unserem Antrag. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie diesen gerade eben noch einmal erwähnt haben. Ich finde ihn nicht dünn, denn er geht genau auf die drei Punkte ein, die wir hier schon immer miteinander diskutiert haben. Es geht um den Ausbau und um die Qualität, und für die SPD bleibt die Beitragsfreiheit einer der drei wichtigsten Punkte. Diese müssen nicht nur irgendwann, sondern sofort umgesetzt werden.

(Beifall SPD)

Wie gesagt, eines der dringendsten Probleme ist der Fachkräftemangel. Es gibt dazu einige Projekte, zum Beispiel das der Quereinsteiger. Ich weiß, dass das Projekt, das damals in Kiel angelaufen war, gerade ausgelaufen ist. Ich habe mir einmal angesehen, was in anderen Bundesländern läuft. Ich muss ganz ehrlich sagen, das Modell aus MecklenburgVorpommern gefällt mir nicht. Das möchte ich ganz deutlich sagen. Wir müssen vielleicht einmal schauen, was andere Bundesländer machen.

Es reicht in meinen Augen nicht, perspektivisch dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ich finde, dieser Vorschlag wird langfristig auch nicht die Attraktivität dieses Berufs steigern. Wenn es um die Attraktivität dieses Berufs geht, muss man auch

(Serpil Midyatli)

sagen - darum kann man nicht herumreden -, dass es in der Regel in der fünfjährigen Erzieherausbildung - liebe Kolleginnen und Kollegen, hören Sie jetzt bitte einmal genau zu - keine Ausbildungsvergütung gibt. Das heißt, diese jungen Menschen sind auf BAföG und auf die Unterstützung ihrer Familien angewiesen.

Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene ist hierzu ein Ziel formuliert. Es geht um die Mindestausbildungsvergütung. Lieber Minister Garg, Sie haben die nächste Familienministerkonferenz erwähnt, die in Schleswig-Holstein stattfinden wird. Ich möchte Sie sehr gern dabei unterstützen, auf Bundesebene den Vorstoß zu unternehmen, dass auch die Erzieherinnen und Erzieher in den Genuss einer Ausbildungsvergütung kommen,

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

auch wenn es sich um eine schulische Ausbildung handelt. Das muss ich dazusagen, nicht dass gleich welche aufstehen und schreien: Es ist ja nur eine schulische Ausbildung!

Ich bin der festen Überzeugung, dass dies die Attraktivität steigern würde. Natürlich müssen wir auch sehen, dass die Erzieherausbildung mit der Ausbildung anderer Bundesländer kompatibel ist. Das ist nämlich mein Kritikpunkt an der Lösung von Mecklenburg-Vorpommern. Dort werden nur Erzieher für das eigene Land ausgebildet. Das kann es nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich finde, wenn man eine Ausbildung hat, muss man auch im gesamten Bundesgebiet und europaweit arbeiten dürfen. Zurzeit ist das in Schleswig-Holstein ja auch so geregelt.

Ich würde Sie, wie gesagt, gern dabei unterstützen; denn nicht nur bei uns besteht dieser Bedarf, und die anderen Bundesländer sind mit Sicherheit auch daran interessiert.

Jetzt stehen mir nur noch 1 Minute 30 Sekunden zur Verfügung, und ich habe noch so viel zu sagen.

Frau Abgeordnete, es sind noch 7 Minuten.

Normalerweise wird am Pult die gesamte Zeit angezeigt.

Es hat einen kleinen Fehler gegeben. Es sind noch rund 7 Minuten.

Sehr schön! Wunderbar!

(Minister Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich habe so viel überzogen, damit du mehr Zeit hast!)

- Danke, danke! Ich habe das, ehrlich gesagt, schon mit eingeplant.

(Heiterkeit)

- Das habt ihr alle, nicht wahr? - Nun gut. - Jetzt habt ihr mich völlig aus dem Konzept gebracht.

Die Kitas sind für uns wichtig. Der zukünftige Bildungserfolg unserer Kinder ist eng an den Besuch einer Kita geknüpft. Das haben Sie ebenfalls gesagt, und es geht auch aus dem Bericht deutlich hervor. Für uns ist die Kita kein Betreuungsort oder ein Ort, wohin die Kinder gebracht und wo sie nur aufbewahrt werden. In der Vergangenheit wurde es ab und an einmal so betrachtet.

Vielmehr ist sie der erste öffentliche Ort, an dem soziale Kompetenzen erlernt werden, Sprache eine ganz andere Bedeutung erfährt, kulturelle Vielfalt gelebt wird und Kinder spielerisch an Naturwissenschaften, Demokratie und auch an den Umweltschutz herangeführt werden. All dies und noch viel mehr wird in der Kita gelernt. Daher kann es nicht richtig sein, dass die erste Bildungseinrichtung für unsere Kinder mit hohen Gebühren für die Eltern verbunden ist. Kitas müssen wie Unis und neuerdings auch das Meister-BAföG beitragsfrei sein, und das nicht irgendwann, sondern sofort.

(Beifall SPD und Lasse Petersdotter [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben dazu bereits in den Haushaltsberatungen einen Antrag gestellt, um mit der Gebührenfreiheit anzufangen, und wollen zunächst die Gebühren für die Krippen abschaffen. Das sind in Schleswig-Holstein nämlich mit die höchsten im gesamten Bundesgebiet. In den nächsten Jahren wollen wir dann mit Ihnen gemeinsam schrittweise weiter vorangehen. Die Haushaltsmittel sind hierfür vorhanden. In anderen Bereichen werden riesige Spardosen eingerichtet, aber dieser Bereich kommt mir leider immer noch ein bisschen zu kurz.

Mir reichen auch die Lippenbekenntnisse nicht, dass es zunächst um eine Deckelung geht. Früher hat die FDP immer gesagt, sie wolle es auf 200 €

(Serpil Midyatli)

deckeln. Das kam ganz lange nicht mehr vor, bis dann Frau Anita Klahn, soweit ich weiß, in der letzten Woche in einer Diskussion diese 200 € wieder ins Spiel gebracht hat. Ich habe dazu eine Kleine Anfrage gestellt. Darauf gab es keine Zahlen aus dem Ministerium. Vielleicht können Sie, Frau Klahn, sagen, was Sie sich vorstellen. Dann haben wir schon einmal eine Marke, an der wir uns orientieren können. Ich habe den Presseartikel bei mir, falls Sie Nachfragen haben sollten.

Für uns bleibt, wie gesagt, die Beitragsfreiheit ein ganz wichtiges Anliegen. Denn Familie und Beruf können in der realen Familienwelt nur noch durch Kitas und Krippen realisiert werden. Es gibt einen enormen Ausbau. Die Kita- und die Krippengebühren sind sehr hoch.

Ich habe - das habe ich den Kita-politischen Sprecherinnen gestern erzählt - in Neustadt an einer Veranstaltung teilgenommen, bei der viele Eltern und auch Kita-Leitungen anwesend gewesen sind. Ein Ehepaar - sie waren beide da - sagte, es verzichte auf das dritte Kind, weil es jetzt schon ein Kind in der Krippe und eines in der Kita habe und sich ein weiteres Kind aufgrund der Kita-Gebühren einfach nicht leisten könne. Das kann es wirklich nicht sein.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Dr. Frank Brodehl [AfD])

Wir wünschen uns ein familienfreundliches Schleswig-Holstein. Familienfreundlichkeit beginnt mit der Beitragsfreiheit. Dazu gibt es auch ein ganz klares Statement des Kinderschutzbundes. Wir bleiben dabei, auch wenn wir gleich wieder hören werden, es müsse irgendwann kommen, aber nicht sofort.

Sie haben es ganz am Anfang gemacht; ich habe es mir bis zum Schluss aufgehoben: Auch ich möchte mich ganz herzlich bei den Erzieherinnen und Erziehern bedanken. Ich selbst habe zehn Jahre KitaErfahrung hinter mir. - Nicht ich war zehn Jahre in der Kita, sondern ich habe zehn Jahre Kita-Erfahrung als Mama.

(Heiterkeit)

Seit eineinhalb Jahren sind meine beiden Jungen nicht mehr in der Kita. Wir reden oft über Qualitätsverbesserung, auch über Qualitätsstandards. Aber ich möchte hier noch einmal ganz deutlich sagen: Das ist kein Zeichen dafür, dass wir das Gefühl haben, dass unsere Kinder nicht gut betreut werden oder dass sie dort nichts beigebracht bekommen. Im Gegenteil: Ich habe erfahren können, dass die Kinder dort sehr gut betreut werden, dass

sie viel lernen. Meine Jungen haben beide die deutsche Sprache in der Kita gelernt, diese auch perfekt gelernt. Dafür einen herzlichen Dank von mir. Sie leisten jetzt schon eine großartige Arbeit. Wir wollen diese Arbeit nur noch besser machen. Geben Sie das bitte an die Erzieherinnen und Erzieher weiter. Selbstverständlich auch von mir noch einmal an alle Tagesmütter und alle Tagesväter einen herzlichen Dank. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Dennys Bornhöft [FDP])